Baden-Baden (Schreiber)
Umweht mich in Badens Thale,
Ihr Schauer der Vergangenheit!
Ich weile sinnend um die Maale
Der hingesunknen Heldenzeit,
Der tapfre Markmann Abschied nahm,
Und nun in die verlaßnen Gauen
Das Volk der Welterobrer kam.
Die lange diesen Boden schützten,
Und Roma’s goldne Adler blitzten
Zum erstenmal an unserm Strand.
Die Götter von der Tiber zogen
In Hertha’s unentweihten Hain,
Floß jetzt der fremde Opferwein.
Wo sonst die Eiche Wodan’s grünte,
Stand Hermes mit dem Schlangenstab;
Der Kaufmann nahte sich und sühnte
Der Marmor überzog die Schwelle,
Wo sich der Heilungsborn ergoß,
Und traurig murmelte die Quelle,
Da sie der kalte Stein umschloß.
Die teutsche Treu, der teutsche Sinn;
Das Bollwerk, so der Römer thürmte,
Fiel wie vom Blitz die Tanne hin,
Und seiner Tempel Hallen sanken
Und um die Trümmer wob die Ranken
Gebüsch und Epheu schaurig wild.
Das teutsche Recht, es galt nun wieder
Mit teutschem Brauch im teutschen Land,
An Eidesstatt die treue Hand.
Geschmückt mit jungen Eichenkränzen
Erhob sich neu der Felsaltar;
Das Horn, es rief zu Waffentänzen
Und in des Markwalds Thäler kamen
Von Irlands Küste Pilger her,
Und einen neuen, großen Namen
Verkündete der Männer Lehr’;
Vor ihnen demuthvoll das Knie,
Er kannt’ in ihrem Friedensbanne
Den Frieden ihrer Botschaft nie.
Des Götterhaines graue Eichen,
Am Wege steht des Kreuzes Zeichen,
Und deutet ihm sein ewig Heil,
Das Feuer brennt auf seinem Herde,
Er schafft das Schwert zur Pflugschar um,
Zugleich sein schönes Heiligthum.
Jetzt bauen am Genesungsquelle
Die Jünger Ratfried’s einen Dom,
Und fromme Klausner ihre Zelle
Es thürmen sich auf Felsenhöhen
Die Ritterburgen stolz und kühn,
Noch kann man ihre Trümmer sehen
Bedeckt mit Moos und Waldesgrün.
Blickt die Vergangenheit mich an;
Die Zeit will freventlich zernichten,
Was sie nicht trotzig meistern kann.
Von fremder Sitte ward verdrungen
Kein fremdes Schwert hat uns bezwungen,
Doch Ueppigkeit, von Gott verflucht.
Vergiftet hat sie selbst die Schale,
Aus der dem Kranken Heilung floß;
Des Himmels Frieden sich ergoß:
Da walten jetzt der Hölle Schauer,
Da steht des Goldes Trugaltar,
Und Engel wenden sich mit Trauer
Wie frech jedoch sie sich erheben,
Die Mächte aus des Orkus Schoos,
Sie reißen nimmermehr das Leben
Von seiner starken Wurzel los.
Sein Sieg ist auch sein Untergang;
Der muß dem Tode angehören,
Den das Sirenenlied bezwang.
Noch leuchtet ja der Abendschimmer
Der junge Lenz, er kehrt noch immer
Mit seinen Blumen bei uns ein.
Liegt auch der Quell in Schutt gebunden,
Er sehnt sich dennoch nach dem Licht,
So hält die Erd’ ihn länger nicht.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: wunde