BLKÖ:Veverka, die Gebrüder

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Veverka, Aemilian
Band: 50 (1884), ab Seite: 252. (Quelle)
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Veverka, die Gebrüder (Erfinder des böhmischen Schüttpfluges, sogenannten Ruchadlo). Die Brüder, nach Anderen Vettern, Franz (geb. zu Rybitev bei Bohdanec im Chrudimer Kreise Böhmens am 3. März 1798, gest. 1844) und Wenzel (geb. am 13. April 1796, gest. 1849) werden als Erfinder des in der Landwirthschaft seines Nutzens wegen anerkannten Schüttpfluges bezeichnet; doch wird ihnen die Erfindung, wie aus Folgendem ersichtlich, nicht so ohne Weiteres zuerkannt. Franz zeigte von jungen Jahren an eine große Geschicklichkeit und Fertigkeit in mechanischen Arbeiten und schnitzte seinen Schulkameraden verschiedenartiges Spielzeug, z. B. Thiere, kleines Feldgeräth und dergleichen mehr. Als er aber mit den Jahren die Landwirthschaft betrieb, da richtete er, ohne je das Handwerk gelernt zu haben, sich selbst all sein Ackerzeug her, und die Leute im Dorfe nannten ihn gemeiniglich den Wagner. Nach verschiedenen Versuchen und Veränderungen mit seiner Erfindung ersann er zuletzt einen ganz besonderen Pflug, welcher von Wenzel, einem gelernten Schmiede, zuerst fertig zusammengestellt wurde. Im Jahre 1828 versuchten nun die beiden Veverka in Gegenwart vieler Nachbarn ihr neues Ackergeräth, welches allgemeine Anerkennung fand und von den Anwesenden den Namen Ruchadlo erhielt (über die Etymologie dieses Wortes siehe S. 253). Im Orte hieß man solche Pflüge, welche in Kurzem weite Verbreitung fanden, nach ihren Erfindern wohl auch Veverčaten, aber dieser Name wich bald ganz der Bezeichnung Ruchadlo, deren man sich selbst im Deutschen bediente. Die beiden Veverka aber hatten auf ihre Erfindung kein Privilegium genommen, und so geschah es denn, daß, so verbreitet dieselbe in Böhmen auch war, doch mit der Zeit Niemand anzugeben wußte, wer eigentlich der Erfinder des originellen und zweckmäßigen Pfluges sei. Im Jahre 1832 schickte nun auf die landwirthschaftliche Ausstellung in Prag ein gewisser Kainz, Landwirth in Opočno, einen solchen Pflug und gab ihn als seine Erfindung aus, obgleich der aus Bohdanec gebürtige Jaroslav Langer in seiner Zeitschrift „Čechoslav“, 1831, den Ruchadlo als Erfindung der beiden Veverka beschrieb. Deutsche Blätter unterstützten die Angaben dieses Kainz und priesen den von ihm erfundenen Pflug, welcher sich in den deutschen Gebieten Böhmens bald allgemeiner Verbreitung erfreute und dort eigenthümlicher Weise Oprčak genannt wurde. Obwohl nun Kainz Schritte zur Anerkennung seiner Erfindung machte, erreichte er doch nichts damit, denn die Freunde der beiden Veverka, obenerwähnter Jaroslav Langer und Professor Lhotský aus Königgrätz, bemühten sich, alle Welt zu überzeugen: daß Franz Veverka der Erfinder des in Rede stehenden Pfluges sei. Aber die Sache blieb unentschieden und war es noch, als Franz Veverka 1844 und Wenzel Veverka [253] 1849 starb. Die politischen Wirren des Jahres 1848 und der nächsten Zeit drängten die ganze Angelegenheit in den Hintergrund, und der Erfinder gerieth in Vergessenheit. Da hielt 1868 der Fabrikant Weiße im landwirthschaftlichen Club zu Pardubitz einen Vortrag über die Verbesserung des Pfluges und bezeichnete Kainz ausdrücklich als den Erfinder des neuen, so trefflich construirten Ackergeräthes. Der Vorsitzende dieses Clubs, der in landwirthschaftlichen Kreisen allgemein bekannte Herr von Komers [Bd. XII, S. 400], entgegnete jedoch, daß die Sache sich nicht so verhalte, und bestritt, daß genannter Kainz Erfinder des verbesserten