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Beschreibung des Oberamts Aalen/Kapitel B 13

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Neubronn,


Gem. III. Kl. mit 320 Einw. a. Neubronn, Pfdf., 301 Einw. b. Kellerhaus, Hs., 8 Einw. c. Mühlholz, H., 3 Einw. d. Spatzenmühle, M., 8 Einw. – Evang. Pfarrei.

Da wo die Höhe zwischen Kocher und Lein am Vereinigungspunkt der beiden Flüsse sich zuspitzt, liegt dieser Bezirk, hauptsächlich die Hochfläche und den Abhang in’s Leinthal umfassend nebst dem Haupttheile des Spatzenbachthals und eine Strecke an der Lein selber. Eine Exclave ist thalaufwärts das Mühlholz. An den Wasserreichthum des Bodens erinnert schon der Name des Hauptortes. Das Klima ist ziemlich mild.

Die ganze Markung ist fruchtbar; auf der Höhe liegen vorzugsweise die Ackerfelder, theils mit Lehmboden, zum Theil auch mehr sandig. Der durchschnittliche Preis des Morgens ist 150–200 fl.; im schweren Boden wird vorzugsweise Dinkel gebaut, im leichteren Haber und Gerste, weniger Roggen. Repsbau ist im Brachfeld angefangen und ein bedeutender Kleebau findet statt. Die Wiesen, theilweise zum Wässern eingerichtet, welche per Morgen 250–300 fl. gelten, liegen in den Thälern und machen den thätigen Betrieb der Viehzucht möglich, die wiederum für den Ackerbau sorgfältig benützt wird; fast jedes Bauernhaus hat sein Güllenloch.

Besonders günstig für die Einwohner war die hauptsächlich auf Pahls Betrieb gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu Stande gekommene Vertheilung der Gemeindealmanden unter sämmtliche Bürger (jeder Bürgerrechtsbesitzer bekam 8–10 Morgen), wodurch der nutzbare Grundbesitz ansehnlich erweitert und Stallfütterung eingeführt | wurde. Ebenso vortheilhaft erwies sich die stückweise Verpachtung des ansehnlichen Schloßgutes.

Im Ganzen herrscht noch die Dreifelderwirthschaft, doch haben die neuern Fortschritte der Landwirthschaft manchfache Anwendung gefunden, besonders auf den vertheilten Allmanden, deren Anbau ganz willkürlich und auf denen die Brache fast ganz verbannt ist.

Die Einwohnerschaft ist durch ihren Fleiß sowie durch Mäßigkeit und Sparsamkeit bekannt und der Ort gehört zu den wohlhabendsten des Oberamts. Die Gewerbe stehen dagegen auf einer sehr geringen Stufe der Entwicklung; es ist nicht einmal ein Bäcker im Orte und der Wirth macht die schlechtesten Geschäfte. Den Winter über beschäftigt sich Bauer und Knecht mit der Leinwandweberei für den Hausbedarf.

Das Gemeindevermögen besteht in 2900 fl. Bürgerliche Beneficien oder dergl. sind nicht mehr vorhanden, weil auch der Gemeindewald vertheilt ist. Die Gemeinde führt im Wappen einen Brunnen. Früher wurde sie von dem herrschaftlichen Beamten verwaltet, doch besorgten auch hier wenigstens einzelne Geschäfte aus der Gemeinde selbst gewählte „Vierleute“.

Den großen Zehnten bezog von einigen Gütern die Pfarrei Abtsgmünd, von andern die Pfarrei Leinweiler, den größern Theil die Herrschaft, und diesen haben Erhard und Wolf Kaspar v. Adelmann um 5500 fl. und 100 Goldgulden Weinkauf erworben von ihrer Base Maria Salome, welche mit dem Schloß Heuchlingen (s. d.) ererbt hatte „den großen, kleinen und lebendigen Zehnten zu Neubronn“.

a) Neubronn, Pfarrdorf, 3 Stunden von Aalen, liegt weitläufig gebaut auf der Höhe und am Abhang des Spatzenbachthales, mit weiter Aussicht theils in das Leinthal hinunter nach Laubach und Leinroden, theils auf die ganze Kette der Alp von Hohenstaufen bis Baldern. Die Häuser sind in Folge des ziemlichen Wohlstandes der Gemeinde meist groß und wohlerhalten, die neueren massiv von Sandstein, von dem sich schöne Brüche vorfinden. Das Schloß, mit seinem ausgedehnten Garten und Park – die nur beide seit lange nicht mehr gepflegt werden, – ruht auf dem Grunde der alten Burg, ist aber in seinen jetzigen Zustand hauptsächlich durch Sebastian v. Wellwart gesetzt worden, als er 1732 seinen Wohnsitz hier nahm.

