Benutzer:AndreasPraefcke/Baustelle2
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Ravenspurg.
Diese Reichsstadt im Algöw, und an dem Fluß Schuß, in einem lustigen Thal, so mit Weinbergen umgeben, gelegen, und beyderley Religionen ist, soll erstlich Gravenspurg, von dem alten Flecken Gravenau, daraus sie entsprungen, geheissen haben: Und An. 1100. erstlich mit Mauern umgeben worden seyn. Hat ein Schloß oder Landhauß, so zur Landvogtey gehörig, und Oesterreichisch ist, so ausserhalb der Mauer auf einem Hügel gelegen. Der Umkreiß der Stadt, vergleicht sich mit Reutlingen. Der Theil, so etwas höher liegt, hat Weingärten. Gegen Morgen ist das Oberthor, und daselbst ein enges Thal, in welchem die Vorstadt Oelsdchwang: Item, die Papiermühl und Wasserstuben, aus welcher 140. Brunnen in die Stadt geleitet werden. Gegen Mittag ist das Kästlinsthor; gegen Abend, da man auf Costantz reiset, das Unterthor und das Mettelinsthor, und daselbst die Vorstadt Pfannenstiel; [157] allda auf einen Büchsenschuß der Fluß Schuß in einem weiten und lustigen Thal vorüber rinnet. Gegen Mitternacht ist das Frauenthor, von der nahe gelegenen Kirche also genant, auf welcher Seiten nicht weit von der Stadt, das berühmte und reiche Kloster Weingarten, samt dem Flecken Altorff gelegen ist, da die Straß nach Biberach, Memmingen, etc. gehet. Gegen mittag siehet man die Weiß- oder Minderow, so Weinwachs hat, und sich gegen den Bodensee erstreckt. Gegen obgedachtem Schloß, oder Landhauß über ist ein gar hoher alter Thurn, der Meelsack, und im Mitten der Stadt, auch ein hoher Thurn, der Blaserthurn genant, den An. 1552. der Wind umgeworffen, an dessen statt ein neuer erbauet worden, daran unter andern gelesen wird:
Zu einem Wunder allhier steht geschrieben,
Daß der Blaser ist lebendig blieben.
Dann als gemelter Thurn eingefallen, so ist dem Wächter und Blaser auf demselben nichts gescehen; aber sein Sohn von 16. Jahren alt, ist geblieben, und sein schwangeres Weib den dritten Tag hernach gestorben. Es hat schöne Kirchen in der Stadt, als unser Frauen, S. Jodoco, und die Evangelische: Ein Carmeliter- und St. Clara-Kloster, und die Capuciner ausser der Stadt; ein stattliches Spital zum H. Geist in der Stadt, auch andere Kirchlein, als: zu St. Leonhard, St. Christina, und St. Georgen, ausser derselben; wie auch Allmoßkasten, Lazareth, und schönen Freudhof, oder Gotts-Acker. Ein wohlgebautes Rathhauß, Kauff- und Waaghauß, Speicher, Zeughauß, etc. und vor dem gedachten Frauenthor, einen schönen offenen Platz, mit fruchtbaren Bäumen besetzt, da es, sonderlich im Frühling, sehr lustig zu spatziren: Und lauft durch die Stadt ein lustiger Bach. Die abgestorbene Grafen von Werden- und Heiligenberg haben Smalneck für eine Herrschaft der Stadt Ravensprug verkauft, wiewol sie keine hohe Obrigkeit hat, sondern mitten in der Landvogtey Schwaben hoher Obrigkeit liegt. Der Rath ist meistentheils der Römisch-Catholischen Religion zugethan, und der Stadt Monatlicher einfacher Anschlag zum Römerzug, 3. zu Roß, 40. zu Fuß, oder 196. fl. Und zum Unterhalt des Cammergerichts jährlich, nach dem erhöheten Anschlag, 112. fl. 32. Kreutzer, den Thaler zu 69. Kr. gerechnet. An. 1211. hat die Ritterschaft des Lands SChwaben ein Turnier allhie gehalten. Im Städtkrieg ist Ravenspurg An. 1389. von den Hertzogen aus Bayern und andern, belägert worden. In diesem teutschen Krieg hat diese Stadt auch viel ausgestanden. Vid Crusius in Annal. Grasserus in der Schatzkammer vom Thurnier, Acta Publica, & Relationes.
