BLKÖ:Weiße, Maximilian Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 54 (1886), ab Seite: 160. (Quelle)
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Weiße, Maximilian Ritter v. (Astronom, Director der Sternwarte in Krakau, geb. zu Ladendorf in Oesterreich unter der Enns am 16. October 1798, gest. zu Wels in Oberösterreich am 10., nach Andern 12. October 1863). Sein Vater Johann Heinrich bekleidete die Stelle des Oberamtmanns zu Ladendorf, die Mutter Antonie geborene Glax wurde zugleich mit ihrem Gatten wegen der Verdienste, welche sich Beide durch die Krankenpflege während der Epidemie im Kriege 1809 erwarben, mit der großen goldenen Verdienstmedaille decorirt. Den ersten Unterricht erhielt der Sohn im Elternhause. 1808 bestand er an der Hauptschule zu Korneuburg die Prüfung. Nachdem er noch im nämlichen Jahre die Concursprüfung abgelegt hatte, wurde er sofort als Hofcapellsänger und Windhag’scher Stiftling in das k. k. Stadtconvict aufgenommen. In diesem verblieb er während der Gymnasial-, philosophischen und juridischen Studien, bis 1822. Schon auf dem Gymnasium beschäftigte er sich mit Vorliebe mit Mathematik und besuchte auch, um sich darin weiter auszubilden, während der philosophischen Jahrgänge die Vorträge aus der mathesis forensis des Professors Bauer, den Curs der höheren Mathematik bei den Professoren [161] Hantschel und Appeltauer und den zweijährigen Curs über Astronomie bei Director J. J. Littrow. Im Convicte selbst wurden ihm die Correpetitionen über Mathematik und Physik mit den Hörern der Philosophie anvertraut. In der Absicht, dem Lehrfache sich zu widmen, unterzog er sich 1821 den strengen Prüfungen aus der Mathematik und Physik zur Erlangung der philosophischen Doctorwürde und auch einigen Concursprüfungen. Nach Beendigung seiner Studien erhielt er 1823 eine Anstellung als Eleve an der k. k. Sternwarte in Wien, und als dann 1825 für die an der Krakauer Universität erledigte Stelle eines Professors der Astronomie und Directors der Sternwarte ein Concurs ausgeschrieben wurde, unterzog er sich, nachdem er im nämlichen Jahre von dieser Hochschule bereits das Diplom als Doctor der Philosophie erhalten hatte, der vorgeschriebenen Concursprüfung und ward auf Verwendung Littrow’s für gedachte Stelle ernannt. Die Krakauer Sternwarte befand sich, als er das Directorium antrat, nicht in den günstigsten Verhältnissen, die Oertlichkeit war für eine Sternwarte in jeder Hinsicht unpassend und ungenügend, ein Umbau unter allen Umständen unerläßlich und der Vorrath an astronomischen Instrumenten gering und nicht dem Stande der Wissenschaft entsprechend. Dagegen bestand ein nicht unbeträchtlicher jährlicher Fond zu neuen Anschaffungen. Weiße ging nun daran, vorderhand das Wichtigste anzuschaffen, und so gelangte denn die Sternwarte allmälig in den Besitz eines zweischuhigen Meridiankreises, eines kleinen Passageinstrumentes, eines Aequatorials, eines parallaktisch aufgestellten Refractors von 52 Linien Oeffnung, eines Kometensuchers, eines Sextanten, eines Theodolithen, einer Pendeluhr von Bessels, zweier Chronometer, verschiedene andere meteorologische und physicalische Instrumente ungerechnet. Aber die ungenügenden Räumlichkeiten erschwerten den Dienst und die Arbeit. 1833 erhielt Weiße für eine der Universität vorgelegte Abhandlung über den Pflichttheil von der juridischen Facultät die Doctorwürde. 