Im Jahre 1266 schon wird der Ort genannt; 2 Höfe in Neubronn, Lehen des Grafen Ludwig v. Helfenstein, übergab der Abt von Ellwangen dem Kloster Gotteszell, weßwegen der Rath von Gmünd die niedere Obrigkeit sammt Frohn und Schatzung ausübte. Dieses Recht machten später die Herren v. Wellwart streitig und | unterwarfen 1696 faktisch den klösterlichen Besitz ihrer Obrigkeit. Nun überließ das Kloster den einen Hof 1756 gegen 5000 fl. seinem bisherigen Lehensmanne als gültfreies Eigenthum; der zweite war ganz heimgefallen und wurde durch Kaufsvergleich an die Ortsherrschaft abgetreten, die ihn unter dem Namen des „Gmünder Hofs“ noch besitzt. 1376 wurde dem Kloster Ellwangen gegen einen nicht genannten Gegner vom Landgerichte zugesprochen: Neubronn die Veste und was dazu gehört, Gericht, Leute und Güter zu Dorf und Feld. Bald aber verkaufte Ellwangen: Nuwenbrunnen das Burgstall, mit Baumgarten, Holz und Fischbach, mit seinen Gütern und eigenen Leuten um 786 fl. an Cunrat Adelmann 1385. Dieser nahm seinen Sitz auf Neubronn, jedenfalls seit 1400; mehrere Grundstücke, welche den Herren von der Hefte (bei Abtsgmünd) zu Neubronn gehört hatten, erkaufte er 1393, 1401 einen Hof von Sixt v. Kotsbühl, von einem Andern 9 Morgen Acker 1390. Längere Zeit blieb die Herrschaft im Besitz der Herren v. Adelmann, welche eine von der Mutterkirche in Abtsgmünd abhängige Kapelle zum St. Ambrosius wenn nicht gegründet, so doch 1436 eine ewige Messe darin gestiftet haben. Im Laufe des 16. Jahrhunderts hatten die Herren v. Adelmann auch die Herrschaften Hohenstadt und Schechingen erworben, doch blieb Neubronn meistens der Sitz Eines aus der Familie. Bei der Erbtheilung (s. A, VII S. 145.) 1583 erhielt Erhard v. Adelmann Schechingen, Wolf Caspar Hohenstadt – Neubronn blieb gemeinschaftlich. Georg Sigmund v. Adelmann hatte jedoch ganz Neubronn erworben und vermachte es vor seinem kinderlosen Tode 1625 seiner Frau und seinen 3 Schwestern, unter gewaltigem Widerspruch von Erhards Sohn, Wilhelm V., welcher das Auslösungsrecht in Anspruch nahm und auch „von Neubronn“ sich nannte. Doch kam’s 1631 zum Vergleich, worin Wilhelm jenen weiblichen Relicten Neubronn überließ mit Vorbehalt des ewigen Vorkauf- und Auslösungsrechtes bei allen Besitzveränderungen. Als eine der 3 Schwestern 1635 starb, behauptete Wilhelm Christof, der Sohn Wilhelms v. Adelmann, ein Besitzveränderungsfall sey eingetreten, kündigt Auslösung an und ergreift Besitz und läßt sich huldigen. Dennoch mußte er 1636 Neubronn wieder räumen und der Vertrag von 1631 wurde erneuert. Georg Sigmunds Wittwe war eine J. M. v. Plieningen; von seinen Schwestern heirathete Marie den Georg v. Plieningen, Dorothea den Georg Reinhard v. Wellwart-Lauterburg, dieser scheint aber von seinen Miterben den größern Theil an sich gebracht zu haben. Denn 1638 gehörten, nachdem er selbst sammt Frau und Kindern gestorben war, seinen ihn beerbenden 5 Brüdern 7/9 von Neubronn und einem Eytel | Hans v. Plieningen 2/9, welche jedoch von den Herren v. Wellwart auch noch erworben wurden.

