Beschreibung des Oberamts Balingen/Kapitel B 23
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Die gesunden kräftigen Einwohner, großentheils vom blonden alten Alemannenschlag, sind im allgemeinen fleißig, sparsam, viele mit stark ausgesprochenem religiösem Triebe. Die Volkstracht ist im Schwinden, doch tragen die Frauen größtentheils noch die alten Bändelhauben. Der Nahrungsstand ist im allgemeinen befriedigend. Der Vermöglichste besitzt etwa 13 ha, der Mittelmann 5 ha, die ärmere Klasse 1 Morgen Feld. Etwa 10 ha Güter liegen auf Nachbarmarkungen. Von Gewerben sind Schreiner und Schuhmacher am stärksten vertreten und arbeiten nach außen. 2 Schildwirthschaften und 1 Krämer dienen dem Verkehr. Eine Industrieschule wird gehalten.
Die ziemlich kleine abgerundete Markung liegt im braunen und erhebt sich auf dem Hundsrücken noch in den weißen Jura. Ihr Boden ist demgemäß schwer, naßkalt, meist nicht tiefgründig, im allgemeinen mittelfruchtbar. Einige Bausteine und Lehm werden gewonnen.
Die Landwirthschaft leidet unter dem Mangel besserer Güterwege. Gips, Asche und die sorgfältig gesammelte Jauche suchen den Boden zu verbessern. Der Wendepflug ist allgemein, und eiserne Eggen haben Eingang gefunden. Von der Brache wird die Hälfte angebaut. Neben etwas Hanf und ziemlich viel Futterkräutern (Esper, rother und ewiger Klee) wird Getreide, besonders Dinkel und Haber, gebaut. Von Dinkel sät man 10 Sri. auf den Morgen und erntet 7 Schffl., von 4 Sri. Gerste 2 Schffl., von 5 Sri. Haber 5 Schffl., von 3 Sri. Weizen 3 Schffl., von 7 Sri. Einkorn 6 Schffl. Getreide muß von außen zugekauft werden. Die Wiesen, ein- und zweimähdig, sind etwas beschränkt, liefern aber meist ein gutes Erzeugniß, ca. 30 Ctr. per Morgen; es wird mehr Futter zugekauft als verkauft. Das verhältnismäßig milde Klima (selten Hagelschlag) erlaubt Gemüsebau (doch nur zum eigenen Bedarf getrieben) und ausgedehnten Obstbau. Gepflanzt werden: Luiken, | gelbe Wachsrenette, Königsrenette, Goldparmäne, Fleiner u. a. Äpfel; Birnen: Weiler’sche Mostbirne, Schillingsbirne, gelbe Butterbirne, Wadelbirne, Knausbirne, Wasserbirne u. a.; von Steinobst Kirschen und Zwetschgen. Die Gemeinde hat eine größere Baumschule und einen eigenen Baumwart; doch werden auch Jungstämme von außen bezogen. Das Obst wird zum Mosten und Dörren, selten zum Brennen verwendet. In günstigen Jahrgängen können bis zu 1000 Säcke abgegeben werden.Die Gemeinde besitzt 200 Morgen Nadelwald, welche jährlich 68 Klafter und 4000 Wellen ertragen, wovon der Bürger 1 Raummeter erhält, 5–600 fl. in die Gemeindekasse fließen. Weiden sind nicht vorhanden; die Allmanden sind größtentheils vertheilt, das Übrige verpachtet; Gesammtertrag 300 fl.
Pferdezucht kommt nicht vor; die Pferdehaltung ist gering, dagegen die Rindviehzucht blühend. Die Gemeinde hält dafür 2 Simmenthaler Farren. Stallfütterung ist allgemein. Einiges Mastvieh kommt nach Balingen und Ebingen. Schafe gibt es nicht. Schweinezucht und -mastung gleichfalls nicht bedeutend; dagegen die Geflügelzucht (Gänse und Hühner) auch für den Verkauf. Bienenzucht wurde bis 1878 mit Glück betrieben und Wachs und Honig abgesetzt. Auch einige Schneckengärten sind vorhanden.
Armenstiftungen bestehen 2; eine von Kaufmann Krimmel in Ebingen mit 151 fl., eine von Jo. Dav. Schuler in Heilbronn mit 500 fl.
Der Ort, dessen Name früher Striche, Strichin, Strichen, geschrieben wurde und mit dem mittelhochdeutschen strîche, neuhochd. Streiche, d. h. Ebene (hoch oder tief gelegen), aber auch Holzlagerplatz (Buck a. a. O. 271) in Verbindung zu bringen sein dürfte, gehörte zum ältesten zollerischen Besitze. Schon Udilhild, Gemahlin des vor 1125 verstorbenen Grafen Friedrich von Zollern und Tochter des Grafen Egino II. von Urach, schenkte eine hiesige Hube, ihr Sohn, Graf Gottfried, von Zimmern genannt, ums J. 1134 vier Mansen allhier ans Kloster Zwiefalten (Fürstenb. Urkb. 1, 26. 29)[1]. So waren es denn zum Theil | auch zollerische Lehen, als Burkhard und sein Neffe Haintzli von Schalksburg den 27. April 1347 mehrere hiesige Güter, wie das Morharts-, Schademanns-, Agnesen der Recherin-Gut, an Hiltpold Maier von Wurmlingen um 44 Pfd. Hllr. verkauften, worauf Maier den 20. August 1348 diesen seinen Erwerb unter Verzicht des Grafen Friedrich von Zollern auf die Lehensherrlichkeit über das Morhartsgut dem Kloster Beuron eignete und ein zwischen Burkhard und dem Kloster Beuron wegen dieser Güter entstandener Streit unter Mitwirkung der Grafen Friedrich von Zollern, des Ritters und des Kirchherren, den 26. Dezbr. 1372 verglichen wurde (Mon. Zolleran. 1, 169. 173. 224). Mit der Herrschaft Schalksburg kam der ganze Ort den 3. Nov. 1403 von Zollern an Württemberg (vergl. S. 279).Die Geschichte der kirchlichen Verhältnisse s. oben S. 313 ff.
- ↑ Das mit Besitz des Klosters Allerheiligen genannte Strichun ist eher ein abgegangener Ort bei Bolstern im OA. Saulgau als unser Streichen (vergl. Archiv für Schweizer. Geschichte 7, 244. Quellen zur Schweizer. Geschichte 3, 134).
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