Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 39
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Statt des früher um die Kirche gelegenen Begräbnißplatzes wurde ein neuer außerhalb des Orts angelegt, auf welchen auch die Verstorbenen der zur Gemeinde gehörigen Parcellen beerdigt werden.
Das zunächst der Kirche gelegene von dem Staat zu unterhaltende Pfarrhaus ist, nachdem das frühere im Jahr 1702 von den Franzosen abgebrannt wurde, neu erbaut und in den Jahren 1770, 1826, 1827 namhaft verbessert worden, so daß es sich gegenwärtig in gutem baulichen Zustande befindet.
Das ansehnliche Schulhaus mit der Lehrerwohnung und Gelassen für den Gemeinderath wurde im Jahr 1848, nachdem das frühere abgebrannt war, neu erbaut. An der Schule unterrichten ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe.
Der Ort ist mit gutem Trinkwasser, das 9 laufende Brunnen liefern, hinreichend versehen und überdieß entspringen mehrere Quellen auf der Gemeindemarkung, von denen die des Lippachs (weiter unten Gaisbach) und des Breitenbachs die bedeutendsten sind. Im obern Theil des Dorfs befindet sich eine periodisch fließende Quelle (Seltenbrunnen) die hauptsächlich im Frühling und Herbst fließt und zwar in solchem Überfluß, daß die Einwohner Mühe haben, das Wasser in den Lippach zu leiten und von den Wiesen, denen es zur Wässerung nicht taugen soll, abzuhalten. Die Einwohner sind im Allgemeinen kräftige, gesunde, auffallend große Leute, die sich hauptsächlich durch Feldbau und Viehzucht ihr gutes Auskommen sichern; etwa 15 Ortsbürger beschäftigen sich mit Holzflößen auf der Glatt und dem Neckar. Bei großem Fleiß, Ordnungsliebe und kirchlichem Sinn trifft man hier ziemlich viel Wohlhabenheit, so daß der ausgedehnteste Güterbesitz 150 Morgen, der mittlere 70–80 Morgen, der kleinere 10–40 Morgen beträgt.
Die mittelgroße, größtentheils für den Ackerbau benützte Markung ist ziemlich uneben und verspricht auf den ersten Anblick weit weniger, als man bei näherer Nachfrage findet, indem die Umgegend von Wittendorf den Eindruck eines kahlen, sterilen Landes hervorruft. Dessenungeachtet ist der Boden im Allgemeinen ein fruchtbarer, der aus einer günstigen Mischung von Kalk und Lehm, zuweilen Mergel besteht, so daß die Felder öfters mehrere Jahre keinen Dünger bedürfen. Die klimatischen Verhältnisse sind zwar etwas rauh, jedoch bedeutend milder als in dem eigentlichen Schwarzwald, zu dem Wittendorf nicht mehr gerechnet werden darf.
Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem umsichtig betrieben, | und beschäftigt sich nicht bloß mit den gewöhnlichen Cerealien, sondern auch mit dem Anbau von Futterkräutern, Angersen, Kohlraben, Kraut, Reps, Flachs und Hanf. Die Aussaat auf den Morgen beträgt 8–10 Sri. Dinkel, 3–4 Sri. Roggen, 4–5 Sri. Hafer und 4 Sri. Gerste, der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 9–10 Scheffel Dinkel, 6 Scheffel Roggen, 5 Scheffel Hafer und 6 Scheffel Gerste angegeben. Die höchsten Preise eines Morgens Acker sind 250–300 fl., die mittleren 150 fl. und die geringsten 70 fl., während sich die Wiesenpreise von 200 bis 700 fl. pr. Morgen bewegen. Getreide wird in großen Quantitäten nach Außen abgesetzt.Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt, daher zur Erhaltung des für die Landwirthschaft nöthigen Viehstandes viel Futterkräuter gebaut werden müssen; die Wiesen, denen zu 1/3 Wässerung zukommt, ertragen durchschnittlich 25 Ctr. Heu und 12 Ctr. Öhmd pr. Mrg.
Die Obstzucht wird zunächst um den Ort in nicht unbeträchtlicher Ausdehnung betrieben, liefert aber doch nur ausnahmsweise einen erheblichen Ertrag, indem Frühlingsfröste, kalte Nebel und Reifen dem Obst nicht selten schaden.
Die mit einer tüchtigen Landrace sich beschäftigende Rindviehzucht befindet sich in gutem Zustande und erlaubt einen nicht unbeträchtlichen Handel mit Zugvieh; zur Züchtung schafft die Gemeinde 3 Farren an, welche ein Ortsbürger gegen Reichung der Unterhaltungskosten von Seiten der Gemeinde verpflegt. Der Weidgang ist noch eingeführt. Die Pferdezucht ist unbedeutend.
Etwa 300 Stücke Landschafe, welche den Ortsbürgern gehören, laufen auf der Markung; das Weidgeld nebst der Pferchnutzung trägt der Gemeinde 400–600 fl. jährlich ein. Die eigentliche Schweinezucht ist unbedeutend, dagegen werden viele Ferkel von Außen aufgekauft und für den eigenen Bedarf gemästet. Ziegen werden der Milch wegen viele gehalten. Die Bienenzucht ist nicht von Belang.
Zur Förderung des Verkehrs sind Vicinalstraßen nach Loßburg, Leinstetten und Neuneck angelegt.
