Die Sage von Baden’s Ursprung
Es reiten drei Recken durch Waldung und Moor,
Am Borne da hüpfen drei Fräulein hervor:
„Zieht mit uns, ihr Brüder, wir kennen den Pfad!“ –
Die Wandrer mißtrauten dem weiblichen Rath.
Sie blickten so freundlich, sie nickten so schön.
Bald zogen drei Pärlein im eiligen Lauf
Mit Singen und Springen den Hügel hinauf.
Hoch oben empfing sie ein lachender Grund,
Es blinkte die Lilie so bräutlich und lind,
Liebflammend die Rose, der Sehnsucht Kind.
„Herbei, ihr Gesellen, wir stehen am Ziel,
Nun ruft uns des Tanzes ergötzliches Spiel!“
Sie sangen und sprangen, und schlossen den Ring.
„Herbei, ihr Gesellen, nicht lange bedacht!“
„Juchheisa!“ es trieb sie zum Tanze mit Macht.
„Juchheisa!“ doch mitten im taumelnden Reih’n
Aufbrauste die Wiese, ein schauriger See –
„Ade, ihr Betrognen, auf ewig Ade!“
Tief unter den Wogen da sitzt auf dem Thron
Der König des See’s mit kristallener Kron’.
Die Lilie schwingt er als Stab in der Hand,
Und um ihn da tanzen wie Schwäne so weiß
Die perlenumgürteten Nymphen im Kreis.
Rings blinken die Wände wie schwärzlicher Stahl,
Korall’ und Karfunkel bezaubert den Blick;
Die Ohren, der singenden Quellen Musik.
„Wer wagt es, zu nahen dem Wasserpalast,
Den nimmer betreten ein irdischer Gast?“
So will es des Wassers uraltes Gebot.“ –
„O König der Fluthen, entlaß uns der Schuld!
Uns täuschten drei Mägdlein mit tückischer Huld.“
Da schwenkte der König den Lilienstab,
„Wohlan, ihr Verführten, so geb’ ich euch frei,
Doch treffe mein Zorn die verführenden Drei.“
Er schwenkte die Lilie. – „O König, halt ein!
Wir flehen, du möchtest auch ihnen verzeihn.“
„Nicht bin ich um Großmuth zu markten gewöhnt.
Den Groll der Unsterblichen mildert und stillt
Die Liebe, die Leides mit Liebem vergilt.
Ihr habt es erbeten, so sey es gewährt,
Empfangt hier drei Kiesel, unscheinbar und schlecht,
Doch werther, als Kronen, benützt ihr sie recht.
Schlägt klingend ein solcher den starrenden Fels,
So wird er die Wiege heilkräftigen Quells.“
Schnell wirbelt ein Strudel die Wandrer empor.
Noch stehn die Gesellen am schilfigen Strand,
Sie wiegen das Königsgeschenk in der Hand.
„O ärmliche Gabe, du schlechtes Gestein,
So höhnte der Jüngste mit frevelndem Mund,
Und schleudert den Kiesel hinab in den Schlund.
Da scholl aus der Tiefe ein klägliches Weh’,
Da krachte die Erde, da kochte der See.
Draus Hagel und Donner und Blitz sich entlud.
Wie Koboldsgepolter durchtost’ es die Luft,
Und Schaaren von Schlangen entkrochen der Kluft.
Da rannten die Wandrer, wie Rehe verzagt,
Bergüber, bergunter, waldein und waldaus,
Sie blickten nicht um sich, sie ruhten nicht aus.
Doch endlich, als mälig der Sturm sich gelegt,
Am Fuße des Berges ward Ruhe gepflegt.
Und neigten zum Schlummer ihr schwindelndes Haupt.
Und wie sie so liegen und schlafen im Moos,
Erweckt sie ein neuer, gewaltiger Stoß.
Der zweite der Steine, ein spitziger Kies,
Und kollerte lustig den Felsen hinab;
Kaum glaubt ihr der Sage, was nun sich begab:
Wo tönend am Felsen der Kiesel geprallt,
Entfesseln sich Quellen mit Sprudelgewalt.
Im Busen des Felsens gewaltig und tief.
Es murmelt und rieselt, es plätschert und sprüht
Das Wasser, von magischen Kräften durchglüht.
Ein reicheres Leben mit mächtigem Strahl
O Wunder! des Bächleins bescheidnes Gestad
Hat Baden geboren, das herrliche Bad.
Und als die Gesellen dies Wunder ersahn,
Erkannten sie erst, welch Geschenk sie empfahn.
Sie wahrten ihn sorglich und hielten ihn hoch.
Bald kehrten sie wieder zum heimischen Herd,
Dort hat sich der Zauber des Kiesels bewährt.
Durch heilende Quellen gesegnet hinfort