1833–1834 bekleidete er auch das Amt eines Decans der philosophischen Facultät, und noch in letzterem Jahre wurde er zum Stellvertreter des königlich preußischen Conservators der Krakauer Universität ernannt, in welcher Eigenschaft er Mitglied des hohen Rathes derselben durch 13 Jahre bis zur Einverleibung des Freistaates in die kaiserlich österreichische Monarchie war. Vom Antritte seiner Stellung in Krakau bis 1833 hatte er seiner Aufgabe gemäß wissenschaftliche Astronomie gelehrt. Als dann bei der Reorganisirung des Freistaates im Jahre 1833 aus Ersparungsrücksichten die bisher an der Hochschule bestandene Lehrkanzel der höheren Mathematik aufgehoben wurde, erhielt er den Auftrag, den zweiten Jahrgang dieses Studiums zu übernehmen, während sein Adjunct den ersten zu besorgen hatte. Es war dies eine Anordnung, durch welche weder bei getheilter Zeit das Fach selbst gewann, noch der eigentliche Dienst der Sternwarte gefördert, sondern vielmehr in nicht unwesentlicher Weise beeinträchtigt wurde. Aber alle Vorstellungen Weiße’s gegen Abänderung dieses Uebelstandes blieben erfolglos. 1839 ward auf seine Veranlassung neben der Sternwarte ein Häuschen erbaut zu Beobachtungen für den Gauß’schen Unifilar-Magnetometer. Nun fanden täglich durch Weiße[WS 1] zweimalige Beobachtungen [162] statt zur Ermittlung der Variationen der magnetischen Declination, ferner wurden die jährlichen vier Gauß’schen Termine eingehalten. Bis 1849 lagen 65.000 solcher Declinationsbeobachtungen vor; aber sie hatten auch seine Augen sehr angegriffen. Nach zweimaliger Beraubung des Häuschens – es wurden Magnete und Fernrohre gestohlen – mußten sie Ende 1846/47 eingestellt werden. Um nun den Gauß’schen Apparat nicht ganz unbenutzt zu lassen, versuchte es Weiße[WS 1], statt des geraubten Theodolithen ein Stativfernrohr aufzustellen; hiermit aber hatte er entschiedenes Unglück. Nach einer mehrjährigen Pause, während deren er sich immer nicht entschließen konnte, einen neuen Apparat aufzustellen, versuchte er es doch im Jahre 1855 wieder mit einem Inductionsapparate. Aber auch dieser wurde im Jahre 1856 am 22. October durch Einbruch zerstört, infolge dessen Weiße seine Beobachtungen nach dieser Richtung für immer einstellte. Die Ergebnisse der an der Sternwarte, sowie in dem erwähnten Häuschen angestellten Beobachtungen veröffentlichte er von Zeit zu Zeit in verschiedenen Fachzeitschriften und in den periodischen Sammelwerken der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Seine wissenschaftlichen im Druck erschienenen Arbeiten folgen in chronologischer Reihe auf Seite 163. Durch viele Jahre beschäftigte sich unser Gelehrter auch mit der Bearbeitung der Bessel’schen Zonenbeobachtungen zu einem Kataloge. Zur Ermittlung des wahrscheinlichen Fehlers der Positionen dieses Kataloges unterwarf er für Rectascensionen fast zehntausend und fast ebenso viele Beobachtungen für Declination der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Als der erste Theil, dessen Herausgabe die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg übernommen hatte, erschienen war, wurde derselbe von den Astronomen so fleißig benützt und der Wunsch, auch die weiteren Bessel’schen Zonen von +15° bis +45° der Declination bearbeitet zu sehen, von mehreren Seiten so dringend ausgesprochen, daß sich Weiße auch dieser Arbeit unterzog. So hat sich derselbe durch die mühevolle Reduction aller von Bessel bestimmten Orte von kleineren Fixsternen (bis zur neunten