Bernhard Bunte: Zwei autobiografische Texte
Vorbemerkung
Der Klassische Philologe und Gymnasiallehrer Bernhard Bunte (1821–1898) hatte ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Leben. Als Sohn eines Mühlenbesitzers (Stiftsmühle) in Exten bei Rinteln geboren, studierte er Philologie an der Universität Marburg und unterrichtete zunächst am Gymnasium Rinteln. Seine Laufbahn wurde durch die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848 erschüttert. Infolge der Reformen des reaktionären Ministers Ludwig Hassenpflug wurde er 1850 entlassen und fristete sein Dasein zunächst als Privatlehrer im Ausland, ehe er sich 1859 in Wischhafen bei Stade niederließ und dort eine eigene Privatschule gründete. Von dort aus erhielt er im Alter von 46 Jahren (zum 1. April 1867) eine Festanstellung am Progymnasium in Leer (Ostfriesland), wo er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1890 lehrte.
Diese beruflichen Verwerfungen waren bislang unbekannt und gehen aus zwei Texten hervor, die Bunte um 1860 verfasste. Es handelt sich um sachlich gehaltene Lebensläufe, die er möglicherweise seinen Bewerbungsunterlagen für den preußischen Schuldienst beizulegen beabsichtigte. Die beiden Fassungen ähneln sich vom Text her und sind wohl Entwürfe. Die zweite Fassung enthält eine Randnotiz zu seiner Berufstätigkeit in Leer 1867–1890.
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Erste Fassung (datiert auf den 27. Januar 1860)
[1 recto] Ich wurde am 24. Febr. 1821 zu Exten bei Rinteln, wo mein Vater Mühlenbesitzer ist, geboren. Die erste Zeit meines Lebens brachte ich in meinem Geburtsorte zu, und besuchte auch von meinem siebenten Jahre an die dortige Dorfschule. Darauf erhielt ich von dem Prediger unsers Ortes Privatunterricht und wurde zu Ostern 1832 in das Gymnasium zu Rinteln aufgenommen. Nach Beendigung des Gymnasialcursus bezog ich Michaelis 1840 die Universität Marburg, mit dem Entschlusse, mich dem Studium der Philologie zu widmen. Ich wählte mir als Hauptfächer die classische Philologie und als Nebenfach die neueren Sprachen. Nebenbei hörte ich auch einzelne theologische Vorlesungen. Meine Lehrer in den philologischen Disciplinen waren K. F. Hermann, Cäsar, Rubino, Bergk, in der Geschichte Rehm, in neuern Sprachen Huber. Nachdem ich alsdann im Jahre 1844 das Examen in der Philologie bestanden hatte, studirte ich noch ein halbes Jahr in Marburg und ein Jahr in Berlin Theologie. Im Jahre 1846 promovirte ich in Marburg und war dann bis zum Jahre 1850 an dem Gymnasium zu Rinteln, anfangs als Praktikant, hernach als beauftragter Lehrer. Im Herbste 1850 erhielt ich meine Entlassung und bin seit der Zeit theils als Hauslehrer, theils an Schulen beschäftigt gewesen. Zuerst war ich Lehrer an einer Töchterschule in Vegesack, darauf Hauslehrer in einer adligen Familie in Westpreußen, alsdann Lehrer an einer Privatschule in Mecklenburg und seit Michaelis 1857 in Wischhafen im [1 verso] Königreich Hannover. In dem zuletzt genannten Orte bin ich seit Michaelis vorigen Jahres als Vorsteher einer von mir gegründeten Privatschule.
In der Zeit vom 1. August 1855 bis Johanni 1856 habe ich in Berlin privatisirt, um die dortige Königliche Bibliothek zu benutzen und eine größere philologische Arbeit zu vollenden. Dieselbe ist bald nachher (im Jahre 1857) im Verlage der Dyk’schen Buchhandlung unter dem Titel ‘Hygini Fabulae etc.’ erschienen.
Wischhafen an der Elbe, den 27. Jan. 1860.
Dr. B. Bunte.
Zweite Fassung (nach 1860, ergänzt 1890)
[1 recto] Lebenslauf des Oberlehrers Dr. Bunte
Ich wurde am 24. Febr. 1821 zu Exten bei Rinteln in der kurhessischen Grafschaft Schaumburg geboren. Von Ostern 1832 an besuchte ich das Gymnasium zu Rinteln und bezog, nach Beendigung des Gymnasialcursus, zu Michaelis 1840 die Universität Marburg, mit dem Entschlusse, mich dem Studium der Philologie zu widmen. Ich wählte mir als Hauptfächer die classische Philologie und Geschichte, als Nebenfach die neueren Sprachen; nebenbei hörte ich auch einzelne theologische Vorlesungen. Meine Lehrer in den philologischen Disciplinen waren K. F. Hermann, Cäsar, Rubino, Bergk; in der Geschichte Rehm, in neueren Sprachen Huber. Nachdem ich alsdann im Jahre 1844 das philologische Examen bestanden hatte, studirte ich noch ein halbes Jahr in Marburg und ein Jahr in Berlin Theologie. Im Jahre 1846 promovirte ich in Marburg mit einer Dissertation ‘De C. Julii Hygini, Augusti liberti, vita et scriptis’ und war dann bis zum Jahre 1850 an dem Gymnasium zu Rinteln, anfangs als Practikant, hernach als beauftragter Lehrer beschäftigt. Während dieser Zeit habe ich in Quinta und Quarta lateinischen, in Quinta, Quarta und Tertia deutschen, in Tertia griechischen, in den beiden obersten Classen fortwährend hebräischen Unterricht ertheilt; außerdem habe ich eine Zeitlang in der biblischen Geschichte in Quinta und in der Geographie in Real-Tertia unterrichtet. – In Folge neuer Verfügungen [1 verso] zur Zeit der Hassenpflug’schen Organisationen erhielt ich im Herbste 1850 meine Entlassung und bin seit der Zeit theils als Hauslehrer, theils in Schulen beschäftigt gewesen. Von Michaelis 1859 an bis Ostern d. J. bin ich Vorsteher einer Privatschule in der Nähe von Stade gewesen, und von da an habe ich Probelectionen an dem Gymnasium in Stade gegeben, anfangs in Quarta (im Lateinischen, Französischen, in der Geschichte und Geographie), in den letzten Wochen in Real-Tertia (im Deutschen, Französischen und Englischen).
Im Jahre 1857 habe ich eine größere philologische Arbeit vollendet, welche unter dem Titel ‘Hygini Fabulae etc.’ im Verlag der Dyk’schen Buchhandlung in Leipzig erschienen ist.
[Die folgende Randnotiz steht im Original links vom Text, neben den Bemerkungen zur Tätigkeit in der Nähe von Stade.] seit Ostern 1867 – bis Ostern Michaelis 1890. – in Leer.