Zum Inhalt springen

Beschreibung des Oberamts Biberach/Kapitel B 42

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 41 Beschreibung des Oberamts Biberach Amt Ober-Sulmetingen »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
42. Gemeinde Warthausen,
bestehend aus 3 Parzellen mit 657 Einwohnern.
1) Warthausen, kathol. vormals Stadionisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 430 Einwohnern, eine Stunde östlich von Biberach, C. A. und F. A. Ochsenhausen. Die Grund- und Lehengefälle bezieht der Staat, den großen Zehenten die Universität Freyburg, den kleinen die Pfarrei. Der Ort ist Sitz eines K. Revierförsters; an der Kirche ist außer dem Pfarrer noch ein Kaplan angestellt. Das Patronat der Pfarrei steht der Universität Freyburg, das der Kaplanei dem Freiherrn v. König zu. Warthausen war vormals Hauptort der Herrschaft Warthausen und Sitz eines gräflichen Oberamts. Es besteht aus drei Theilen, Ober-Warthausen, Unter-Warthausen und Schloß Warthausen. Unter-Warthausen liegt im Thale an der Riß, mitten durch den nur eine lange Straße bildenden Ort führt die Landstraße von Biberach nach Ehingen; am südlichen Ende des Orts erhebt sich ein kleiner Berg, auf welchem Ober-Warthausen mit Pfarrkirche, Pfarrhof etc. liegt. Dieser Theil des Orts hat eine sehr freundliche Lage, und bietet eine überraschend schöne Fernsicht gegen das Donauthal sowohl, als auch gegen die Tyroler- und Schweizer-Gebirge dar; eine gleich schöne oder noch schönere Lage hat das Schloß Warthausen, das 1/8 Stunde von Ober-Warthausen entfernt auf einer am östlichen Ende von Unter-Warthausen sich erhebenden mäßigen Berghöhe steht und gemeiniglich zu Unter-Warthausen gerechnet wird. Das Schloß ist ein großes ansehnliches Gebäude, das mit Nebengebäuden und einem großen| Garten umgeben, und jetzt Eigenthum der Freiherren v. König ist. S. unten. Der Nahrungsstand der Einwohner ist im Allgemeinen gut. In Unter-Warthausen ist eine mechanische Wollenspinnerei, welche 1835 von den Biberacher Kaufleuten Staib und Lieb dahin verlegt wurde, und für die Tuchmacher des In- und Auslandes arbeitet. Mit dem Werke, das auf den Grund einer vormaligen Hammerschmiede erbaut worden, ist eine Säg- und Gypsmühle verbunden. Ferner hat der Ort eine Mahlmühle, 1 Ziegelhütte, 2 Schildwirthschaften und 1 Bierbrauerei, mehrere Gewerbsleute, auch einen Hopfen- und Fruchthändler, und 4 Vieh- und Krämerjahrmärkte. Die Pfarrei hat einen sehr ausgedehnten Sprengel, es gehören die beiden Gemeindebezirke Warthausen und Höfen mit Ausnahme von Röhrwangen und Barabein darein, noch größer aber war der Sprengel in ältern Zeiten. In der Pfarrei sind drei Schulen, zu Warthausen, Birkenhardt und Gallmuthöfen.

Die Baulast der Kirche liegt auf der Ortsheiligenpflege und auf der Universität Freyburg, die des Pfarrhauses auf der Universität Freyburg; das Caplaneihaus ist 1835 neu aus dem Caplaneifonds erbaut worden, auf dem die Baulast desselben ruht. Die Pfarrei ist sehr alt; die Kaplanei wurde 1450 von dem Pfarrer Andelfinger gestiftet. Im Jahr 1456 wurde die Pfarrei mit allen ihren Einkünften von dem Erzherzog Albrecht zur Stiftung der Universität Freyburg verwendet und dieser einverleibt. Warthausen hat mehrere wohlthätige Stiftungen, als:

Vom Jahr 1595 von Bernhard v. Schad 1000 fl. für Arme;

Vom Jahre 1697 von Maria Franziska v. Schad die Gültfrüchte zweier Höfe zu gleichem Zweck

1733 die Zell’sche Stiftung 2000 fl. für Studierende

Die Staufenberg’sche Stiftung 2780 fl. für Arme.

