Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 40
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Anno 1744 den 15. Mai.
Der alte Thurm ganz ruinirt
Durch einen Wetterschlag,
Und dieser neu aufgeführt
Auf St. Galli Tag.
Die beiden, auf dem Thurme hängenden Glocken wurden 1614 und 1843 gegossen. Das Innere der Kirche hat außer einem alten Taufsteine nichts Bemerkenswerthes. Die Erhaltung der Kirche hat die Stiftungspflege zu besorgen, die aber wegen Mittellosigkeit von der Gemeinde unterstützt werden muß.
Der um die Kirche gelegene Begräbnißplatz wurde vor einigen Jahren aufgegeben und ein neuer außerhalb (südlich) des Orts angelegt. Das zunächst der Kirche stehende, ansehnliche Schulgebäude ist im Jahr 1840 neu erbaut worden und enthält außer den Lehrzimmern noch die Wohnung des Schullehrers und die Gelasse für den Gemeinderath.
Gutes Trinkwasser liefern 9 laufende Brunnen, welche von einer westlich vom Ort entspringenden, starken Quelle (Springbrunnen) gespeist werden; überdieß fließt der Ettebach durch den Ort und setzt daselbst eine Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang und 2 Sägmühlen in Bewegung.
Die im Allgemeinen fleißigen Einwohner sind in mittelmäßigen Vermögensumständen und zum Theil verarmt. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 40 Morgen, der mittlere 20 Morgen; viele besitzen außer ihren 3/4 Morgen haltenden Allmandtheilen keine weiteren Güter. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht, während die Unbemittelten sich durch Taglohnen ihr spärliches | Auskommen sichern. Die verhältnißmäßig große, übrigens zur Hälfte mit Wald bestockte Markung ist größtentheils eben und nur durch die leichten Thälchen des Ettebachs und des Lombachs, wie von einigen unbedeutenden Einteichungen durchfurcht. Der Boden ist im Allgemeinen ziemlich fruchtbar und besteht größtentheils aus den rothen, thonigen mit Sand gemengten Verwitterungen des Schieferlettens, denen zuweilen eine Bedeckung von Lehm zukommt; auf den Anhöhen lagern stellenweise minder ergiebige Wellenmergel.Die klimatischen Verhältnisse sind etwas milder als in Freudenstadt; Hagelschlag kommt nicht selten vor.
Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem gut betrieben und zur Besserung des im Allgemeinen sehr düngerbedürftigen Bodens wendet man außer dem gewöhnlichen Stalldünger noch Jauche, Hallerde und Mergel an. Als Getreide kommen Dinkel, Hafer, wenig Roggen und Gerste zum Anbau; in der zu 1/3 angeblümten Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, namentlich viel Wicken, ziemlich Flachs und Hanf, etwas Kraut, Kohlraben etc. gezogen. Bei einer Aussaat von 8–9 Simri Dinkel, 6–7 Simri Hafer, 4 Simri Roggen und 4 Simri Gerste erntet man durchschnittlich 4–6 Scheffel Dinkel, 4 Scheffel Hafer, 2 Scheffel Roggen und 3 Scheffel Gerste pr. Morgen. Die Preise eines Morgens Acker, welche früher viel höher standen, stehen neuerlich auf 15–80 fl., dagegen die der Wiesen noch zu 200–700 fl. Da die Felderzeugnisse nicht hinreichen, das örtliche Bedürfniß zu befriedigen, so müssen noch viele Früchte von Außen gekauft werden.
Der ausgedehnte Wiesenbau, dem durchgehends Wässerung zukommt, liefert gutes Futter und zwar durchschnittlich von dem Morgen 30 Ctr. Heu und 15 Ctr. Öhmd.
Die Obstzucht wird nur in der Nähe des Orts getrieben und liefert selten einen erheblichen Ertrag.
Der Rindviehstand (Landrace) ist gut und erlaubt einen namhaften Handel mit Vieh, das durch 2 Farren, welche ein Bürger gegen eine Entschädigung von 80 fl. jährlich und der Nutznießung von 11/2 Morgen Wiesen hält, nachgezüchtet wird.
Die Schafzucht (deutsche Race) wird von den Bürgern in mäßiger Ausdehnung betrieben, jeder schafhaltende Bürger zahlt von dem Stück 1 fl. 12 kr. und von dem Lamm die Hälfte, was der Gemeinde nebst der Pferchnutzung etwa 200 fl. jährlich einträgt. Die Schweinezucht hat sehr nachgelassen.
Im Ort befinden sich 2 Schildwirthschaften und ein Krämer.
| Auf der Markung wird an mehreren Stellen, namentlich in der Nähe des sog. Springbrunnens, Eisen, hauptsächlich aber Schwerspath in unbedeutenden Gruben abgebaut und das erstere nach Friedrichsthal, letzterer aber nach Freudenstadt in die Schwerspathmühle abgesetzt. Auch Hafnererde wird auf der Markung gewonnen und von den Hafnern in Freudenstadt benützt.Vicinalstraßen sind nach Freudenstadt, Aach und Grünthal angelegt.
Wittlinsweiler gehörte zu den Waldgedingorten (s. im allgem. Theil) und erhielt für seine Waldgerechtigkeit im Jahr 1834 1020 Morgen 3 V. 351/2 Ruth. Wald. Hievon wurde die Hälfte von 961 M. 73 Ruth. den Altberechtigten in ungetheilter Gemeinschaft, die andere Hälfte der bezeichneten Fläche, sowie weitere 59 Morgen 75 Ruthen der politischen Gemeinde als Eigenthum zugeschieden. Aus den der Gemeinde zugetheilten Waldungen erhält jeder Bürger jährlich 3 Klafter Holz und überdieß sichern dieselben der Gemeinde noch eine jährliche Rente von etwa 3000 fl.
Über das Vermögen der Gemeinde- und Stiftungspflege siehe Tabelle III.
Die zu der Gemeinde gehörige Ziegelhütte ist etwa 1/2 Stunde südlich vom Ort gelegen; sie bezieht das für die Ziegelbereitung nöthige Material aus einer nahe gelegenen Lehmgrube.
Wittlensweiler kommt im J. 1143 erstmals vor, „Witeliniswilare“ geschrieben (Cod. Reichenb. 28b).
In früher Zeit gehörte der Ort den Herren von Lichtenfels und kam von ihnen mit Dietersweiler (s. D.) an die Herrn von Neuneck. Diepold von Neuneck übergab ihn seinem Schwiegervater Hans von Liebenstein (Sattler, Grafen 3, 95) und dieser verkaufte ihn den 25. Mai 1473 für 325 fl. rheinisch an den Grafen Eberhard im Bart.
- ↑ Im Mai 1554 wurden bei Wittlensweiler 2 Strecken Wald angezündet, die eine hinter Weiden, die andere im Katzenbach, in Mädern genannt; das Feuer verzehrte über 2000 Stämme.
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