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Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 1

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B.


Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 27 politischen Gemeinden oder Schultheißereien; jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt. Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen, I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen und III. des Steuer-Katasters, des Gemeinde- und Stiftungs-Haushaltes.

Die Oberamtskarte zeigt die geographische Lage der Orte.




Schorndorf, [1]
Gemeinde II. Kl, mit 3971 Einw., wor. 5 Katholiken. Ev. Pfarrei; die Katholiken sind nach Rechberghausen, O.A. Göppingen eingepfarrt.


Die Oberamtsstadt Schorndorf liegt unter 27° 11′ 22,36″ östlicher Länge und 48° 48′ 19,24″ nördlicher Breite, 8 geometrische Stunden nordöstlich von Stuttgart. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt: an der Kirche 792,0 und am Thurmknopf 960,4 Pariser Fuß.

Schorndorf ist der Sitz sämmtlicher Bezirksstellen, eines Postamtes und eines Umgeldscommissariats. Die Schreibart ist sich im Wesentlichen stets gleich geblieben. Die Ableitung des Namens von den Schoren,| womit der erste Ansiedler das Feld gebaut, ist nicht wahrscheinlich, obgleich das Stadtwappen damit übereinstimmt. Dasselbe, ein s. g. sprechendes, hat zwei Schoren (Schaufeln), deren Stiele abwärts gekreuzt sind, im rothen Felde und ein schwarzes vierendiges (württembergisches) Hirschhorn im goldenen Schildhaupte.

In grundherrschaftlicher wie in hoheitlicher Beziehung ist Schorndorf längst württembergisch. Die Zehentrechte sind theils der Staats-Finanz-Verwaltung von der vormaligen Kellerei her, theils dem Hospital Schorndorf zuständig.

Die Lage der Stadt ist reizend und frei, in fruchtbarer gesunder Gegend, etwa in der Mitte des Remsthales, zunächst der Rems, da, wo das sonst enge Thal zu einer schönen Ausweitung sich gestaltet, in welche von Norden her das Wieslaufthal einmündet. Dieselbe ist auf zwei Seiten von Gebirgsketten nördlich von den sogenannten Berglen (S. 3) und den Ausläufern des Welzheimer Waldes, worunter der unserer Markung angehörige Grafenberg, südlich von den letzten Höhen des Schur- und Schlichten-Waldes begrenzt, zu dessen Füßen sich der runde Bergkegel des St. Ottilienberges 1076,8 Par. Fuß über das Meer erhebt. In einer Entfernung von wenigen Minuten umzieht in einem Halbkreise der von Osten herkommende Remsfluß die Stadt, welcher bei der unteren Mühle eine scharfe Ecke bildet, die den Fluß zwingt, seinen von Osten nach Westen gerichteten Lauf 1/4 Stunde lang zu verlassen und von Norden nach Süden zu strömen: eine Einschränkung, die er sich nur ungern gefallen läßt, so daß er bei jeder Gelegenheit durchbricht. Bei dieser Ecke ist ein Kanal der Rems angelegt, welcher einige Mühlwerke treibt. In denselben fällt bei dem untern Thor der südöstlich entspringende Aichenbach, nachdem er bei dem obern Thor in die Stadt getreten, die beiden Hauptstraßen derselben bespült und den in der Nähe liegenden etwa 11/8 Mrg. großen, mit Karpfen und Hechten besetzten Weiher gespeist, um im Fall einer Feuersbrunst Hilfe zu gewähren. Außer diesem sind noch drei weitere kleine Weiher bei der Stadt. Übrigens treten auf der Markung der Stadt, von Nordwesten, der Schornbach und der Ramsbach, von Norden die Wieslauf und von Süden der Dürrbach in die Rems. Über dieselbe führen drei Brücken. Einer 1818 vorgenommenen Remscorrection ist unten bei Haubersbronn gedacht.

Was die innere Beschaffenheit des Ortes betrifft, so gehörte Schorndorf zu den vorzüglicheren Städten des alten Landes und nahm unter denselben (nach Stuttgart, Tübingen und Urach) den vierten Rang ein. Durch die offene Lage, die vielen Gärten, die ziemlich regelmäßige Anlage und die im Ganzen gute Bauart der beiden Hauptstraßen, gewährt es einen freundlichen Anblick und obwohl des beengten Umfanges wegen| manche enge, weniger reinliche Nebengäßchen sich finden, ein im Ganzen befriedigendes Aussehen; der Umfang längs der Mauer betrug 5086 Fuß. Die Stadt würde nicht nur weniger eng gebaut, sondern auch namhaft größer sein, wenn sie nicht, mindestens schon seit 1360, zu einem festen Platze gedient hätte, was ihr, zumal da sie von Herzog Ulrich 1538 bis 1544 auf’s Neue befestigt ward, obgleich sie von nahen Anhöhen beschossen werden kann, manches Unheil gebracht hat. Nach den Chroniknachrichten von Crusius und Wolleber wurde die Grabarbeit an 1200 bis 2000 Taglöhner, die meist bei den Bürgern einquartirt waren, mit Fahnen, Trommeln und Pfeifen zur Arbeit zogen und sonst militärisch behandelt wurden, nach Ruthen verdingt. Es wurde zunächst ein 100′ breiter, mit 4 Schleusen versehener Wassergraben, der mit fischreichem Wasser gefüllt werden konnte, und hinter demselben eine äußere Mauer aufgeführt. Hinter dieser erhob sich der noch einmal so hohe, mit Basteien, runden Thürmen, Wasserfällen und Wächter-Häuschen versehene 100′ dicke Wall, der so groß war, daß 30 Wägen Heu darauf gemäht wurden, und hinter dem Wall stand die hohe und starke Stadtmauer. [2] Zwischen dieser und| dem Walle lag der alte, mit Obstbäumen, Linden und Rebgeländen besetzte, trockene Graben, der von der ersten Anlage der Stadt herrührte; in demselben lagen die Armbrusthütte mit zwei Schießreihen, die Schmelzhütte der Metzger und der wegen seiner seltsamen Pflanzen bewunderte | Garten des Apothekers. Von den drei Hauptthoren der Stadt, dem östlichen, obern, dem nördlichen, mittlern, dem westlichen, untern Thore, sowie vom Schloß aus führten eichene Brücken über den Graben, über welchen auch in 4 steinernen Kanälen ein Arm der Rems und das Brunnenwasser zur Stadt geleitet wurde. Zur Festung gehörte ferner die 1545 erbaute, 1634 abgebrannte Roßmühle mit 8 Gängen, ein Zeughaus und 3 Pulverthürme. Die Stadtmauer hatte vor 1538 23, nachher 18 Thürme, die in gleiche Form und Höhe gebracht wurden, aber schon 1580 wegen Mangels an Wohnhäusern für Ärmere zu Wohnungen eingerichtet waren. Dazu kamen noch die Thor- und Kirchen-Thürme, welche der Stadt ein so stattliches Ansehen gaben, daß sie im sechszehnten Jahrhundert von Reisenden die „Thurmstadt“ genannt ward. Auf dem Walle standen in Friedenszeiten nächtlich Wachen von 20 Mann und auf jedem Thorthurme 2 Wächter, die stündlich zwölf Glocken anschlugen. Daher hatte Schorndorf auch einen Hauptmann, einen Burgvogt im Schlosse und einen Zeugwart, später (noch 1809) einen Festungs-Kommandanten und noch in unserem Jahrhundert nicht selten eine Besatzung. Von 1803 bis 1805 lag ein Bataillon des v. Obernitz’schen Infanterie-Regiments und 1810 das Infanterie-Regiment v. Franquemont hier in Garnison. Noch unter der vorigen Regierung wurde aber die Festung aufgegeben; denn schon 1815 war die Mauer zum Theil verfallen, der Wall gesunken und mit Fruchtbäumen besetzt; von 16 Kanonen stand nur noch 1 auf demselben, und es waren nur noch 6 Gewölbe und Kasematten vorhanden. Seit 1825 wurden die Gräben ausgefüllt, die drei Thorgewölbe abgebrochen und die Eingänge durch theilweise Abtragung des Walles erweitert. Im Jahr 1832 verkaufte der Staat den Wall und Graben, soweit beide nicht das Schloß und das Forstamtsgebäude umgeben, an die Stadt (22 M. 21/2 V. 105/8 R. um 2837 fl.); das Übrige (6 M.) ist verpachtet. Die Stadtmauer ist meist abgebrochen und überbaut, die Thürme derselben sind erniedrigt und als Wohnungen benützt. Hiedurch hat Schorndorf, allerdings auf Kosten seiner alterthümlichen Zierden, an Ansehen und Salubrität gewonnen und ist der Graben um die Stadt mit seinen freundlichen Gärten und manchen hübschen Gebäuden zu einem sehr angenehmen Spaziergang umgeschaffen worden. Aber noch mehr müßte die Stadt gewinnen, wenn der Wall, wovon immerhin noch 3/4 übrig sind, ganz geebnet würde.

1

Durch Schorndorf führt die schöne, sehr lebhafte Stuttgart–Nürnberger Hauptstraße, auch münden hier die frequenten und gut erhaltenen Straßen von Göppingen, welche 1746 mit einem Aufwand von 20.000 fl. gepflastert wurde, von Welzheim, Eßlingen u. Winnenden ein. Die eigentliche Stadt besteht aus der obern und untern Stadt. Die letztere war| ursprünglich eine Vorstadt und hieß, bevor sie in die Mauer gezogen wurde, „auf dem Sand“; ein Name, den noch jetzt eine Bürgerfamilie führt. Die Anlage von Vorstädten nach der Befestigung hatte ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten. Die wohl sehr alte 1634 abgebrannte Vorstadt, welche erst 1679 kleinen Theils wieder aufgebaut ward, reichte gleichwohl vom mittleren Thor bis zur Rems und zum untern Thor und zählte 1634 etwa 300 Bürger; in Lagerbüchern ist mehrmals von „Kotengesäßen“ d. h. Wohnungen der Hintersaßen, in dieser Gegend die Rede. Die jetzige Vorstadt liegt vor dem ehemaligen mittleren Thor, ist aber kaum 1/4 so groß, wie die frühere. Der Reinlichkeit in den abgelegenen Theilen der Stadt geschieht durch den bei dem Sinken der Gewerbe immer mehr zunehmenden Betrieb der Landwirthschaft um so mehr Eintrag, als wegen der Umwallung die Häuser sehr gedrängt stehen. Eine Zierde der Stadt ist der Marktplatz, den der Aichenbach in den oberen Markt und in den s. g. Fruchtmarkt scheidet.

Gebäude zählt Schorndorf 556, worunter 135 Nebengebäude; von der Gesammtzahl gehören 12 dem Staat und 29 den Körperschaften. Sie sind zwar meist von Holz aufgeführt, doch gewähren mehrere, namentlich in der Vorstadt, ein freundliches Ansehen, wogegen sich allerdings in den Nebengäßchen auch kleine, mit Viehställen verbundene Hütten finden. Die meisten alten Gebäude stehen wegen des vormals sumpfigen Bodens auf eichenen oder erlenen Pfählen.

Besondere Erwähnung verdienen:

Das Schloß, „Burgschloß“ genannt, auf der südöstlichen Ecke der Stadt. Dasselbe wurde von Herzog Ulrich 1538 an die Stelle des alten Schlosses, welches oft von den Herren von Württemberg bewohnt worden, und von den Orten auf dem Schur- und Schlichten-Wald mit Brennholzfuhren frohnweise zu versehen war, 1515 aber dem Ober- und Unter-Vogt zur Wohnung diente, vom Keller an neu erbaut. Es war ein hauptsächlich fester Punkt der Stadt. Ganz massiv, besteht es aus 4 Flügeln mit einem steinernen Rondell in jeder Ecke. Über einen tiefen Graben führte eine Fallbrücke. Das Schloß ist nicht höher als der Wall war, und hat 3 Stockwerke. Die Seitenlänge beträgt gegen Süden 160′, gegen Osten 125′, gegen Westen 115′, und gegen Norden über Abzug der Flügelbreiten 72′; die Breite ist beziehungsweise 42′ 4″; 47′ 8″; 50′ und 49′. Im ersten Stock ist ein Saal 80′ lang und 40′ breit; im dritten Stock ein Saal 68′ 7″ lang und 32′ 5″ breit. Der Keller von seltener Größe ist 36′ breit, 16′ hoch und 320′ lang. Das Schloß hat längere Zeit als Kaserne für die zuvor gedachte Garnison gedient; im Jahr 1834/35 aber erhielt es seine jetzige Bestimmung, indem es zu Wohnungen des Oberamtsrichters, des Oberamtmanns und des Cameralverwalters mit ihren| Canzleigelassen, sowie zum cameralamtlichen Fruchtkasten, zu 5 oberamtsgerichtlichen, 2 Stations- und 2 forstamtlichen Gefängnissen eingerichtet wurde.

Das Forstamtsgebäude, zunächst dem oberen Thore, nahe beim Schloß, war ehemals die Wohnung des Obervogtes, dann des Kellers, später des Kreishauptmanns und hierauf ein Jagdschloß des Königs Friedrich. – Das Dekanathaus, 1694 erbaut und bis 1835 der Sitz des Oberamtes, ist, sowie das Diakonathaus, nächst der Kirche gelegen. – Diese Gebäude gehören wie das Schloß dem Staate.

