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Beschreibung des Oberamts Aalen/Kapitel B 14

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Ober-Kochen,


Gem. II. Kl. mit 1201 Einw., bestehend aus: a. Ober-Kochen, Pfarrd. mit M.-G., 1180 Einw., wor. 705 kath. b. Kreuzmühle, M., – Einw. c. Öl- und Schleifmühle, M., – Einw. d. Schlackenwäsche, Hs., 16 kath. Einw. e. Ziegelhütte, Hs., 5 kath. Einw. – Kath. und evang. Pfarrei.

Dieser Bezirk, ganz der Alp und dem Gebiete des weißen Jura zugehörig, ist interessant durch die auf der südlichen Grenze stattfindende Gebirgseinsenkung, welche das Kocher- mit dem Brenzthale fast | eben verbindet. Rechts und links von dem Thale steigt die Markung noch auf die Höhen des Albuchs und – in geringerer Ausdehnung – des Hertsfeldes, wo aber – schon des Wassermangels wegen, keine menschlichen Ansiedlungen sind; denn nur das Thal ist hinreichend mit Quellen versehen.

Im Westen gränzt der Bezirk an Essingen, im Norden an Unter-Kochen und auf kürzere Strecken an Aalen und Unter-Rombach. Östlich und südlich bildet er die Gränze des Oberamts, dort auf eine kurze Strecke gegen Ebnat im O.A. Neresheim, sonst gegen Königsbronn im O.A. Heidenheim.

Durch das Kocherthal zieht sich die Poststraße zwischen Aalen und Heidenheim-Ulm, an welcher auch Ober-Kochen selbst liegt, in welchem Orte sich nahezu die ganze Bevölkerung concentrirt, da nur ein paar ganz unbedeutende Parzellen außerhalb Etters liegen.

Der Kocher ist auf beiden Ufern zunächst von Wiesen umgeben, an welche sich das Ackerfeld anschließt, welches ungefähr bis zur mittleren Höhe der Bergwände aufsteigt, von wo an herrliche Wälder die Höhen bedecken, nur zuweilen von Haiden unterbrochen z. B. auf dem hohen Volkmarsberg mit seinen Felsen und trefflicher Aussicht.

Das Ackerfeld ist im Allgemeinen schwer und steinig, jedoch ziemlich fruchtbar; natürlich herrscht Kalkboden durchaus vor; einige Lehmablagerungen werden von dem Ziegler und den Häfnern benützt.

Die Luft ist ziemlich rein, aber etwas rauh. Von der Brenz herüber wälzen sich nicht selten dicke Nebel durch das Thal, in welchem überhaupt das Klima etwas feucht ist. Die Morgen sind auch im Sommer in der Regel kühl und die Ernte beginnt immer etwas später als in Aalen. Landbau und Viehzucht bilden auch hier die Hauptbeschäftigung der Einwohner. Es wird die gewöhnliche Dreifelderwirthschaft darauf betrieben mit starkem Einbau der Brache, mit Hanf und Flachs, Klee und Kartoffeln, Rüben, Erbsen, Wicken u. A. Etwas Kraut wird gebaut, neuererzeit auch Reps. Roggen, Dinkel, Gerste und Haber werden nebst etwas Waizen im ordentlichen Felde gebaut, mit einem Ertrage von circa 60–70 Simri Dinkel, 30–40 Simri Gerste, 40–50 Simri Haber – vom Morgen. Der Pflug muß mit 3 Pferden oder 6 Ochsen bespannt werden. Der Werth der Äcker ist sehr verschieden. Während der mittlere Preis circa 300 fl. beträgt, der höchste etwa 600 fl., so gibt es Lagen, wo man um 10 und 15 fl., ja noch billiger den Morgen erwerben kann. Die Wiesen sind größtentheils zweimädig; ihr Preis steigt von 200–600–700 fl. Ihr Ertrag von circa 40–50 Ctr. per Morgen wird im Orte selbst verfüttert – ja er genügt dem Bedürfnisse nicht; | in Feld und Wald wird vom April bis Okt. gewaidet. Die Bienenzucht ist ganz unbedeutend.

Die Rindviehrace ist eine gemischte; die Pferdezucht ist unbedeutend; die Schafwaiden sind verpachtet und werden mit fremden Schafen beschlagen, gewöhnlich 800–900 Stück, spanischer Race.

Den Zehnten, groß und klein, hatte in der Hauptsache Ellwangen, jetzt der Staat; nur von einigen Grundstücken bezog sehr wenig großen und etwas mehr kleinen Zehnten, die kath. Pfarrei, welche nebst einigen Privaten auch Theil hat am Flachs- und Hanf-, am Blut- und Heuzehnten.

