Beschreibung des Oberamts Herrenberg/Kapitel B 20
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Der Ort hat auf dem sogenannten Gäu eine gegen Osten und theilweise gegen Süden geneigte, freie, gesunde Lage und ist mit Trinkwasser, das 21 Zug- und Pumpbrunnen liefern, ziemlich gut versehen; nur in heißen Sommern wird das Wasser etwas spärlicher, doch nicht in dem Grade, daß eigentlicher Wassermangel entstünde. Auf den Fall der Feuergefahr sind drei Wetten im Ort und eine außerhalb (westlich) desselben angelegt worden; etwa 1/4 Stunde südöstlich vom Ort im sog. Weildorf bestand ein Weiher, der in Wiesengrund umgewandelt wurde.
Die zum Theil sehr ansehnlichen Bauernwohnungen, welche zwischen kleineren, zuweilen ärmlich aussehenden Häusern hervorragen, verrathen die Verschiedenheit in den Vermögensumständen der Einwohner, während die Ortsstraßen, denen überdies die Kandelungen abgehen, noch Manches zu wünschen übrig lassen.
Die uralte, später stylwidrig veränderte Pfarrkirche, von deren ursprünglicher romanischer Bauweise ein Rundbogenfenster am Chor sich erhalten hat, ist in ihrem Inneren düstern, nicht sehr geräumig und enthält außer einem im Chor hängenden, gut geschnittenen Bilde des Gekreuzigten, nichts Bemerkenswerthes. Der viereckige, massive, aus drei Stockwerken bestehende Thurm, von dem man eine sehr anziehende Aussicht an die Alp und an den Schönbuch genießt, enthält zwei Glocken, eine von Pantelon Sydler zu Eßlingen 1506 gegossen, mit der Umschrift: Salve vesta dies toto venerabilis aevo, qua Deus infernum vicit et astra tenet; die andere, noch ältere, trägt die vier Evangelistennamen. Das unterste Stockwerk des Thurms hat ein einfaches Kreuzgewölbe, auf dessen Schlußstein ein Christuskopf abgebildet ist; an den Gewölbegurten sind vorstehende, mit dem Gurtenstein zusammenhängende Wappenschilde angebracht. Mehrere Grabdenkmale aus dem siebzehnten Jahrhundert, welche früher um den Altar lagen, wurden außerhalb der Kirche eingemauert; von denselben sind eines von Heinrich Teuffel von Bürkensee-Schwarzenfeld († 1629), und zwei von der Familie v. Trawschwitz, sämmtlich Besitzern des nahen Sindlingens, die bemerkenswerthesten.
Der um die Kirche gelegene ummauerte Begräbnißplatz wurde im Jahr 1845 aufgegeben und außerhalb (nördlich) des| Orts ein neuer angelegt, welcher, wie die Pfarrkirche, Eigenthum der Stiftungspflege ist.In der Nähe der Kirche steht das der K. Hofkammer gehörige Pfarrhaus, welches mit seinen Nebengebäuden im Jahr 1837 wesentlich verbessert und in einen gut wohnlichen Zustand gebracht wurde.
An die westliche Kirchhofmauer stößt das im Jahr 1837–38 auf Kosten der Gemeinde beinahe ganz neu erbaute Schulhaus, zugleich die Wohnung des an der Volksschule angestellten Schulmeisters und des Lehrgehilfen enthaltend. Außer jener Schule besteht seit 1850 noch eine Industrieschule. Das im oberen Dorf (Ober-Öschelbronn) stehende Rathhaus, ist ein altes, unansehnliches Gebäude, an dessen Ostseite ein der Stiftungspflege gehöriger, aus Holz erbauter Thurm steht; auf demselben hängt eine Glocke, die zur Kirche, wie jeden Morgen, Mittag und Abend für die von der Pfarrkirche weit entlegenen Bewohner des obern Dorfes geläutet wird.
Ein Gemeinde-Waschhaus ist vorhanden, und die hofkammerliche Zehentscheuer ging im Jahr 1850 in Privathände über.
