Bemerkungen über die financielle Lage Englands
Bemerkungen über die financielle Lage Englands.
Es würde bloße Zeitverschwendung seyn, wenn man erst beweisen wollte, daß aus einer bedeutenden Ermäßigung der Staatsabgaben große und wichtige Vortheile für den einzelnen Bürger sowohl, als für den Staat selbst, hervorgehen würden. Wir glauben indessen keiner Entschuldigung zu bedürfen, wenn wir uns hier einige Bemerkungen über die Art und Weise erlauben, wie dieselben nachtheilig auf den öffentlichen Wohlstand einwirken, da in dieser Beziehung noch sehr allgemein ganz falsche Ansichten verbreitet sind. Was man uns von vorn herein zugeben darf, ist, daß die Besteuerung nothwendig nachtheilige Folgen haben muß, wenn sie so hoch gesteigert wird, wie dieß in England der Fall ist. Um die Wahrheit dieses Satzes nachzuweisen, brauchen wir nicht in eine genaue Auseinandersetzung der Natur der verschiedenen Steuern einzugehen; wir können uns vielmehr damit begnügen im Allgemeinen zu sagen, daß jede Steuer am Ende auf eine von den folgenden drei Erwerbs-Quellen fallen muß; auf Rente, auf Handels- oder sonstigen Gewinn, oder auf Arbeitslohn, im weitesten Sinne des Worts. Legt man Abgaben direkt auf den Arbeitslohn, oder auf die Artikel, welche der Arbeiter consumirt, so werden hiedurch entweder die arbeitenden Classen, die in jedem [39] Staate immer bei weitem die größte Zahl ausmachen, gedrückt, oder der Gewinn der Unternehmer wird verringert, indem der Arbeitslohn steigt. Oft geschieht beides zugleich; aber in Ländern, wo die arbeitenden Classen entweder sehr arm sind, oder so viel Ueberlegung und Einsicht besitzen, als in Holland und Großbritannien, wird jede Abgabe auf Arbeitslohn oder Artikel, die der Arbeiter consumirt, bald den Arbeitslohn verhältnismäßig steigern, wenn sie auch bei ihrer ersten Einführung für die ärmeren Klassen sehr drückend ist. Es fällt daher in diesem Falle die Abgabe gänzlich auf diejenigen, welche Arbeiter gebrauchen, und schmälert also den Gewinn.
Man hat zwar behauptet, daß, wenn die vornehmste Wirkung von schweren Steuern bloß darin bestände, daß sie den Gewinn des Capitalisten verringerten, oder, wie man sagt, das Vermögen des Reichen, Gegenstände des Luxus zu consumiren, beschränkten, so würde ihre Ermäßigung von geringem Nutzen seyn. Aber gerade weil die schweren Steuern diese Wirkung äußern, müssen wir am meisten wünschen, daß man sie heruntersetze; denn unserer Ansicht nach ist eben der verringerte Gewinn das größte Uebel, was ein Abgabesystem zur Folge haben kann, wenn es drückend wird. Die Erfahrung zeigt allgemein, daß die Länder in welchen das Capital am schnellsten wächst, in der Regel immer den größten Wohlstand haben. Hier ist das Bedürfniß von Arbeitern immer am größten, und hier ist daher auch die Quantität von Lebensbedürfnissen und Bequemlichkeiten, die der arbeitenden Classe zu Theil werden, verhältnißmäßig weit größer, als in Ländern, worin das Capital nicht so schnell wächst. Nur weil meistens die Familien in demselben Verhältniß zunehmen, wie die Mittel der Subsistenz sich vermehren, wird es den Leuten, die vom Arbeitslohn leben, dennoch unmöglich mehr zu thun, als sich und ihre Familien zu ernähren. Die Capitale werden fast alle von Renten gebildet, oder vom Gewinn, aber bei weitem häufiger von letzterem, und es giebt keinen Satz im ganzen Bereiche der Staats-Wissenschaft, der fester stände, als der, daß die Anhäufung der Capitale in einem Lande, und folglich der wachsende Wohlstand und die zunehmende Civilisation, von dem Gewinn abhängt, den man darin mit einem Capital machen kann. Es ist z. B. ganz unstreitbar, daß das verschiedene Verhältniß des Gewinns, den man in Holland, England und der Vereinigten Staaten von Nordamerika von demselben Capitale erhält, bewirkt, daß der Wohlstand und die Bevölkerung in dem ersten Staate immer auf demselben Punkte stehen bleiben, während sie in dem zweiten langsam, und in dem letzten verhältnißmäßig sehr schnell zunehmen. Ein Capital von einer Million wirft in Holland ungefähr einen Gewinn von 39,000, in England 50,000 und in den Vereinigten Staaten 80,000 ab; und da der Eigenthümer des Capitals auf jeden Fall von seinem Gewinn leben muß, so ist klar, daß das, was ihm übrig bleibt und was er zurück legen kann, in England mehr als das Doppelte von dem in Holland, und in den Vereinigten Staaten wieder mehr als das Doppelte von dem in England ist.
Es ergibt sich hieraus, daß der Wohlstand eines Landes nach der Quote des Gewinnes, welche ein Kapital abwirft, beurtheilt werden muß, oder, was dasselbe ist, nach der Leichtigkeit, womit man in einem Lande sein Kapital oder seine Arbeit mit Vortheil anlegen kann; nicht aber nach dem absoluten Belauf der Kapitalien oder der Größe der Bevölkerung. Die Hauptstadt von Holland ist ihrer Volkszahl nach beträchtlich größer, als die der Vereinigten Staaten, obgleich Jedermann zugeben wird, daß letztere weit blühender sey, weil man in derselben sein Kapital viel vortheilhafter anlegen kann, als in der ersten. Wenn nun der zunehmende Reichthum eines Staats ganz von einem, wenigstens vergleichungsweise, hohen Gewinn vom Kapital abhängt, so geht daraus hervor, daß man alles das mit besonderer Sorgfalt vermeiden muß, was auf eine Verringerung dieses Gewinns abzweckt.
Aber nicht nur auf diese Weise hemmen schwere Abgaben alles Fortschreiten in einem Staate, sondern auch noch dadurch, daß sie die Kapitalien und die Industrie ins Ausland treiben. In einem Lande, welches ganz von der übrigen Welt abgeschnitten wäre, würde das Sinken des Gewinns von geringerer Bedeutung seyn; es würde dann nur das Verhältniß, in welchem das Kapital früher wuchs, verkleinern, aber nicht das Anlegen desselben, also auch die Mittel, das Land zu ernähern, mindern und erschweren. Bei der gegenwärtigen Lage der Welt dagegen, lassen sich die Kapitalien sehr leicht in andere Länder schaffen, und geschieht dieß einmal in einem gewissen Umfange, so wird dadurch fast alles Wachsen des Wohlstandes und alles Steigern der Abgaben in dem hiedurch leidenden Staate unmöglich. Nicht deshalb, weil die Leute nicht mehr zahlen können, sondern weil sie nicht mehr zahlen wollen, hören die Abgaben oft auf einträglich zu seyn. Es ist freilich sehr schwer, die Grenze zu bestimmen, über welche hinaus eine große Nation, bei welcher Sicherheit des Eigenthums und Gewerbsfreiheit statt findet, nicht besteuert werden kann; aber, wie Hr. Ricardo (in seinen Grundzügen der Nationalökonomie und der Besteuerung) bewiesen hat, giebt es Grenzen – und zwar viel näher als man gewöhnlich glaubt – über die hinaus die Leute nicht für das Recht, in ihrem Vaterlande zu leben und ihre Kapitalien daselbst anzulegen, zahlen. Die Quote des Gewinns strebt immer nach einem Gleichgewicht in allen Ländern, die Handel unter einander treiben. Dieselben Gründe, die einen Kapitalisten davon abhalten, in irgend einem Zweige der Industrie sein Kapital in Liverpool oder Manchester anzulegen, wenn er dadurch, daß er es in London anlegt, mehr gewinnen kann, dieselben Gründe werden ihn auch bestimmen, sein Kapital lieber in Frankreich als in England zu placiren, wenn es dort mehr einträgt. Es versteht sich, daß wir hiebei voraussetzen, daß auch die immateriellen Vortheile, die die Anlegung des Kapitals in beiden Ländern gewährt, dieselben seyen; denn es ist wahr, daß es viele Umstände giebt, die dem Uebertragen der Kapitalien in andere Länder große Hindernisse in den Weg legen, z. B. Verschiedenheit der Sprache und Sitten, ein geringerer Grad von Sicherheit u. s. w. Jedoch hat die [40] Erfahrung genugsam gezeigt, daß ein verhältnißmäßig sehr geringer Gewinn stets diese Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten zu überwinden weiß.
