BLKÖ:Werner, Karl (Theolog)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 55 (1887), ab Seite: 62. (Quelle)
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Werner, Karl (gelehrter Theolog, geb. zu Hafnerbach in Niederösterreich [63] V. o. W. W. am 8. März 1821). Der Sohn eines Landschullehrers, besuchte er von 1831–1836 das zu jener Zeit sechsclassige Gymnasium zu Melk, von 1837 bis 1838 die zwei Jahrgänge des damals bestehenden philosophischen Studiums zu Kremsmünster und trat sodann in das St. Pöltener Priesterseminar ein, in welchem er 1839–1842 die vorgeschriebenen theologischen Studien zurücklegte. Von 1842–1845 unterzog er sich als Mitglied des weltpriesterlichen Bildungsinstitutes zu St. Augustin in Wien der Vorbereitung auf die theologischen Rigorosen, übte nach Erlangung des theologischen Doctorats 11/2 Jahre die ländliche Seelsorge aus und kam im März 1847 als Professor der Theologie ins bischöfliche Seminar zu St. Pölten, in welchem er durch 231/2 Jahre als solcher wirkte, bis er im Herbste 1870 als Professor des neutestamentlichen Bibelstudiums an die Wiener Universität berufen wurde. In dieser Stellung verblieb er bis zum Jahre 1880, in welchem er mit dem Titel und Charakter eines Ministerialrathes in das Ministerium für Cultus und Unterricht eintrat, wo er zur Zeit noch thätig ist. Seit 1850 wissenschaftlich literarisch beschäftigt, hat er bisher herausgegeben: „System der christlichen Ethik. 3 Bände. 1. Bd.: Güterlehre; 2. Bd.: Tugendlehre; 3. Bd.: „Pflichtenlehre“ (Regensburg 1850–1852); – „Die Grundlinien der Philosophie“ (ebenda 1855), diese und die frühere Schrift ist noch im Anschluß an die speculativen Anschauungen A. Günther’s gearbeitet. Weiter erschienen: „Der h. Thomas von Aquino“ 3 Bände (Regensburg 1858), enthält Leben, Schriften, Lehrsystem des Thomas von Aquino und die Geschichte des Thomismus; – „Franz Juarez und die Scholastik der letzten Jahrhunderte“ (Regensburg 1860); – „Kunde vom göttlichen Worte des Lebens. Eine Weihnachtsgabe“ (Schaffhausen 1864, 8°.); – „Geschichte der apologetischen und polemischen Literatur der christlichen Theologie“ 5 Bände (ebd. 1861 bis 1867); – „Geschichte der katholischen Theologie Deutschlands seit dem Trienter Concil“ (München 1866); – „Zur Erinnerung über Wesen und Aufgabe der christlichen Philosophie in der Gegenwart“ (Schaffhausen 1867, 8°.); – „Ueber Wesen und Begriff der Menschenseele“ (3. Aufl., Schaffhausen 1868); – „Speculative Anthropologie vom christlich-philosophischen Standpunkte“ (München 1870); – „Religionen und Culte des vorchristlichen Heidenthums. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie der Religionen“ (Schaffhausen 1871); – „Beda der Ehrwürdige und seine Zeit“ (Wien 1875); – „Alcuin und sein Jahrhundert. Ein Beitrag zur christlich-theologischen Literaturgeschichte“ (Paderborn 1876). Als Lehrschriften für die theologische Lehranstalt in St. Pölten arbeitete er seinerzeit aus: „Grundriss der Geschichte der Moralphilosophie als Leitfaden für Vorlesungen“ (Wien 1859) und „Enchiridion Theologiae moralis“ (Wien 1863). Am 17. August 1872 wurde Werner correspondirendes, am 21. Juli 1876 wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Als solches veröffentlichte er in den Denkschriften und Sitzungsberichten derselben folgende Arbeiten, und zwar in ersteren: „Der Entwicklungsgang der mittelalterlichen Psychologie von Alcuin bis Albertus Magnus“ [1876]; in den „Sitzungsberichten“: „Die Psychologie des Wilhelm von Auvergne“ [1873]; – „Wilhelms von Auvergne Verhältniß zu den Platonikern des XII. Jahrhunderts“ [1873]; – „Die Kosmologie und Naturlehre des scholastischen Mittelalters. Mit specieller Beziehung auf [64] Wilhelm von Conches“ [1874]., – „Die Psychologie und Erkenntnißlehre des Johannes Bonaventura“ [1876], alles Fragmente einer zusammenhängenden Geschichte der mittelalterlichen Psychologie, mit deren Bearbeitung Werner seit Jahren beschäftigt ist. Zu diesem Werke, in welchem die Commensuration der mittelalterlichen Scholastik mit den Errungenschaften des neuzeitlichen philosophischen Denkens speciell mit den Anschauungen des neuzeitlichen speculativen Theismus eine der Hauptaufgaben ist, welche er sich für sein wissenschaftliches Bildungsstreben zum Ziele gesetzt hat, stehen alle seine bisherigen Arbeiten, die auf die Geschichte der Theologie und Philosophie sich beziehen, in einem näheren oder entfernteren Verhältnisse. Dr. Karl Werner ist zur Zeit auch Rath des bischöflichen Consistoriums von St. Pölten, Propst von Zwettl und Prüfungscommissär der theoretischen Staatsprüfungscommission in der rechtshistorischen Abtheilung. Seine Verdienste um die Wissenschaft würdigte der Monarch 1875 durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone dritter Classe.