Die ziemlich große Ortsmarkung, außer welcher die Einwohner von Öschelbronn noch gegen 400 Morgen Güter auf der Markung Bondorf besitzen, grenzt nördlich an die Markungen Sindlingen und Nebringen, östlich an Thailfingen, südlich an Bondorf und westlich an Mötzingen und Unter-Jettingen. Sie gehört zu den fruchtbarsten des Gäus, ist meist eben gelegen und bringt alle gewöhnlichen Feldfrüchte, besonders auch Obst in reichlicher Fülle hervor; der durchschnittlich leicht zu bebauende Boden besteht größtentheils aus einem tiefgründigen, fruchtbaren Diluviallehm, mit Ausnahme einzelner Stellen, an denen sich die unterlagernde Lettenkohlengruppe etwas geltend macht und als ein ziemlich schwerer Thon und Letten auftritt.
Das Klima ist etwas milder als in Mötzingen und ein wenig rauher als in Bondorf, dennoch tritt die Ernte zu gleicher Zeit mit dem letztgenannten Orte ein.
Frühlingsfröste schaden zuweilen dem Obst, das hier in großer Ausdehnung gezogen wird und ein noch besseres Gedeihen, als auf der Markung Bondorf zeigt. In der Nähe des Orts, namentlich an der nördlichen Seite desselben, ist die Obstzucht ausgezeichnet und die Bäume erreichen hier, wegen des tiefgründigen Bodens, eine seltene Größe. Hagelschlag kommt gerade nicht selten, jedoch nie vollständig vor.
Unter diesen günstigen, natürlichen Verhältnissen, verbunden mit der Einfachheit und dem Fleiß der Einwohner, hat sich unter| denselben ein gewisser Wohlstand erhalten, so daß neben ziemlich vielen Wohlhabenden, die Mehrzahl bemittelt und nur die Minderzahl unbemittelt genannt werden darf. Der begütertste Bürger besitzt mit Einschluß der Waldungen 125–130 Morgen Grundeigenthum.Die Landwirthschaft wird sehr gut betrieben, und zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, wie die Einführung des Flander- und Suppinger Pflugs, der Repssämaschiene, der Walze etc., haben Eingang gefunden; die Düngerstätten sind zwar noch nach der alten Weise, übrigens durchgängig mit Güllenlöchern eingerichtet. Zur Besserung der Felder kommt außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Hallerde und Gips in Anwendung.
In der Dreifelderwirthschaft mit zu 1/5 angeblümter Brache baut man besonders Dinkel und Hafer, welch’ letzterer häufig mit Ackerbohnen gemengt wird, etwas weniger Gerste, zuweilen mit Linsen gemischt, wenig Weizen, Einkorn und Roggen; letzteren nur um des Bindstrohs willen. Die Brach-Erzeugnisse sind Kartoffeln, dreiblättriger Klee, Angersen, Ackerbohnen, Kohlraben, weiße Rüben und ziemlich viel Reps; in eigenen Ländern zieht man Kraut (Spitzkohl), Hanf und nur wenig Flachs. Wegen des im Verhältniß zu dem sehr ausgedehnten Viehstand nicht bedeutenden Wiesenbaus kommt als Futtersurrogat die Luzerne häufig zum Anbau. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 8 Simri Dinkel, 4 Simri Hafer und 3 Simri Gerste; der durchschnittliche Ertrag wird zu 9 Scheffel, in günstigen Jahrgängen und auf den besseren Feldern zu 12–14, sogar bis 16 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Hafer und 3–4 Scheffel Gerste per Morgen angegeben. Ein Morgen der besten Äcker kostet 450 fl., der mittleren 200 fl. und der unergiebigsten 120 fl. Getreide wird sehr viel auf dem Fruchtmarkt in Nagold abgesetzt.
Die durchgängig zweimähdigen, nicht wässerbaren Wiesen, ertragen per Morgen 25–30 Centner Heu und 12–15 Centner Öhmd; das Futter ist ausgezeichnet gut, nur der Boden des abgegangenen See’s bringt etwas saures Futter hervor.
Der Obstertrag wird theils vermostet, theils auswärts verkauft; außer dem Kernobst pflanzt man auch noch ziemlich viel Zwetschgen.