Größe) auf den Anfang des Jahres 1825 und durch die Katalogisirung aller Sternpositionen nach der geraden Aufsteigung der Sterne ein nicht unwesentliches Verdienst um seine Wissenschaft erworben. Der erste Band, der 1846 erschien, enthält die in den Bessel’schen Zonenbeobachtungen niedergelegten Bestimmungen von 31.895 Sternenorten in dem Gürtel des Sternenhimmels zwischen -15° und +15° Declination; der zweite 17 Jahre später, 1863, erschienene Band umfaßt 37.862 Sternenorte in dem Gürtel des Himmels von +15° bis +45° Declination. Wenn man die mehrfachen Beobachtungen eines und desselben Sternes abrechnet, so sind in beiden Bänden zusammen Beobachtungen von 58.564 Sternen enthalten. Der praktische Nutzen dieses Katalogs besteht hauptsächlich darin, daß er den Vortheil des leichten Aufsuchens der Sterne und der bequemen Reduction der Positionen auf jede andere Zeit gewährt, während das Aufsuchen in den Bessel’schen Zonen viel mehr Zeit und Mühe in Anspruch nimmt. Diese wissenschaftlichen Arbeiten und die Dienste als Director der Sternwarte und Professor der Astronomie und höheren Mathematik – nur unterbrochen durch eine langwierige Krankheit und [163] schwere Schicksalsschläge, die ihn in seiner Familie trafen, nahmen seine Zeit voll in Anspruch bis zu seiner Pensionirung. Im Schuljahre 1859/60 versah er auch das Decanat des philosophischen Professorencollegiums und bis 1855 die Stelle eines Vorsitzenden im Kirchenrathe der akademischen Pfarre St. Nicolai, zugleich leitete er den Umbau der Sternwarte nach den von ihm entworfenen Plänen. An Ehren in der Heimat wie aus der Fremde hat es dem Gelehrten nicht gefehlt. Sein Kaiser verlieh ihm das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens und den Orden der eisernen Krone dritter Classe, welchem statutengemäß die Erhebung in den österreichischen Ritterstand folgte; von Oesterreich wie von Rußland erhielt er die großen goldenen Medaillen für Kunst und Wissenschaft, von letzterem Staate außerdem den Sanct Annen-Orden zweiter Classe; die astronomische Gesellschaft in London sandte ihm ihr Testimonial; seit 19. Juni 1849 war er correspondirendes Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien; und die Jagiellonische Akademie der Wissenschaften in Krakau, die schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, die königliche astronomische Gesellschaft in London und der Copernicusverein für Wissenschaft und Kunst schickten ihm ihre Diplome. Erschöpft durch anstrengende Arbeiten und eine schwere Krankheit, zunächst veranlaßt durch den Verlust zweier hoffnungsvoller Söhne, welche innerhalb fünf Tage der Tod dahinraffte, kam Weiße um Versetzung in den Ruhestand ein und verließ, vorläufig nur auf Urlaub, am 25. Mai 1861 die Stadt Krakau, in welcher er 36 Jahre im Dienste der Wissenschaft gewirkt hatte, und zog sich nach Amstetten, später, nach seiner am 28. März 1832 erfolgten Pensionirung nach Wels zurück, wo er anderthalb Jahre darauf seinem langwierigen Leiden erlag. Sein wissenschaftlicher Freund und astronomischer College, der berühmte Kremsmünsterer Abt Augustin Reslhuber [Bd. XXV, S. 310], segnete die Leiche, die feierlichst bestattet wurde, ein. Weiße hatte sich am 5. November 1826 mit Karoline, der Tochter eines in Krakau lebenden Nürnberger Kaufmanns[WS 2] Lierhammer, vermält, aus welcher Ehe außer den schon erwähnten zwei Söhnen auch zwei Töchter stammen, die mit der Witwe den Vater überlebten.