Aus diesem Grunde legten die holländischen Kapitalisten im vorigen Jahrhundert ihre gesammelten Schätze nicht in ihrer Heimat an, und führten dadurch den fast gänzlichen Ruin ihres Handels, ihrer Manufakturen und ihrer Fischereien herbei. Wir müßten völlig den Verstand verloren haben, wenn wir diese so nachdrückliche Lehre nicht benützen wollten. Unsere Lage hat in einer Hinsicht große Aehnlichkeit mit der, in welcher Holland sich im Anfange des vorigen Jahrhunderts befand. Das Sinken des Gewinns bei uns seit dem Frieden hat Folgen nach sich gezogen, die uns zwingen, eilig Maßregel zu ergreifen, um die Wiederkehr solcher Ereignisse zu verhindern. Ja, dieses Sinken hat unsere Kapitalisten verleitet, bei Anleihen fremder Staaten das größte Risiko zu übernehmen und die nachtheiligsten Unternehmungen zu versuchen. Jeder Staat, was für eine Art von Sicherheit er auch anzubieten haben mochte, hat in England Anleihen negotiiren können, und trotz der ungeheuersten Verluste, die wir schon erlitten haben, möchte außer Ferdinand von Spanien vielleicht noch jetzt kein Souverain in Europa und kein Kazike in Südamerika seyn, dem die Londoner Kapitalisten nicht jeden Augenblick gern die größten Summen unter sehr billigen Bedingungen darleihen würden.
[43] Unserer Ansicht nach wird daher die schwere Besteuerung, der wir unterliegen, noch bei weitem verderblicher für die Zukunft werden, als sie es für die Gegenwart schon ist. Während des Krieges konnte man seine Kapitalien nicht wohl in andere Länder schaffen, und die großen Ausgaben, wozu der Staat genöthigt war, wurden großentheils durch die Einschränkung und den Fleiß, wozu die schweren Steuern alle Klassen zwangen, wieder ersetzt. Aber die jetzige Zeit des Friedens setzt die übrigen Nationen nicht nur in den Stand, jene Gegenstände selbst zu produciren, die wir ihnen sonst zuführten und wodurch es uns möglich wurde, unsere verhältnißmäßig schweren Lasten zu tragen, – sondern sie macht es auch außerdem ungewöhnlich leicht, unsere Kapitalien zu ihnen hinüber zu versetzen. Freilich sind die verderblichen Folgen unseres Abgabesystems nicht von der Art, daß sie sich schnell zeigen; sie untergraben den Staat nur langsam; auch wirkt ihnen jede für die Industrie bedeutende Erfindung entgegen, da sie die Produktion vermehrt und eben dadurch den Druck der Lasten vermindert. Aber wenn man auch mit Recht noch auf dergleichen Erfindungen hoffen darf, so darf man sich doch keinesweges darauf unbedingte Rechnung machen; und gesetzt auch, sie werden wirklich gemacht, so ist es klar, daß sich das Monopol derselben nicht erhalten kann, und daher, bei der unabwendbaren Weiterverbreitung, die schwere Besteuerung als eine stete Prämie für die Ausführung der Kapitalien wirkt, und daher am Ende nothwendig höchst nachtheilig werden muß.
Unter diesen Voraussetzungen, kann es von Niemand in Zweifel gezogen werden, daß es strenge Pflicht der Minister sey, jede mögliche Einschränkung in den Staats-Ausgaben zu machen, die sich mit der Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes verträgt. Nichts konnte daher beruhigender seyn, als Herrn Cannings Verheißung, die durch die Thronrede bei der Entlassung des letzten Parlaments bekräftigt wurde, daß nämlich die Minister beschlossen hätten, alle Gegenstände, welche die Staats-Einnahmen und Ausgaben beträfen, der Untersuchung eines Comite zu unterwerfen, und daß sie fest entschlossen seyen, dem Staate jede unnütze Ausgabe zu ersparen. Wir glauben, daß Lord Goderich und seinen Collegen das öffentliche Wohl zu sehr am Herzen liegt, als daß sie einen Augenblick anstehen sollten, jede mögliche Einschränkung in Ausführung zu bringen, und sie können versichert seyn, daß der Entschluß im Geiste des Hrn. Canning’s fort zu handeln, trotz der Opposition, die sie von selbstsüchtigen, und leider nur zu einflußreichen Männern zu erwarten haben, ihnen ein Recht auf die Dankbarkeit der Nation geben wird. Indessen dürfen wir uns nicht verbergen, daß wir von Ersparungen, die selbst der wohlwollendste, und dabei der mächtigste Minister machen könnte, immer noch keine wesentliche Erleichterung zu erwarten haben. Freilich ist die Verminderung der Staatslasten auch nicht das Einzige, vielleicht nicht einmal das Wichtigste, was sich für ein streng durchzuführendes Ersparungssystem sagen läßt. Die Menge von unnöthigen Beamten und ihre übermäßige Besoldung hat schon an und für sich den nachtheiligsten Einfluß. Eine Regierung, welche das öffentliche Zutrauen besitzt, bedarf eines solchen unnützen Beamten-Heeres nicht; dahingegen eine Regierung, der ein gehöriger Rückhalt im Volke fehlt, es als eine Stütze gebrauchen kann, um ein Regierungssystem zu verfolgen, welches den Wünschen und den Interessen des Volkes gleich zuwider ist. Einer patriotisch gesinnten und wahrhaft aufgeklärten Administration muß es am Herzen liegen, [44] daß eine Quelle des Einflusses versiege, die niemals nützen, wohl aber dazu gebraucht werden kann, um schlechte Absichten durchzusetzen, und die auf jeden Fall dem Lande lästig wird. Diese politischen Vortheile sind unserer Meinung nach, wenn auch nicht die einzigen, so doch die wichtigsten, welche eine Beschränkung der Ausgaben mit sich bringt. Wenn man wirklich den schweren Druck, der auf dem Volke lastet, erleichtern, und dadurch, daß man den Gewerbfleiß productiver machte, den Gewinn erhöhen wollte, so müßte man viel weiter gehen. Nicht durch Einziehung von einigen Sinecuren, nicht durch Verabschiedung von einigen Dutzend überflüßigen Schreibern, ja nicht einmal durch die Auflösung von einigen Regimentern kann man das wahre Uebel, woran der Staat krank liegt, heilen: dieses hat seine Wurzeln weit tiefer.
Folgendes ist das officielle Verzeichniß aller Staats-Ausgaben der Vereinigten Königreiche für das Jahr 1826, welches auf Befehl des Hauses der Gemeinen gedruckt worden ist:
Staats-Ausgaben der Vereinigten Königreiche Großbritannien und Irland für das Jahr, welches mit dem 5 Januar 1827 endigt, nach Abzug aller Rückzahlungen u. s. w., jedoch mit Inbegriff der zur Abtragung der Nationalschuld verwandten Summen.