Grundherrliche Gefälle haben außer dem Kameralamt die kathol. Pfarreien Unter- und Ober-Kochen zu beziehen, die jedoch sämmtlich abgelöst werden.

Ober-Kochen ist der einzige paritätische Pfarrort im Bezirk. Der glaubwürdigen Sage nach ursprünglich ein Filial von Unter-Kochen, soll auf Fürbitte des Abts von Königsbronn die Aufstellung eines eigenen Pfarrers von dem Abte zu Ellwangen gestattet worden seyn, welcher 1343 um 72 Pfund, jährliche 12 Malter Getraide vom Zehnten an die Gebürschaft und Pfarrei zu Ober-Kochen verkaufte zu einer Pfründe für den Pfarrer, damit er den Gottesdienst desto besser vollbringen möge. Nachdem Württemberg den Königsbronner Theil des Dorfes (s. u.) an sich gezogen und die Reformation eingeführt hatte, wurden die württ. Unterthanen nach Königsbronn gewiesen, 1582–83 aber eine evangel. Kirche erbaut, wobei der Geistliche anfänglich auch die Schule zu versehen hatte. Vergeblich klagte Ellwangen gegen diese Neuerung beim Reichskammergerichte.

Zur evang. Gemeinde gehört etwa 1/3, zur kath. 2/3 des Dorfes. Der kath. Parochie sind neuerdings die Katholiken im angrenzenden Theile des O.A. Heidenheim (bis Mergelstetten) als Filialisten zugewiesen. Der Kirchhof, früher für beide Confessionen gemeinschaftlich, ist seit 1850 gesondert, und zwar liegt der kathol. Gottesacker noch immer an der Kirche im Dorf, der evangel. nordwestlich vom Dorfe.

Die bürgerliche Gemeinde ist durch den Besitz von 4390 Morgen Waldung scheinbar sehr vermöglich, doch haben nur die 93 Gemeinderechtsbesitzer Antheil an dem bedeutenden jährlichen Ertrag, wovon die Betreffenden einen lebhaften Holzhandel treiben. Die politische Gemeinde hat weder Kapitalien noch Schulden.

Die Bewohner zeichnen sich durch Betriebsamkeit und Fleiß aus. Durch Sammeln von Salat und Beeren, durch Latwergenbereitung u. a. erwerben sich die Ärmeren ein hübsches Stück Geld. Andere | arbeiten als Bergleute und auch die Waldarbeiten sammt der Köhlerei beschäftigen viele Hände, nicht weniger das Fuhrwerk mit Materialien für die Hüttenwerke. Daneben werden nicht blos die auf Dörfern gewöhnlichen Handwerke (circa 60 Meister) betrieben, sondern es hat auch die Nähe des Zahnbergs mit seiner ausgezeichneten Töpfererde die Ansiedlung mehrerer Hafner zur Folge gehabt, welche mit ihrem guten Geschirr Handel treiben bis nach Baiern und Baden.

Obgleich also die meisten Bauernhöfe zerstückelt und der reicheren Leute wenige sind, so erfreuen sich die meisten doch eines mittleren Wohlstandes.

a) Ober-Kochen, ein Marktflecken, 2 Stunden von Aalen, am linken Ufer des schwarzen Kochers, längs der Chaussee ziemlich ausgedehnt gelegen, ist freundlich und in der Hauptsache solid gebaut, meist massiv, freilich so, daß viele Häuser nur ein Stockwerk haben. Strohdächer sind nur 2–3 noch übrig. Die Brunnen, seit 1838 zu laufenden eingerichtet, geben ein sehr gutes Wasser. Der Kocher treibt im Dorfe selbst eine untere und obere Mahlmühle. Zu den 2 Kirchen kommen 2 Pfarr- und 2 Schulhäuser, auch die Wohnung eines K. Revierförsters, ehemals das württemb. Zollhaus.

Die kathol. Pfarrkirche zu St. Peter und Paul ist ein ziemlich altes Gebäude, dessen Chor 1663 neu aufgebaut wurde. Die Baulast liegt zunächst, obwohl bestritten, der Stiftungspflege ob, welche 50 Morgen Wald und 5430 fl. Kapital besitzt.

Die enge und niedere evangel. Pfarrkirche, auf deren Dach ein hölzernes Glockenthürmchen steht, wurde 1582–83 erbaut und die Wohnung des Pfarrers ist mit derselben unter einem Dache. Den kirchlichen Bedarf deckt die Stiftungspflege mit 1825 fl. Kapitalvermögen.