Die Kirche zu unserer Frau (Marienkirche, s. auch unten) ist auf einem freien ummauerten Platze, fast mitten in der Stadt an der Hauptstraße gelegen. Sie wird 1297 erstmals urkundlich genannt, da sie im dritten Jahre des Papsts Bonifacius VIII. zu Gunsten derer, welche sie an den Festen der Heiligen Basilides, Cyrinus, Nabor, Nazarius und Celsus besuchen würden, einen von 15 Erzbischöfen und Bischöfen unterschriebenen Ablaßbrief erhielt (Crusius III. 184). Ursprünglich aus Holzwerk bestehend, wurde sie, nachdem ihr zur Ausführung am 25. Mai 1465 wieder ein päpstlicher Ablaßbrief gegeben worden, 1477 von Quadersteinen neu aufgebaut. Sie hatte 3 gewölbte Schiffe, 2 Chöre, 18 große und 32 kleinere Fenster, innen 10 und außen 27 mit Bildern verzierte Pfeiler und 12 Altäre. Das Langhaus war 122′ lang, 68′ breit und 45′ hoch. Der große Chor, höher als dieses, 28′ lang und 30′ breit mit der Jahreszahl 1501, enthielt mehrere Steinbilder und ein ungemein schönes, bis zum Gewölbe reichendes, Sacramenthäuschen, gegen dessen Zerstörung bei der Reformation die Steinmetzen vergeblich Einsprache erhoben. Zu beiden Seiten stand das 1533 von Christian Schneider von Pappenheim und Michael Schreiner gemachte kunstvolle Gestühl, in welchem die Psalmen abgesungen wurden. Auch war hier der von Sebastian Schertlin 1528 der Kirche verehrte Strick aufbewahrt, womit sich Judas erhängt haben solle und den der Held in Rom erbeutet hatte.

Diese im rein germanischen Style erbaute Pfarrkirche hat hohe spitzbogige, in den Bogentheilen prachtvoll gefüllte Fenster und Strebepfeiler mit verzierten Fialen (Spitzsäulen) und Giebelblumen. Besonders sehenswerth ist der Chor, dessen Inneres ein sehr schönes, erst in neuester Zeit durch Bemalung restaurirtes Netzgewölbe ziert (s. hienach). An den oberen Gurtenkreuzungen desselben sind in der Richtung von Westen nach Osten Schlußsteine mit folgenden Darstellungen angebracht: 1) Die heilige Catharina, 2) (unkenntlich), 3) das Jesuskind mit Maria und Joseph, 4) ein Bischof, 5) Ecce homo, 6) ein Bischof, 7) Maria mit Christus und Johannes, 8) ein Bischof und 9) das Stadtwappen. An den überaus schönen Chorfenstern befinden sich an den Innenseiten reich verzierte,| von den Wänden aufstrebende Fialen. Unter mehreren im Renaissancestyl gehaltenen Grabdenkmalen zeichnet sich das des Michael Hirschmann, welcher 30 Jahre Bürgermeister zu Schorndorf war und 1634 starb, besonders aus; namentlich verdient das vortrefflich gemalte Brustbild des Verstorbenen alle Beachtung. An der Nordseite der Kirche ist 26′ lang, 16′ breit und 35′ hoch eine Seitenkapelle angebaut, in welche später ein Boden eingezogen und der untere Theil als Sacristei eingerichtet wurde. Der obere Theil, das sog. Judenstübchen, enthält ein meisterhaft construirtes Netzgewölbe, dessen Gurten zum Theil von dem Gewölbe abstehen und ein freies Geflecht bilden. Über dem Spitzbogen, der zur Kapelle führt, ist in 1/3 Lebensgröße Abraham aus Stein gehauen liegend dargestellt; aus dem Leib desselben wächst ein Baumstamm hervor (der leider theilweise abgeschlagen ist), dessen Verzweigungen sich oben an den Gewölbegurten fortziehen. An jeder Gurtenkreuzung ist Laub- und Blumenwerk angebracht, aus dem je ein Brustbild der Könige und Propheten frei hervortritt –; an dem entgegengesetzten, östlichen, Ende des Gewölbes befindet sich Christus, so daß das Ganze einen Stammbaum von Abraham bis auf Christus vorstellt. – Der Thurm wurde, gleichfalls durch das Mittel eines Ablasses unterstützt, 1488 zu bauen begonnen. Er war ganz von Quadern, mußte aber bei der Befestigung der Stadt, damit nicht von ihm aus das Schloß beschossen werden könne, theilweise abgebrochen und mit zwei hölzernen Stockwerken, die leicht abgeworfen werden konnten, versehen werden; 1609 wurde jedoch erlaubt, an die Stelle der letztern ein 16′ hohes steinernes Glockenhaus zu setzen. – Bei der Einäscherung der Stadt 1634 brannte auch diese Kirche bis auf den großen Chor und die Seitenwandungen des Langhauses ab, wobei die 5 Glocken zu Grunde gingen. Die Wiederherstellung erfolgte erst am 25. Juli 1650, an welchem Tage sie feierlich eingeweiht wurde; 1670 wurde auch der Thurm und 1706–9 die Orgel wieder hergestellt.[3] Nunmehr ist die ganze Breite der Kirche frei, die Decke derselben aber flach. Gleichwohl ist die Kirche wegen des Chors, welcher eine Stelle in der Kallenbach’schen Sammlung erhalten hat, den schöneren Baudenkmalen des Mittelalters beizuzählen. Aber auch nach ihrer innern Beschaffenheit gehört sie zu den schönsten Kirchen des Landes, nachdem in Folge der im Sommer 1849 vollendeten Restauration die architektonische Schönheit des Chors mit den restaurirten, in Nischen stehenden Bildern Christi und der Apostel, dem mit vergoldeten Sternen| besäeten Netzgewölbe und einem nach dem Zwerger’schen Christus in Frankfurt gefertigten 20′ hohen Crucifix wieder auf das Erhebendste hervortritt. Der wichtigste Theil dieser Restauration ist jedoch ein meisterhaftes, in ein geschmackvoll vergoldetes Gehäus gefaßtes Orgelwerk Walker’s von 33 Registern, welches dem Chor gegenüber liegt. Das Geläute der 3 Glocken, die 1644–1652 erworben wurden, ist schwach, aber harmonisch. Es sind noch kostbare Kirchengeräthe vorhanden. Die einst reiche Kirchenbibliothek im Thurme soll 1548 von den Spaniern ausgeplündert worden sein. Der schön eingelegte Altar und die verzierte Kanzel sind im Rococostyl gehalten.

Die Baulast hat der Armekasten, welcher in dem vorliegenden Falle, namentlich auch hinsichtlich der Kosten des Crucifixes, durch freiwillige Beiträge der Einwohner erleichtet worden ist. Die vormaligen weiteren Kirchen s. unten.

Das auf dem Marktplatze gelegene Rathhaus, 1725–1730 im Rococo-Styl erbaut, 122′ lang und 54′ breit, ist ein sehr geräumiges, gefälliges Gebäude mit einer Uhr und 3 Glocken und einem großen Saale, worin 1850 ein öffentliches Schwurgericht gehalten wurde. Zunächst steht ein schöner, 1522 erbauter Rohrbrunnen mit Herzog Ulrichs Bildniß in Stein. Gar stattlich war das 1634 abgebrannte Rathhaus, zu welchem zwei Treppen über eine Laube führten, die auf 8 Säulen ruhte, und worunter Schuster, Gerber u. A. ihre Waaren auslegten. – In der Nähe steht das 1785 massiv und feuerfest erbaute städtische Archiv; zur Aufbewahrung von Rechnungen bestimmt, da die älteren Dokumente 1634 verbrannt sind. – Das Gebäude der lateinischen Schule auf dem Kirchhof wurde 1650 auf Kosten Daniel Steinbock’s, des geheimen Raths und Gastwirths in Straßburg, der in Schornbach geboren und hier geschult worden war, an der Stelle des 1634 abgebrannten erbaut.

Die deutschen Schulen sind theils in dem ansehnlichen und sehr geräumigen, 1589 erbauten Hospital, theils nebst der Realschule, in einem 1821 durch die Stadt erkauften, beim mittleren Thor stehenden Gebäude untergebracht, welches 1803 erbaut, zu einem anfänglich nur für Stadt und Amt bestimmten, später für die Landvogtei erweiterten, zugleich mit einer Armen-Beschäftigungsanstalt verbundenen Zwangsarbeitshause gedient hatte.

Einwohner- und Nahrungsstand. Schorndorf zählte auf den 3. Dezember 1848 3973 Ortsangehörige, und zwar 1935 männliche 2038 weibliche. (Die neusten Ziffern von 1849 s. am Eingang.) Bei der im Jahr 1846 auf den 3. Dez. vorgenommenen Zählung betrug die Zahl der Angehörigen 3893, nämlich 1889 männliche und 2004 weibliche,| welche mit Ausnahme von 5 Katholiken, der evangelischen Confession angehörten.

Im Jahre 1832 (1. Nov.) betrug die angehörige Bevölkerung der Stadt 1820 männl., 1956 weibl., zusammen 3776.

Von der ortsangehörigen Bevölkerung waren 1846 (3. Dez.) abwesend 707; dagegen Fremde anwesend 418. Die ortsanwesende Bevölkerung belief sich also auf 3604. Die Zahl der Ehen war 1832 569; im Jahr 1846 561. Die Zahl der Familien 1846 851. Es kamen hienach für letzteres Jahr auf 1 Ehe 6,9; auf 1 Familie 4,6 Angehörige. Geburten kamen im Durchschnitt von 1836/46 jährlich 134,4, darunter uneheliche 11,7 vor. Es fielen hienach auf 1000 Angehörige 34,8 Geburten (oder 1 Geburt auf 28,7) [4]. Unter 100 Geburten waren 8,7 unehelich, d. h. die letztern verhalten sich zu den ehelichen wie 1 : 10,5 und es zeigt dieses Verhältniß weniger uneheliche als jenes vom ganzen Bezirk, das 1 : 8,1 beträgt. Gestorben sind nach obigem Durchschnitt jährlich 126,7; wonach auf 1000 Angehörige 32,8 Sterbfälle kommen (d. h. 1 Sterbfall auf 30,4 Lebende) und zwar auf 1000 Personen männlichen Geschlechts 32,3 und auf 1000 Personen weiblichen Geschlechts 33,3 Gestorbene. Auf 100 Todesfälle kommen 106,1 Geburten. Der natürliche Zuwachs zur Bevölkerung belief sich in dem Jahrzehend v. 1836/46 auf 77 Köpfe, (nämlich 114 Zuwachs der männl. und 37 Abgang der weibl.); die Zunahme durch Wanderung betrug (über Abzug der Ausgewanderten) 28, (nämlich 14 Abgang an männl. und 42 Zuwachs an weibl.); der Zuwachs überhaupt 105 (100 männl. 5 weibl.) Angehörige. – Übersechzigjährige fanden sich hier 1846 3. Dez. 438 oder auf 1000 Einwohner 112,5, während deren auf 1000 Einwohner im Bezirke 81,1, im ganzen Lande 75,7 kommen.

Rösch giebt S. 166–179 Nachweise über die früheren Bevölkerungs-Verhältnisse. Hienach betrug die Einwohnerzahl im Jahr 1550 4200, im Jahr 1701 dagegen nur 2132, 1739 2593, 1758 2744. (Einige weitere Ziffern s. w. Jahrb. 1847. I. S. 143.) Von 1759–1815 hat sie um 1000 zugenommen. Während sie von 1771–1801 kaum auf ihrer Höhe (2880–3193) sich erhielt, ist die Zahl erst von 1805 an, um 500 gestiegen (1815 3630); eine Erscheinung, die sich nur durch die wegen der Umwallung herbeigeführte enge Begrenzung des Raumes erklären läßt, ohne welche Schorndorf eine ungleich bedeutendere Landstadt geworden sein würde.

Die körperliche Beschaffenheit der fleißigen und thätigen Einwohner| steht sichtlich unter dem nachtheiligen Einflusse, welchen überall bei dürftigen Nahrungs-Verhältnissen schwere Feldarbeit und hauptsächlich Weinbau ausüben, wobei schon die Kinder behülflich sein müssen; auch tritt der im Remsthal nicht selten bis zum Cretinismus gesteigerte scrophulöse Habitus der untern, in schlechte enge Wohnungen zusammengedrängten Klassen stark hervor. Dagegen ist der Gesundheitszustand gut; epidemische Krankheiten sind selten, endemische nicht vorhanden, und hohes Alter kommt, wie obige Ziffern zeigen, häufig vor.

Unter den merkwürdigeren Männern, welche Schorndorf hervorgebracht, sind zu nennen:

Sebastian Schertlin von Burtenbach, geb. am 12. Febr. 1496 von bürgerlichen Eltern. Anfänglich zur Theologie bestimmt, i. J. 1516 Tübinger Magister geworden, ging er bald in den Kriegsdienst über, in dem er als einer der ersten Helden seiner Zeit glänzt; 1521 zog er unter Georg von Frundsberg gegen K. Franz I. von Frankreich, focht 1522 gegen die Türken, 1525 in Italien, half 1527 unter genanntem Frundsberg die Stadt Rom einnehmen und war mit unter den Hauptleuten, welche den Papst Clemens VII. zur Unterschrift der Capitulation zwangen. Im J. 1530 von der Stadt Augsburg zum Hauptmann gewählt, erkaufte er sich i. J. 1532 in der Nähe dieser Stadt das Schloß Burtenbach um 17.000 fl. Im J. 1532 focht er abermals gegen die Türken unter K. Karl V. als Anführer des Augsburger Contingents. Im Jahr 1536 zog er über Italien nach Frankreich, in welchem Lande er später, 1544, Chateau-Thierry und Soissons für K. Karl V. eroberte. Im J. 1545 zu den Protestanten übergetreten, zog er sich dieses Kaisers Ungnade und die Reichsacht zu, worauf er für Frankreich im lothringischen Kriege kämpfte. In späteren Jahren nahm ihn die Stadt Augsburg wiederum zum Hauptmann, so unentbehrlich hatte er sich ihr gemacht. Einen heitern Lebensabend verlebte er in Burtenbach; er starb hochbetagt den 18. Nov. 1577 zu Augsburg und wurde in Burtenbach beigesetzt.