Zahlungen aus der Einnahme, ehe dieselbe an die Schatzkammer abgeliefert wurde: |
Pf. St. | Sch. | Pfg. |
Erhebungskosten | 4,030,337 | 7 | 27/8 |
Sonstige Zahlungen | 1,357,047 | 7 | 113/4 |
–––––––––––––––––––––– | |||
5,387,384 | 15 | 25/8 | |
Zahlungen aus der Schatzkammer: Dividenden Interessen und Verwaltung der fundierten Staatsschuld |
27,245,570 | 14 | – |
Interessen für die Schatzkammerscheine | 831,207 | 6 | 3 |
–––––––––––––––––––––– | |||
28,076,958 | – | 3 | |
An die Verwalter der Schiffs- und Kriegs-Pensionscassen abgeliefert | 2,214,260 | – | – |
desgleichen an die englische Bank | 585,740 | – | – |
–––––––––––––––––––––– | |||
2,800,000 | – | – | |
Civilliste | 1,057,000 | – | – |
Pensionen, die durch eine Parlamentsacte auf die consolidirten Fonds angewiesen sind | 364,268 | 6 | 31/4 |
Besoldungen und Gratificationen | 69,115 | 13 | 5 |
Gerichtshöfe | 150,540 | 15 | 111/2 |
Münze | 14,750 | – | – |
Geschenke | 2,956 | 13 | 8 |
Verschiedenes | 204,064 | 7 | 9 |
ditto für Irland | 301,427 | 10 | 61/4 |
–––––––––––––––––––––– | |||
2,164,173 | 7 | 7 | |
Vorschuß auf Rechnung der Docken zu Leith | 240,000 | – | – |
Kaufgeld für des Herzogs von Atholl Antheil an den öffentl. Einkünften der Insel Man | 150,000 | – | – |
Zur Ausbesserung der London-Brücke | 120,000 | – | – |
–––––––––––––––––––––– | |||
510,000 | – | – | |
Landmacht | 8,297,360 | 15 | 81/2 |
Seemacht | 6,540,634 | 9 | 2 |
Artillerie | 1,869,608 | 6 | 81/2 |
Verschiedenes | 2,566,783 | 11 | 51/2 |
–––––––––––––––––––––– | |||
19,274,885 | 6 | – | |
Lotterie-Gewinne | 69,802 | 5 | 10 |
An die Commissäre zur Ausgabe von Schatzkammerscheinen, zur Verwendung für die Armen | 443,300 | – | – |
Vorschüße aus dem consolidirten Fonds in Irland für öffentliche Arbeiten | 546,922 | 2 | 61/2 |
–––––––––––––––––––––– | |||
1,060,024 | 8 | 41/2 | |
–––––––––––––––––––––– | |||
Totalsumme | 59,272,925 | 17 | 53/8 |
Ueberschuß des in die Schatzkammer gezahlen Einkommens über die Ausgabe, die daraus zu bestreiten ist | 1,609,448 | 8 | 1/2 |
–––––––––––––––––––––– | |||
60,282,374 | 3 | 55/8 |
Aus dieser Rechnung erhellt nun, daß das Feld der Einschränkungen bei den directen Staatsausgaben bei weitem nicht so groß ist, als man gemeiniglich annimmt. Gegen die Hälte der ganzen Ausgabe erfordert die Bezahlung der Interessen für die Staatsschuld, und diese kann auch nicht den kleinsten Abzug erleiden. In Ansehung der Civilliste und der Pensionen, die zusammen 1,400,000 Pf. St. betragen, ließen sich allerdings wohl Ersparungen machen, die in politischer Rücksicht von Wichtigkeit sind, aber es ist offenbar eine leere Einbildung, wenn man glaubt, daß diese Ersparungen einen merklichen Einfluß auf die financielle Lage des Landes äußern würden. Bedeutend würde man nur dadurch gewinnen, daß man entweder bei der Erhebung der Abgaben, oder bei der Land- und Seemacht, der Artillerie und den verschiedenen Ausgaben dieser Art Beschränkungen eintreten ließe. Hier kann das Budget schon bedeutender beschnitten werden, obleich man auch hier finden wird, daß sich nicht so viel ersparen läßt, als man gewöhnlich ohne nähere Untersuchung glaubt. Es ist daher noch sehr zweifelhaft, ob man auf irgend eine andere Weise etwas bei der Erhebung der Abgaben für das Land gewinnen kann, als wenn man gewissen drückende Lasten aufhebt, und eine verbesserte Art der Besteuerung einführt. Denn die Besoldungen der Zoll- und Accisebeamten sind durchaus nicht übertrieben. In einigen Departements vielleicht, wie beim schottischen Zollhause, könnte man durch die Entlassung einiger Oberbeamten, die ganz überflüssig sind, ein paar tausend Pfund ersparen; [45] aber das ist auch alles. Die Hauptausgabe in diesem Zweige der Verwaltung ist die Besoldung der Unterbeamten, und wenn bei diesen ja eine Veränderung im Gehalte vorgenommen werden soll, so müssen sie eine Zulage erhalten, und nicht noch schlechter besoldet werden.
Eine bedeutende Ersparniß ließe sich allerdings bei der Armee machen, die jetzt jährlich gegen 8 Millionen kostet. Indessen würde dies nur dadurch bewerkstelligt werden können, daß wir nach und nach unsere Truppen aus den Kolonien zurückzögen; denn von dem Militär, welches den Friedensfuß von Großbritannien und Irland ausmacht, möchte wenig zu entbehren seyn. Ein sehr großer Theil der Bevölkerung von England lebt vom Manufacturwesen und kann sehr leicht seine Arbeit verlieren, in welchem Fall er der größten Noth ausgesetzt seyn würde. Unter diesen Umständen ist eine große militärische Macht nothwendig, um die öffentliche Ruhe zu erhalten, und den begüterten Bürgern die nöthige Sicherheit des Eigenthums zu gewähren. Wären die Truppen beim Ausbruch der Unruhen in Manchester im Frühjahr 1826 nicht so thätig gewesen, so hätte ein ganz unberechenbarer Schade angerichtet werden können; und zweifelte man erst im Auslande daran, ob die Regierung auch Macht genug habe, die Sicherheit des Eigenthums zu garantiren, so wäre es um unsere Uebermacht als Fabrik- und Manufacturstaat geschehen, und Gewerbe und Wohlstand von Großbritannien würden bald das Eigenthum anderer Völker werden. Wir wissen sehr wohl, daß man behauptet hat, die Linientruppen ließen sich durch eine vermehrte Anzahl von Landsoldaten (yeomen) ersetzen, die für die Sicherheit eben so wirksam und bei weitem wohlfeiler wären. Aber gegen diesen Vorschlag lassen sich sehr erhebliche Einwendungen machen. Ein wohldisciplinirter Soldat ist ohne Vergleich besser zur Erhaltung der Ruhe zu gebrauchen, als dieser Landsoldat. Ersterer thut, was ihm befohlen wird, und nicht mehr: er ist weder Whig, noch Tory, noch Radicaler, er hat keine politischen oder religiösen Ketzereien zu betrafen und fröhnt keiner Parthei. Ein Landsoldat hingegen ist mehr als zur Hälfte Bürger, und theilt als solcher alle Vorurtheile der Landschaft oder der Klasse, zu welcher er gehört. Wenn ein Corps solcher Leute gebraucht wird, um Unruhen zu stillen, so ist die Gesellschaft in verschiedene Partheien getheilt; Nachbar steht gegen Nachbar, Verwandter gegen Verwandten, und die Ruhestifter selbst müssen Parthei nehmen. Anstatt also durch Anwendung dieser Art von Gewalt die Ruhe herzustellen, wird der Aufruhr nur noch bedenklicher. Eine der ersten Maßregeln, die Lord Cornwallis ergriff, als ihm die Regierung in Irland während der Rebellion übertragen ward, bestand darin, daß er die Landsoldaten von der Armee trennte und auseinander gehen ließ; und jeder, der die Geschichte dieser unglücklichen Zeit nur einigermaßen kennt, weiß, daß diese Maaßregel die beste Wirkung that, und vielleicht mehr als alles andere zur Beendigung dieses verheerenden Krieges beitrug. Hätte man zu Manchester an dem berüchtigten 10 August 1819 reguläre Truppen gebraucht, so würde wahrscheinlich gar kein Blut geflossen seyn, und auf jeden Fall würden die Partheien sich weit weniger erhitzt haben. Wir protestiren daher gegen jeden Versuch, die Linientruppen gegen Landsoldaten zu vertauschen. Es scheint uns im Gegentheil sowohl in Rücksicht auf die Sicherheit, als in Rücksicht auf Sparsamkeit, eine gesunde Politik zu verlangen, daß man den größten Theil der jetzt bestehenden Landsoldatencorps auflöst: aber mit Zuversicht hoffen wir, daß man durch keine offenen oder heimlichen Operationen es bewirken wird, ihre Zahl auf Kosten der Linientruppen zu vermehren.[1]
Wir sind nicht genug vom Stande der Dinge in Kenntniß gesetzt, um sagen zu können, ob sich in den Nebenausgaben für die Landmacht etwas ersparen ließe, aber soviel ist gewiß, daß sich am Solde der Soldaten und Officiere nichts abziehen läßt. Auf jeden Fall hat das Land das Recht zu erwarten, daß man hier jede Ersparung eintreten lasse, die die Armee nicht in ihrer Wirksamkeit hindert.