Von jenen 5 Brüdern erhielt Sebastian v. Wellwart zu Heubach das Gut Neubronn und heißt z. B. 1651 ff. auf Neubronn; er hinterließ es seinen 2 Töchtern. Diese theilten 1662–63 und Maria Barbara brachte Neubronn sammt dem Sixen- und Weinschenkerhof und 2 Kolbenhöfen, einem Hof zu Pommertsweiler u. a. (s. Essingen) ihrem Gemahl Ernst Albrecht v. Vohenstein zu, der sich „auf Adelmannsfelden und Neubronn“ nannte. Da jedoch diese Ehe kinderlos blieb, so vermachte Maria Barbara ihr ganzes Besitzthum ihrer Schwestertochter Barbara Elisabethe v. Wellwart-Lauterburg, welche mit Alexander Maximilian v. Wellwart-Essingen verheirathet war, in der Absicht, daß ihre Güter bei dem wellwart. Stamm und Namen bleiben möchten. Alexander Max nahm auf Neubronn seinen Wohnsitz, seine kinderlose Gemahlin aber hinterließ 1723 Neubronn mit Zubehör den Söhnen ihres Bruders Sebastian, von welchen Sebastian jun. nach dem Brande des Lauterburger Schlosses in Neubronn seine Residenz aufschlug, vermählt mit Friederike Karoline, einer Tochter seines Vetters Ludwig Karl v. Wellwart-Essingen. Die beiden genannten wellw. Linien hatten 1729–31 einen Fideicommiß-Vertrag aufgerichtet, welchem auch das Neubronner Gut ausdrücklich einverleibt war. Als aber Sebastians Söhne jung starben, unternahm es Friederike Caroline, Neubronn wieder aus diesem Verbande zu lösen, zum Besten ihrer 3 Töchter, und der einzige männliche Erbe der andern Linie, ihr Bruder Friedrich Karl v. Wellwart, ließ sich bestimmen, die Neubronner Herrschaft freizusprechen 1757-62. Dieselbe fiel nun an die 3 Tochtermänner – v. Bose, v. Werneck und v. Gemmingen, also an Fremde, weßwegen auch bei den Herren v. Adelmann der Gedanke auftauchte, das alte Auslösungsrecht (s. oben) geltend zu machen. Freiherr v. Bose verkaufte seine Ansprüche 1780 zum Voraus an seine Schwäger; denn eigentlich hatte Fr. Caroline v. Wellwart von ihren Töchtern den vollen Alleinbesitz von Neubronn um 45.000 fl. an sich gekauft, jene Dame, von welcher Pahl in seinen Denkwürdigkeiten mancherlei erzählt. Als ihre Erben stehen jetzt im Besitz das einzige überlebende Kind des Feldmarschall-Lieutenants v. Werneck, Henriette, Wittwe des königl. sächsischen Geheimenraths v. Uechtritz mit 1/2 und die Kinder und Enkel des Ministers K. R. v. Gemmingen, deren 1/2 sich wieder nach Vierzigsteln unter sie vertheilt. Kein Theilhaber hat gegenwärtig seinen Wohnsitz in Neubronn.

Die Grundherrschaft besaß hohe und niedere Obrigkeit über die | Unterthanen, welche zu täglichen Diensten standen. Ihr stand das Jagdrecht auf der Markung und in einem weiteren Bezirke zwischen Blumenhof und Börrath zu, ferner das Fischrecht in dem Sulz- und Spazenbache bis zur Lein. Die Jurisdiktion gab Frevel und Strafen; weiter hatten die Unterthanen Bestand-, Heller- und Dienstgelder sowie „Küchendienste“ (Hühner) zu entrichten und mancherlei Gülten. Auch der größere Theil des Zehnten gehörte der Herrschaft, sowie Kirchensatz und Heiliger sammt Patronat der Kapelle. In wellwart. Händen kam zur Herrschaft auch 5/24 an den wellwart. Zehnten und Patronatrechten, in deren Masse aber auch der Zehnte und das Patronat von Neubronn selbst war eingeworfen worden. Es hat deßwegen auch an beiden Rechten gegenwärtig noch die Wellwart-Essinger Linie 15/24, Degenfeld-Schomburg 4/24 und die Gutsherrschaft selbst nur 5/24. Durch besondere Übereinkunft ist jedoch bestimmt worden, daß in Lauterburg bloß die Hrn. v. Wellwart, in Neubronn ausschließlich die dasigen Herrschaften und in Essingen die Herren v. Wellwart und v. Degenfeld wechselnd die Pfarr- und Schulstellen besetzen sollen. Die Neubronner Kaplanei wurde durch die Herren v. Adelmann – wie Hohenstadt – reformirt und blieb es, weil Neubronn in fremde Hände kam, ehe W. Ch. v. Adelmann antireformirte. Aus dem Kaplan wurde ein evangel. Pfarrer. Als solcher ist der nachherige Prälat v. Pahl berühmt geworden, der als Pfarrer und Amtmann sich viele Verdienste um Neubronn erwarb. 1814–21 war die Pfarrei mit Fachsenfeld verbunden.

