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BLKÖ:Santer, Jacob Philipp

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Santer, Johann
Band: 28 (1874), ab Seite: 197. (Quelle)
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Santer, Jacob Philipp (Bildhauer und Architekt, geb. zu Bruneck im Pusterthale Tirols 26. April 1756, gest. ebenda 8. October 1809). Sein Vater Benedict lebte als unbedeutender Maler in Bruneck. Als der Sohn 13 Jahre alt war, gab er ihn zu Georg Syli, einem Bildhauer in Bruneck, in die Lehre, wo Jacob Philipp vierthalb Jahre arbeitete. Nach beendeter Lehrzeit war S. auch sonst noch bei Syli thätig, so z. B. als dieser in den Jahren 1778 und 1779 in der Neustift bei Brixen beschäftigt war und im Jahre 1780 in Sterzing. Nun ging S. nach Innsbruck, besuchte die dortige Zeichenschule und übte sich überdieß bei dem Bildhauer Gratl in seiner Kunst. Zu seiner weiteren Ausbildung [198] begab er sich nach Augsburg und arbeitete dort an der Kunstakademie mit solchem Eifer und Erfolge, daß ihm zwei Preise, einer in der Bossirkunst, der zweite im Architecturzeichnen, zuerkannt wurden. Im Jahre 1782, damals 26 Jahre alt, ging S. nach Stuttgart, wo ihm der dortige Gallerie-Director Nikolaus Guibal – nicht, wie er im „Tiroler Boten“ genannt wird: Gnibal – eine wohlwollende Aufnahme zu Theil werden ließ und ihm theils selbst Bestellungen gab, theils ihm solche von Anderen verschaffte. Bald erwarb sich S. durch seine fleißigen und trefflichen Arbeiten einen so ausgezeichneten Ruf, daß er aufgefordert wurde, sich in Stuttgart niederzulassen. In seinem Drange, sich weiter auszubilden, kam er dieser Aufforderung nicht nach und begab sich Anfangs Mai 1783 nach Paris, wo er bald Gelegenheit fand, seine Studien in erfolgreichster Weise aufzunehmen. Gleich von allem Anbeginne schon fehlte es ihm, nachdem seine Geschicklichkeit erkannt worden war, nicht an Arbeit; drei Künstler, zwei des Namens Broche und ein dritter Namens Moreau, eröffneten ihm ihre Ateliers, in welchen S. mit großem Eifer mehrere Aufträge ausführte. Während eines dreijährigen Aufenthaltes in der Seinestadt hatte S. einen wahren Schatz an Zeichnungen und Abgüssen nach den besten Werken der Architectur und Bildhauerkunst gesammelt. Auch vollendete S. in dieser Zeit mehrere Sculpturen, theils im Auftrage der vorbenannten Bildhauer, theils auf eigene Rechnung, und wurde, wenn die Bestellungen rascher ausgeführt werden sollten, darin von zwei ihm befreundeten namhaften Künstlern, von Scheffauer und Dannecker, welche sich damals eben in Paris aufhielten, unterstützt. Ueber seine in Paris und dann später an anderen Orten ausgeführten Arbeiten folgt weiter unten eine gedrängte Uebersicht. Gegen Ende 1786 verließ S. Paris und kehrte, nachdem er in mehreren größeren Städten des südlichen Deutschland sich einige Zeit aufgehalten hatte, im Jahre 1788 in seine Vaterstadt Bruneck zurück, wo er nun seinen bleibenden Aufenthalt nahm, leider nicht zum Frommen seiner Kunst, nach deren Erzeugnissen dort eben keine Nachfrage war, und dann, weil er als Mitglied einer Gemeinde durch seinen ehrenhaften Charakter und seine Welt- und Menschenkenntniß zu Stellen berufen wurde, deren Wirkungskreis mit jenem der Kunst wenig oder nichts zu schaffen hatte. So wurde er in verschiedenen Epochen mit der Wirksamkeit eines Stadtbaumeisters, Bürgermeisters, k. k. Wegmeisters und in seinen letzten Lebensjahren sogar mit jener eines Spitalsverwalters betraut. Im Alter von erst 53 Jahren entriß ihn nach nur kurzem Leiden der Tod seinen Mitbürgern, denen er, um sich ihren Angelegenheiten, durch ihr Vertrauen zur Leitung derselben berufen, zu widmen, das Höchste: die Kunst, geopfert hatte. S. hat eine mehrseitige Thätigkeit entfaltet, als Bildhauer, Architekt und Mathematiker, der bereits geschilderten als Gemeindemitglied nicht weiter zu gedenken. Von seinen Bildhauerarbeiten sind anzuführen aus der Zeit seines Aufenthaltes in Frankreich mehrere kleinere Statuen: eine Venus, eine Flora, eine weibliche Gestalt, welche wäscht, noch eine Venus mit der Taube, mehrere kleine Figurengruppen, dann einige zierliche Vasen, welche ihm mit 40 bis 50 Livres und auch höher für das Stück bezahlt wurden. Für seine Arbeiten erhielt er mit Rücksicht auf