Auf der Markung befinden sich neben mehreren Muschelkalksteinbrüchen 2 Tuffsteinbrüche und aus dem bunten Sandstein werden Bau- und Werksteine gewonnen.
Eine Sägmühle liegt am Lippach 1/4 Stunde südöstlich vom Ort.
Die Gemeinde besitzt nur etwa 100 Morgen Waldungen, dagegen sind ziemlich viele Privatwaldungen vorhanden; der jährliche Erlös aus den Gemeindewaldungen mit etwa 300 fl. fließt in die Gemeindekasse. Allmandgüter sind unter die Bürger vertheilt, | die einen jährlichen Pacht von etwa 60 fl. an die Gemeinde entrichten. Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III. Schulstiftungen, von deren Zinsen ärmeren Kindern Schulbücher angeschafft werden, sind vorhanden.Östlich vom Ort erhebt sich der Riesenmannsberg, auf dem nach der Volkssage ein Riese gehaust haben soll; ein Hügel nächst diesem Berge wird der Burgberg genannt, auf dem vermuthlich früher irgend eine Befestigung ihre Stelle hatte. Auf dem Riesenmannsberg genießt man eine ausgedehnte Aussicht über einen großen Theil der Oberamtsbezirke Freudenstadt und Oberndorf; auch ist der obere Theil der Alp vom Dreifaltigkeitsberg bis gegen den Hohenzollern noch sichtbar.
Etwa 1/4 Stunde vom Ort wird ein ungebauter Platz „das Kirchle“ genannt; hier soll eine Kirche und ein Meßnerhaus gestanden seyn.
Zu der Gemeinde gehören:
b) Ober-Brändi, ein 3/4 Stunden südlich vom Mutterort gelegener, ansehnlicher Weiler, in welchem sich ein im J. 1837 erbautes Schulhaus mit Lehrerwohnung befindet. Die Schule haben auch die schulpflichtigen Kinder der im Oberamtsbezirk Sulz gelegenen Orte Sterneck und Geroldsweiler zu besuchen. Der Ort hat in einem Seitenthälchen des Heimbachthales eine geschützte Lage und ist mit Trinkwasser hinreichend versehen.
Die nicht große Markung hängt nur mit einer ganz schmalen Seite mit der Gemeindemarkung Wittendorf zusammen und bildet beinahe eine Exclave, die in den Oberamtsbezirk Sulz eingreift. Die Bodenverhältnisse sind minder günstig als in dem Mutterort, daher auch der Ertrag der Felder geringer.
Die Einwohner, welche sich durch Feldbau, etwas Viehzucht und Arbeiten in den Waldungen ihr spärliches Auskommen sichern, sind meist unbemittelt.
Der Ort bestand im J. 1514 nur aus 4 Bauernhöfen (s. Lagerbuch von Loßburg von 1560 S. 5 ff.)
c) Romsgrund liegt 1/2 Stunde südlich vom Mutterort in dem ziemlich tief eingefurchten Heimbachthale.
Der Ort soll früher aus 7 Bauernhöfen bestanden haben, gegenwärtig sind es nur noch 2, die in geringer Entfernung von einander liegen. Die wohlhabenden Bewohner derselben besitzen große Bauerngüter nebst Waldungen und treiben neben Feldbau und Viehzucht auch Holzhandel. Die schulpflichtigen Kinder haben die Schule in Wittendorf zu besuchen.
| Auf dem sog. Kehracker ist man schon auf Grundreste von abgebrannten Gebäuden gestoßen.d) Schnaiterthal, Hof, liegt 3/4 Stunden südwestlich vom Mutterort am Anfang des Lippachthälchens unfern dem Ursprunge des Lippachs. Die Kinder haben die Schule in Wittendorf zu besuchen.
Nur 1/8 Stunde nordöstlich von dem Hof liegt ein weiterer Hof Schnaiterthal, der übrigens zu der Gemeinde Sterneck im Oberamtsbezirk Sulz gehört und von diesem eine im Oberamtsbezirk Freudenstadt gelegene Exclave bildet. Nach Erlaß der k. Kreisregierung vom 15. Oct. 1834 wurde der Hof, welcher früher ein Filial von Fürnsal, O.A. Sulz, war, in die Kirche zu Wittendorf eingepfarrt, wohin auch die Kinder in die Schule zu gehen haben. Auch die Verstorbenen werden, wie die übrigen Filialisten auf dem Begräbnißplatz des Mutterorts beerdigt.
Der Hauptort Wittendorf erscheint erstmals um 1100 als „Witendorf“ als das Kloster Reichenbach eine Hube erwarb (Cod. Reichenb. 23b); im J. 1143 kommt vor Hartmuot de Witendorf in einer Urkunde desselben Klosters als Zeuge (ib. 28b). Er gehörte mit Oberbrändi und Romsgrund zur Herrschaft Loßburg (s. Loßburg) und kam mit ihr von den Grafen von Sulz an die Herren von Geroldseck. Von letzteren gelangte er im J. 1501, wie Oberbrändi, mit der ebengenannten Herrschaft an das Kloster Alpirsbach, welches hier schon 1360, 1361 und 1452 Gülten gekauft hatte (Lagerbuchauszüge betreffend. W. s. b. Reyscher, Statut. Rechte 66).
Der Pfarrsatz ist landesherrlich.
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