Die Gemeindepflege besitzt nur fünf Morgen Waldungen, deren Ertrag nicht einmal für die Heizung der Rathhauszimmer hinreicht; dagegen sind 330 Morgen im Besitz der vermöglicheren Einwohner in Theilen von 1–12 Morgen.
Zur Schäferei werden einige Morgen Weide, nebst der| Herbstweide benützt; jeder Bürger hat das Recht, zwei Stück Schafe unentgeldlich laufen zu lassen, während die übrige Anzahl der zu haltenden Schafe von den Güterbesitzern nach der Steuerquote gegen ein an die Gemeindekasse [zu] entrichtendes Weidgeld eingeschlagen werden darf, was mit Einrechnung der Pferchnutzung alljährlich 450–500 fl. einträgt. Die Überwinterung der Schafe geschieht im Ort, und die Wolle wird nach Rohrdorf, Ebhausen, Nagold etc. abgesetzt.Die Pferdezucht, welche sich mit einem kräftigen Landschlag beschäftigt, nimmt in neuerer Zeit ab. Dagegen werden immer noch Fohlen aufgekauft und nachdem sie gehörig erstarkt sind, wieder abgesetzt.
Der beträchtliche Rindviehstand besteht in einem schweren, mit Simmenthaler Bastardfarren gekreuzten Neckarschlag; mit Vieh, besonders mit Mastochsen wird auf benachbarten Märkten, wie nach Stuttgart und in das Großherzogthum Baden, ein lebhafter Handel unterhalten, auch Butter kommt viel zum Verkauf. Die Faselviehhaltung (drei Farren) besorgt ein Bürger Namens der Gemeinde, wofür er neben der Nutznießung von zwei Morgen Gütern jährlich 100 fl. erhält.
Die Zucht der Schweine hat nachgelassen, indem die meisten Ferkel von Außen aufgekauft und mit geringen Ausnahmen für den eigenen Bedarf gemästet werden.
Die Zucht der Bienen wird emsig betrieben und die des Geflügels läßt einigen Handel mit jungen Hahnen und Eiern zu.
Von den Gewerben sind drei Schildwirthschaften, worunter zwei mit Bierbrauerei, eine Handlung und zwei Kramläden zu nennen; ein Mechaniker verfertigt Pumpwerke, Mostpressen, Putzmühlen etc. und setzt seine Fabrikate in der Umgegend ab.
Durch Vicinalstraßen nach Unter-Jettingen, Sindlingen, Nebringen, Thailfingen und Mötzingen ist dem Ort der Verkehr mit der Umgegend hinreichend gesichert; die Unterhaltung dieser Straßen, wie die der Herrenberg-Horber Landstraße, welche eine namhafte Strecke über die Markung führt, verursachen der Gemeinde viele Kosten, wie denn eine jährliche Gemeindeschadensumlage von durchschnittlich 900 fl. nöthig ist.
Übrigens vergl. über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt Tab. III.
Unter dem Stiftungsvermögen befinden sich 544 fl., für deren jährliche Zinse Brod angeschafft und an Jacobi den Ortsarmen ausgetheilt wird; überdies genießt die ehemalige Gemeinde Unter-Öschelbronn eine von dem Kloster Bebenhausen herrührende Stiftung, nach der jede Woche 32 Pfund Brod den Ortsarmen| zukommt. Aus einem Schulfonds von 340 fl. werden die Zinse zur Anschaffung von Schulbüchern verwendet.Bis zur Ablösung hatte außer den Gülten die K. Hofdomänenkammer auch den großen Zehenten, den kleinen aber die Pfarrei zu beziehen.
Auf der Markung kommen mehrere Erdfälle vor.
An die Südseite des oberen Dorfes grenzen die Kapellwiesen, auf denen nach der Volkssage eine Kapelle gestanden sein soll; die dort noch unter der Oberfläche vorhandenen Grundmauern sind übrigens so ausgedehnt, daß sie nicht blos von einer Kapelle herrühren dürften. An die Kapellwiesen grenzt die Flur „Schiebel“, auf der schon alte, menschliche Skelette und Waffenstücke enthaltende Gräber aufgedeckt wurden.