Was den zweiten Zweig der öffentlichen Ausgaben betrifft, der vielleicht einen Abzug erleiden könnte, so wäre dieß die Seemacht. Wir müssen aber bekennen, daß man hier unserer Meinung nach schon so große Einschränkungen gemacht hat, als mit der äußern Sicherheit bestehen können. Die Fortdauer des gehässigen und empörenden Systems Matrosen zu pressen, ist jetzt der größte Mangel in diesem Zweige der Staatsverwaltung.
Nun wäre es aber höchst ungerecht, zu gleicher Zeit gegen diesen Mißbrauch und gegen die Kosten, welche eine starke Seemacht auch in Friedenszeiten verursacht, sprechen zu wollen. Wenn man während des Friedens nicht hinreichend Seeleute auf den Kriegsschiffen hält, so muß man sie beim Ausbruch eines Kriegs nothwendig pressen. Dieser Mißbrauch erhält sich nicht, weil der Admiralitätsrath eine besondere Lust an Menschenraub findet, sondern weil John Bull zwar gern mit seiner Menschenliebe prahlt, aber doch lieber dergleichen Ungerechtigkeiten duldet, als sich von seinem Gelde trennt. Indessen ist uns von Leuten, die diese Verhältnisse genau kennen, versichert worden, daß bei dem Dockenwesen u. s. w. Ersparungen vorgenommen werden könnten, die es möglich machten 10,000 Seeleute mehr zu halten, ohne daß die Staatsausgaben deshalb vermehrt würden. Daher steht zu hoffen, daß unsere Seemacht stark genug ist, in allen außerordentlichen Fällen, die in jetziger Zeit nur irgend denkbar sind, ausreichen zu können, ohne die Regierung zu jener barbarischen Gewaltthat zu zwingen.
Was drittens die Ersparnisse bei der Artillerie und den verschiedenen Ausgaben dieses Zweigs der Verwaltung betrifft, so müssen wir gestehen, daß wir hier nicht im Stande sind, uns eine gründliche Meinung zu bilden. Daß sich [46] Einschränkungen in demselben machen lassen, wird, glauben wir, niemand läugnen, aber wir wissen nicht, ob sie eben von großer Bedeutung seyn werden.
Wir sind demnach der Meinung, daß das höchste, was man ersparen könnte, ohne die Ruhe und Unabhängigkeit des Landes zu gefährden, sich auf 2 bis 3 Millionen beläuft; und obgleich wir keineswegs behaupten, daß diese Ersparniß nicht durch die Aufhebung oder Verminderung einiger sehr drückender Lasten auch in ökonomischer Hinsicht von Wichtigkeit werden könnte, so ist doch klar, daß es die Quote des Gewinns so gut wie gar nicht heben, also auch keine wesentliche Verbesserung unserer financiellen Lage seyn würde. Wir suchen durchaus nicht die Lage des Landes schlimmer darzustellen, als sie wirklich ist, im Gegentheil sind wir vollkommen überzeugt, daß sie durch eine weise Gesetzgebung und eine gesunde Politik wesentlich verbessert werden kann; aber wenn wir unsere Leser glauben machen wollten, daß irgend ein Ersparungssystem, welches die Regierung befolgen kann, im Stande wäre, uns bedeutende Hülfe zu leisten, so würden wir nur Erwartungen erregen, die sicher getäuscht werden müßten.
[50] Der wahre Grund des Druckes ist nicht sowohl in der regelmäßigen Staatsausgabe in Friedenszeiten zu suchen, als vielmehr in einem fehlerhaften System unserer Handelsgesetzgebung und in der ungeheuren Staatsschuld. Es ist in der That nicht schwer zu zeigen, daß die Lasten, die dem Lande nicht zum Gemeinwohl, sondern blos zur Erhaltung höchst drückender Monopole aufgelegt sind, die ganze Ausgabe für die Staatsverwaltung (natürlich mit Ausschluß der Interessen für die Staatsschuld) übersteigen. Die Aufhebung dieser Monopole ist der große Gegenstand, auf den alle Operationen einer hellsehenden Staatsverwaltung gerichtet seyn sollten. In Vergleich hiermit, sind alle andere Gegenstände der innern Politik von untergeordnetem Interesse. Sollte aber diese wichtige Hülfe noch nicht hinreichen, um die Lage des Landes gründlich zu verbessern, so steht es noch immer in der Macht der Regierung, durch Abzahlung eines Theiles der Staatsschuld das Werk der Regeneration zu vollenden, der Industrie einen neuen Aufschwung zu geben, und den Reichthum und die Macht der Nation zu heben. Wenn dies erst geschehen ist, wenn die Mißbräuche, die unserem ganzen Finanzwesen den Untergang drohen, abgeschafft sind, dann kann man anfangen denen Gehör zu geben, die sich so gern durch Vorschläge, wie die, den Husaren ihre Schnüre zu nehmen, eine kleine Popularität erwerben möchten. Die Quantität aller verschiedenen Getreidearten, die jährlich in Großbritannien und Irland consummirt werden, ist, einer sorgfältigen Berechnung nach, mindestens auf 48,000,000 Quarters anzuschlagen, und der Durchschnittspreis für den Quarter würde, im Fall die Häfen für die Einfuhr fremden Korns gegen die feste Abgabe von 5 bis 6 Schilling für den Quarter geöffnet wären, höchstens 8 Schilling betragen.[2]
Die bestehenden Korngesetze die den Preis um mehr als das Doppelte in die Höhe treiben, wirken demnach für den Consumenten als eine Auflage von 8 Schilling auf den Quarter; so daß also der Betrag dieser Beschatzung im ganzen Reiche sich auf 19,200,000 Pfund Sterling d. h. ungefähr eben soviel, als die Gesammt-Kosten der Staatsverwaltung, belauft! Und dies ist noch nicht einmal der schlimmste Gesichtspunkt, unter dem man dieses Monopol betrachten kann. Es zwingt uns nicht blos einen unnatürlich hohen Preis für unser Brod zu bezahlen, sondern es zwingt uns auch, dieß zu thun, ohne irgend einem Gliede der Staatsgemeinde einen verhältnißmäßigen Vortheil dadurch zuzuwenden.