In Ober-Warthausen stand vormals auch ein Franziskaner-Nonnenkloster, das aus einem Beguinenvereine entstand und von Herzog Albrecht von Östereich den 16. October 1380| als Herr von Warthausen bestätigt wurde. Im Jahr 1782 wurde das Kloster aufgehoben. Name und Ursprung des Orts Warthausen rühren ohne Zweifel von einer Warte her, die an der Stelle des jetzigen Schlosses, das in den Lehensbriefen immer Veste genannt wird, einen sehr guten Stand hatte. Zwischen Biberach und Warthausen, auf den östlich von der Landstraße gelegenen Berghöhen, lag die Burg Kesselburg, und ohne Zweifel waren die Herren dieser Burg auch die Herren von Warthausen. Überreste dieser Burg sind zwar nicht mehr zu finden, daß sie übrigens auf der Stelle stand, wo in späteren Zeiten das Warthausische Hochgericht aufgerichtet war, geht aus einem Lehenbrief vom Jahr 1499 über die Güter daselbst hervor. Diese Kesselburg nun soll der Sitz der Grafen v. Kesselburg gewesen seyn, und diese Grafen sollen auch Warthausen erbaut haben. Otto oder Atto, Graf v. Kesselburg, soll mit seinen drei Söhnen im Anfang des zehnten Jahrhunderts in einer Schlacht gegen die Ungarn gefallen, und so dieß erlauchte Geschlecht erloschen seyn.[1] In späterer Zeit finden wir ein eigenes Geschlecht, das sich v. Warthausen schrieb und im Besitz von Warthausen war. Die Annalen des Klosters Zwiefalten (Sulger) führen 1108 einen Adelbert, Warthusiae dominum an: ein Adelbert von Warthausen findet sich auch 1129 als Zeuge in einer Schenkungs-Urkunde des Albert v. Oberstetten an das Kloster Ochsenhausen, und bis ins 15te Jahrhundert findet man noch Edle v. Warthausen. Aber schon 1168 verkauften sie die Herrschaft Warthausen an den Kaiser Friedrich. I. den Rothbart, der zu gleicher Zeit auch andere Güter in der Gegend für sein Haus erwarb. Vergl. Oberamt Waldsee S. 166. Die Edlen v. Warthausen scheinen| sich nach Alberweiler zurückgezogen zu haben, das sie von den Hundbiß (Humpiß) erkauft hatten. Der Sohn Friedrichs I., Philipp oder Friedrich II. sein Enkel, verlieh die Herrschaft Warthausen seinem Truchseßen Eberhard von Waldburg, dem Kostfreyen, und es bildete sich dadurch eine eigene Waldburgische Linie, welche sich von Warthausen schrieb. Eberhards Söhne, Ulrich und Heinrich, erscheinen erstmals im Jahr 1234 als Truchseßen v. Warthausen; Ulrich allein in der kaiserlichen Bestätigungs-Urkunde des Klosters Schussenried, 1240 als Ulricus, Dapif. de Warthusin.[2] Zu Anfang des 14ten Jahrhunderts starb die Linie der Waldburg-Warthausen aus, und Warthausen kam an die v. Waldsee, welche aber die Herrschaft schon 1331 an die Herzöge Albrecht und Otto v. Östreich mit Waldsee verkauften. S. Oberamt Waldsee S. 93. Von den Herzogen v. Östreich, wie andere ihrer Besitzungen, vielfach verpfändet, war die Herrschaft von 1446 an in pfandschaftlichem Besitze der Stadt Biberach, bis sie ihr 1529 wieder abgenommen und dem am kaiserlichen Hofe wohl empfohlenen Dr. Hanns Schad gegen 18.000 fl. anfänglich pfandweise, schon 1532 aber als Mannlehen mit aller Herrlichkeit, hohen und niedern Gerichten, Geleiten und Obrigkeiten, jedoch Landeshoheit und Steuer ausgenommen, überlassen wurde. Nun blieb die Herrschaft bis gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts im Besitze der Schadischen Familie. Den 15. December 1695 starb Leopold v. Schad ohne Nachkommenschaft und die Herrschaft fiel jetzt Östreich anheim, das sie den 18. Januar 1696 dem Johann Philipp Joseph v. Stadion als Lehen verlieh, bei dessen Hause sie auch bis auf unsere Zeiten blieb. Die Herrschaft umfaßte die Orte Warthausen, Aßmannshardt, Aufhofen, Birkenhardt, Haldenhäuser, Hochstetten, Langenschemmern, Mettenberg, Oberhöfen, Rißeck, ferner Hochdorf Oberamts Waldsee, Oggelshausen und Tiefenbach| Oberamts Riedlingen, sodann Gefälle zu Äpfingen, Alberweiler, Attenweiler, Moosbeuren, Röhrwangen und Schemmerberg, das Patronatrecht der Caplanei Warthausen und der Pfarreien Hochdorf und Langenschemmern, letzteres alternirend. Auch gehörten außer vielen Gebäuden 346 Morg. eigenthümliche Güter und 328 Morg. Waldungen dazu. Wie früher stand die Herrschaft auch jetzt unter östreichischer Landeshoheit und steuerte zur landständischen Casse nach Ehingen. Neben der Landessteuer hatten aber die steuerpflichtigen Unterthanen auch eine sogenannte Domestical-Steuer an die Herrschaft zu entrichten.[3] Durch die rheinische Bundesacte kam die Herrschaft unter würtembergische Landeshoheit, der sie übrigens schon durch den Presburger Frieden unterworfen gewesen wäre, vermuthlich aber nicht unterworfen worden ist, weil man über ihre staatsrechtlichen Verhältnisse nicht im Klaren war. Sofort trat die Herrschaft nach ihren Verhältnissen in die Reihe der würtembergischen Rittergüter ein. Am 16. Januar 1826 wurde das Gut von dem Grafen Johann Philipp Eduard v. Stadion an den Staat für 480.000 fl. ganz verkauft. Im Jahr 1829 verkaufte die K. Finanzkammer davon wieder das Schloß und die Nebengebäude mit dem Schloßgut und mit dem Patronatrecht, der Schloßcaplanei, der Fischerei in der alten und neuen Riß und dem Jagdrecht in dem vormaligen Oberhöfer Revier an die Freiherren Wilhelm Friedrich v. König, Oberjustizrath in Ulm, und Carl Friedrich v. König, jetzt zu Warthausen wohnhaft, um 61.100 fl. unter Aufnahme des Guts in die ritterschaftliche Matrikel mit adeligen Surrogatrechten (s. Reg. Bl. 1834. Nr. 34. S. 426). Das Gut umfaßt 1033/4 Morg. Acker, 151/4 Morg. Gärten, 62 Morg. Wiesen und 452 Morg. Wald, wovon aber der letztere von den neuen Besitzern großentheils zu Anlegung des Maiereiguts Königshofen verwendet worden ist. Noch ist hier anzuführen, daß in dem Schloß Warthausen der französische Marschall | Ney[ws 1] längere Zeit, vom 16. Mai bis 10. Sept. 1806, seinen Sitz aufgeschlagen hatte, während sein Armeecorps in Oberschwaben cantonirte; ferner, daß die geistreiche Schriftstellerin Sophie v. Laroche, die Freundin Wielands, zu derselben Zeit, da Wieland junger Senator und Canzleiverwalter in Biberach war, mit ihrem Gatten, dem Gräflich Stadionischen Canzler v. Laroche in Warthausen lebte, und daß Wieland hier in dem Umgange dieses gebildeten Ehepaars und des ausgezeichneten Gutsherrn, des churmainzischen Staatsministers, Grafen Friedrich v. Stadion, der den Abend seines Lebens in Warthausen zubrachte und 1768 daselbst gestorben ist, eben so schöne, als auf seine weitere Lebensbahn einflußreiche Tage verlebte. S. Biberach.