Etwa 1/4 Stunde südöstlich von dem Ort in der Nähe des Felddistricts „Weildorf“ wurde vor ungefähr dreißig Jahren ein kleines Wäldchen ausgestockt; bei dieser Veranlassung fand man daselbst alte Münzen, Waffen, Hufeisen u. s. w.
Nördlich am Ort wird eine Flur „Dänslingen“ genannt, was auf einen abgegangenen Wohnort hindeutet.
Ober-Öschelbronn gehörte zum altwürttembergischen Amt Herrenberg. Württemberg kam nur allmählig in den Besitz des Dorfes; es erkaufte namentlich den 24. Febr. 1427 1/6 desselben mit dem Stab und andern Rechten von Wilhelm von Genckingen für 160 fl. (Sattler Grafen 2, 92, Scheffer 44), im Jahre 1495 ein Drittheil vom Viertheil von Hans von Gültlingen für 55 fl. (Steinhofer 3, 627, Sattler Grafen 4, 34): endlich ertauschte Herzog Johann Friedrich im Jahr 1612 1/4 gegen die Burg Sterneck (Scheffer 139).
Einen Hof in Ober-Öschelbronn erkaufte im Jahre 1335 Werner von Iselshausen um 126 Pfund an Werner, den Schreiber von Rottenburg, und Konrad Brunn, Tochtermann von Herrenberg, vorbehältlich der Gült des Grafen Burkhard von Wildberg (Reg. Boic. 7, 100).
In Unter-Öschelbronn hatte das Kloster Bebenhausen schon 1337 zwei Pfund Heller Gülten; es kaufte 1/4 von Friedrich von Enzberg im Jahr 1408 und 1/4 von Peter Remp, Bürger zu Reutlingen, im Jahre 1413. Diese Hälfte von Unter-Öschelbronn kam zum altwürttembergischen Klosteramt Bebenhausen. Die zweite Hälfte gehörte den Herren von Hailfingen, später, wie Sindlingen, den Herren von Gültlingen, gelangte im Jahre 1618 an Heinrich Teuffel von Birkensee, im Jahre 1640 an Andreas von Bernerdin (vergl. Sindlingen) und von dessen| Nachkommenschaft im Jahre 1774 durch Kauf an Württemberg (Binder 497). Den von Ehingen gaben die Erzherzoge von Österreich 1483 einen hiesigen Hof zu Lehen, womit im Jahre 1553 die von Werdnau und 1697 die von Raßler belehnt wurden, wie denn noch gegenwärtig der halbe Theil des Hof’s zu Unter-Öschelbronn freiherrlich von Raßlerisches Mannlehen ist.Das Kloster Reichenbach erhielt geschenkt in Eskelbrunnen 11/2 Huben um 1130 von Bernhard von Salzstetten (Cod. Reichenbach 20b) und das Kloster Hirschau 1/2 Hube in Eschelbrunn um 1140 von Eticho, Sohn Sigfrieds von Gärtringen (Cod. Hirsaug. 50 b). Dies ist zugleich die früheste erhaltene Nennung des Ortes.
Die höhere Gerichtsbarkeit über die beiden Öschelbronn kam Württemberg allein zu, während die Niedergerichtsbarkeit zwischen Württemberg und Kloster Bebenhausen getheilt war (Auszüge aus dem Lagerbuch von 1711 gibt Reyscher Statutarrechte 203).
Auf die Collectation in einem Theil von Ober- und Unter-Öschelbronn machte die Ritterschaft Kantons Neckarschwarzwald Ansprüche, verzichtete jedoch im Jahre 1769 (Cramer, Nebenstunden 112, 600).
Was die Kirche betrifft, so gaben den 15. Juni 1402 Burkhard und Haug von Ehingen, Gebrüder, dem Kloster Bebenhausen den Widumhof, die Kirche und den Kirchensatz, dazu 1/3 der Vogtei zu Unter-Öschelbronn, auch alle ihre eigenen Leute u. s. w. (Lagerbuch der Pflege Roseck 1744). Mit diesem Kloster kam die Pfarrei nebst der Frühmeßpfründe an Württemberg, wie denn auch heut zu Tage das Patronat über die Kirche der Krone zusteht.
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