Die Pächter haben nämlich keinen größern Gewinn von dem Capitale, dessen sie bedürfen um das Korn zu bauen, als Manufacturisten und Kaufleute. Der höhere Preis des Korns ist freilich so lange für den Pächter vortheilhaft, als sein Pachtcontract dauert, aber nach Ablauf desselben wird das Pachtgeld im Verhältniß der erhöhten Preise gesteigert. Die Landbesitzer sind die einzigen, die von den Beschränkungen des Kornhandels Nutzen ziehen; aber auch sie haben verhältnißmäßig nicht so viel Gewinn, als die andern Classen Schaden leiden. Bei gewöhnlichen Steuern erhält der, dem die Steuer zu Gute kommt, gerade so viel, als das Volk verliert; aber dieß ist nicht der Fall bei den Summen, die den Consumenten durch die Einfuhrverbote fremden Korns aus der Tasche gezogen werden. Das Verbot steigert die Kornpreise, und veranlaßt daher den Kornbau auf schlechtern Grund und Boden im Inlande, als worauf man im Auslande Korn baut, und das Steigen des Preises steht demnach mit den größern Kosten der Bearbeitung dieses schlechten Bodens im Verhältniß. Der Theil der rohen Erzeugnisse eines Landes, der die Productionskosten, den gewöhnlichen Gewinn vom Kapital des Landmanns mit inbegriffen, übersteigt, macht den Ertrag des Landeigenthümers aus, und in sofern der Preis für diesen Theil der Erzeugnisse künstlich in die Höhe getrieben ist, genießt der Eigenthümer einen besondern Vortheil. Nun wurde aber vor den Ausschüssen des Hauses der Gemeinen bei Gelegenheit der Korngesetze in den Jahren 1814 und 1821 bewiesen, und ist durch die besten Werke über die Landwirthschaft bestätigt, daß in die Kassen der Landeigenthümer nur der vierte Theil des ganzen Betrags dieser, man darf wohl sagen, völlig ungerechten Abgabe fließt; und gesetzt auch man könnte das für die Landeigenthümer und die andern Volksklassen gleich nachtheilige häufige Wechseln der Preise verhindern, so würden den Privilegirten von den neunzehn Millionen, die das Volk durch die Korngesetze verliert, doch nur fünf Millionen zu Gute kommen! Die übrigen werden verschwendet, ohne daß sie irgend jemandem Nutzen bringen. Man könnte sie eben so gut in die See oder ins Feuer werfen.
Die Vertheidiger des Ackerbaumonopols mögen sich geberden wie sie wollen; der einzige Einwurf, den man gegen unsere Berechnung machen könnte, ist der, daß wir [51] den Verlust, der durch die Korngesetze verursacht wird, nicht hoch genug anschlagen. Lord Malmesbury, Lauderdale u. s. w. waren im Augenblicke damit fertig, Napoleons Politik in den ungemäßigsten Ausdrücken zu verdammen, als der einen ungeheuern Zoll auf den Colonialzucker legte, um seine Runkelrübenzucker-Fabriken in Frankreich zu heben; aber wir müssen gestehen, daß wir dies bei weitem nicht so fehlerhaft und ungereimt finden, als das System, welches unsere erblichen Gesetzgeber mit so viel Hartnäckigkeit vertheidigen. Getreide ist ein viel wichtigerer Artikel, als Zucker, und ein unnatürliches Hinauftreiben der Preise ist daher auch mit viel schlimmern Folgen verknüpft. Wir könnten durch die Ausfuhr von Manufacturartikeln nach Polen und Rußland, die 1000 Pfund werth sind, so viel Getreide eintauschen, als wir im Inland kaum für 1500 Pfund bauen können; und doch verbieten wir diesen Tausch! Wir zwingen unser Volk drei Tage Arbeit oder den Gewinn von drei Tagen Arbeit für so viel Nahrungsmittel zu geben, als sie anderswo für zwei Tage Arbeit kaufen könnten. Wir wollen andern die Entscheidung überlassen, ob dieses System mehr allem gesunden Menschenverstand oder den Interessen des Landes widerspricht. Es ist allerdings möglich, daß dasselbe anfangs den Landeigenthümern einigen Vortheil gewährt; aber es ist auch klar, daß es die Quote des Gewinns herabdrücken, auf diese Weise dem Manufacturwesen und dem Handel schaden, und hierdurch wieder unvortheilhaft auf die Landeigenthümer selbst zurückwirken muß.
Die Zurücknahme der Korngesetze oder die Eröffnung unserer Häfen unter Beibehaltung blos eines solchen Zolles, der den besondern Abgaben des Landmanns gleichkommt, ist also der erste Gegenstand der die Aufmerksamkeit der Minister auf sich ziehen muß. Diese Maßregel ist für das Land vortheilhafter, als irgend eine andere, die die gesetzgebende Gewalt ergreifen könnte. Leider ist aber die Zahl, der Rang und der Einfluß derer, die ein wesentliches Interesse bei der Aufrechthaltung der Korngesetze zu haben glauben, so bedeutend, daß die Minister trotz dem, daß die öffentliche Meinung für sie ist, ein gutes Gesetz nicht einmal in Vorschlag bringen, viel weniger dasselbe im Oberhause durchsetzen können.
Ein zweites Monopol, welches gleichfalls mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden muß, ist das Monopol der westindischen Pflanzer. Diese genießen nicht blos die Bevorzugung, mit Ausschließung der Brasilianer und aller andern Ausländer, die brittischen Märkte besuchen zu dürfen, sondern zu ihren Gunsten ist auch auf allen Zucker aus dem brittischen Ostindien ein Zoll von 10 Schilling pr. Ct. gelegt. Man hat verschiedene Schätzungen gemacht, wie theuer dieses Monopol dem englischen Volke zu stehen komme, und der Eifer, womit die Westindier auf der Beibehaltung desselben bestehen, zeigt schon allein, daß dasselbe für sie sehr vortheilhaft, d. h. für uns höchst nachtheilig sey. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wenn die Einfuhr alles Zuckers mit demselben Zoll belegt wäre, wir gleich guten Zucker für 4, höchstens 41/2 Pence das Pfund kaufen könnten, wofür wir jetzt 6 Pence bezahlen müssen. Aber wir wollen den Unterschied nur einmal auf 1 Penny per Pfund anschlagen, so beträgt dies für die ganze Zuckereinfuhr in Großbritannien, die man im Durchschnitt auf 380,000,000 Pfund jährlich berechnet, nicht weniger, als 1,583,000 Pfund Sterling, eine Last, die dem Staate durchaus keinen Vortheil gewährt, sondern blos einigen westindischen Pflanzern und Kaufleuten zu Gute kommt, und sie in den Stand setzt, die Negersklaverei aufrecht zu erhalten, die wir schon so lange aufzuheben trachten!
Ein noch kostspieligeres Monopol ist das des Theehandels, welches die Ostindische Compagnie besitzt. Aus einer auf officiellen Documenten beruhenden Berechnung geht hervor,[3] daß jetzt in England 2 Millionen Pfund Sterling mehr für Thee bezahlt werden, als wenn das Monopol der Compagnie aufgehoben würde.
[53] Das Monopol des Bauholzes, welches die Kaufleute und Schiffseigenthümer in Canada genießen, kommt dem [54] englischen Volke durch die Vertheurung dieses Holzes auf wenigstens 1,500,000 Pfund Sterlinge zu stehen.[4] Dabei hat es noch die nachtheilige Folge, daß man jetzt eine Menge schlechtern Holzes zum Bauen gebraucht, und daß es unserm wichtigen Handel mit dem nördlichen Europa großen Schaden zufügt.
Außer diesen großen giebt es noch eine Menge kleinerer Monopole; aber wenn man nur Maaßregeln ergriffe, daß die schon genannten nach und nach aufgehoben würden, so ersparte man dem Volke, mancher Nebenvortheile, die daraus entspringen würden, gar nicht zu gedenken, eine durchaus unnütze jährliche Ausgabe von Vier und zwanzig Millionen Pfund Sterlinge, nämlich:
Pf. St. | |
Durch die Zurücknahme der Korngesetze | 19,200,000 – – |
durch die Aufhebung des Monopols der westindischen Pflanzer |
1,583,000 – – |
Durch die Aufhebung des Theemonopols der ostindischen Compagnie |
2,000,000 – – |
durch die Aufhebung des Monopols des Bauholzes |
1,500,000 – – |
24,283,000 Pf.St. |
Zieht man von dieser Summe die 4 bis 5 Millionen ab, die die Landeigenthümer in Folge des höhern Pachtgeldes, welches durch die Beschränkung des Kornhandels veranlaßt ist, gewinnen, so bleibt noch eine Summe von 16 bis 20 Millionen, die jährlich durch die erzwungene Bebauung eines schlechten Bodens verschleudert, oder durch das Aufrechthalten gehässiger Monopole vergeudet werden. Dies Summe, von der drei Viertheile für England ganz verloren gehen, und das andere Viertheil Leuten zufließt, die auch nicht den geringsten Schein von rechtlichem Anspruch darauf haben, ist bedeutend größer, als die ganze Staatsausgabe in Friedenszeiten. Wenn denn aber einmal dieses System nicht verlassen werden soll, wenn die Landeigenthümer, die westindischen Pflanzer, die ostindische Compagnie und andere privilegirte Classen durchaus auf Kosten des Volkes gehegt und gepflegt werden sollen, warum zahlt man ihnen denn nicht lieber 10 Millionen baar aus, und vertheilt sie als eine Abgabe unters ganze Volk? Dieß würde für die Begünstigten weit bequemer seyn, und dem Volke würden dadurch gegen 10 Millionen erspart, eine Summe, die viermal größer ist, als was man durch Erparungen bei der Armee u. s. w. gewinnen kann.
