BLKÖ:Wolf, Franz P.

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 57 (1889), ab Seite: 282. (Quelle)
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Wolf, Franz P. (Schulmann, geb. zu Heinersdorf bei Friedland in Böhmen 13. Juni 1765, gest. in Reichenberg 3. Mai 1853). Ein Jahr alt, verlor er seinen Vater, der ein armer Häusler war. Als sich dann seine Mutter zum zweiten Male, und zwar an einen Müller verheiratete, kam er zu seinen Großeltern in Reichenberg, wo er die Schule besuchte. 1778 trat er als Lehrling in die Haindorfer Klosterapotheke, als er aber 15 Jahre zählte, durfte er weiterstudiren und bezog 1780 das Gymnasium in Kosmanos, hörte von 1784 den philos. Curs in Prag und wurde im November 1786 in das Generalseminar daselbst aufgenommen. Nach dessen Aufhebung kam er 1790 ins Leitmeritzer Seminar und erhielt am 10. Jänner 1791 von dem bekannten Schulmanne Bischof Kindermann die Priesterweihe. Bei dem damaligen Ueberflusse an Priestern fand er nicht sofort Verwendung in der Seelsorge und benützte die reiche Muße, die ihm zur Verfügung blieb, zum Besuche eingepfarrter Landschulen und zum Ertheilen unentgeltlichen Privatunterrichts, erst im August 1796 wurde er Caplan an der Dechantei zu Reichenberg. Nachdem er in der Zwischenzeit [283] an der Prager k. k. Normalhauptschule die Prüfung für das Katechetenamt und Directorat einer solchen Anstalt glänzend bestanden hatte, wurde er am 27. Jänner 1798 zum Katecheten und Director der Reichenberger Hauptschule und zugleich zum Inspector aller auf den deutschen Clam-Gallas’schen Herrschaften bestehenden Landschulen ernannt. Am 3. Juni 1813 erhielt er von Christian Christoph Grafen Clam-Gallas die Reichenberger Dechantei und bekleidete dieselbe durch 37 Jahre, bis 1. Jänner 1850, an welchem Tage er freiwillig auf sie resignirte. Im April 1814 wurde er Vicariatssecretär, 1819 Schuldistrictsaufseher des Reichenberger Bezirkes, noch im nämlichen Jahre Consistorialrath, 1820 bischöflicher Bezirksvicar, was er bis 1831 blieb, 1822 Ehrendomherr der Leitmeritzer Kathedrale, 1837 Erzdechant und Archidiakon des Bunzlauer Kreises und anläßlich seiner Secundizfeier 1841 Ehrenbürger der Stadt Reichenberg. Was er als Priester seiner Gemeinde gewirkt, fand in den vorerwähnten Ehren bereits verdiente Anerkennung; aber auch als Schulmann war er in unvergeßlicher Weise thätig. Er wurde am 6. Februar 1798 ins Directorat eingeführt. Sein erstes Streben zielte auf Erweiterung des Unterrichts, und zwar zunächst darauf, die bisherige Reichenberger Trivialschule in eine Hauptschule umzugestalten, was er auch mit Bewilligung des k. Kreisamtes von Jungbunzlau vom 4. Juni 1809 erreichte. Dann führte er eine Reihe ungemein förderlicher Reformen ein: Befreiung armer Schüler vom Schulgelde, Einführung des Ehren- und Schandbuches, des Schulverordnungsbuches, des Schultagebuches; nahm auf den Unterricht wesentlich guten Einfluß, so unter Anderem durch Beseitigung abergläubischer Bräuche und Gewohnheiten. Besondere Sorgfalt verwendete er auf Heranbildung junger Lehrer im Präparandencurse, und unter seiner Leitung leisteten die Lehrer auch in musicalischer Beziehung Ausgezeichnetes. Aber noch eine andere Aufgabe hatte er sich gestellt: nämlich den Bau eines neuen Schulgebäudes, da die Nothwendigkeit eines solchen sich immer dringender erwies. War dies schon 1781 erkannt worden, so schleppte sich doch die Sache bis zum Jahre 1810, in welchem am 20. September die Grundlegung auf dem 1798 aufgelassenen Decanalkirchhofe erfolgte, worauf der vollendete Bau am 3. October 1812 eingeweiht wurde. War auch der Bau des Schulhauses – damals des größten in Böhmen für eine Schülerzahl von 1400 Kindern – zunächst durch die von dem Grafen Christian Christoph Clam-Gallas als Patron und von der Gemeinde geleisteten Beiträge ausgeführt worden, der moralische Urheber und Förderer dieser Angelegenheit war P. Franz Wolf, welcher den ganzen Bau eingeleitet hatte und überwachte. Noch drei Jahre nach der freiwilligen Resignation auf seine Dechantei verlebte er im Ruhestande, bis er, 88 Jahre alt, sanft entschlief. 66 Priester waren aus der Nähe und Ferne zur Bestattung herbeigeeilt. Sein Grab auf dem Reichenberger Friedhofe ziert ein einfaches Kreuz mit der Inschrift: „Wer für die Ewigkeit säet, erntet Unsterblichkeit! Hier ruhet in der Mitte seiner gläubigen Heerde der treue Seelenhirt P. Franz Wolf, p. t. Erzdechant, verdient um Schule, Staat, Kirche und Menschheit.“

Hoffmann (Anton P.). Geschichte der Haupt- und Mädchenschule in Reichenberg (Reichenberg [284] [1868] im Selbstverlag der Hauptschule, 8°.) S. 47–64: „Dritter Director: P. Franz Wolf.“