BLKÖ:Westmeyer, Wilhelm

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Westmann, Wilhelm
Band: 55 (1887), ab Seite: 172. (Quelle)
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Westmeyer, Wilhelm (Compositeur, Ort und Jahr seiner Geburt unbekannt), Zeitgenoß. Ueber Lebens- und Bildungsgang dieses Compositeurs wissen wir nichts, auch war ungeachtet einiger, mitunter beifällig aufgenommener Compositionen sein Name wenig oder gar nicht bekannt, bis denselben die Agitation für ein Militär-Musikconservatorium in Wien, die sich Ende der Sechziger-Jahre sehr lebhaft gestaltete, in den Vordergrund stellte. Bekanntlich waren die österreichischen Militär-Musikcapellen ganz vortrefflich geschulte Körper, und bei dem großen internationalen Wettkampf derselben, welcher 1867 unter Leitung des Capellmeisters Zimmermann in Paris stattfand, erhielt die österreichische Militärmusik von Seite des Publicums den Siegespreis. Das Alles aber drohte anders zu werden, und der Verfall der österreichischen Militärcapellen schien unausbleiblich von dem Augenblicke an, als die dreijährige Wehrpflicht in der österreichischen Armee eine Thatsache wurde, denn in so kurzer Zeit ließen sich Talente nicht schulen. Um also dem drohenden Uebel vorzubeugen, gerieth man auf verschiedene Ideen, bis die Errichtung eines Militär-Musikconservatoriums als die einzig und rein praktische aufgegriffen und öffentlich erörtert ward. Diesen Gedanken öffentlich ausgesprochen und erörtert zu haben, ist das Verdienst Westmeyer’s, der auf Wunsch des Kriegsministeriums die Organisationsvorschläge ausarbeitete und dabei ebenso die künstlerische als militärische Seite des Gegenstandes ins Auge faßte. Bis dahin war er nur als tüchtiger Musicus und als Componist bekannt, der eine Oper „Der Wald bei Hermannstadt“ und die bald sehr beliebt gewordene „Kaiser-Ouverture“ componirt hatte, welche ebenso für Männerchor, wie für großes Orchester eingerichtet war und, vom Capellmeister M. Zimmermann für Militärmusik (Wien 1871) arrangirt, im Stich erschien. Andere Compositionen Westmeyer’s sind: „Das Leben im Liede“, „Kindesliebe“, „Engellied“, „Traumlied“ und „Vision Napoleons I. auf Helena“, eine symphonische Dichtung für großes Orchester, wofür er die französische goldene Medaille erhielt. Auch noch in anderer, und zwar in humanitärer Richtung besaß Westmeyer bereits damals seine Verdienste, da er auf den Schlachtfeldern in den Jahren 1859 und 1866 im Vereine mit den Johannitern für Verwundete Hervorragendes leistete, wofür er von Seiner Majestät dem Kaiser decorirt wurde, und später wieder, als er die Thätigkeit des sächsischen Carola- und Albert-Vereines nach Oesterreich verpflanzte, wofür ihn der patriotische Hilfsverein in Wien zum Ehrenmitgliede und wegen hervorragender Verdienste um das Hilfsvereinswesen und Leistungen im Jahre 1870/71 der König von Sachsen mit dem Albrecht-, der deutsche Kaiser mit dem Kronenorden auszeichnete. Aber weitaus bekannter ward sein Name bei Gelegenheit der [173] schon erwähnten Agitation für ein Militär-Musikconservatorium, welche er selbst durch eine die Nothwendigkeit desselben erörternde Broschüre ins Leben rief und die auch bald eine ungeahnte Dimension annahm. Man hörte auch bald, daß ein Musikgönner in Salzburg zu diesem Zwecke Einhundertfünfzigtausend Gulden erlegt habe, wofür ein Conservatoriumsgebäude angekauft werden sollte, dann daß ein Consortium von Musikfreunden bereits die ansehnliche Summe von zwanzigtausend Gulden zum Ankauf von Instrumenten zusammengebracht hatte, u. s. w. Dabei wurde diese Angelegenheit auch in der Tagespresse in eingehender Weise nach allen Seiten für und wider erörtert. Das Kriegsministerium selbst unterstützte den Gegenstand und legte die Vorlage zur Unterbreitung im Cabinet Seiner Majestät des Kaisers zurecht. Endlich fand in den ersten Tagen des Juli 1872 die Sache damit ihre Erledigung, daß der Monarch den ganzen musicalischen Act zurücklegte, ohne demselben die genehmigende Signatur zu ertheilen. Die Militär-Musikbanden aber sind mittlerweile nicht schlechter geworden.

Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 218 unter „Eingesendet“. – Neue Freie Presse, 2. Juli 1871, Nr. 2460: „K. k. Armee-Musikschule“. – Neues Wiener Tagblatt, 1872, Nr. 1 in „Theater und Kunst“. – Neues Fremden-Blatt (Wien 4°.) 11. Juli 1872, Nr. 189: „Ein Militär-Musikconservatorium“.