BLKÖ:Wehli, Ernst

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wehli, J. M.
Band: 53 (1886), ab Seite: 244. (Quelle)
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Wehli, Ernst (Vorsteher der Prager Israelitengemeinde, geb. zu Prag am 21. December 1787, gest. daselbst am 19. Juli 1866). Sein Großvater von väterlicher Seite war der berühmte [245] Rabbi Ephraim Wehli, bei dessen Bestattung Ezechiel Landau die Leichenrede hielt und rühmend darin hervorhob, daß der Verblichene alle vier Theile des Werkes von Maimonides„Jad Hachasaka“ auswendig konnte; auch war Ephraim der Verfasser des Andachtsbuches: תְּפִילַת יְשׁוּרֻן‎ oder die täglichen Gebete mit einer deutschen Uebersetzung. Mütterlicherseits hatte Ernst Wehli den gelehrten mährischen Landrabbiner Gerson Politz zum Urgroßvater. Die Eltern bestimmten den Sohn zum Rabbinerstande und hielten ihn deshalb zum fleißigen Talmudstudium an, auch genoß er einige Zeit den Unterricht des späteren mährischen Landrabbiners Nehemias Trebitsch. Im Alter von zehn Jahren kam er nach Königswart, wo der als Talmudist wie als Hebraist berühmte Isak Spitz [Bd. XXXVI, S. 178] lehrte. Unter dessen Leitung machte er bedeutende Fortschritte im Talmud, auch gewann er bei demselben große Liebe zur hebräischen Sprache und eine Meisterschaft des Styls, die alle seine Arbeiten auszeichnete. Zur Fortsetzung der talmudischen Studien begab er sich an die Hochschule zu Mainz, an welcher Rabbi Herz Scheier lehrte. Nach einem Aufenthalte von 31/2 Jahren daselbst kehrte er in die Heimat zurück, wo er theologische Studien weiter trieb, nebenbei aber auch die weltlichen nicht vernachlässigte. Infolge des Ansehens, in dem er bei seinen Glaubensgenossen stand, wurde er 1812 zum Vorsteher des Vereines der Krankenpflege „Derech Jeschora“ gewählt, welches Ehrenamt er zwölf Jahre hindurch versah, alljährlich am Geburtstage des Kaisers Franz in der Vereinssynagoge eine deutsche Rede haltend, was bei dem damaligen Culturzustande der Prager Judengemeinde als ein bedeutender Fortschritt betrachtet werden muß. 1831 ernannte ihn die Landesstelle zum weltlichen Ortsschulaufseher, 1834 wurde er Handlungsvorsteher und versah dieses Amt 18 Jahre. 1845 wählte ihn die Prager israelitische Tempelgemeinde zum Vorsteher, und während seiner achtjährigen Amtsleitung hatte er im Tempel das deutsche Lied und die Confirmationsfeier eingeführt. 1852 ernannte ihn schließlich die Prager Israelitengemeinde zu ihrem Vorsteher, welches Amt er altershalber, und zwar zum Leidwesen derselben, wenige Monate vor seinem Tode niederlegte. Ein bleibendes Denkmal seiner Gemeindeleitung ist die Talmudthorahschule, welche er ins Leben rief, um Prags alten Ruf als Sitz der jüdischen Wissenschaft wieder herzustellen. Für sein verdienstvolles Wirken erhielt er Ende 1865 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Die jüdische Literatur weist von seiner Feder verschiedene Beiträge in Zeitschriften seines Volkes und mehrere Uebersetzungen auf, von denen die metrische des „Eloha neschomo“ und „Jom Kipur Kolon“ erwähnt seien. „Wehli zählt zu jenen Männern seines Volkes, die, wie es in einem ihm gewidmeten Nachrufe heißt, zu einer Zeit, als Schranke auf Schranke fiel, Ausschließung und Vorurtheil das Feld räumten und Licht und Luft in das enge Ghetto Eingang fanden, das unvergängliche historische Element des Judenthums, seine Vergangenheit und Basis, mit den rastlos vorwärts strebenden Forderungen der Neuzeit zu verschmelzen wußten. So war, wie M. I. Landau [Bd. XIV, S. 69], auch Ernst Wehli ein Mann der Vermittlung.“

Illustrirter israelitischer Volkskalender für das Jahr der Welt 5628 (1867), [246] XVI. Jahrg., herausgegeben von Jacob W. Porschels (Prag 1867, 32°.) S. 158 u. f.: „Ernst Wehli, Vorsteher der Prager Israelitengemeinde“.