Uebersicht der gedruckten wissenschaftlichen Arbeiten des Maximilian Ritter von Weiße. „Tafeln zur Reduction der bei verschiedenen Wärmegraden beobachteten Barometerstände auf jede beliebige Normaltemperatur“ (Wien 1827, Heubner); – „Coordinatae Mercurii, Veneris, Martis, Jovis, Saturni et Urani“ (Cracov. 1829, typ. fratr. Gieszkovski); – „Correctiones temporis ex altitudinibus correspondentibus“ (ib. 1829). – „Tafeln zur Berechnung der Höhenunterschiede aus beobachteten Barometer- und Thermometerständen“ (Wien, gr. 4°., 1831); dieselben englisch unter dem Titel: „Tables for computing the differences of heights drawn according to the heights barometers and thermometers“ (Vienna 1831, J. B. Wallishausser) und französisch (ebd. 1831); – „Latitudo geographica Cracoviae ex observationibus annorum 1829–1831 deductae. Dissertatio“ (Cracoviae 1832); – „Resultate der an der Krakauer Sternwarte gemachten meteorologischen und astronomischen Beobachtungen“ (Krakau 1839, Gieszkowski); – „Obraz obserwacyi meteorologicznych v roku 1842“, d. i. Gemälde der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1842 (ebd. 1845); – „Observationes magni cometae anni 1843 et istius anni 1840“ (Cracoviae 1845); – „Relatio de ecclipsi solis 7. Julii 1842“ (ib. 1845); – „Positiones mediae stellarum fixarum in zonis regiomontanis inter -15° et +15° declinationis observatarum ad annum 1825 reductae et in catalogum ordinatae“ (Petropoli [164] 1846 jussu Academiae imperialis“; – „Spostrzeżenie w Obserwatoryjum astronomicznem w roku 1849“, d. i. Beobachtungen auf dem astronomischen Observatorium in Krakau im Jahre 1849 (Krakau 1850); – „Spostrzeżenie Komety przez Petersena dnia 1. Maje 1850 w Altonie odkrytego“, d. i. Beobachtungen des am 1. Mai 1850 auf der Altonaer Sternwarte von Petersen entdeckten Kometen (ebd. 1850); – „Spostrzeżenie w Obserwatoryjum astronomicznem Krakowskiem v roku 1850“, d. i. Beobachtungen auf dem Krakauer astronomischen Observatorium im Jahre 1850 (ebd. 1851); – Dieselben für das Jahr 1851 (ebd. 1852), die vier letztgenannten Schriften sind in den Jahrbüchern der Krakauer gelehrten Gesellschaft abgedruckt; – „Uebersicht der im Jahre 1850 an der k. k. Sternwarte in Krakau angestellten meteorologischen Beobachtungen“, in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (in Wien) mathematisch-naturwissenschaftlicher Classe, VI. Bd. (1851) Tabelle; – „Allgemeine Uebersicht der an der k. k. Krakauer Sternwarte vom Jahre 1826–1852 gemachten meteorologischen Beobachtungen“ (Krakau 1853, Universitäts-Buchdruckerei, gr. 4°.); – „Sternbedeckungen und Mondsterne, beobachtet auf der k. k. Sternwarte in Krakau“ (ebd. 1855, gr. 8°.); – „Stündliche Barometerbeobachtungen zu Krakau in den Jahren 1848–1856“ (Wien 1858, Staatsdruckerei, gr. 4°.); – „Vergleichungen des Catalogus generalis pro 1850 in Strupe’s Stellarum fixarum imprimis duplicium et multiplicium positiones mediae (Petropoli 1852), mit den beiden Katalogen aus Bessel’s Zonenbeobachtungen“, in den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften mathem.-naturw. Classe, 32. Bd., Jahr 1858; – „Variationen der Declination der Magnetnadel beobachtet in Krakau“ (Wien 1859, 8°.) auch im 28. Bande der Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften; – „Neu gerechnete Reductionstafeln des 17. Bandes der Konigsberger Beobachtungen“, in Nr. 1304 der „Astronomischen Nachrichten“; – „Positiones mediae stellarum fixarum in zonis regiomontanis a Besselio inter +15° et +45° declinationis observatarum ad annum 1825 reductae et in catalogum ordinatae“ (Petropoli 1863, gr. 4°.), der vorerwähnten „Positiones mediae stellarum lixarum“ vom Jahre 1846, 2. Band. Außerdem verschiedene Beobachtungen von Planeten, Kometen, Sternbedeckungen u. s. w. in den „Astronomischen Nachrichten“.
Heis (Ed.). Wochenschrift für Astronomie. Bd. XVIII (1864), S. 132 –134. – Poggendorff (J. C.). Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1865, Barth, Lex. 8°.) Bd. II, Sp. 1290. – Wiener Zeitung, 1863, Nr. 237 [nach dieser gest. am 12. October 1863].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. a b Vorlage: Weiß.
  2. Vorlage: Kaufmannns.