BLKÖ:Treves, Emilio
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 47 (1883), ab Seite: 180. (Quelle) | |||
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Sabbato Graziadio Treves [siehe den Folgenden S. 183]. Schon früh zeigte er eine nicht gewöhnliche geistige Begabung und schrieb im Alter von dreizehn Jahren das Drama „Richezza e miserie“, ganz in den grellen Farben, wie sie damals die Bühne liebte. Das Stück kam auch in Triest im Teatro filodrammatico zur Aufführung und gefiel. Es steht noch heute, jedoch mit verändertem Titel, in Tages- und Provinztheatern auf dem Repertoire. Bald darauf schrieb er das Drama: „Il duca d’Enghien“, dessen Aufführung aus Rücksicht gegen Napoleon III. von der Censur nicht gestattet wurde. Dagegen gelangte es zum Druck und fand sogar in „Crepuscolo“, einem eben ins Leben gerufenen, in literarischen Dingen nicht minder unabhängigen als unbefangenen Mailänder Blatte, eine freundliche Beurtheilung. Ungeachtet unbestreitbarer dramatischer Begabung verließ Treves dieses Gebiet, vielleicht fehlte es ihm an genügender Aufmunterung, oder waren es die Familienverhältnisse, welche ihn nach des Vaters frühem Tode zwangen, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen, und da blieb denn für dramatisches Schaffen nicht gerade viel Zeit übrig. So in früher Jugend auf sich selbst gestellt, trat er bei der Druckerei des Oesterreichischen Lloyd, der eben damals auch nach literarischer Seite einen ungeahnten Aufschwung nahm, in Dienste und fand an Professor Ant. Racheli, welcher mit der Herausgabe der vom Lloyd verlegten „Raccolta dei Classici“ beschäftigt war, einen theilnehmenden Gönner, der ihn zu seinen Arbeiten heranzog, so daß Treves, so jung er noch war, nicht geringen Antheil an denselben hatte. Gleichzeitig schrieb er aber auch für ein heimlich gedrucktes Journal, das den verdächtigen Titel: „L’anello“ führte. Die Entdeckung blieb nicht aus, und er schnürte sein Bündel und entzog sich durch die Flucht nach Paris weiteren Unannehmlichkeiten. Daselbst setzte er seine Studien fort und mit Lectionen im Italienischen, mit Artikeln für das französisch-italienische, von Carini redigirte Journal und mit Correspondenzen für den Mailänder „Crepuscolo“ bestritt er seinen Lebensunterhalt. Als ein Jahr darauf seine ganze Familie nach Turin übersiedelte, begab er sich ebenfalls dahin, wurde aber bei seiner Ankunft, da er sich der Militärpflicht entzogen hatte, von den Carabinieri empfangen und zu acht Tagen Festungsarrest verurtheilt. Während desselben schrieb er sein drittes und letztes Theaterstück, welches er jedoch später selbst vernichtete. Nun zur Leitung einer Druckerei in Fiume berufen, ging er dahin ab, aber da dieselbe wegen ungesetzlicher Vorgänge bald unterdrückt wurde, fand auch der [181] Director Treves nichts mehr zu leiten und wendete sich nun zunächst nach Udine, wo er eine Erzieherstelle annahm. Doch dazu fühlte er sich am allerwenigsten berufen, und er gedachte, sobald sich ihm Gelegenheit darböte, zu anderer Beschäftigung überzugehen. Da wurde er im Jahre 1858 in Mailand durch einen Pariser Emigranten aufgefordert, sich an der Gründung eines politischen Journals zu betheiligen. Es war dies die „Gazzetta italiana“, welche Erzherzog Ferdinand Max, damals General-Gouverneur des lombardo-venetianischen Königreichs, ins Leben rufen wollte, um durch die Publicistik für Reformen, welche die Regierung im Sinne hatte, den Weg zu ebnen. In der That aber kam das Blatt nie heraus, denn es ward schon bei der ersten Nummer, welche man nach Wien zur Revision geschickt, auf telegraphischem Wege verboten. Dieses bei Civelli in etwa fünf oder sechs Exemplaren gedruckte Journal dürfte wohl zu den größten bibliographischen Seltenheiten gehören. Treves, der sich den literarischen Theil des Blattes vorbehalten hatte, war auch darin in der Abtheilung „Varietà“ mit einem über die eben damals erschienenen Memoiren des Prinzen Eugen gelieferten Artikel vertreten, welcher den Titel führte: „Il primo regno d’Italia“. Nachdem also dieses Project sich in Nichts aufgelöst hatte, brachte der Literarhistoriker Gius. Rovani, der sich durch seine „Storia delle lettere e delle arti in Italia“, welche 1855 u. f. bei Borroni und Scotti in Mailand erschienen war, einen Namen gemacht, den jungen Publicisten bei dem amtlichen Journal „Gazzetta di Milano“ als Uebersetzer unter. In gleicher Zeit schrieb Treves Artikel über Literatur und Theater für die von Ghislanzoni herausgegebene „Italia musicale“, wobei er gegen Fortis und Ferrari in eine literarische Fehde sich verwickelte, welche in den schöngeistigen Kreisen der lombardischen Hauptstadt