Die Kirche stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist gut im Bau erhalten. In ihr stand einst die für wunderthätig gehaltene Bildsäule des heil. Patriz, welche Sebastian v. Wellwart 1652 der Frau Maria Magdalena v. Adelmann geschenkt hat, die sie nach Hohenstadt transferiren ließ unter großen Feierlichkeiten. Das Eigenthum der Kirche nebst der Baulast hat die Patronatsherrschaft, für die vasa sacra sorgt die Stiftungspflege. Der von der Patronatherrschaft erhaltene Kirchhof liegt frei und schön am obern Ende des Dorfes.

Für die Kapelle in Neubronn bestand ehemals, mit eigenen Gütern und Zehnten, eine Pflege. Ihr gehörte auch 2/3 vom Zehnten zu Zimmern an der Rems (1432–37). Durch die Reformation war Neubronn von dem alten Parochialverband mit Abtsgmünd frei geworden. Die Herrschaft warf nun dem evang. Geistlichen eine fixe Besoldung aus. Eine Stiftungspflege besteht aber noch, welche besonders mehrere von den Grundherrschaften gemachte Schul- und Armenstiftungen zu verwalten hat. So lange die Herren v. Adelmann | der evang. Kirche angehörten, hatten sie ihre Unterthanen im Dewanger Bezirk der Neubronner Parochie zugetheilt.

Die Schule hat nur einen Lehrer; das Schulgebäude hat die Gemeinde zu unterhalten.

Als einen ausgezeichneten, in Neubronn am 5. Dez. 1661 geborenen Mann nennen wir Ferdinand Harsch, Sohn von M. Joh. Martin Harsch, Pfarrer zu Neubronn, nachher zu Essingen. Derselbe ging als 15jähriger Gymnasist mit einem französischen Marquis ohne seines Vaters Wissen nach Frankreich, wo er sich als Ingenieur ausbildete, trat sodann in Kriegsdienste und wurde, nach manchen Feldzügen, General-Quartiermeister beim schwäbischen Kreis, dann Kaiserl. General-Commandant von Freiburg und endlich Reichsgraf. Er hatte die kathol. Confession angenommen und starb zu Freiburg, seinen Söhnen ansehnliche Güter hinterlassend.

b) Das Kellerhaus, 1/4 Stunde von Neubronn, an der Straße von Abtsgmünd nach Hohenstadt gelegen, wurde zu Ende des vorigen Jahrhunderts von dem Neubronner Wirthe als Bierkeller gegründet. Jetzt wird eine selbstständige Wirthschaft darauf betrieben.

c) Mühlholz, ein Hof, bildet eine Exclave am linken Abhang des Leinthals, zwischen Laubach und Heuchlingen. Hier lag ein seit 1653 (wo es gegen den „Prastel“wald von den Herren v. Adelmann eingetauscht worden war) zu Neubronn gehöriges Wäldchen jenes Namens, welches von der Herrschaft 1749 verkauft und nachher ausgerodet wurde. 1835 kaufte Rentamtmann Immendörfer die einzelnen Grundstücke zusammen und baute die nöthigen Ökonomiegebäude dahin; 1840 haben die Herren v. Wellwart-Laubach das Gut als Maierei erworben.

d) Die Spatzenmühle, 1/4 Stunde unter Neubronn, am Spatzenbach und sogenannten Spatzenweiher, scheint mit dem letzteren etwas vor 1563 errichtet worden zu seyn; ursprünglich war da nur ein Bauerngut.




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