Am östlichen Ende des Dorfes steht eine alte Kapelle zur heil. Ottilie, mit Votivtafeln u. s. w.

Im Wiesenthale, 10 Minuten vom Dorfe abwärts, stand einst unter einer Mauerwölbung ein Bild des mit Ketten belasteten, gegeißelten Christus, welches durch eine Müllerin, die sich für besessen hielt, in den Ruf der Wunderthätigkeit kam und bald das Ziel vieler Wallfahrten wurde. Von den Opfergaben wurde 1755, obgleich der Bischof die Einwilligung versagte und die benachbarten Parochi protestirten, eine eigene Kapelle „zum gekreuzigten Heiland“ erbaut, im Volksmunde „der Wiesenherrgott“.

Als im Oktober 1790 Nachts das thönerne Bild zertrümmert wurde, traf der Verdacht die Protestanten des Orts und es entstanden so viele Verfolgungen, besonders gegen den evangel. Pfarrer, | daß endlich die beiderseitigen Herrschaften einschreiten mußten. Zuletzt entdeckte man den Thäter in einem Katholiken aus der Nachbarschaft, Das verstümmelte Bild selbst wurde in Ettal mit Schnitzwerk ergänzt und 1819 ließ ein vermöglicher Bauer eine geräumigere Kapelle darüber erbauen. Doch haben die Wallfahrten dahin sehr abgenommen. Die Kapellenpflege ist seit 1803 mit der Stiftungspflege verbunden.

Die ursprünglichen Besitzer des Ortes waren die Grafen v. Dillingen, welche die Hälfte 1240 dem Kl. Ellwangen schenkten; die andere Hälfte kam durch Willebirg v. Dillingen an ihren Gemahl Ulrich v. Helfenstein; die Helfensteinischen Besitzungen befanden sich jedoch als Lehen in den Händen verschiedener ritterlicher Familien, deren eine im Orte selbst ihren Stammsitz hatte. Zuerst 1331 fanden wir einen Johann, 1351 Ulrich v. Kochen, Hans v. Kochen 1382–96, Georg v. Kochen 1404 und 1407 Jörg mit seinem Bruder Beringer v. Kochen. Burkhard v. Kochen verkaufte sein Fischwasser unterhalb Ober-Kochen 1421 an Ellwangen. 1475 verkauften Werner v. Kochen und Stefan sein Sohn an Diemar v. Roden Wiesen zu Stefansweiler um 110 Pfd. Damit verschwindet dieses Geschlecht, welches drei Räder (∵ gestellt) im Wappen führte. Bereits aber haben wir gehört, daß auch die Herren v. (Hohen) Roden in Ober-Kochen begütert gewesen sind, von welchen Ulrich v. Roden schon 1341 zwei Güter an das Kl. Königsbronn verkaufte und Hans v. Roden 1402 von Ellwangen mit Gütern in Ober-Kochen belehnt wurde. Alle Güter sammt Mühle und Fischwasser verkaufte 1492 die Wittwe Diemar’s v. Roden um 650 fl. an Ellwangen.

Ein drittes in Ober-Kochen begütertes Geschlecht sind die Herren v. Scharenstetten, in Schnaitheim gesessen. Schon 1363 hat Fritz v. Scharenstetten auch Güter in Ober-Kochen an das Kl. Königsbronn verkauft. Ein Ulrich v. Scharenstetten zu Ober-Kochen gesessen 1427, hatte dieses Besitzthum durch seine Gemahlin Agathe v. Kochen erheirathet, beide verkauften es aber 1436 an Ellwangen. Doch soll des Scharenstetters Sohn Thomas sein Lebtag bleiben dürfen in dem Hause, darin er sitzt und Ulrich v. Scharenstetten heißt 1457 wieder „zu Oberkochen gesessen“.

Melchior v. Horkheim hat 1501 ein Gut und 1519 Lienhard v. Emershofen ein Haus zu Oberkochen verkauft, das an Ellwangen kam.