einiges Aufsehen erregte. Zu gleicher Zeit betheiligte er sich an dem eben entstandenen Witzblatte „Uomo di pietra“, welches unter Bernardino Bianchi’s Redaction zumeist durch verdeckten Spott auf Oesterreich sein perfides Dasein fristete. Als dann im Jahre 1859 der italienische Krieg ausbrach, hielt es auch Treves nicht zurück, er ging zu Garibaldi’s Freischaaren und machte den ganzen Feldzug im Corps der apenninischen Jäger mit. Doch ist von besonderen Heldenthaten, die er verrichtet hätte, nichts bekannt geworden. Nach beendetem Kriege kehrte er nach Mailand zu seiner literarischen Beschäftigung zurück. Er trat wieder bei der „Gazzeta di Milano“ ein, die unter den veränderten politischen Verhältnissen ein liberales Blatt geworden war, übernahm, nachdem Bianchi die Präfectur von Lucca erhalten hatte, die Redaction des „Uomo di pietra“ und gründete bald danach, 1862, das „Museo di famiglia“, mit welchem bescheidenen Blättchen er in die Reihe der Verleger trat. Bald darauf, 1865, begann er die Herausgabe der „Biblioteca utile“, eines noch heute erscheinenden Sammelwerkes, des Annuario scientifico und der Biblioteca amena. Dabei verstand es Treves, alte und neue Literatur harmonisch zu vereinigen, indem er mit den Ausgaben der Classiker, mit Uebersetzungen fremder Schriftsteller auch die modernen Werke neuer und jüngerer italienischer Autoren erscheinen ließ, so daß man in diesen Sammelwerken den ersten Arbeiten später beliebt gewordener italienischer Schriftsteller, wir nennen nur beispielsweise De Amicis, Barrili, [182] Farina, De Gubernatis, Gualdo, Lioy, Molmenti, Sara, Tarchetti, Verga, begegnet. Aber auch die besten Autoren Englands und Frankreichs wurden in guten Uebersetzungen in den von Treves veranstalteten Ausgaben in Italien populär. Obwohl durch den von Jahr zu Jahr sich ausdehnenden Verlag sehr in Anspruch genommen, blieb er noch immer als Journalist thätig. 1869 zog er sich von der „Gazzetta di Milano“, die bei den verschieden gearteten Elementen, welche sich im Blatte herum trieben, einen wenig erquicklichen Anblick darbot, zurück und gründete ein täglich erscheinendes politisches Blatt, den „Corriere di Milano“, welches er aber später an das Witzblatt „Il Pungolò“ verkaufte. 1871 verband er sich mit seinem Bruder Giuseppe, einem ebenso für alles Edle begeisterten, wie auch praktischen Manne, welche Verbindung für ihn unter allen Umständen eine segensreiche war, weil er bei den weitaussehenden Plänen, die ihn beschäftigten, einerseits und bei seiner mehr idealen als praktischen Natur anderseits eines Mannes bedurfte, der, indem er auf Emilios Pläne einging, auch der Regulator derselben wurde und sie nutzbringend machte. So widmeten sich denn Giuseppe und Emilio, ein Herz und ein Sinn, vereint ihrem Geschäfte, das sich immer ansehnlicher gestaltete. Im Jahre 1874 gründeten sie die „Illustrazione italiana“, ein Unternehmen, welches vor ihnen Pomba und Sonzogno versucht, aber bald wieder aufgegeben hatten. Emilio und Giuseppe reussirten mit ihrem Blatte. Und da bald andere illustrirte Blätter und Bücher erschienen, riefen die Gebrüder Treves nach und nach eine Holzschneideschule, ein galvanoplastisches Atelier, eine photographische Stichanstalt ins Leben, so daß, während bis dahin die italienischen Zeitungen sich mit den Clichés des Auslandes begnügen mußten, dieselben nunmehr ihre Spalten mit eigenen Schnitten füllen und diese dann nicht selten an andere Blätter zur weiteren Benützung abgeben konnten. In der „Illustrazione italiana“ ist Emilio hin und wieder auch schriftstellerisch thätig, namentlich für den literarischen Theil. Und so zählt Treves im Momente zu den Matadoren der italienischen Journalistik. – Giuseppe Treves’ Gemalin Virginia, eine geborene Tedeschi aus Verona, redigirt die im Verlage der Gebrüder Treves erscheinenden Mode- und Familienjournale, in denen sie meist ihre eigenen Novellen und lyrischen Gedichte veröffentlicht. Im Jahre 1879 erschien ihr Werk: „Il Regno della Donna“, welches einen so günstigen Erfolg hatte, daß innerhalb weniger Wochen drei Auflagen nothwendig wurden. Demselben folgte ein Bändchen Erzählungen, betitelt: „Prime battagile“, welches sich gleich günstiger Aufnahme erfreute. Sie schreibt unter dem Pseudonym Cordelia mit Bezug auf die jüngste kindliche Tochter des Königs Lear.
Treves, Emilio (Schriftsteller, geb. in Triest am 31. December 1834). Wohl ein Verwandter des Triester Rabbiners- De Gubernatis (Angelo), Dizionario biografica degli scrittori contemporanei ornato di oltre 300 ritratti (Firenze 1879, coi tipi die successori Le Monnier, schm. 4°.) p. 1002.
- Porträt. Im Holzschnitt, ebenda.