Wir haben oben gesagt, daß die jetzige Lage Großbritannien in mancher Rücksicht der von Holland am Anfange des vorigen Jahrhunderts sehr ähnlich sey, aber die Uebersicht, die wir jetzt von dem Zustande der englischen Finanzen gegeben haben, zeigt auch, daß dieselbe in andern Rücksichten durchaus verschieden ist. Die Einträglichkeit der Capitalien nahm in Holland nicht darum ab, weil man den Kornhandel eingeschränkt hatte, oder gewissen Classen von Bürgern drückende Monopole eingeräumt waren, und konnte daher auch nicht durch eine Abänderung in der Handelsgesetzgebung wieder gehoben werden. Bei uns ist dieß der Fall; die Hülfsquellen des Landes sind keineswegs erschöpft; die Regierung kann durch Freigebung des Korn- und Coloninalhandels den Gewinn von dem Capitale wieder heben, und zu industrieller Thätigkeit anreizen. Sinkt England, so geschieht es, weil es sich der Mittel zur Production, die in seiner Macht stehen, beraubt; weil es die Macht und den Reichthum der Nation der verblendeten Habsucht einiger Wenigen aufopfert.
Freilich würde England, selbst wenn die verschiedenartigen Monopole, die das Land drücken, aufgehoben wären, in seiner financiellen Lage doch noch immer hinter andern Länder zurückstehen, da die jährlichen Interessen für die Nationalschuld fast 30 Millionen betragen. Diese Last wäre allein hinreichend, den Wohlstand Englands allmälig immer tiefer herabzudrücken, so lange nicht wirksame Mittel gefunden werden, dieselbe zu vermindern. Dieß ist aber auf keinen Fall ein Grund, um deßwillen man weniger darauf bedacht seyn dürfte, uns für’s erste einmal von der Last zu erleichtern, welche die Monopole uns auflegen. Je größer das Gewicht des ganzen Druckes ist, desto nothwendiger und dringender ist es, uns von jeder einzelnen Bürde zu befreien. Wenn es auch unmöglich ist, über solche Dinge mit vollkommener Gewißheit zu reden, so sind wir doch davon überzeugt, daß im Fall unsere Industrie sich ganz frei bewegen und die productiven Kräfte unsers Landes sich unbeschränkt entwickeln könnten, die Abgaben in Friedenszeiten mit den Interessen der Staatsschuld für die arbeitenden Classen nicht drückend seyn würden. Gesetzt aber auch, dieß wäre noch der Fall, so ließe sich nun doch leichter helfen und die Regierung könnte jetzt schon Mittel finden einen Theil der Staatsschuld abzutragen. Wir denken hierbei nicht an das langweilige Gaukelspiel mit dem Tilgungs Fonds, und noch weniger wollen wir andeuten, daß irgend ein Ministerium so verworfen seyn könne, die Nationalschuld mit Hintansetzung gerechter Ansprüche der Gläubiger zu tilgen. Wir wollen hier die Art und Weise, wie wir uns denken, daß jenes geschen könnte, so kurz als möglich auseinandersetzen.
Es sind zu verschiedenen Zeiten Pläne vorgeschlagen worden, die Staatsschuld auf einmal ganz abzubezahlen, aber alle diese Pläne sind, ausgenommen in so fern sie eine verhältnißmäsige Capitalsübertragung auf den Staatsgläubiger enthalten, betrüglich und verdienen daher keine Aufmerksamkeit. Der Plan, die Nationalschuld durch eine Beschatzung des Capitals von ganz Großbritannien zu tilgen, wurde zuerst von einem sehr einsichtsvollen und patriotischen Parlamentsmitglied, Archibald Hutcheson, unter der Regierung Georgs I vorgeschlagen und ist in unserer Zeit von Ricardo und andern aufs neue empfohlen worden. Nach Hutcheson’s Plan sollten 10 pc. vom Capital der fundirten Schuld abgezogen, und zu gleicher Zeit eine Beschatzung von 10 pc. auf alles Capital im Lande gelegt werden, um dadurch den Rest zu decken. Die Grundeigenthümer sollten dann das Recht haben, so viel von ihrem Eigenthum zu verkaufen, als nöthig wäre, um [55] ihren Theil der Beschatzung zu decken, selbst wenn Verträge und Erbeinsetzungen entgegenständen; außerdem sollten sie berechtigt seyn, von allen hypothekarischen und anderen Lasten 10 p. C. abzuziehen.
Wollte man jetzt einen solchen Versuch machen, so wäre ohne Zweifel eine weit größere Beschatzung nothwendig, als Hutcheson vorschlug. Nehmen wir das Capital der fundirten Schuld zu 760 Millionen an, und lassen die Beschatzung 24 pc. betragen, so sind noch 578 Millionen erforderlich, um die ganze Schuld zu tilgen. Aber angenommen, daß für den Anfang nur die Hälfte der Schuld, also 280 Millionen abbezahlt werden sollten, so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß wir im Stande sind, diese Summe aufzubringen. Obgleich wir sehr wohl die vielen Hindernisse sehen, die einer solchen Maßregel entgegenstehen, so sind wir doch überzeugt, daß dieselben durch Klugheit und Festigkeit zu besiegen sind, und was die angebliche große Aufopferung betrifft, so glauben wir nicht, daß dieselbe mit dem daurenden Vortheil verglichen werden kann, der aus einer so bedeutenden Verminderung der Staatsschuld für das Land entspringen würde. Eine Besteurung von 12 pc. auf das Capital des Landes würde hinreichen, die Staatsschuld zur Hälfte abzutragen. Pitt berechnete das besteuerbare Einkommen von Großbritannien im Jahre 1798 – das Einkommen, was von Gewerben, von den Interessen der Staatsfonds und von auswärtigem Eigenthum herrührt, ungerechnet – auf 106 Millionen, die ein Capital von 2120 Millionen voraussetzen. Man hat keinen Grund zu glauben, daß diese Berechnung zu hoch sey. Dr. Beeke schätzt in seiner vortrefflichen kleinen Schrift über Einkommensteuer das ganze Capital von Großbritannien, welches Privatleuten gehört, auf 2000 Mill.
Man muß bemerken, daß keine von diesen beiden Schätzungen Irland mitbegreift; da aber das ganze Reich gleichen Vortheil von der Reduktion der Schuld hat, so muß auch jeder Theil desselben gleich contribuiren. Wir haben keine Materialien zur Hand um das Capital von Irland anschlagen zu können, aber gesetzt, es machte den sechsten Theil vom Capital von Großbritannien aus, also 333 Millionen, so gäbe dies eine Summe von 2333 Millionen für das Capital vom ganzen Reich, eine Angabe, die noch um 300 Millionen niedriger ist, als die von Colquhouns[WS 1].
Aus diesem Anlage geht hervor, daß eine Besteuerung von ungefährt 12 Prozent hinreichen würde, die Hälfte der Nationalschuld abzutragen. Wenn wir nun daran erinnern, daß die reine Einnahme (die Anlehen ungerechnet), die während der letzten drei Jahre des Krieges in die Schatzkammer geflossen ist, 225 Millionen beträgt, so muß jedermann zugeben, daß es ganz in unserer Macht steht, mit einiger weniger Anstrengung wenigstens doch die Hälfte der Schuld zu tilgen.