Jakob Schegk, geb. am 7. Juni 1511, hieß eigentlich Degen, ein Tübinger Magister, welcher neben der Theologie auch Medicin studirte. In Tübingen Professor geworden, lehrte er letztere Wissenschaft neben der Philosophie, in dieser als scharfsinniger Ausleger des Aristoteles ausgezeichnet. Eine mehrjährige unheilbare Blindheit hinderte ihn nicht an der Ausübung seines Berufes. Er war Schriftsteller in verschiedenen Fächern und starb den 9. Mai 1587.

Martin Aichmann, geb. den 13. Sept. 1550, ein ausgezeichneter Rechtskundiger und trefflicher Geschäftsmann, trat 1579 in ansbachische, 1582 in württembergische Dienste, in welchen er sich i. J. 1589 zum Kanzler emporschwang. Da er sich mit seinem Schwager Enslin nicht| vertragen konnte, ging er 1601 als geheimer Rath in chursächsische Dienste über, in welchen er bis zu seinem, den 16. Jan. 1616 in Dresden erfolgten Tode verblieb.

Melchior Nikolai, geb. den 4. Dez. 1578, Professor der Theologie zu Tübingen 1618, Abt zu Anhausen 1621, zu Lorch 1625, zu Adelberg 1627, abermals Professor der Theologie 1630 und zugleich erster Stiftsprediger zu Tübingen, Vicekanzler 1638, Probst zu Stuttgart 1650. Er war ein ausgezeichneter Polemiker, besonders gegen die Jesuiten und starb in Stuttgart den 13. Aug. 1659.

Balthasar Raith, geb. den 8. Okt. 1616, Professor der Theologie zu Tübingen 1652, Ephorus 1656, Specialsuperintendent und Stadtpfarrer 1660, Dekan an der Stiftskirche und erster Superattendent des theologischen Stifts 1662. Seine Hauptschrift ist: Vindiciae vers. bibl. germ. Lutheri. Tub. 1676. Er starb den 30. Nov. 1683.

Jonas Weitbrecht, geb. den 2. Okt. 1702, ein Zögling der Tübinger Hochschule, 1725 Adjunct bei der neu errichteten Academie zu Petersburg, 1730 Professor der Physiologie, 1747 der Anatomie. Manche Abhandlungen von ihm stehen in den Akten der Petersburger Akademie; sein Hauptwerk ist: Syndesmologia. 1742. Fol. Er starb 1747.

Karl Friedrich Reinhard, geb. den 2. Okt. 1761, Sohn des damaligen Helfers in Schorndorf, im württembergischen Seminar für die Theologie gebildet, nachher Vicarius in Balingen bei seinem dorthin als Dekan versetzten Vater, 1787 Hofmeister bei einer protestantischen Familie in Bordeaux, von wo aus sein politischer Scharfblick, sein Rednergeist und seine eingeleiteten Verbindungen i. J. 1791 ihm den Weg nach Paris bahnten. Hier wurde er, nachdem er auf verschiedenen Gesandtschaftsposten verwendet gewesen war, am 2. Thermidor VII. Minister der auswärtigen Angelegenheiten. In dieser Stelle blieb er jedoch nicht lange, er wurde Gesandter in der Schweiz 1802, in Hamburg 1802–1805, in Jassy 1806, in Cassel 1807–1813, Bundestagsgesandter in Frankfurt v. J. 1815–1829, Gesandter in Dresden von 1830–1832. Früher von dem Kaiser Napoleon zum Baron erhoben, wurde er im Jahr 1815 von König Ludwig XVIII. zum Grafen ernannt; die Pairswürde wurde ihm i. J. 1832 zu Theil. Er starb den 25. Dez. 1837 in Paris. Mit seinem hervorleuchtenden diplomatischen Talent, wodurch er der Stolz seiner Heimath im Auslande wurde, paarte sich in ihm das stillere eines elegischen Dichters und gewandten Übersetzers (des Tibullus). Vergl. über ihn Guhrauer in Raumer’s Taschenbuch. Neue Folge. S. 187–275.

Johann Philipp Palm, geb. 1766, bekannt als Opfer der Napoleonischen Schreckensherrschaft, indem er als Besitzer der Stein’schen Buchhandlung in Nürnberg wegen des Vertriebs der Schrift: „Deutschland in| seiner tiefsten Erniedrigung“ i. J. 1806 nach Braunau abgeführt und daselbst den 26. August erschossen wurde.

Ferd. Heinr. Aug. Weckherlin, geb. den 23. Febr. 1767, Sohn des Constanzischen Pflegers (Gefälleverwalters), Buchhalter 1793, Rentkammerrath 1797, Hof- und Domänenrath 1804, Geheimer Oberfinanzrath 1807, Staatsrath und Chef der Steuersection 1811, provisorischer Chef des Finanz-Departements 1818, Finanzminister 1821–1827, ungemein verdient um die Reform der württembergischen Finanzverwaltung. Er starb zu Boll den 27. Juli 1828. (Vergl. würt. Jahrb. 1828, S. 59–75.)

Die Markung der Stadt begreift 57061/2 M. 23,7 R., worunter 1712/8 M. Gärten und Länder, 15885/8 M. Äcker (dabei 3572/8 M. willkürlich gebaute Felder), 12637/8 M. Wiesen (wobei nur 33 M. einmähdige) und 4407/8 M. Weinberge. An Baufeld kommen daher weniger als 9/10 M. auf einen Einwohner. – Die Zahl der Weingärtner ist vorherrschend. Auch die Handwerker treiben fast ohne Unterschied nebenbei Feld- und Wein-Bau, daher die Landwirthschaft als weit überwiegende Nahrungsquelle erscheint. Es gibt zwar nicht wenige sehr wohlhabende Familien; allein nicht nur ein großer Theil des Handwerkerstandes kommt mit dem Zerfall der kleineren Gewerbe in seinen Vermögensverhältnissen zurück, sondern es gehen auch von den vielen auf einen geringen Bodenbesitz angewiesenen Weingärtnern Manche der Verarmung entgegen. Von dem größeren Wohlstande, dessen sich einst viele Einwohner erfreuten, verlieren sich, bei der übergroßen Zahl der Gewerbenden und seit der Weinhandel aufgehört, die Spuren mehr und mehr; während in den jüngsten Theurungsjahren 1/3 der Gesammtbevölkerung die öffentlichen Kassen in Anspruch nahm, ist dieß jetzt immer noch mit 1/5 derselben der Fall. – Übrigens sind Boden und Klima dem Feldbau günstig. Wie wenig die Stadt-Markung von Hagelschlag zu leiden hat, wurde schon im allgemeinen Theil erwähnt.

Die Grund-Entlastung ist in Folge der verschiedenen Ablösungs-Gesetze bedeutend vorgeschritten. Von den Gefällen des Staats sind 30 kr. Laudemien, 148 fl. 7 kr. Geldzinse, 80 Sch. 3 V. Fruchtgilten, 1 E. 7 I. 3 Q. Weingefälle, 376 fl. 1 kr. Zehentgefälle und Zehentsurrogatgelder, 286 fl. 40 kr. steuerartige Abgaben und 40 fl. 18 kr. Frohnen in einem Capitalbetrage von 18.228 fl. 14 kr. abgelöst worden [5]; und hat der Staat jetzt nur noch 1486 fl. in Geld und 280 Sch. 4 S. Frucht für den Zehenten, jährlich zu erheben. Die Zehenten des Hospitals – der Gullen- oder Laien-Zehente genannt – kaufte derselbe von dem Schorndorfer Bürger Rudolph Jung, und besaß sie in lehenbarer Eigenschaft| von Württemberg, bis 1603, wo sie um 2500 fl. eigen gekauft wurden. Diese Zehentrechte sind zu 196 fl. 54 kr. vom Frucht-, 65 fl. 15 kr. vom Wein- und 144 fl. vom Heu-Zehenten jährlich berechnet.[6] Außerdem hat noch die Gemeindepflege Schornbach 13 kr. und die Stiftungspflege daselbst 1 fl. 6 kr. zu erheben. Die Gefälle der hiesigen Armenkastenpflege sind abgelöst.

An Getreide wird hauptsächlich Dinkel, dann Weizen, Roggen und Haber gebaut und die Kultur höchst möglich getrieben. Durchschnittlich ist die Aussaat vom Dinkel 7, vom Haber 6, vom Weizen und Roggen 31/2 Sch. auf den Morgen, und die Ernte beziehungsweise 7, 6, 21/2 Sch. Im J. 1846 zählte man 15 Hopfenpflanzungen, um die sich hauptsächlich Schulmeister Bauer bemüht hat. Zu Ende 1847 [7] war der durchschnittliche Preis eines Morgens Acker 300 fl., Garten 700–800 fl., Wiesen 400 fl., Weinberg 450 fl., Baumgut 500 fl. Der eigene Bedarf an Getreide wird nicht erzeugt, übrigens viel Futter verkauft.

Der Viehstand ist, begünstigt durch vielen und kräftig gehaltenen Wieswachs, schön, im Verhältniß zur Einwohnerzahl aber klein. Nach der Aufnahme von 1850 waren 112 Pferde, 30 Ochsen und Stiere, 499 Kühe, 131 Stücke Schmalvieh, 823 Bastardschafe, 157 Schweine, 126 Ziegen und 84 Bienenstöcke vorhanden. Es ist der gelbrothe Neckarschlag vorherrschend. Der Viehstand hat sich in den letzten 20 Jahren dadurch wesentlich verbessert, daß der Hospital als Farrenhalter ganz vorzügliche Farren von der Simmenthaler Race angekauft und aufgestellt hat. v. Weckherlin (die Rindviehzucht W. S. 260) erklärte 1839 den Farrenstand Schorndorfs als den besten des Landes. Die Viehhaltung ist im Allgemeinen gut und die Nachzucht verhältnißmäßig bedeutend. Die Schäferei, Schweinszucht und Bienenzucht ist S. 50 u. 51 erwähnt.

Eine Haupterwerbsquelle ist der Weinbau, welcher jedoch gegen früher in Abnahme kam. Denn 1634 waren demselben 1132 M. gewidmet, und noch 1815 betrug die Fläche 635 M. Sylvaner, Elblinge, Gutedel, Klevner und Trollinger herrschen vor; auf einen Morgen kommen 4000 Stöcke. Der durchschnittliche Ertrag wird zu 3 Eimer angegeben (nach Rösch war er von 1780–1809 nur 12/3 E.). Die besten Halden sind: Grafenberg und Grafenhalde, die einen Wein liefern, der zu den vorzüglichen Remsthälern gehört; der höchste Preis im J. 1846 war 60 fl. vom Eimer.

Für die Obstbaumzucht herrscht längst ein lebhafter Sinn. Die| Stadt legte 1788 eine schöne Obstbaumschule an und räumte einige 30 M. Allmanden den Bürgern ein, die alsbald mit 800 Obstbäumen besetzt wurden. Weitere 297 M. Viehweiden und 37 M. Allmanden wurden 1795 und beziehungsweise 1841 zur Obstkultur vertheilt. Jetzt sind, einschließlich der Baumäcker und Baumwiesen, 668 M. dem Obstbau gewidmet. Im J. 1847 wuchsen mehr als 150.000 Simri Kernobstes auf der Markung. Die Stadt ist, wie schon bemerkt, rings von schönen Gärten umgeben; der Handel mit Gartenerzeugnissen, der früher Gewinn brachte, hat, seit die Kulturen in Gmünd, Welzheim etc., wohin der Absatz stattfand, sich gehoben haben, in neuerer Zeit abgenommen.

Was die Gewerbe betrifft, so ergibt die nachfolgende Übersicht auf 444 Meister nur 153 Gehilfen; hiernach ist die Handwerker-Industrie um so weniger von Bedeutung, als viele Meister, welche mehr oder weniger Grundstücke besitzen, zugleich Landwirthschaft betreiben. Die meisten Handwerker arbeiten für den örtlichen Bedarf der Stadt und des Bezirks, ohne sich auf Gegenstände des auswärtigen Handels einzulassen. Indessen hat sich die Lage mancher kleinen Gewerbe hier wie anderwärts besonders dadurch verschlimmert, daß viele Artikel, wie Eisenwaaren u. dgl. wohlfeiler, als sie von jenen gefertigt werden können, aus Fabriken bezogen und im Kleinhandel verkauft werden. Fabriken selbst aber wollten bisher theils wegen Mangels an Wasserkraft (da die Rems ein geringes Gefäll hat), theils wegen Mangels an unternehmenden Capitalisten, in Schorndorf nicht heimisch werden; wiewohl der Gang einiger eingeführten Industrie-Unternehmungen als befriedigend bezeichnet werden kann.