Was den obgedachten Flecken Altorff anbelanget, so dem Hauß Oesterreich gehöret, und daselbst das Landgericht in Schwaben ist, und der Herr Landvogt in Ober- und Unter-Schwaben, so der Zeit ein Graf von Königeck, und seine Residentz allhie hat, ist eine kleine halbe Meil von Ravenspurg gelegen: Es ist derselbe in den Historien wohl bekant, als der vor Zeiten berühmte Grafen gehabt, von welchen etliche Hertzogen in Bayern, des Welphischen Stammens, und noch die jetzige Hertzoge von Braunschweig und Lüneburg, hergekommen seny: UNd haben die alte Guelphen in dem bey diesem uralten Marcktflecken gelegenen sehr vornehmen und reichen Kloster Weingarten, in St. Oswalds Capellen, ihre Begräbnuß. Vide Brusch. in Chronol. Monast. German. Reinerus Reineccius in Pr. Orig. Brandeb. Munst. in Cosm. & Crus. in Annal. Suev. Wehner in pract. observat. voc. Rechtburgen, pag. 558. vermeynet, es wäre Ravenspurg erstlich Rafenburg, für Rachenburg, genant worden, dieweil allda vor Zeiten, und auch noch, allwegen ein allgemeines Landgericht, oder Mallus generalis, gehalten worden.
An. 1646 ward sie, zum theil von den Schweden ausgeplündert, und sonsten übel allda gehauset. An. 47. ward sie belagert, aber von den Schweden beschützt, und geschah der Abzug den 8. 18. Augusti. Den 10. 20. hernach, ist das, nächst vor der Stadt auf dem Berg, liegendes Oesterreichisches Schloß durch sie, die Schweden, in den BRand gesteckt worden; und hierauf den 21. 31. dieses Monats, [158] die Schwedische Besatzung, auf empfangenen Befehl, von hier wieder ab, und hingegen Herr Obrist Caspar allda eingezogen. An. 49. den 25. May, Alten Calenders, haben zu Lindau die Kayserl. und Creiß-Fürstl. Herren subdelegirte Commissarien, auch wegen dieser Stadt, dem Instrumento Pacis gemäß, die Execution vorgenommen, daß nemlich, so viel die Politica anbelangt, hinfüro das kleine, oder tägliche Raths-Collegium, in 16. Personen , als 2. Burgermeister, 4 Geheimen und 10. andern Personen; das Stadtgericht aber in 12. Assesorn, nebst einem Stadt-Amman : sodann der Gemeinds-Rath, aus 22. Personen bestehen, und in allen dreyen, wie auch allen andern gemeiner Stadt Aemtern, eine durchgehende Gleichheit, zwischen beyden Religions-Verwandten gehalten, und pari numero ersetzt werden sollen. Die zwey Burgermeister sollen alle 4. Monat alterniren; und ist von jeder Religion ein Stadt-Amman geordnet, zwischen welchen alle 4. Monat dergestalt alternirt werden solle, daß, wann ein Catholischer Burgermeister im Amt ist, alsdann ein Augspurg. Confeßions-Verwandter das Stadt-Amman-Amt führen, und solches auch, wann ein Augspurg. Confeßions-Verwandter Burgermeister das Amt trägt, mit dem Catholischen Stadt-Amman reciprocè gehalten werden solle. In Aufnehmung neuer Burger, soll kein Unterschied der Religion wegen, gehalten werden. Zum andern, Ecclesiastica belangend, weiln die Catholischen A. 1624. das Chor der Carmeliter-Kirche; die Evangelischen aber das lange Hauß inngehabt, soll es dabey verbleiben. Das neuerbaute Kirchlein, oder Auditorium, zum H. Creutz, haben den 1. Jan. 1624 die Evangelischen würcklich inngehabt; daher die Catholischen ihnen solches lassen. Die Kirchendiener sollen in der Anzahl, wie sie An. 24. gewesen, bestellt, und aus dem publico Ærario besoltet werden : Wie auch der neue Mägdlein-Schulmeister; Item der Knabe-Schulmeister, und sein Provisor, der Augspurg. Confession, samt seinem gnugsamen eignen Hauß und bequemer Gelegenheit. Jeder Theil mag auch einen Organisten und Balgtretter, seiner Religion halten. Dürftige, Presthafte und Krancke, Junge und Alte, Manns- und Weibspersonen, sollen, ohne Unterschied der Religion, in den Spital- Siechen- Seel- und Bruderhauß, auch andere Spenden, aufgenommen, und gleich unterhalten, auch die Augsp. Confeßions-Verwandte, von ihren Predigern liberè besucht werden. Die Feyr- und Festtäge, auch die Fasttäge, sollen die Evangelischen halten, wie es mit den Evangelischen zu Augspurg verglichen worden.