Einiges findet sich im Besitz von Aalener Bürgern, gleichfalls verkauft an Ellwangen. Später noch waren zwei von der Kaplanei Ober-Alfingen erworbene Güter der Reichsstadt Aalen leibfällig und dienstbar. Ellwangen hat allmählig, wie es von Alters her Lehen | und Patronat besaß, auch die Grundherrlichkeit über volle 2/3 von Ober-Kochen erworben; 1/3 dagegen war an das Kloster Königsbronn gekommen, durch Kauf z. B. 1341, 1363. Besonders haben Otto v. Kaltenburg (bei Lonthal) c. ux. Adelheid alle ihre Güter zu Ober-Kochen um 1400 Pfd. Heller an K. verkauft 1358 mit Helfensteinischer Zustimmung. Einige Güter schenkte Ulrich Vezer 1356. Die Grafen v. Helfenstein verkauften die Hälfte am Zoll und Geleit an die Stadt Ulm; dieselbe gelangte mit Heidenheim an Württemberg.

Das Königsbronner Drittel theilte natürlich alle Schicksale dieses Klosters. Als schutzbefohlen zur Herrschaft Heidenheim kam es 1448 an Württemberg, 1450 an Baiern, durch Herzog Ulrich wieder an Württemberg. Herzog Christof führte seit 1553 die Reformation und eine neue Verwaltung ein. In Ober-Kochen kam’s aber zwischen den beiden Herrschaften verschiedener Confession zu beständigen Reibungen in kirchlichen und bürgerlichen Dingen, weßwegen Ellwangen versuchte, eine Austauschung des ellwang. Theils gegen die württemb. Besitzungen in Jagsthausen u. a. m. zu Stande zu bringen; doch umsonst. Nach vielen Verhandlungen kam endlich 1749 zu Aalen ein Vertrag zu Stande mit folgenden Hauptbestimmungen:

1) In Ansehung der Religion herrscht gegenseitige Duldung, doch wenn auf dem Hause einer Herrschaft ein Andersgläubiger sitzt, so ist ihm da blos stilles exercitium seiner Religion gestattet und er hat die Stolgebühren an den Pfarrer seiner Herrschaft zu bezahlen. 2) Die weltliche hohe und niedere Obrigkeit und Gerichtsbarkeit hat jede Herrschaft auf dem Grund und Boden ihrer Unterthanen. 3) Auf den Gemeindeplätzen steht die hohe Obrigkeit und Malefiz ausschließlich dem ellwang. Amte Kochenburg zu, welches auch die Gemeinderechnung stellt. 4) In allen übrigen Gemeindesachen herrscht condominium und Schultheißen, Bürgermeister und Untergänger werden von den beiden Herrschaften in gleicher Zahl eingesetzt. 5) Die Gemeindeversammlung kann unter der Linde, nach altem Herkommen, oder in einem beliebigen Hause gehalten werden. 6) Über die Gemeinderechte, deren keins aus dem Dorfe hinaus verkauft werden darf, werden nähere Bestimmungen gegeben. 7) Vom württemb. Zoll sind die Einwohner frei bei Allem, was sie zum Hausbrauche einführen; sie haben ihn aber zu entrichten von Allem, was sie hinausverkaufen. 8) Weitere Bestimmungen betreffen Einzelnheiten: Wald- und Waidsachen, Zehnten und Hirtenstab, die Mühlen u. s. w., den von Ellwangen geübten Kirchweihschutz u. a. m. Diese Übereinkunft blieb forthin die Grundlage der Ober-Kocher Verhältnisse; wiederkehrende Zwistigkeiten wurden gewöhnlich in Güte geschlichtet. Zuletzt | brachte die Sekularisation Ellwangens das ganze Dorf unter württemb. Hoheit, doch wurde erst 1807 die Klosterverwaltung Königsbronn aufgehoben.

b) Die Kreuzmühle, am Kocher, 1/4 Stunde unterhalb des Dorfes, 1845 erst auf dem „Kreuzwasen“ erbaut, mit Öl- und Gypswerk.

c) Die Öl- und Schleifmühle liegt 1/4 Stunde oberhalb des Dorfes am Abflusse des sogen. Ölweihers, eines kleinen Bassins, das etliche Quellen speisen.

Als Ölmühle wurde dieses Werk 1725 errichtet, wozu später eine Gypsmühle kam. Eine Schleifmühle wird schon 1498 genannt.

d) Schlackenwäsche, ein Haus beim Ursprunge des Kochers, wo auch ein sogenannter Schlackenweg und eine Schmidtenhalde sich finden. Hier stand längere Zeit ein Hochofen (s. A, S. 92) und 1745 wurde eine Schlackenwäsche hieher gebaut, von welcher der Name stammt.

e) Die Ziegelhütte, zunächst am Dorfe, ist in neuerer Zeit erst gegründet worden.

Im Tiefenthal stand bis vor nicht langen Jahren das bewohnte Tiefenthalhäuschen.




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