Zugleich ist klar, daß dieser Plan für die Capitalinhaber keine besondere Härte enthält. Ein Mann, der ein Vermögen von 10,000 Pf. St. besitzt, die ihm 500 Pf. Ertrag geben, von denen er vielleicht 100 Pf. abgeben muß, damit die Zinsen der Statsschuld ausbezahlt werden können, besitzt doch in der That nicht mehr als 8000 Pf,; er ist gleich reich, er mag nun fortwährend 100 Pf. jährlich bezahlen, oder 2000 Pfund auf einmal hergeben. Die Folgen, welche das letztere Verfahren nach sich zieht, bringen ihm aber außerdem wirklich reinen Gewinn, nämlich den vergrößerten Gewinn vom Capital, und sonstige Nebenvortheile.
Die Gegner dieses Plans wenden ein, daß es schwer sey, die Beschatzung gehörig zu vertheilen: Die Grundbesitzer müßten auf jeden Fall ihren vollen Antheil bezahlen; aber die Classen, die ihr Vermögen in baarem Gelde besäßen, die Kaufleute und Manufacturisten, könnten leicht machen, daß ihr Antheil bedeutend kleiner ausfiele, als der hätte seyn sollen. Daß diese Behauptung in gewissem Grade wahr ist, läßt sich nicht läugnen; aber dasselbe läßt sich von allen Abgaben sagen: keine läßt sich so einrichten, daß sie alle Classen gleich sicher trifft, und gleich stark drückt, und deshalb hat doch noch Niemand behauptet, daß gar keine Abgaben aufgelegt werden dürften. Man muß suchen die Beschatzung so gleich zu vertheilen, wie möglich; und die Ungleichheit, die dennoch statt finden würde, käme gegen die Vortheile nicht mehr in Anschlag, als die Ungleichheit in unserem jetzigen Abgabesystem im Vergleich mit den Vortheilen, die für uns aus der Regierung und der Beschützung unserer Personen und unseres Eigenthums entspringen, in Betracht kommen. Die Einkommensteuer wurde in den letzten Jahren mit sehr großer Billigkeit ausgeschrieben, und es ist nicht einzusehen, warum eine Capitalsteuer nicht ebenso leicht vertheilt werden könnte, als jene. Weil diese Abgabe nur einmal zu entrichten wäre, so könnte man auch füglich eine Commission mit großer Vollmacht niedersetzen, die vielleicht zu viel Gewalt haben würde, wenn sie die Vertheilung einer fortlaufenden Steuer vorzunehmen hätte.
[59] Würde nun auf diese Weise jede Art von Capital gleichmäßig besteuert, so ließe sich noch der Einwuf machen, den Hume in seinem Versuche über den Staatscredit gegen Hutchesons Plan erhob, daß die arbeitenden Classen und alle Leute, die von ihrem Berufe leben, einen bedeutenden Theil der Abgaben bezahlen, und daß es drückend und ungerecht wäre, wenn die Capitalisten die ganze Last der Schuld tragen sollten, von der sie jetzt nur einen Theil zu tragen haben. Aber diese Einwendung ist in der That unbegründet. Die Abgaben müssen im Laufe der Zeit den Arbeitslohn in demselben Verhältniß erhöhen als sie die Gegenstände, deren der Arbeiter nothwendig bedarf, vertheuern. Der Preis der Lebensbedürfnisse ist aber eigentlich der Preis der producirenden Arbeit; die Arbeiter können sich dieselben nicht verschaffen, wenn sie nicht dem Stande der Preise gemäß bezahlt werden. Wenn nun auch anfangs eine kürzere oder längere Zeit verstreicht, ehe der Lohn und die Preise in das gehörige Verhältniß zu einander treten, so kann doch kein Zweifel darüber obwalten, daß dieß am Ende geschehen muß. Steigt aber der Arbeitslohn in Folge der höhern Besteuerung, so veranlaßt dieß einen verhältnißmäßigen Abzug vom Gewinn der Capitalien, und wenn umgekehrt der Arbeitslohn in Folge einer ermäßigten Besteuerung fällt, so veranlaßt dieß in gleichem Maße ein Steigen des Gewinns.
Es erhellt hieraus, daß die Capitalisten auf keine Weise das Recht haben, sich zu beklagen, wenn sie das Capital auch des Theils der Staatsschuld bezahlen müssen, wovon jetzt die arbeitenden Classen die Zinsen entrichten, denn aller Vortheil, den sie von dieser Art Zinsenzahlung unmittelbar zu ziehen glauben, ist nur scheinbar, und wird durch die mittelbare Veringerung des Gewinns theuer erkauft. In allen alten und starkbevölkerten Staaten ist auch der Lohn der Arbeiter zu niedrig, als daß der Theil von den Abgaben, welche sie tragen, beträchtlich seyn könnte. Wenn eine neue Steuer eingeführt wird, mag sie eine Zeitlang die niedern Stände hart drücken, aber dieser Zustand kann nie dauernd seyn.
Besser begründet ist Hume’s Einwurf, wenn er auf gewisse Stände, als Advocaten, Aerzte u. s. w. eingeschränkt wird, denn wenn das Einkommen von jenen auch in einem gewissen Verhältniße zu den Preisen der Lebensbedürfnisse stehet, so wirken diese doch nicht so direct auf das Steigen und Fallen des ersteren ein. Eine so große Erniedrigung der Abgaben, als auf die Abbezahlung der Hälfte der Staatsschuld nothwendig folgen müßte, würde indeß eine solche Erhöhung des Geld-Werthes zur Folge haben, daß auch das nominelle oder Geld-Einkommen dieser Stände verhältnißmäßig sinken würde. Alle Taxen würden herabgesetzt werden, und der Vorschuß den der Capitalist bei der Abbezahlung der Staatsschuld gewissermaßen dem Advocaten machte, würde ihm demnach durch die Verringerung der Summen, die er künftig an diesen zu zahlen hätte, wieder ersetzt werden.
Man hat ferner gegen diesen Plan eingewandt, daß auf einmal so viel Land- und anderes unbewegliches Eigenthum feil geboten werden würde, daß die Verkäufer großen Schaden leiden müßten, und der Grundbesitz in die Hände von Leuten fiele, die denselben nicht zu benutzen verstünden. Aber ein wenig Ueberlegung wird leicht Jedermann davon überzeugen, daß dieser Einwurf, wenn nicht ganz unbegründet, doch äußerst übertrieben ist. Die Zahl der Käufer und Pächter würde in demselben Verhältniß zunehmen, wie die Zahl der Verkäufer und Verpächter; Die Staatsgläubiger, die ausbezahlt würden, müßten ihr Geld anlegen, und würden es mit Freuden entweder den Landbesitzern, Manufacturisten u. s. w. darleihen, oder Grundbesitz dafür ankaufen. Die Ausführung unseres Planes würde daher nicht einmal irgend jemanden zwingen, sein Landeigenthum zu verkaufen, wenn er es behalten wollte; er könnte höchstens gezwungen werden, eine gewisse Summe Geldes darauf aufzunehmen, wofür er von einer gleichen Staatslast befreit würde, und seine Lage wäre also in dieser Hinsicht durchaus nicht verschlimmert, während er doch an den Vortheilen, die der ganzen Nation dadurch zuwüchsen, Theil nähme.
Um während der Ausführung dieser Maßregel so wenig als möglich Störung in dem gewöhnlichen Gang der Geschäfte eintreten zu lassen, möchte es vielleicht räthlich seyn, die Staatspapiere für diese Zeit zu vermehren. Wir wollen annehmen, die Regierung finge die Ausführung dieser Maßregel damit an, daß sie 50 Millionen Schatzkammerscheine an die Inhaber von 50 Millionen Capital ausgäbe, die bei der Erhebung der Steuer als Zahlung angenommen würden, und dabei zugleich erklärte, daß wenn dieselben nicht zu diesem Zweck verwandt würden, die Steuern an einem festgesetzten Termine in Geld bezahlt werden müßten: so wären schon 50 Mill. abbezahlt, ohne daß man einen Mangel an circulirender Münze empfunden haben würde. Indem man nun von Zeit zu Zeit [60] wieder eine ähnliche Summe in Scheinen ausgäbe, könnte man binnen kurzer Frist die ganze Operation bewerkstelligen.
