BLKÖ:Wolfstein, Joseph von (1802–1868)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wolfstein, Joseph
Band: 58 (1889), ab Seite: 48. (Quelle)
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Doch ist noch ein Joseph von Wolfstein (geb. 1802, gest. zu Salzburg am 25. December 1868) seiner Lebensschicksale wegen erwähnenswerth. Den Zeitumständen nach könnte er ein Sohn des Vorigen sein. Er studirte auf der Universität in Pesth zunächst die Rechte und wurde Landesadvocat. Dann widmete er sich auf derselben Hochschule dem Studium der Medicin und bekleidete in der Folge als Arzt die verschiedensten Stellungen, so war er Doctor der Medicin und Chirurgie, Magister der Oculistik, der Geburtshilfe und Veterinärkunde, Mitglied der Wiener und Pesther medicinischen Facultäten, Mitglied der Akademie der Quiriten in Rom, emeritirter Professor der Vorbereitungswissenschaften und der theoretischen Studien für Wundärzte am Lyceum zu Salzburg. Da kam das ereignißreiche Jahr 1848, in welchem auch diese Stadt, wenngleich in bescheidenem und gesetzlichem Maße, an der allgemeinen Bewegung theilnahm. Auch sie stellte ihre Nationalgarde auf, und Professor Wolfstein, eine stattliche Erscheinung mit militärischer Haltung, wurde zum Commandanten derselben ernannt. Wie ernstlich er aber seine Stellung als Nationalgardecommandant [49] – was, genau besehen, bei den bestehenden Verhältnissen reine Soldatenspielerei war – nahm, erhellt aus einem Tagesbefehl, den er am 20. August 1849 an die Garde erließ, und in welchem er ganz nach dem Muster kaiserlicher Armeebefehle der Garde seine Zufriedenheit über die anläßlich der Feier des ah. Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers bewiesene Haltung aussprach, mit dem Beifügen, wie stolz er sich fühle, das Commando eines solchen Institutes zu führen. Dieser Gardebefehl erschien in der „Neuen Salzburger Zeitung“ 1849, Nr. 161. Die militärische Rolle aber, in welche sich Professor Wolfstein hineingelebt hatte, gefiel ihm so sehr, daß er nach Auflösung der Nationalgarde ein Majestätsgesuch einreichte, in welchem er, der damals 45jährige Mann und Professor, bat, ihm zu gestatten, daß er als Cadet in ein Huszaren-Regiment eintrete. Diese Erlaubniß wurde ihm gewährt und der Arzt und Geburtshelfer wurde Huszarencadet, mußte täglich die Reitschule besuchen, rückte aber schon nach zweijähriger Dienstzeit zum Unterlieutenant vor. In dieser Stellung war ihm seine vorangegangene wissenschaftliche Ausbildung insoweit förderlich, als er dem Regimentsinhaber, einem pensionirten General, als Adjutant zugetheilt wurde. Nahezu achtzehn Jahre lebte er in dieser Stellung, dann ward er als Rittmeister pensionirt, und zwar 1868, in welchem Jahre er auch das Zeitliche segnete. Wohl hatte der gelehrte, wissenschaftlich gebildete Arzt den Tact, in Gesellschaft seiner Kameraden, mit denen er stets verkehrte, nie von seiner früheren Stellung und seinen medicinischen Studien zu reden, doch gab er seine Wissenschaft niemals ganz auf, sondern widmete seine Muße der Lecture von Werken über Medicin, welche eben damals einen ungeahnten Aufschwung zu nehmen begann. Wolfstein war auch in seinem Fache schriftstellerisch thätig und gab, als er 1826 die Doctorwürde der Medicin erlangte, eine Inauguraldissertation unter dem Titel heraus: „Dissertatio inauguralis medica de plantis venenatis phanerogamis I. Comitatis Pesthinensis“ (Budae 1826, 8°.); auch glauben wir nicht fehl zu gehen, wenn wir ihn für den Verfasser des „Trattato sul cholera, dietro ad osservazioni fatte in generale e particularmente in Moravia negli anni 1831 e 1832“ welcher 1837 bei Volke in Wien erschienen ist, halten. Wie Wolfstein noch Arzt war, bekleidete er in Wien die Stelle eines Chefarztes im Wiener Hauptgarnisonsspitale, und während seines vieljährigen Dienstes in Salzburg wirkte er auch als Präses der Salzburger Landwirthschaftsgesellschaft. Wenn es in einem ihm gewidmeten Nachrufe heißt, daß er, der ein ebenso origineller als ehrenwerther Charakter war, seiner Eitelkeit seine Professur und Unabhängigkeit geopfert habe, so hat dies Jemand geschrieben, der keine Ahnung hat von dem wohlthuenden, Herz und Geist erhebenden Esprit de corps, der im Officierscorps eines österreichischen Regimentes herrscht. Man vergißt darüber alle Beschwerden des Dienstes und ist von einem Gefühle gehoben, welches in den Dienstkategorien irgend eines anderen Standes gar nicht gekannt ist. Da ich selbst mehrere Jahre als Officier in der k. k. Armee gedient, kann ich das Vorstehende aus eigener Erfahrung niederschreiben.

Természettudományi közlöny (Pest) Bd. III (1871) S. 497. – Poggendorff (J. C.). Biographisch-literarisches Handwörterbuch [50] zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1863, Ambr. Barth, Lex. 8°.) Bd. II, S. 1361. – Fejér (Georg.). Historia Academiae scientiarum Pazmaniae Archiepiscopalis ac M. Theresianae regia literaria (Budae 1835, 4°.) p. 132, 172, 211.