Die Buchdruckerei, in Verbindung mit einer lithographischen Presse von C. T. Mayer, gibt seit 1835 das zweimal wöchentlich erscheinende Intelligenzblatt für den Oberamts-Bezirk heraus. Desgleichen haben die beiden Kupferstecher Gugeler und Brust, welche an dem Atlas zur Kugler’schen Kunstgeschichte arbeiten, hier ihren Sitz.

Die 1798 errichtete Tabaksfabrik von Christian Rapp (Besitzer Adolph Burk), in welcher 2/3 amerikanische und 1/3 Pfälzer Blätter vermittelst Pferdekraft zu Schnupf- und Rauch-Tabak verarbeitet werden, beschäftigt 18–20 Personen. Der seit vielen Jahren sich gleich gebliebene Absatz dieses soliden Geschäftes beschränkt sich auf das Inland.

Die 1824 errichtete und alsbald mit einem sechsjährigen Patent ausgestattete Fingerhutfabrik von Ferdinand Gabler wird durch Wasserkraft und 8 Arbeiter betrieben; die soliden Fabrikate sind silberne, neuerlich auch neusilberne, messingene und eiserne Fingerhüte aller Art, welche in alle Zollvereinsstaaten, sowie nach Hamburg, Bremen und der Schweiz abgesetzt werden. – Ein weiteres Unternehmen mit mechanischer| Einrichtung: die Tuchfabrik von Binder und Comp. hat sich vor mehreren Jahren aufgelöst. – Unter den Handwerken steht die Gerberei des Ch. Breuninger d. J. oben an. Sie verfertigt vorzüglich Maschinen- und Zeug-Leder und setzt es nach Bayern, in die Schweiz u. s. w. ab. Zeugschmied Dehlinger verfertigt sehr beliebte Werkzeuge für Silberarbeiter und Flaschner. Erwähnenswerth sind ferner die von W. Bloß gefertigten Claviere, die sich neuerlich durch ihren Ton auszeichnen. Bloß wurde deswegen 1836 von der Regierung öffentlich belobt (Landw. Corresp.-Bl. 1836. II. 189). Auch die schönen Fabrikate des Strumpfwirkers J. W. Frank, die dieser 1830, 1833 und 1836 in die Landes-Industrieausstellung gebracht, verdienen ehrender Erwähnung. Sonst sind auch Zeuglensweber und Messerschmiede für benachbarte Städte beschäftigt. Die noch 1815 betriebene Fabrikation wollener und baumwollener Teppiche, auch für’s Ausland, hat aufgehört.

An Getränkefabriken sind hier 2 Essigfabriken, 3 Bierbrauereien und 28 Branntweinbrennereien; an Wirthschaften 11 Schild-, 3 Speise-Wirthschaften und 34 Weinschenken; an Mühlwerken 2 Mahl-, 1 Loh-Mühle und 1 Hanfreibe.

Mit dem Handel beschäftigen sich, außer den Fabrikanten, im Ganzen 24 Personen, worunter 11 Kaufleute mit 3 Gehilfen. Der Weinhandel, womit sich dermalen nur noch zwei Personen abgeben, ist früher, wo ihn auch der mittlere Bürger im Kleinen betrieb, von großer Bedeutung gewesen, indem auswärtige Fuhren mit bayerischem Salz zum Verkauf hierher kamen, und dagegen Wein in Rückfracht nahmen. Seitdem jedoch einerseits bei dem entdeckten eigenen Salzreichthum des Landes die Salzeinfuhr überflüssig geworden, und andererseits die Krone Bayern weinbauende Provinzen erworben, und die oberschwäbischen Klöster, an welche besonders alter Wein Absatz fand, aufgehoben wurden, nahm der Weinhandel mehr und mehr ab, zumal da neuerdings auch die Wirthe des Oberlandes ihren Bedarf selten mehr aus dem Keller, sondern schon im Herbst einkaufen.

Die Gewerbesteuer-Rolle der Stadt zählt nach dem neuesten Stand auf:

  M.  G. M.  G.
Apotheker 2 4 Leinsaamenhändler 1
Barbiere 3 1 Lohnmetzger 2
Bierbrauer 4 Maler 2
Billardbesitzer 2 2 Maurer 7 3
Branntweinbrenner um den Lohn 7 Mechaniker 1
Bäcker 27 21 Messerschmiede 3 1
Bleicher 1 Metzger 21 8
Bortenmacher 3 Musiker 4 3
Buchbinder 4 1 Mühlwerke 11
Buchdrucker 1 1 Nadler 2 1
Büchsenmacher 2 Nagelschmiede 5 3
Commissionäre 1 Nähterinnen 3
Essigsieder 2 Pflästerer 3 1
1 Fingerhut- u. 1 Tabaks-Fabrikant. Rothgerber 9 6
Färber 4 2 Saifensieder 5
Feldmesser 2 Sailer 5 4
Flaschner 3 3 Sattler 3 3
Glaser 5 Schäfer 2 6
Hafner 2 1 Schildwirthe 11 11
Handelsleute 15 3 Schlosser 8 1
Hauderer 6 2 Schneider 27 7
Holzdreher 5 Schreiner 14 3
Holzmesser 2 Schuhmacher 33
Hufschmiede 5 6 Seckler 7 1
Hutmacher 2 Siebmacher 1 1
Instrumentenmacher 1 Silberarbeiter 1
Ipser 1 Speisewirthe 3
Kaminfeger 2 1 Steinhauer 4 4
Kammmacher 2 Strumpfstricker 1
Kleemeister 1 Strumpfwirker 1
Kleinhändler 1 Tuchmacher 9 2
Kleinuhrmacher 2 1 Tuchscheerer 2
Knopfmacher 1 Wagner 4 2
Kornmesser 1 Weißgerber 3 1
Kupferschmiede 3 3 Zeugmacher 1
Kübler 8 2 Ziegler 1 2
Küfer 12 7 Zimmerleute 9 3
Kürschner 1 Zinngießer 1 1
Leineweber 3 3 Zirkelschmiede 1 3
  um den Lohn 17 4 Zuckerbäcker 4 1
| Der Gewerbesteueransatz ist im Ganzen 1611 fl. 24 kr. Die Stadt hat 3 nicht mehr stark besuchte Jahrmärkte und 2 Wochenmärkte. Nur der im letzten Drittel des Novembers stattfindende Jahrmarkt zeichnet sich als Kram- und Viehmarkt vor den andern aus. Über die früher bedeutenderen Viehmärkte s. oben S. 50. Auf den Wochenmärkten ist hauptsächlich der Aufkauf von Butter, Schmalz u. Eiern durch Händler aus den Thalorten, welche die Stuttgarter Märkte besuchen, und der Fruchthandel von verhältnißmäßigem Belang. Schon vor dem dreißigjährigen Kriege hatte die Stadt ein eigenes, 1489 erbautes Kornhaus, in dessen oberem Stock die Bürger ihre Hochzeiten hielten, und einen namhaften, gleichfalls durch den Weinhandel vermittelten Fruchtmarkt, der von der Alp, von Rottenburg an der Tauber, von Nördlingen| und Bayern, sowie von 16 umliegenden Städten Zufuhr erhielt. Er war aber im vorigen Jahrhundert eingegangen; was davon übrig geblieben, hatte sich vor 1770 nach Winnenden gezogen. Seit 1822 ist er jedoch wieder in Aufnahme gekommen. Er wird Dienstags gehalten, hauptsächlich aus dem Ries befahren und scheint sich noch mehr heben zu wollen. Im Durchschnitt der 4 Jahre 1846/49 kamen jährlich 5131 Sch. Kernen, 12 Sch. Roggen, 225/8 Sch. Gerste, 112/8 Sch. Weizen, 186/8 Sch. Dinkel, 2124/8 Sch. Haber und 11/8 Sch. Hülsenfrüchte, zusammen 5410 Sch. mit 79.779 fl. 6 kr. Erlös zum Verkauf.


Gemeindewesen und öffentliche Anstalten.

Das Vermögen der Stadt besteht in 1790 M. Grundeigenthum, 25.270 fl. verzinslichen Capitalien und 7328 fl. sonstigen Forderungen, worauf an Schulden 1800 fl. haften; die Einnahmen betragen 12.023 fl. und die Ausgaben 13.993 fl., so daß als Gemeindeschaden 2000 fl. umgelegt werden.

Nach einem ältern, bei den jetzigen Preisen übrigens zu niedern Anschlage sind die städtischen Vermögenstheile, und zwar die Gebäude zu 35.450 fl., die Feldgüter zu 41.481 fl. 41 kr. und die Waldungen zu 365.719 fl. 35 kr. geschätzt; der Capitalbetrag der Gefälle und nutzbaren Rechte ist zu 29.907 fl. 36 kr. 4 Hl. angeschlagen; die städtischen Waldungen von 12983/8 M. (sowie der Hospitalwald von 3145/8 M). liegen auf den Markungen von Schorndorf, Höslinswarth, Baiereck und Ober-Berken. Namentlich hat die Stadt 1541 von Herzog Ulrich gegen 1200 fl. in Geld, und gegen einige Häuser und Güter, 180 M. hinter dem Ottilienberg die zum Waldbau verwandt wurden, erhalten, und 1563 von Höslinswarth 250 M. um 525 fl. erkauft. Seit 1780 wurden auch die beträchtlichen, zur Obstzucht untauglicheren Allmanden mit Tausenden von Eichen etc. bepflanzt, 1788 eine eigene Waldbaumschule und auf dem Schafwasen eine Pappelallee angelegt. Die Waldungen werden nach forstwirthschaftlichen Grundsätzen seit 1830 durch einen eigenen Stadtförster bewirthschaftet. Die Einnahmen der Stadtpflege (1848–49) sind hauptsächlich: 1122 fl. 18 kr. Bürgerannahmgebühren, 1532 fl. 30 kr. Bürger- etc. Steuer, 636 fl. 461/2 kr. Strafen, 628 fl. 22 kr. von Märkten, 562 fl. für die Schafweide, 223 fl. 12 kr. für den Pförch, 21 fl. 56 kr. Jagdpachtzinsen, 358 fl. 8 kr. für den Heuzehenten, 168 fl. 38 kr. aus Gebäuden, 2115 fl. 33 kr. aus Feldgütern, 3242 fl. 48 kr. aus Waldungen, 153 fl. 6 kr. aus Obst und Gras, 55 fl. aus Holz und Weiden. An Ausgaben verdienen Erwähnung: 1379 fl. 17 kr. Besoldungen und Belohnungen, 1042 fl. 10 kr. Verwaltungskosten, 231 fl. 6 kr. auf Medicinal-Polizei, 713 fl. 18 kr. Feuer-Polizei,| 1737 fl. 211/2 kr. Feld-Polizei, 22 fl. landwirthschaftliche Polizei, 249 fl. Ruhestands-Polizei, 1200 fl. 281/2 kr. Landes-Polizei, 634 fl. 39 kr. auf die Bürgerwehr, 2258 fl. 32 kr. für die Schulen, 857 fl. 9 kr. für Armenkosten, 233 fl. 291/2 kr. Brunnenbaukosten.

Es befinden sich in der Stadt 8 laufende und 15 Pumpbrunnen, welche dem Bedürfnisse vollkommen genügen. Im J. 1823 begann die Stadt die ganze Brunnenlage mit gebrannten Teicheln aus der Fabrik Bihls in Waiblingen auszulegen. [8] Badeanstalten hat die Stadt nicht. Im Mittelalter war eine Badstube an dem Markt und außerdem noch ein „hinteres Bad“ vorhanden. Für gesellige Vergnügungen besteht eine seit 1848 vereinigte Museums- und Kasino-Gesellschaft, welche zugleich als Leseanstalt dient. Auch fehlt es nicht an Bildungs- und Wohlthätigkeits-Anstalten.

Die lateinische Schule ist alt, da bereits 1357 der Schulmeister zu Schorndorf genannt wird. Albrecht Alber, Schulrector, Baccalaureus und öffentlicher Notar wird 1431 erwähnt. Eine Collaboraturstelle wurde schon 1557 errichtet und dieser bereits 1575 eine zweite derartige beigefügt. Um dieselbe Zeit zollte Crusius der Anstalt großen Ruhm, den sie auch lange Zeit nachher noch behauptete. Jene drei Stellen blieben bis zur Errichtung der Realschule. Die Schule ist Corporationsanstalt: das Ernennungsrecht steht dem Könige zu. Sie besteht aus zwei Classen. Der Schulfond beträgt 320 fl. Die Realschule wurde 1839 errichtet, indem die zweite Collaboraturstelle in dieselbe verwandelt wurde. Sie besteht aus einer Klasse (vom 11–14 Jahre). Der Staat, welcher auch zu ernennen hat, leistet der Stadt einen Besoldungsbeitrag von 200 fl.

| Eine 1821 errichtete, gleichfalls dem K. Studienrath untergeordnete Zeichnungsschule ist in eine Handwerkerschule umgewandelt, worin Sonn- und Feiertags unterrichtet wird. Mit derselben ist eine Lese-Anstalt, bei der gemeinnützliche Bücher an junge Leute ausgeliehen werden, in Verbindung.

Deutsche Elementarschulen sind 6 in der Stadt, an welchen 1 Knabenschulmeister, 2 Mädchenschulmeister, 1 Unterlehrer und 2 Lehrgehilfen stehen. Ein zweiter Schulmeister wurde erst 1807 aufgestellt.