die kleinen Dimensionen, in denen sie ausgeführt [199] wurden, und auf den damaligen Geldwerth ziemlich ansehnliche Honorare, so für eine Venus, an der ihm Scheffauer geholfen, 121/2 Louisd’or, für einen Mercur, an welchem der berühmte Dannecker mitgearbeitet, 15 Louisd’or. In Tirol, wo, wie oben bemerkt, seiner Kunst wenig Gelegenheit zur Ausübung gegeben ward, sind seine Arbeiten sehr selten und davon nur anzuführen das Grabmal des Fürstbischofs Joseph Grafen von Spaur in der Domkirche zu Brixen und jenes des Freiherrn Joseph von Sperges in der Landschaftskirche zu Mariahilf in Innsbruck; eine Madonna mit dem Kinde aus Holz in der Pfarrkirche seines Geburtsortes Bruneck, die zwei Engel, welche den Baldachin, der sich über der Madonna erhebt, sind ein Werk von Santer’s erstem Lehrer Syli; drei Engel, in Gyps bossirt, in eben dieser Kirche auf dem Sebastiansaltar; im Privatbesitze befanden sich zu Bruneck noch im Jahre 1822 ein stehender Christus, in Gyps bossirt, von S. noch in Frankreich, wie es den Anschein hat, nach der Natur ausgeführt; – ein Crucifix, aus Holz geschnitten, wovon nur der Körper von S. gearbeitet, das Schamtuch aber von einer wenig erfahrenen Hand später hinzugefügt wurde; – und die Gypsmodelle zu den beiden oberwähnten Grabdenkmälern; mehrere von ihm theils gesammelte, theils gearbeitete Modelle und Abgüsse sind entweder vernichtet oder zerstreut. Was seine Thätigkeit als Architekt anbelangt, so beschränkt sich dieselbe nur auf wenige Arbeiten, darunter die neue Pfarrkirche zu Bruneck. S. hatte dazu die Pläne vorgelegt, welche aber verworfen wurden, worauf man einen Maurermeister mit dem Baue der Kirche betraute. Als aber dieser ein architektonisches Ungethüm aufzuführen begann, wendete man sich in der Noth wieder an S., der den Bau von Grund aus neu begann und zu Ende führte; – ferner die Pfarrkirche zu Antholz, nach S.’s Entwurf und unter seiner Leitung ausgeführt; in dieser Kirche sind die Altäre auch eine Arbeit S.’s; wie der Hochaltar in der Pfarrkirche zu St. Jacob in Ahrn und die Seitenaltäre des h. Sebastian und des h. Joseph in der Pfarrkirche zu Bruneck, wo überdieß der Orgelkasten und die Kanzel Werke seines Meißels sind; hingegen sind die auf dem Orgelkästen befindlichen Engel, sowie die an der Kanzel angebrachten kunstlosen Basreliefs Arbeiten fremder Hände. Was schließlich S.’s Leistungen auf mathematischem Gebiete betrifft, so haben dieselben einen vorherrschend praktischen Charakter; er hat in seiner Gegend nicht nur die sämmtlichen Gemeindegründe, sondern auch jene vieler Privaten vermessen; dann hat er ein Kubikmaß erfunden, worin mit Beihilfe eines dazu gehörigen Maßstabes die meisten inländischen Körnermaaße gemessen werden können und deren Verhältniß zu einander S. selbst genau berechnet hat; der Apparat befand sich seiner Zeit oder befindet sich noch im Besitze des Freiherrn von Sternbach in Bruneck; endlich erfand S. eine Methode, um das jährliche Wachsthum eines Menschen bis in das 24. Jahr zu berechnen und zeichnete auch die dazu gehörige mathematische Figur. S. wollte damit verschiedene, über diesen Gegenstand abweichende Ansichten berichtigen und zeigen, daß des Menschen Wachsthum im ersten Jahre nach der Geburt am größten, dann aber immer bis zum 24. Jahre sich stetig vermindere. In seiner Bedeutung als Bildhauer wird S.’s Genius von Künstlern sehr hochgestellt; sein Mißgeschick, daß er nicht zu jener Geltung gelangte, [200] die ihm bei größerer Beschäftigung nicht hätte ausbleiben können, war seine Rückkehr in die Heimat, in welcher sich ihm keine oder doch nur sehr geringe Gelegenheit darbot, seine Kunst auszuüben. Der berühmte Tiroler Maler Joseph Schöpf (geb. 1745, gest. 1822) that über S. folgenden[WS 1] gewichtigen Ausspruch: „Tirol hätte an Santern auch seinen [[BLKÖ:Canova, Anton|Canova] aufzuweisen, wenn er stets der Kunst sich hätte widmen können“.

Bote von und für Tirol (Innsbruck, kl. Fol.) 1823, Nr. 95 u. 96: „Biographische Notizen über Jacob Santer“. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 484. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XIV, S. 272. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felician Rauch, 8°.) Bd. II, S. 175. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: fogenden.