Als dieser Plan im Unterhause zur Berathung kam, wurde behauptet, daß diese Maßregel alles Landeigenthum in die Hände unredlicher und schlauer Advocaten bringen würde. Aber von dieser Furcht kann man sich sehr leicht befreien. Man dürfte ja nur durch ein Gesetz bestimmen, daß der Ankauf von Land, welches feil geboten würde, um Geld zur Abtragung der Capital-Beschatzung zu erhalten, ein unter allen Umständen gültiger und unanfechtbarer Rechtstitel seyn solle. Es ist leicht zu begreifen, daß hierin keine Ungerechtigkeit liegt, auch in dem Falle wenn dieser Rechtstitel ohne ein solches Gesetz nicht gültig gewesen wäre. Denn, um dies durch ein Beispiel zu erläutern, gesetzt A hätte einen Theil seines Grundbesitzes erkauft, um seinen Antheil an der Staatsschuldencontribution abzutragen, und es fände sich nachher, daß dieser Grundbesitz das Eigenthum von B gewesen sey, so hätte dieser doch durch den Verkauf keinen Schaden erlitten; denn hätte er dasselbe zur Zeit der Beschatzung auch selbst besessen, so hätte er ja ebenfalls ein gleiches Stück Land, oder ein Aequivalent dafür verloren. Man braucht daher nicht zu fürchten, daß durch die Ausführung dieses Plans Processe um alles Landeigenthum im Lande veranlaßt werden würden; im Gegentheil würde man gar keinen bessern Rechtstitel aufweisen können, als den eines solchen Kaufs, und für die Advocaten wäre daher eben keine Seide dabei zu spinnen.
Wir wollen indessen gar nicht in Abrede stellen, daß die Annahme dieses Plans nicht auch viele Inconvenienzen mit sich führe. Fox bemerkte bei Gelegenheit der Debatten über die Bank-Beschränkungs-Acte, daß der, welcher von der Ausführung positiver Pläne spricht, und viel Gutes herbeizuführen hofft, ohne irgend etwas Schlimmes zu wagen, nicht der Mann ist, von dem man in schwierigen Tagen viel Nutzen erwarten kann. Es bleibt nichts übrig als zwischen zwei Uebeln zu wählen. Der einsichtsvolle Arzt wird sich freuen, wenn er ein Mittel findet, wodurch er die todbringende Krankheit aus dem Wege räumen kann, wenn auch das Mittel selbst nicht ohne Nachtheile ist.
Die Inconvenienzen, die hier nothwendig statt finden, sind alle nur sehr vorübergehend; während wir durch ein einmaliges Opfer das wir bringen, uns von einer Last befreien, die, wenn dieß nicht geschieht, ewig fortdauern muß, und zugleich die Regierung in den Stand setzen, alle die Auflagen zurückzunehmen, die jetzt vorzüglich die mittleren und ärmern Volksklassen so hart drücken. Wir haben schon früher bemerkt, wie wenig wir von einer allmäligen Abbezahlung der Staatsschuld durch den Ueberschuß der Einnahme hoffen, da gar nicht zu berechnen ist, was aus der ungeheuren Schuld werden sollte, wenn wir wieder in einen ernsthaften Krieg verwickelt würden. Aber wenn auch der Friede noch eine Reihe von Jahren fortdauerte, so ist unsere Lage doch nicht ohne Bedenklichkeiten. Die hohen Abgaben sind immer ein großes Hinderniß für die Fortschritte unserer Industrie, und wenn dieselben unseren Wohlstand auch nicht zerstörten, so wirkten sie doch auf jeden Fall hemmend auf das Zunehmen desselben ein.
Hume hat in seinem Versuch über den Staatscredit die Behauptung aufgestellt, „daß entweder das Land die Schuld vernichten, oder die Schuld das Land vernichten würde.“ Aber eine gesunde Politik und die ersten Grundsätze der Gerechtigkeit verlangen, daß die, welche dem Staat ihr Geld geliehen haben, nicht allein den Verlust leiden. Eine Nationalschuld läßt sich nicht dadurch tilgen, daß man sie von den Schultern aller, die sie mit Recht tragen müssen, auf die Schultern einer besondern Klassen schiebt, die nicht verpflichet ist mehr zu tragen, als ihren angemessenen Theil. Wir müssen einmal eine große Kraftanstrengung machen, um das Umsichgreifen der Armuth zu verhindern, und den Druck, welcher den Kern der Nation, die mittleren Stände, trifft, zu erleichtern. »Ein Land,“ sagt Ricardo, „das sich in die Schwierigkeiten verwickelt hat, die eine große Staatsschuld mit sich bringt, handelt klug, wenn es sich durch die Aufopferung eines Theils seines Eigenthums von denselben befreit.«
Bevor wir schließen, müssen wir noch bemerken, daß man oft gemeint hat, die Vortheile, die aus diesem Plan hervorgingen, seyen nicht so groß, als behauptet werde. Diejenigen, welche dieser Ansicht sind, sagen, daß die Capitalisten, die jetzt mit Abgaben belastet sind, um die Interessen für die Staatsschuld herbeizuschaffen, in unserem Falle einen verhältnißmäßigen Antheil ihres Vermögens auf die Inhaber der Staatspapiere übertragen müßten, daß also ihr Verlust auf der einen Seite ihrem Gewinn auf der andern das Gleichgewicht halten würde, und die ganze Maßregel daher ein unnützes Spiel wäre. Aber nichts ist unrichtiger als diese Darstellung. Wir wollen annehmen, um unsere Ansicht wo möglich noch verständlicher zu machen, daß die Maßregel, wovon die Rede ist, wirklich in Ausführung gebracht, und die Hälfte der Staatsschuld in der That abbezahlt wäre. Unter dieser Voraussetzung würde ein Eigenthum von ungefähr 300 Mill. an Werth auf die Fondsinhaber übergehen, und dagegen etwa 15 Mill. an aufgehobenen Abgaben gewonnen werden. Nun ist es auf den ersten Blick klar, daß hierdurch nichts verloren seyn kann; ist es aber nicht eben so offenbar, daß sehr viel dadurch gewonnen ist? wenn auf einmal 15 Millionen jährlicher Abgaben aufgehoben werden, so muß nothwendig der Preis der meisten Lebensbedürfnisse sinken, und wenn dies geschieht, so steigt auch die Quote des Gewinns, und aller Grund fällt weg, seine Kapitalien ins Ausland zu schaffen; der auswärtige Handel des Landes wird erweitert, und aller Gewerbsfleiß befördert. Jedermann würde darnach streben, sein Vermögen von den Lasten, mit denen dasselbe in Folge unserer Maßregel beschwert worden wäre, durch außergewöhnliche Anstrengung zu befreien. Wäre nun mit dieser Maßregel noch die Aufhebung derjenigen indirecten Steuern verbunden, auf welche wir den Leser oben aufmerksam gemacht haben, so würde höchst wahrscheinlich in wenig Jahren, jener ganze Theil des Kapitals, der durch die einmalige starke Besteuerung aufgeopfert wurde, durch größere Thätigkeit und Sparsamkeit wieder eingebracht seyn.
- ↑ Der Verfasser hat sich in diesem Puncte nicht getäuscht, denn nach einer Verordnung vom 5. Dec. sollen die Landreuter (yeomanry cavalry) mit dem 24. Dec. 1827 aufhören zu existiren; jedoch nur in den Distrikten, in welchen man in den letzten 10 Jahren selten oder nie ihrer Hülfe bedurft hätte. S. Times vom 6. Dec. 1827.
- ↑ S. Edinburgh Review No. 88.
- ↑ Edinburgh Review. No. 78.
- ↑ S. Edinburgh Review No. 86 pag. 341.