An einer längst bestehenden, 1821 mit einer Nähschule verbundenen Strickschule stehen 2 Lehrerinnen. Auch ist neuerer Zeit eine Kleinkinderschule entstanden. An wohltätigen Anstalten sind namentlich vorhanden:

Der Hospital zum h. Geist, eine für die Bürger aus den Mitteln der Stadt im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts (etwa 1435) gegründete Stiftung, welche ihre Eigenschaft als weltliches Institut stets gewahrt hat. Im J. 1848–49 betrugen die Einnahmen 9037 fl. 23 kr., die Ausgaben 9387 fl. 431/2 kr. Das Vermögen besteht, nach älterem Anschlage, in 31.500 fl. Gebäuden, 21.778 fl. Feldgütern und 6650 fl. Waldungen: die Activ-Capitalien in 32.225 fl. etc. Zusammen 98.200 fl. Des Waldbesitzes ist zuvor gedacht. Die Einnahmen sind hauptsächlich 114 fl. 55 kr. Strafen, 50 fl. 30 kr. Heuwaggeld, 33 fl. 13 kr. Hellerzinsen, 608 fl. 1 kr. Zehent-Surrogatgelder, 2166 fl. 37 kr. Pachtgelder, 946 fl. 55 kr. Ertrag der Waldungen, 842 fl. 18 kr. aus dem Gewerbe; die Ausgaben 93 fl. auf Medicinal-Polizei, 455 fl. 371/2 kr. landwirthschaftliche Polizei, 177 fl. 30 kr. Kirchenmusik, 700 fl. 25 kr. Lehrerbesoldungen, 300 fl. Beitrag zum Armenkasten, 2184 fl. 161/2 kr. Kostgelder, 203 fl. 28 kr. Krankenverpflegung, 285 fl. 44 kr. Gratialien, 480 fl. 30 kr. Cur- und Medicamenten-Kosten, 387 fl. 30 kr. Besoldungen, 426 fl. 59 kr. Hochbaukosten, 145 fl. 4 kr. Güterbaukosten, 603 fl. 27 kr. Waldhut und Waldcultur, 380 fl. 351/2 kr. Steuern (für Armenzwecke im Ganzen 4299 fl. 26 kr.). Ursprünglich hatte der Hospital arme und reiche Pfründner in eigener Verpflegung. Wegen der großen Beschädigungen, welche er im dreißigjährigen Kriege erlitten, wurde aber diese 1634 aufgehoben, und seitdem werden die Hospitaliten theils im Armenhaus und theils bei Privaten gegen Entschädigung gespeist.

Ein bereits 1456 genanntes Sondersiechenhaus mit eigener Capelle, worüber jedoch sonst nichts bemerkt werden kann, wurde 1537 mit dem Hospital verbunden.

Der Armenkasten, von Herzog Ulrich am 13. Dez. 1537 – wie in andern Städten aus älteren Armenfonds, kleinen Stiftungen, den Einkünften aufgehobener kirchlichen Pfründen und Heiligenpflegen –| zur Pflege der Armen errichtet. Das Vermögen besteht in 500 fl. an Gebäuden und 23.301 fl. 29 kr. Activcapitalien, worunter jedoch die Activcapitalien der Stiftungen mit 14.750 fl. begriffen sind. Bei den immer größer werdenden Anforderungen, welche wie an den Hospital, so auch an diese, in besonderer Verwaltung stehende Anstalt gemacht werden, reichen die Mittel derselben zu Unterstützung der Armen längst nicht mehr hin, daher unter den Einnahmen zunächst 1200 fl. Beiträge aus den übrigen städtischen Kassen erscheinen. Im Übrigen bestehen dieselben hauptsächlich in 56 fl. 19 kr. Gefällen aus Gemeinderechten, 14 fl. 50 kr. Grundgefällen, 133 fl. Pachtgeldern, 1235 fl. Capitalzinsen, 53 fl. aus Kirchenstühlen, 199 fl. aus Vorräthen, 102 fl. 17 kr. Stiftungen, 317 fl. 2 kr. Opfer; die Ausgaben in 305 fl. 33 kr. für Lehranstalten, 1207 fl. 34 kr. für Armenzwecke, 138 fl. 33 kr. auf Erhebung und Verwaltung, 767 fl. 33 kr. auf den Grundstock, 554 fl. 311/2 kr. auf Stiftungen.

Die in der Verwaltung der Armenkastenpflege stehenden Stiftungen sind dem Capital nach: zu Austheilung von Brot, von verschiedenen Stiftern 2145 fl. 39 kr.; zu Schulbüchern für arme Kinder 1083 fl.; zu Schuhen und Strümpfen für solche 590 fl.; zu Austheilung in Geldportionen an Arme, von Mehreren, 3675 fl.; zu Schulgeldern, 67 fl. 30 kr.; zu Erhaltung von Kirche und Schule, von Mehreren, 1371 fl.; zum Catechismussprechen 100 fl.; für Theologie Studirende, von der muthvollen Wittwe des Bürgermeisters J. G. Künkelin gestiftet, 1000 fl.; für die Kirchenmusik 328 fl.; für die Geistlichen 70 fl.; für die Todtengräber 40 fl.; zu Abendmahlswein für Kranke 20 fl.; für Theologie Studirende, von Ulrich von Gaisberg 1517 gestiftet, 1200 fl.; für den Präceptor, von demselben, 1200 fl.; für den Kirchenbau, von demselben, 400 fl.; für Kirchen- und Schul-Diener, von Anna Volz, geb. Heller, gestiftet, 1000 fl.; für Arme, die nicht betteln, von Herzog Ulrich jährlich (?) 6 fl. 12 kr.; Gaupp’sche Stiftung zu Schulprämien 200 fl.; Bendel-Ebersche Stiftung zu Schuhen 500 fl.; zu Erquickung der Armen, von Rechts-Cons. Schmid, 400 fl.; für arme brave Confirmanden, von Forstmeister von Kahlden gestiftet, 200 fl.

Außerdem stehen in der Verwaltung der Stadtpflege: für Studirende aus der Kapf’schen Familie, 1733 von Pfarrer J. Th. Kapf in Urbach gestiftet, 3200 fl.; für Studirende aus der Seiz’schen Familie, von Leonhard Seiz gestiftet, 1500 fl.; für Dienstbotentreue, Lebensrettung, Anzeige von Verbrechen und Erfindung nützlicher Künste, von Pfarrer Weißert in Thamm gestiftet, 1100 fl.

| Privatvereine bestehen:

a) Für Erhaltung der obenerwähnten Kleinkinderschule, wofür zunächst eine auf den Tod der Königin Katharine veranstaltete Collecte von 600 fl. verwandt wird;

b) für Unterbringung verwahrloster Kinder in Rettungshäusern, und

c) für Speisung armer Kranker und Gebrechlicher, 1850 von 115 Mitgliedern gegründet. Der meist aus Frauen bestehende Ausschuß hat die Kranken zu besuchen und auch auf die sittlichen Verhältnisse einzuwirken.

Mit dem städtischen Armenhause steht das S. 62 erwähnte, am äußersten Ende der Vorstadt gelegene, auf gemeinschaftliche Kosten der Oberamtspflege und des Hospitals 1827 erbaute und eingerichtete Krankenhaus: ein zweistöckiges Gebäude mit 7 Kranken-, 1 Inspections- und 1 Sections-Zimmer, in Verbindung. Es hat keine besondere Dotation; die Unterhaltungs- und Einrichtungs-Kosten werden je hälftig von der Oberamtspflege und der Hospitalpflege, die Kur- und Verpflegungs-Kosten aber von den Kranken oder ihren Heimathsgemeinden bestritten.

Übrigens haben in Schorndorf 4 praktische Ärzte und 3 Wundärzte ihren Sitz. Auch ein kleines Irrenhaus, eine Privatanstalt, ist zu erwähnen.

Der Gottesacker, früher vor dem obern Thor östlich von der Stadt gelegen, ist 1840 auf der Südseite neu angelegt worden; er ist mit einer schönen Mauer umgeben und mit einem freundlichen Eingang geschmückt. Ein noch älterer Begräbnißplatz, der bei dem ersterwähnten, gleichfalls vor der Stadt, gelegen haben muß und worauf die St. Jakobskapelle stand, mußte einst wegen des Festungsbaues hinter das Schloß verlegt werden wann er eingegangen, ist unbekannt.


Kirchliche Verhältnisse.

An der Kirche stehen ein Stadtpfarrer, der zugleich Dekan ist, und ein Diaconus. Von 1570 bis 1635 waren zwei Diaconen. Einige Zeit lang (z. B. 1648) war auch ein Garnisonsprediger hier. Seit der Reformation hat die Kirche kein Filial mehr. Das Patronat war stets landesherrlich. Für die Kirchenmusik ist außer einem Organisten ein Musikdirector (beide zugleich Schulmeister) angestellt und sind neben dem Stadtzinkenisten zwei aus einer hiefür bestimmten Stiftung (s. oben) salarirte Kirchensängerinnen und mehrere Bürger und Bürgerssöhne hiebei thätig.

Von Klöstern bestand nur ein einziges in Schorndorf, ein Beguinen-Kloster St. Franciscanerordens dritter Regel, hinter der lateinischen Schule. Im J. 1581 übergab die letzte übrige Schwester das Vermögen| des Klösterleins der geistlichen Verwaltung, worauf sie in den Hospital aufgenommen ward.

Dagegen sind mehrere vormalige Kirchen und Stiftungen zu erwähnen:

1) Die Marienkirche, wie schon oben gedacht, die einzige, jetzt noch benutzte Kirche in der Stadt. Frühe genannte Pfarrherren sind: Friedrich, Notar der Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg in den Jahren 1350, 1357; Walther von Heilbronn im J. 1359; Volkhard von Schechingen 1424. Außer der Pfarrei bestand an dieser Kirche eine St. Peters- und Pauls-Kaplanei, welche im J. 1347 von der Stadt Schorndorf gestiftet wurde und in Schorndorf, Schornbach, Miedelsbach, Haubersbronn, Hohengehren und Hebsack Gefälle besaß. Eine St. Nicolai-Pfründ stiftete der Pfarrherr Friedrich mit Bewilligung Graf Eberhard’s von Württemberg, als Patrons, und Bischof Ulrich von Constanz ertheilte hiezu im Jan. 1350 seine Bestätigung. Eine Katharinen-Pfründe stiftete 1387 Eberhard von Urbach, mit Gütern zu Hochdorf, Miedelsbach und Unter-Urbach. Die Stiftung eines Predigtamts bewilligte Graf Ulrich den 19. April 1461.

2) St. Georgen-, auch Allerheiligen-Kirche, der Sage nach 1134 erbaut; die Kaplanei zu St. Georg wurde 1299 von Engellin, Schultheiß in Schorndorf, mit Gutheißen Graf Eberhard’s von Württemberg gestiftet. [9] Da die Urkunde sagt, die Stiftung geschehe sine prejudicio ecclesie parochialis, so war diese Kirche eigentlich nur eine Kapelle. Sie hatte Gefälle in Schorndorf, Schornbach, Steinenberg, Winterbach, Bürg, Weiler. In dieser Kapelle war auch eine von der Stadt gestiftete Elisabethen-Pfründe. An ihrer Stelle wurde seit 1582 der Hospital aufgebaut.

3) St. Jakobs-Kapelle, außerhalb der Stadt beim ehemaligen obern Thore und ersten Kirchhof, im J. 1532 eingeweiht, aber nicht lange nachher beim Festungsbau wieder abgebrochen.

4) St. Leonhards-Kapelle auf dem Kapellplatz neben dem abgebrochenen untern Thore, 1418 erstmals genannt, mit einer im J. 1516 gestifteten Jakobskaplanei. Auch sie wurde beim Festungsbau, im J. 1538, abgerissen.

5) Unserer lieben Frauen-Kapelle, welche vor Zeiten beim untern Thore stand, wo später die untere Kelter erbaut wurde; sie besaß Gefälle in Schorndorf, Schornbach, Mannshaupten, Miedelsbach, Weiler, Winterbach, Alfdorf und Neustadt (O.A. Waiblingen).

6) Kirchhofkapelle, mit Gruft, im 30jährigen Kriege zerstört.

| 7) St. Marx-Kapelle, auf einem früher in der Stadt beim Beguinenkloster befindlichen Kirchhof.

8) Kapelle auf dem Ottilienberg. Der Heiligenpflege derselben wird noch 1537 gedacht. Auch sind auf dem Ottilienberg noch einige Überreste der ehemals hier gestandenen Kapelle vorhanden. Am westlichen Fuß derselben wird eine Flur „im Hof“ genannt, was auf einen ehemaligen Wohnplatz hindeutet.

9) Kapelle auf dem Galgenberg.

10) Heiligkreuzkaplanei oder Heiligkreuzpfründ zu den Sondersiechen, vor der Stadt. Sie wurde im J. 1456 von Elisabeth Eglingerin, Bürgerin zu Schorndorf, gestiftet und hatte Gefälle zu Schorndorf, Miedelsbach, Winterbach, Endersbach, Hebsack, Geradstetten und Grunbach.

Im Ganzen zählte man vor der Reformation wenigstens 15 Pfründen und Kaplaneien.