Pfluges sei. Dies gab den Anstoß, daß der landwirthschaftliche Club nunmehr die Angelegenheit in die Hände nahm, dieselbe genau untersuchte und zu dem Resultate gelangte, daß Franz Veverka aus Rybitev in der That der Erfinder sei. Am 27. Februar 1868 wurde nun von der Vorstandschaft der beiden vereinigten Gemeinden Lhotek und Rybitev ein förmliches Protokoll aufgenommen, welches folgende Insassen, die zur Zeit, als die Veverka ihre Erfindung gemacht hatten, Augenzeugen derselben gewesen, nämlich Matthias Křičenský, Joseph Koštál, Franz Radouš, Johann Kratochvíl und Wenzel Jukl, mit der ausdrücklichen Bemerkung unterschrieben, daß, wie sie es durch ihre eigenhändige Unterschrift bezeugten, kein Anderer als Franz Veverka der Erfinder des unter dem Namen Ruchadlo bekannten Pfluges sei. Neben anderen nebensächlichen Umständen, deren sich die Zeugen erinnerten, verdient dabei noch Erwähnung, daß Franz Veverka auch Uhren machte, die dazu nöthigen Räder verfertigte, kurz, daß er ein ausgesprochenes mechanisches Talent besaß. Das Original dieses Protokolls wird im Archiv des landwirthschaftlichen Vereines von Pardubitz aufbewahrt, der nebenbei daran ging, dem Erfinder Franz Veverka ein Denkmal zu errichten.

Im Obigen hat Verfasser dieses Lexikons die čechischen Quellen sprechen lassen und den Vorgang nach ihren Angaben dargestellt. Im Folgenden fügen wir die Ansichten einer deutschen Quelle bei. welche wörtlich lautet: „Wie überhaupt die Entwickelung der landwirthschaftlichen Geräthe nicht genau verfolgt werden kann und sicherlich auch auf diesem Gebiete bedeutende Culturreste aus der Zeit der Griechen und Römer auf uns überkommen sind, so schwierig ist es auch, den Erfinder oder den Ort der Erfindung einiger in Oesterreich eigenthümlichen Geräthe auch blos annähernd nachzuweisen. Wohl wissen wir, daß der in den österreichischen Alpenländern häufige norische Doppelpflug schon in fernen Jahrhunderten in den Gebirgsländern des alten Noricum vorhanden war, daß die Elemente des böhmischen Schüttpfluges, genannt Ruchadlo, wahrscheinlich noch älter sind, daß die italienischen Pflüge seit den Zeiten des Augustus die gleiche Form behalten haben, und daß die heute in Oberitalien noch üblichen Dreschwalzen schon zur Zeit des Varro und Columella bekannt waren, allein es wäre ein fruchtloses Bemühen, hier einer bestimmten Persönlichkeit die Ehre der Erfindung zudenken zu wollen. Selbst die Etymologie der Geräthenamen führt hier nicht zur gewünschten Entscheidung. Wir besitzen in unseren Alpenländern ein hackenförmiges Ackergeräth, das in verschiedenen Gauen auch verschiedene Benennungen trägt. Man führt dasselbe mit den Bezeichnungen Arl, Aadl, Adel und Radlo an. Es darf wohl angenommen werden, daß dieselbe Wurzel dem Worte Ruch-adlo in der letzten oder auch vorletzten Silbe zu Grunde liegt, wobei die Vorsilbe von dem slavischen Worte „ruch“ (Rührigkeit) abgeleitet wird. Nur das letztere, das Ruchadlo, ist in der Neuzeit, in Böhmen seit 1832, in seiner Zweckmäßigkeit vielfach erkannt und gepriesen worden. Und wenn auch die Brüder Veverka, von denen der eine Schmied, der andere Wagner und zugleich Ackerbesitzer in dem Dorfe Rybitev bei Bohdanec im Chrudimer [254] Kreise in Böhmen gewesen, im Jahre 1828 sicherlich nicht die ersten Erfinder dieses Stürzpflüges waren, so wird ihnen doch zweifellos das Verdienst bleiben, daß ihnen die Anfertigung und Verbesserung desselben ganz besonders gelang. [Exner (Wilhelm Franz Dr. Prof.). Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Wien 1873, Braumüller, gr. 8°.). Erste Reihe: „Rohproduction und Industrie“, S. 47.]