Was die Reformation betrifft, so war Schorndorf eine der ersten württembergischen Städte, welche sie annahm. In den Jahren 1532–1535 lehrte hier bereits der lutherische Diaconus Joh. Pfeffinger. Mit der Kirchenverbesserung zeigten sich indeß bald auch die Sekten, schon im J. 1535 Wiedertäufer und Schwenkfelder, sie waren jedoch blos eine vorübergehende Erscheinung. Filialien waren zuvor, wie sich unten zeigen wird, Haubersbronn, Winterbach mit Geradstetten und Weiler.


Geschichtliches.

Die erstmalige Nennung von Schorndorf fällt in das Jahr 1235[10]; damals erscheint als Zeuge in einer Urkunde Heinrich’s von Walthausen für Kloster Lorch: Dietericus de Shorendorf (Original im Stuttgarter Staats-Archiv), welcher selbe Dieterich als Dietericus de Sordorf im Jahr 1236 in einer Kloster Adelberger Urkunde unter den ministeriales imperii auftritt. Bei der erstmaligen Nennung des Orts als eines württembergischen in einer Urkunde Graf Ulrich’s des Stifters vom Jahr 1262 für Kloster Adelberg, welches von Graf Ulrich freie Durchfuhr durch Schorndorf erhält, erscheint Schorndorf als municipium dieses Grafen. An das Einrücken württembergischer Grafen in Güterbesitzungen bei Schorndorf erinnern in dessen nächster Umgebung die Namen: Grafenberg (Weinberge daselbst schon 1290 genannt), Grafenfeld (Flurname), Grafenmühle und Grafenkelter.

| Der älteste bekannte Municipalbeamte ist Cunradus scultetus de Schorendorf in der Urkunde Graf Ulrich’s von Württemberg für Kloster Adelberg von 1264, Juli 14; sein Nachfolger, im Jahr 1290 zuerst erwähnt, heißt Engellin. Dieser stiftete im Jahr 1299 eine Priesterpfründe, wozu sein Herr, Graf Eberhard von Württemberg, die Genehmigung ertheilte (Original im Staats-Archiv). Einen Ulrich, den Ammann von Schorndorf, finden wir in einer Urkunde von 1304, wodurch die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg die Güter des Klosters Adelberg zu Schorndorf befreite. An seine Stelle trat noch im 14. Jahrhundert ein Vogt. – Das Gericht in Schorndorf – judices jurati – wird 1299 erstmals genannt. Das älteste bekannte Stadtsiegel von Schorndorf hängt an einer Urkunde Graf Eberhard’s für Kloster Adelberg von 1294, Juli 13; die früheste Erwähnung von Stadtmauern geschieht im Jahr 1299 in der eben erwähnten Urkunde des Schorndorfer Schultheißen Engellin (es heißt darin: capella sita infra muros opidi in Schorndorf).

Unter den benachbarten Adelsfamilien waren die Herren von Urbach allhier begütert; 1396 war Hans von Urbach in Schorndorf seßhaft; dasige Güter und Rechte verkaufte noch im Jahr 1467 Agatha von Baldeck, Wittwe Walther’s von Urbach, an Graf Ulrich. Ferner werden genannt: 1385 Ulrich von Schechingen, Edelknecht, gesessen zu Schorndorf; 1460 Ulrich von Seckach, Bürger zu Schorndorf. – 1542 war H. Schilling von hier Fähndrich im Türkenzuge. – An alten Bürgergeschlechtern sind zu nennen: die Jung, Graf, Rorbeck, Heß, Küchenmeister, Palm, Kapf, Gaisberg, die letzteren nachmals in den Adelstand erhoben, u. A.

Der größte Theil von Grund und Boden war längst im freien Besitze der Bürger; namentlich der Landesherrschaft standen verhältnißmäßig nicht viele grundherrliche Rechte zu. Zunächst kommen in letzterer Hinsicht die Klöster Adelberg und Lorch in Betracht, welche hier Pfleghöfe und Vorrathshäuser hatten. Adelberg, dießfalls schon oben erwähnt, kaufte 1264 von Graf Ulrich von Württemberg hier und in Schornbach einige Wiesen und erwarb von da an mehrere andere Rechte, namentlich 1294 und 1304 von Württemberg Freiheit von Vogtrechten und Diensten, und von demselben 1392 Zollfreiheit. Von Michael Heß kaufte es 1431 ein Haus, das es, sowie ein anderes, 1552 und 1558 an Württemberg verkaufte. Catharina v. Westhausen, Wittwe des Ritters Rüdiger von Leineck, schenkte dem Kloster Lorch 1346 ein Haus; dasselbe Kloster kaufte 1440 von den Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg das sog. Grafenhaus, ein Schlößchen, das früher den von Urbach gehört hatte, und 1453 von Württemberg der Jungen Haus. Auch das Domcapitel Constanz hatte| frühe schon eine Verwaltung hier; 1482 kaufte es von der Wittwe des Fritz Gaisberg ein Haus. Graf Eberhard von Württemberg verkaufte 1291 an mehrere Schorndorfer Bürger, worunter Conradus quondum scultetus, Rufo de Gerhartstetin, aliâs dictus Wingarter um 120 Pfd. Hl. curiam nostram apud Schorndorf sitam quam excolebat dictus Hovesaze, cum vero dominio und steuerfrei. Graf Ulrich von Württemberg verlieh 1358 Heinrich dem Rohrbeck, seinem lieben Burger zu Schorndorf, den Bruwel hinter der Kelter zu Schorndorf und einen Weinberg am Brumberg, sowie die Mühle, genannt die Gebenmühle. Die Kellerei besaß außer den Zehenten hauptsächlich nur Lehengefälle aus der unteren Mühle und zwei erbliche Höfe ohne Gebäude, 50–60 Morgen groß, die 1515 bereits je in 4 Theile getheilt waren. Wegen der hierauf ruhenden Dienste wurden die beiden Hofmaier mit der Bürgerschaft 1554 dahin vertragen, daß wenn die Stadt einen Reiswagen der Herrschaft stellen müsse, die ersteren 2 und die Bürger 2 Pferde geben und beide mit Stellung des Fuhrmanns abwechseln sollen u. s. w.

Schorndorf, frühe befestigt, war von Osten her der Schlüssel zu Altwürttemberg und ein Hauptangriffspunkt für die Feinde desselben. Letzteren gelang es einmal, im Jahr 1310, zur Zeit der Ächtung Graf Eberhard’s des Erlauchten, mit fast dem ganzen Lande auch die Stadt auf ihre Seite zu bringen; am 24. August 1312 ging Schorndorf an die Stadt Eßlingen, damals Hauptfeindin Württembergs, über. (Sattler, 1. Beil. Nr. 47.) Dieses Verhältniß dauerte nicht ganz zwei Jahre; der neu aufgegangene Glücksstern des Grafen Eberhard brachte die Stadt bald wieder unter seine Botmäßigkeit. Sie sah den 11. Sept. 1316 Ludwig den Bayer vor ihren Mauern gelagert, als dieser König nach Eßlingen gegen König Friedrich den Schönen zog, welchem damals der genannte Graf von Württemberg anhing.

In den Zeiten Graf Eberhard’s des Greiners treffen wir in Schorndorf selbst den 21. Aug. 1347 den eben erwähnten Kaiser Ludwig, den 6. 7. Dez. 1347 den Kaiser Karl IV. Die Zerwürfnisse, in welche Graf Eberhard mit Kaiser Karl IV. gerieth, brachten den Waffenlärm vornehmlich in’s Remsthal. Weichend der Übermacht des Kaisers, warf sich im August 1360 der Graf in die Stadt Schorndorf, welche sofort der Kaiser am 28. Aug. umlagerte; es wurde indeß bereits am 31. desselben Monats „im Felde vor Schorndorf“ der Friede abgeschlossen, welchen die Bischöfe von Augsburg, Constanz und Speier vermittelten. (Sattler, Grafen, 1. Beil. Nr. 116.)

Nach Ableben Graf Eberhard’s des Milden († 1417) diente Schorndorf seiner Wittwe Elisabeth, geb. Burggräfin von Nürnberg, zum Wittwensitze, auf dem sie im Jahr 1430 verschied.

| Im Jahr 1431 bewirthete die Stadt den König Sigismund sammt den päpstlichen Legaten, den Cardinal Julian (Trithem. Ann. Hirs. 2, 381.) – Den 6. Juli 1446 errichteten allhier Erzbischof Dietrich von Mainz, Herzog Ludwig von Bayern, Herzog Albrecht von Österreich, die Gebrüder Ludwig und Ulrich, Grafen von Württemberg, u. A. ein Bündniß auf zwei Jahre, die Straßenräubereien in ihren Landen zu verhindern.

Als Graf Ulrich von Württemberg sich den 9. Juli 1449 mit Margarethe, Tochter Herzog Amadeus von Savoyen, Wittwe Churfürst Ludwig’s von der Pfalz, vermählte, verschrieb er ihr für ihr reiches Beibringen die Einkünfte der Stadt und des Amtes Schorndorf und ließ ihr allda huldigen. (Sattler, Grafen, 2, 186.)

Im Anfang des 16. Jahrhunderts war das Remsthal die Wiege des „Armen Kunz oder Konrad,“ einer mißmuthig-lustigen Bauerngesellschaft, welche der Ärger über neue Schatzungen Herzog Ulrich’s vereint hatte. Am Osterabend (April 15) 1514 zogen die Bauern auf den Vorschlag eines schalkhaften Gesellen, Gaispeter, mit Trommeln und Pfeifen von Beutelsbach aus hinab an die Rems, um dort das neue Gewicht der Wasserprobe zu unterwerfen. „Haben die Bauern Recht, so fall zu Boden, hat der Herzog Recht, so schwimm oben.“ Es rotteten sich allmählig etwa 2000 Bauern zusammen; doch blieb die Gesinnung der Bewohner Schorndorfs größtentheils noch gut, und die dortige Obrigkeit wußte den gegen die Thore anrückenden Armen Konrad mit Brod und Wein abzufertigen. Der Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514, welcher im ganzen Lande Frieden bringen sollte, besänftigte die Bauern dieser Gegend indeß keineswegs und Herzog Ulrich hielt für nöthig, durch persönliches Erscheinen im Remsthal die Huldigung auf den genannten Vertrag zu erzwingen. In dieser Absicht hieß er Stadt und Amt auf dem Wasen vor der Stadt sich versammeln. Allein hier stieß der Herzog auf große Widerspänstigkeit, gerieth selbst in Lebensgefahr, und als er sich wieder in die Stadt zurückziehen wollte, hatten sich derselben die Aufrührer bereits bemächtigt gehabt, so daß er nach Stuttgart heimreiten mußte. Nun rüstete er sich mit aller Macht und sprach die benachbarten Herrschaften um Beihülfe an. Vorerst sollte Hans von Gaisberg den armen Konrad, als er gerade von Schorndorf her im Anzug war, durch Unterhandlungen begütigen, was ihm freilich nicht auf lange gelang. Indeß drang Ernst von Fürst, Herzog Ulrich’s Burgvogt in Tübingen, mit seinen zwei Fähnlein im Remsthal vor, nahm trotz des versprochenen freien Geleits den Bauernhauptmann Vollmar von Beutelsbach gefangen und besetzte in Gemeinschaft mit Herzog Ulrich, welcher mit 1800 Reisigen in Begleitung der landschaftlichen Abgeordneten heranzog, den| 1. Aug., Nachmittags 3 Uhr die Stadt Schorndorf. Nun ging’s an’s Plündern und Zerstören; das Haus Caspar Bregenzer’s, wo des armen Konrad’s Kanzlei war, wurde niedergerissen. Am 2. Aug. wurden von 3400 Remsthälern, welche auf den Wasen bei der Stadt vorgefordert wurden, 1600 für verdächtig oder schuldig erklärt, entwaffnet, verhaftet oder unter Wache gestellt, Am 7. Aug. wurden sie abgeurtheilt, die Landschaft saß zu Gericht; denn der Herzog mit seiner Begleitung kam erst gegen Abend; den Gerichtsstab hielt der Vogt Gaisberg von Stuttgart, Ankläger war Konrad Breuning, Vogt zu Tübingen, Fürsprecher Georg Gaisberg, Vogt zu Schorndorf; 1600 Bürger standen als Schuldige umgeben von den Kriegsknechten, 46 waren mit Ketten belastet (Heyd, Ulrich 1, 346). Die drei Hauptanführer wurden sogleich, sieben andere bald darauf hingerichtet; bei Dautel Jacob von Schlechtbach wurde angeordnet, daß sein Haupt auf den Thurm des mittleren Thores gesteckt werde, dort zu verwesen. Zweiunddreißig Personen wurden dem Herzog zur Bestrafung übergeben, andere verbannt. Darauf verfügte sich das Gericht nach Stuttgart, wo es seine Verhandlung auf offenem Markte fortsetzte. Auf letzterem fanden sechs Enthauptungen statt. Hierauf wurde wegen der Entflohenen, von denen nur acht wieder erschienen, Gerichtstag gehalten; die Zahl derselben betrug 155, an ihrer Spitze war Gaispeter.

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Noch nicht fünf Jahre waren nach diesem Sturme, welcher namenlose Trauer über Schorndorf gebracht, verflossen, als durch das Einrücken des schwäbischen Bundesheeres, welches den Herzog Ulrich aus seinem Lande vertrieben, ein neues Ungewitter über die Stadt hereinbrach, zumal da sie dem Herzoge 4000 Pfd. (wofür sie einen Wald und Freiheit wegen des Äckerichs erhielt) vorgestreckt hatte. Am 10. April 1519 rückte der Feldhauptmann des schwäb. Bundes, Georg von Frundsberg, siegreich ein; nach nur eintägiger Belagerung erzwang sein schweres Geschütz (dabei die sogen. scharfe Metze, welche centnerschwere eiserne Kugeln schoß) die Übergabe der Stadt, trotz dem Muth der unter Hauptmann Hans Mayer und dem Oberbefehlshaber Hans Harder von Gärtringen stehenden Besatzung (5–600 freier Knechte). Letzterer wurde freier Abzug gestattet gegen das Versprechen, drei Wochen lang nicht gegen den schwäbischen Bund zu dienen (v. Martens, 165). Am 16. Aug. wurde die Stadt durch den Hauptmann Jos von der Scheer mit 200 Mann besetzt. Sie hielt aber noch immer fest an Herzog Ulrich, wurde deßhalb nach dessen Flucht abermals von den Bündischen besetzt (Oct. 14) und wegen ihrer Treue gegen den Landesfürsten zu einer Buße von 4000 fl. verurtheilt; Schorndorf sollte nunmehr, nach Verfügung Herzog| Wilhelm’s von Bayern (Generals des schwäbischen Bundes) vom 17. Oct., eine der Citadellen des schwäbischen Bundes werden.

Nun folgen die österreichischen Zeiten 1520–1534, als der schwäbische Bund das eroberte Land an Kaiser Karl V., dieser an seinen Bruder Ferdinand übergeben. Statthalter von Schorndorf wurde sofort Hans von Hürnheim. In diese Periode fallen die Drangsale des Bauernkrieges, in welchem Schorndorf den 28. April 1525 von den Bauern besetzt wurde.

Als Herzog Ulrich sein Land wieder eroberte, legten die Schorndorfer alsbald die Erbhuldigung ab, wogegen ihnen der Tübinger Vertrag und ihre übrigen Gerechtigkeiten und Gebräuche bestätigt wurden. Sofort begann der Herzog im Jahr 1538 den neuen Festungsbau (s. oben).

Im Jahr 1544 war die Befestigung vollendet, aber schon im schmalkaldischen Kriege, welcher am Schluß des Jahres 1546 den Waffenlärm in diese Gegend brachte, mußte die Besatzung Schorndorfs, an welche Herzog Alba die Aufforderung zur Übergabe am 15. Jan. 1547 hatte ergehen lassen, am 16. d. M. die Festung räumen (v. Martens, 275). Nunmehr erhielt Schorndorf, welches in Folge genannten unglücklichen Kriegs zu den Orten gesellt wurde, welche vertragsmäßig kaiserliche Besatzung beherbergen mußten, am 24. Aug. 1548 fünf Compagnien Spanier eingelagert, welche bis zum 19. Oct. 1551 blieben und einen üblen Ruf zurückließen (was ehemals auf der großen Rathsstube angeschriebene Verse, welche im Jahr 1576 der Bürgermeister Joh. Schmidlapp verfertigte, verkündeten. Sie stehen bei Rösch, S. 58). Nach Abzug dieser schlimmen Gäste legte Herzog Christoph fünf Fahnen Deutsche ein, unter Franz von Mersburg; diese blieben allda 6 Monate.

Besonders tückisch hausten die Stürme des 30jährigen Kriege in und um Schorndorf. Bei Anbruch desselben wurde die Feste in besseren Vertheidigungsstand gesetzt und eine Besatzung von 300 Mann hineingelegt (im Jahr 1621, v. Martens 290). Als im Jahr 1631 die Kaiserlichen das Land unter dem Grafen von Fürstenberg überschwemmten, erhielt auch Schorndorf ligistische Einlagerung, 12 Wochen lang, Ende 1631 bis Anfang 1632 (zuerst 1500 Mann unter General Aldringen, dann 700 unter Oberst Deway); damals wurde mit solchem Eifer an den Festungswerken gearbeitet, daß selbst am Christfeste die Kirche verschlossen blieb (v. Martens, 315). Das Vorrücken der Schweden befreite zwar am 28. Jan. (7. Febr.) von den Feinden, welche die Folgen der Nördlinger Schlacht (1634, Aug. 26) um so wilder vor dessen Mauern führten.

Im Frühling und Sommer 1634 lagen in der Stadt zu ihrem Schutze zuerst vier württembergische Compagnien unter Oberstlieutenant| Jost Faber, nach diesem – als ungebetene Gäste – schwedische Truppen, meist zusammengerottetes Gesindel unter dem Obersten Taupadell, welcher einen von Stuttgart erhaltenen Befehl vorzeigte, daß er das Commando der Stadt zu übernehmen habe. Eiligst setzten diese Schweden den Wall in besseren Vertheidigungsstand, bauten Schanzen, brachen die Kirche, welche beim Gottesacker stand und die Mauern des letzten selbst ab, und brannten die ganze Vorstadt, worin 300 Bürger wohnten, nieder, Taupadell nahm der Stadt an Geld und Silbergeräthschaften 10.500 fl. weg, leerte einen Stock mit 2600 fl. landschaftlicher Gelder, welcher der Stadt in Verwahrung gegeben war. Mit seiner allmälig auf 2000 Mann angewachsenen Mannschaft machte er Ausfälle, bis er am 26. Oct. (5. Nov.) durch den Generallieutenant Graf Gallas, welcher bisher in Beutelsbach gelegen, mit 7 Regimentern enger eingeschlossen wurde. Am 24. Nov. (4. Dec.) Abends wurde Schorndorf vom Ziegelgraben (auf der Seite des Ottilienbergs) aus mit Granaten beschossen und innerhalb 18 Stunden verheerte die, zumal durch fünfmal veränderten Wind verstärkte Flamme die ganze Stadt mit Ausnahme des Schlosses und zweier Häuser. So mußte schon am folgenden Tage, 25. Nov. (5. Dec.), Taupadell sich ergeben; eine Übereinkunft, geschlossen mit dem kaiserlichen Obersten von Mühlheim (Gallas war weiter gezogen), sicherte jedoch der Besatzung freien Abzug mit allen Ehrenzeichen und der Bürgerschaft die Religionsfreiheit. Nach der Übergabe besetzten vier Compagnien Buttler’scher [11] Dragoner die greulich verwüstete Stadt, in welcher man kaum 40 Bürger statt der früheren 840 zählte. So verblieb Schorndorf, 12 Jahre lang, in kaiserlichen Händen.

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Obgleich im Jahre 1638 dem Herzog sein Land größtentheils zurückgegeben wurde, so trat für Schorndorf die Wendung der Dinge erst im Sommer 1646 ein. Schorndorf hatte damals eine Besatzung von 200 Bayern, unter Oberstlieutenant Röhwein, als der französische Feldmarschall Turenne, welcher sein Hauptquartier in Winterbach, dann in Weiler hatte, am 25. Aug. (4. Sept.) die Stadt belagerte, aus zwei Batterien auf sie schießen, seine Mannschaft bis an den Graben vorrücken, 15.000 Faschinen in denselben werfen und alle Anstalt zur Berennung machen ließ. Da ergab sich nach bedeutendem Verluste die Besatzung am 29. Aug. (8. Sept.) Abends und erhielt freien Abzug, worauf Schorndorf 400 Franzosen unter dem Generaladjutanten von Groot zur Besatzung bekam, zu deren Unterhalt Herzog Eberhard von Württemberg monatlich 2700 Reichsthaler beisteuern mußte (v. Martens 474). Der eben erwähnten| Besatzung folgte das ganze Kluogische Regiment unter Oberst Rußworm, welcher erst nach dem westphälischen Frieden den 4. (14.) Juli 1650 die Stadt dem Herzog Eberhard v. Württemberg einräumte (Sattler Herzoge, 9. Beil. Nr. 23. 24, von Martens 492). Der ganze Kriegsschaden, welchen die Stadt und das Amt in den Jahren 1634–1650 erlitt, wurde auf 4.359.159 fl. 16 kr. berechnet (Rösch 65); von den 4200 Schorndorfer Einwohnern haben nur 830 die Jammerzeit überlebt. An Jacobi 1660 wurde der Gottesdienst, welcher bisher blos im Chor der Kirche gehalten wurde, in der erneuten Kirche selbst gefeiert, und vom Jahr 1679 an baute man wieder an der Vorstadt auf, welche aber nie wieder den Umfang der zerstörten erreichte.

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Beim Einfalle der Franzosen im Jahr 1688, im Orleans’schen Erbschaftskrieg, war unter andern auch die Feste Schorndorf, von wo aus sie den Eintritt der schwäbischen Kreistruppen in Württemberg aufhalten wollten, ein Ziel ihrer Gelüste. Zuerst machte der General Montclar den 7. (17.) Dec. den Fehlversuch, durch schriftliche Aufforderung die Stadt zur Übergabe zu vermögen, hierauf wandte der französische Gesandte Juvigny am 8. (18.) bei der verwittweten Herzogin Magdalena Sibilla in derselben Absicht vergebliche Drohungen an; jedoch drang bei dem deßhalb versammelten ganzen Oberrath die Meinung durch, bei der großen Gefahr, welche von den Franzosen bevorstehe, sei kein anderes Mittel vorhanden, als Schorndorf zu übergeben. Am 14. (24.) Dec. rückte Melac mit 300 Reitern vor die Stadt; indeß kam von Herzog Eberhard Ludwig von Regensburg aus der Befehl, die Festung nicht sogleich einzuräumen, jedoch es auch nicht bis zum Äußersten ankommen zu lassen, sondern im Nothfall sich auf das Schloß zurückzuziehen, um dort einen Übergabsvertrag zu schließen. Indeß wies der Commandant Krummhaar jede Aufforderung zur Übergabe – 2000 ihm zur Bestechung angebotene Dublonen – kräftig zurück. Zur Übergabe geneigt waren übrigens mehrere Glieder des Magistrats, aber die Bürger und die Besatzung schwuren dem Commandanten Beistand mit Leib und Leben. Da erhoben sich die, durch ihre Heldenthat berühmt gewordenen Schorndorfer Weiber. Die Gattin des Bürgermeisters Künkelin, eine unansehnliche, aber kluge und beherzte Frau, verband sich mit der Frau des Wirths und Gerichtsältesten Kazenstein, die Stadt zu retten. Beide ließen durch den schlauen Weingärtner Kurz die Weiber zusammenrufen und sich rüsten; ihr Sammelplatz war das Haus der Bürgermeisterin, als Waffen dienten Ofen- und Heugabeln, Bratspieße, Kunkeln, Besenstiele, Sicheln und Stuhlfüße. Nun zogen sie compagnienweise – immer die bösesten Weiber wurden zu Offizieren gewählt und mit Degen und kurzem Gewehr ausgerüstet – auf das Rathhaus und verhinderten wirklich| die Übergabe der Stadt, die Männer durch ihren Muth kräftigend. Die Bürgermeisterin, welche im Ofen der Rathsstube versteckt die beabsichtigte Übergabe der Festung erlauschte, soll ihrem Manne mit dem Tode gedroht haben. Zwei Tage und drei Nächte hielten die Frauen das Rathhaus und die Thore besetzt und die herzoglichen Abgeordneten in Gewahrsam, weil sie von ihnen befürchteten, sie wollen die Übergabe vermitteln. So wich wirklich Melac von Schorndorf zurück, noch ehe die Kriegsvölker anrückten, welche das Land von Feinden reinigten. [12]

Im Juli 1693 hatte die Festung Schorndorf, in welche sich damals der württembergische Oberst Carlin von Sommariva mit seinen wackern Dragonern, den Franzosen ausweichend, zurückgezogen hatte, die Ehre, genannte Reichsfeinde vor ihr abziehen zu sehen (v. Martens 536).

Auch im spanischen Erbfolgekrieg tritt ein militärischer Punkt wie Schorndorf wieder hervor; im Anfange des Jahrs 1703 vereinigten sich hier die Truppen des schwäbischen Kreises mit denen Herzog Eberhard Ludwig’s. Am 2. Juni 1707 schlug das deutsche Heer unter Anführung des Markgrafen Ernst von Baireuth auf seinem Rückzuge vor den Franzosen, bei Schorndorf ein Lager, welches es aber alsbald wieder verließ. Doch blieben in Schorndorf 400 Mann zurück unter Befehl des Oberstlieutenants d’Aston; derselbe beantwortete die Aufforderung zur Übergabe, welche der französische Brigadecommandant l’Isle du Viguier an ihn machte, mit Geschützfeuer, wodurch Viguier selbst seinen linken Fuß verlor (10. Juni 1707). Am 11. Juni durch 200 Mann verstärkt, sah die Besatzung wenige Tage darauf den französischen General St. Fremont mit einer Abtheilung Reiterei vor der Stadtmauer und erhielt abermalige Aufforderung zur Übergabe. Auch jetzt wieder wurde mit Kanonenfeuer geantwortet, aber die Belagerung wurde ernster. Bei der Ziegelhütte, unweit des Ottilienbergs, pflanzten die Franzosen eine Batterie von fünf Geschützen auf und bedrängten – nur noch 50 Schritte vom Stadtgraben entfernt – dermaßen die Stadt, daß der Commandant zu einer Übergabe, bei welcher er anständige Bedingungen herausschlug, gezwungen war. Am 15. Juni 8 Uhr Morgens hielt der französische Marschall Villars seinen Einzug in die Stadt, welche am 17. Juni 4–500 Franzosen unter Oberstlieutenant de Billy, und am 21. Juni noch dazu 150 Dragoner zur Besatzung erhielt. Dieser Besuch der Franzosen, wenn sie gleich schon am 30. Juni wieder abzogen, kostete die Stadt 286.000 fl. Es war das letzte Mal, daß Schorndorf als Festung behandelt wurde (v. Martens 607–9. 613).

| In militärischer Hinsicht ist jetzt nur noch von Truppendurchzügen die Rede. Im österreichischen Successionskrieg traf eine Colonne der Franzosen, welche der französische Marschall v. Belleisle nach Deutschland führte, am 25. Aug. 1741 hier ein und hielt am 26. einen Rasttag; am 17. Juli 1743 weilte allda der Herzog von Lothringen mit einem Theile seines Heeres.

Im Feldzuge von 1796 verlegte Erzherzog Karl, welcher am 22. Juli Abends seinen Rückzug von Canstatt antrat, hieher sein Hauptquartier, von dem er schon den 24. Juli wieder in der Richtung nach Gmünd aufbrach. Eine Nachhut von Österreichern blieb in der Gegend zurück, welche am 25. Juli bei der Stadt durch die Vorposten der französischen Division Delmas angegriffen und bis in die Stadt zurückgetrieben wurde. Im Besitz der Stadtwälle, schützten die Österreicher indeß mit Hülfe ihres Geschützes noch kurze Zeit die Stadt, bis deren Thor am 26. Juli General Defair erbrach, worauf Moreau am 30. Juli sein Hauptquartier hieher verlegte. [13]

Schließlich stellen wir hier noch einige Unglücksfälle zusammen, welche, außer den oben erwähnten, worunter die Niederbrennung der Stadt i. J. 1634 obenan steht, Stadt und Umgegend getroffen haben. Im Winter 1431/32 erfroren die Weinberge dergestalt, daß die Schorndorfer von den Grafen Ludwig und Ulrich einen sechsjährigen Steuernachlaß erhielten. Mißwachs drückte die Gegend in den Jahren 1550, 1571, 1589, 1594, die Pest wüthete 1462, wo deßwegen die Schule nach Weiler verlegt werden mußte, ferner 1543 und 1550, eine Viehseuche 1743. Am 23. Mai 1690, als ein Soldat beim mittleren Thor Feuer einlegte, wurden 75 meist neue Gebäude, mit zwei Kindern, am 3. Dec. 1743 deren 130 (Verlust 150.068 fl.) ein Raub der Flammen. Im Jahr 1773 und Febr. 1809 litt die Stadt durch Wassersnoth. In der Nacht vom 31. Juli auf 1. Aug. 1813 schlug der Blitz binnen 2–3 Minuten in ein Haus in der Stadt und in die Stadtschreiberei in der Vorstadt, wodurch dort 3 und hier 5 Häuser abbrannten. Am 27. April 1841 brannten wieder 4 Gebäude ab und verloren dabei 4 Menschen das Leben.



  1. Hilfsmittel: Schorndorf und seine Umgebung, nebst einer statistischen Übersicht des Königr. Würtemberg, von M. J. G. Rösch, Pfarrer in Faurndau (zuvor Präceptor in Schorndorf). Stuttgart 1815. Die Grundlage dieser Schrift bildet eine von einem Schorndorfer, M. Carl Friedr. Wilhelm Schmid, zuletzt Syndicus in Frankfurt a. M., verfaßte und 1781 als academisches Specimen in Tübingen übergebene Geschichte und Beschreibung von Stadt und Amt, deren Handschrift in mehreren Exemplaren noch vorhanden ist.
  2. Nach den, übrigens unvollständigen, Akten wurden von Oculi 1538 bis 1. Sept. 1538 auf den Festungsbau 41.930 fl. 4 Batzen 1 Heller verwendet. Aber noch im März 1539 mußten die Ämter des Landes 100 Wägen stellen, die über frühere 4 Monate noch weitere 5 Monate fahren mußten, und täglich auf je 2 Mann und 4 Pferde nur 40 kr. empfingen, indeß der wirkliche Aufwand mehr als noch so viel betrug. Dazu kamen 5 Klostermähnen gegen besondere Verpflegung. Am 25. April 1539 lief die Anzeige ein, daß der 24′ hohe und 18′ breite Wall gewichen und großen Theils sich gesetzt habe, woran nur der schlechte Grund schuldig sei, daher Mauern zum Fundament nöthig seien. Am 13. Mai machten sofort der Obervogt, die Burgvögte von Tübingen und Asberg, die beiden Baumeister Martin Vogel und Hans Hösch, der Keller, der Steinmetzmeister Jakob von Calv und der Wallmeister Melchior Spet von Straßburg Vorschläge zur Fundirung und Neuerrichtung des Walles, wodurch alle Theile desselben, die Rondele und der Graben ringsherum in „eine Gleiche“ kommen würden. Dazu waren nöthig 150 Maurer und 300 Boßler; ferner 200 Boßler dem Mauerwerk vorzugraben, 25 Steinmetzen mit 10 Boßlern, 36 Boßler zum Mörtel, 24 Wasserschöpfer, 20 Zimmerleute, 240 Boßler zum Bau der Wälle und Rondele, 6 Friesen, 1 Wallknecht, 2 Schmiede, 2 Wagner, 13 Baumeister, Bauschreiber, Quartierschreiber und Bauführer, 2 Kalköfen, 10 Steingruben mit 180 Arbeitern, täglich 3 Wägen mit Dornen. Dazu 160 fl. wöchentlich für die Amtsführung; Summe wöchentlich (auf wie lange, ist nicht gesagt) 1575 fl. 46 kr. Der Taglohn betrug 8 bis 12 kr. Die Kosten des Schloßbaues waren hierunter nicht begriffen; wohl aber die eines Zeughäuschens im Schloß und zweier Pulverthürme. Die Mauern unterm Wall wurden 12′ hoch und 7 bis 9 Fuß breit gemacht. Im November 1539 wurde zu Speisung der Gräben ein Weiher hinter dem Schloß angelegt, und im Februar 1540 erhielten die Rondele 16′ dicke und 6′ hohe Brustwehren und Wächter-Häuschen. Diese und einige andere Arbeiten waren zu 12.000 fl. angeschlagen. Im Juni 1540 waren 24 Rotten (zu 12 Mann) am Wall und 24 Rotten mit Fundamentgraben beschäftigt. Im April 1544 war der Wall vollendet. Herzog Christoph ließ noch einige Verbesserungen vornehmen, namentlich 1560 den Graben erneuern und den Wall erhöhen.
    Von welcher Bedeutung die Festung früher war, ergibt sich aus folgenden urkundlichen Nachrichten: 1547 befanden sich an Proviant im Schloß 152 Mutte (4 Mutte = 1 Malter) Kernen, 377 M. Roggen, 151 M. gemischte Frucht, 2148 M. Dinkel, 3924 M. Haber, 24 M. Gerste, 13 M. Erbsen, 102 M. Habermehl, 85 M. Haberkern, 560 M. Spitz, 2 M. Emer, 16 M. Einkorn, 134 M. Kernmehl, 145 M. Roggenmehl, 3 M. Hundmehl, 3011 Eimer Wein, 188 Kolben Branntwein, 2 E. 5 I. Essig, 133 Scheiben Salz, 71 Ctr. Schmalz, 31/2 Ctr. Speck, 85 Pfd. gesalzenes Schweinfleisch, 27 Ctr. Rauchfleisch, 62 Fässer Wildbrett, 1244 Stockfisch, 12 Ctr. Unschlitt, 261 Pfd. Dächte und 11/2 E. Lampenöl. Im Jahr 1560: an Waffen und Munition, 2 Karthaunen (eine „die Sau“ genannt), die 36 Pfd. Eisen schießen, mit 588 eisernen und 1340 steinernen Kugeln, 1 Halbkarthaune die 27 Pfd. Eisen schießt, mit 316 eisernen Kugeln, 2 Nothschlangen von 18 Pfd. (die Mohrin und die Närrin) mit 582 eisernen Kugeln, 3 Feldschlangen von 71/2 Pfd. (der Hund, die Gemse und der Affe) mit 1225 eis. Kugeln, 4 Falkonen von 5 Pfd. (darunter die Hure, der Herkules) mit 1864 eis. Kugeln, 17 Falkonetten von 2 Pfd. (10 mit den 10 Altern, die Wachtel, Ente, Kranich, Schwalbe, Maus, Schildkröte und der Sittich) mit 5100 eis. Kugeln, die bisher genannten alle auf Rädern; 4 Scharpfentinlein von 2 Pfd. mit 1666 eis. Kugeln, 24 Doppelhacken mit 111 Pfd. bleiernen Kugeln, 11 fünfröhrige Hacken, ein Hagelgeschütz von 12 Röhren, 120 geschiftete Handröhren, sodann 492 Ctr. Pulver, 36 Ctr. Blei, 1490 Landsknechtsspieße, 836 angeschiftete Spieße, 48 Spießeisen mit kurzen und 204 mit langen Scheren, 20 Knebelspieße, 20 Pechpfannen, 1340 Pechringe, 10 Standen Pech, 31 Sturmleitern. Außerdem 1606: 11 Landsknechtsfähnlein mit silbernen Krönlein, 1879 schwarze Landsknechts-Rüstungen mit Ringkrägen, Beintaschen und Sturmhüten, 82 Paar Handschuhe, gegen 6000 Landsknechtspieße, 18 breite Spieße, Froschmäuler genannt, 122 Schlachtschwerdter, 242 Helleparten, 56 Musketen mit Feuerschlössern, 172 Musketen mit Schnapphahnen und Gabeln, 228 Paar Pulverflaschen, 1758 gemeine geschiftete Landsknechtshacken mit Schnapphahnen, 1700 Paar Pulverflaschen dazu, 1301 Schützenhüte oder Böckelhauben, 22 Trommeln, 48 Regimentsstäbe mit Quasten, 22 Pfeifenfutter, 8 Reisewägen, 2 neue Kampfwägen und viele Werkzeuge und Vorräthe aller Art.
  3. Am Palmfest 1741 stürzte während des Morgengottesdienstes ein Theil einer Empore herab, wodurch einige Menschen getödtet, andere beschädigt wurden.
  4. Also weniger, als nach dem Durchschnitt des ganzen Bezirkes s. S. 23. Diese Erscheinung scheint sich dadurch zu erklären, daß – wenigstens im Jahr 1822, wo auch unverhältnißmäßig viele eheliche Zwistigkeiten hier vorkamen – bei einem großen Theile der Ehen die Frau älter als der Mann war.
  5. D. h. hier und in den übrigen Orten vom 1. Juli 1818 an bis 30. Juni 1850.
  6. Die Gefällrechte der Corporationen und Privaten sind überall auf den Grund des Gefällcatasters nach dem Stande vom 1. Juli 1848 angegeben.
  7. Bei den örtlichen Güterpreisen ist überall der Stand vom Ende 1847 zu Grunde gelegt; inzwischen sind sie zurückgegangen.
  8. Durch den Festungsbau waren die besten „Galgbrunnen“ in der Stadt abgegangen. Der Magistrat bat deßwegen 1539 den Herzog, er möchte den Brunnenmeister von Tübingen hierher verordnen, um neue Brunnen anzulegen. Das Brunnenwasser, welches bis dahin hereingeführt worden, entspringe eines Theils zunächst im Thal und andern Theils am Fuße des Berges, worauf eine Capelle gestanden. Von da aus habe die Stadt das Wasser seit kurzen Jahren durch irdene Teichel geführt bis zur Mönchsbrücke, worüber die Straße nach Göppingen gehe. Hier treffen beide Quellen zusammen und werden durch 1537 gelegte irdene Teichel bis an den alten Stadtgraben und von da über denselben neben dem Schloß hinum in die Stadt durch bleierne Teichel geführt. (Acten im Staatsarchiv). Hieraus und aus einer weiteren, einer alten Handschrift entnommenen Nachricht, wonach im J. 1310 nach Beutelsbach das Brunnenwasser gleichfalls in irdenen Teicheln geleitet worden, geht hervor, daß es auch mittelalterliche irdene Teichellagen gab, wodurch die Frage über den römischen Ursprung der im Bezirke aufgefundenen alten Wasserleitungen erschwert wird.
  9. Urk. im Königl. Staatsarchiv; sie heißt capella omnium sanctorum et S. Georgii constructa infra muros oppidi Sch.
  10. Nach einer ungeschichtlichen Sage soll Schorndorf ehemals gen Rudersberg gerichtbar gewesen und nach dem Erlöschen der Grafen von Rudersberg (!) an die Hohenstaufen gekommen sein. Vergl. Sattler Top. Gesch. 116. Eine weitere apokryphe Nachricht ist, daß K. Friedrich II. i. J. 1230 Stadtrecht und Wappen an Schorndorf ertheilt.
  11. Der bekannte Mörder Wallenstein’s, Buttler, soll selbst in Schorndorf gestorben sein; jedenfalls wurde von hier aus seine Leiche in einem bleiernen Sarge nach Böhmen abgeführt. v. Martens 376.
  12. Vergleiche: Der durch das Schorndorfische und Göppingische Weiber-Volk geschüchterte Hahn. O. O. und J. 4°. (Abel, Jac. Fried., † 1829 als Prälat.) Geschichte des Einfalls der Franzosen in Württemberg i. J. 1688. 1794. 8°.
  13. Die Kriegskosten von Stadt und Amt Schorndorf überhaupt aus den Jahren 1794–1813 berechnet Rösch S. 76 auf 1.300.000 fl., wovon 1/4 die Stadt leiden mußte.


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