2) Oberhöfen, kathol. Weiler mit 66 Einwohnern, Filial von Warthausen. Die Zehenten bezieht die Universität Freyburg, die übrigen Verhältnisse wie in Warthausen.

3) Röhrwangen, ein vormals Spital Biberachischer Weiler mit 106 evangel. und 55 kathol., zusammen 161 Einwohnern. Die Evangelischen sind nach Biberach, die Katholiken nach Alberweiler, Oberamts Ehingen, eingepfarrt. Den Großzehenten bezieht Taxis, den Kleinzehenten die Pfarrei Schemmerberg, die Lehengefälle der Spital Biberach, Antheil daran haben auch der Fürst v. Thurn und Taxis mit einem Hof, die Brigel’sche Stiftung in Biberach mit einem Hof und die v. Pflummern mit einem Hof und einem Söldgut. Der v. Pflummern’sche Besitz bildet jetzt ein eigenes würtembergisches Rittergut. Das Gut war früher östreichisches und ist nun würtembergisches Lehen. Röhrwangen hat eine hohe und freie Lage auf einem mäßigen Berge, der Nahrungsstand ist gut. Die evangel. Einwohner haben eine eigene Schule, deren Kosten durch besondere Umlagen auf die evangel. Bürgerschaft gedeckt werden. Bei Röhrwangen standen einst zwei Burgen, die eine auf dem Bergvorsprung gegen die Landstraße, die andere 1/4 Stunde westlich von Röhrwangen am Walde. Die erstere gehörte 1401 – aber schon damals Burgstall genannt – dem Biberacher Bürger Heinrich Trunkher, der sie von den Grafen Friedrich und Hans v. Helfenstein erworben hat. Von Trunkher kam sie durch verschiedene Hände an den Spital Biberach. Die andere Burg, von der aber schon im 16ten Jahrhundert nur noch Reste zu finden waren, gehörte wahrscheinlich den Grafen v. Wartstein, die auch in Röhrwangen begütert waren, wie denn der Graf Otto| v. Wartstein im Jahr 1296 den Zehenten zu Röhrwangen an das Kloster Salem stiftete, das vermuthlich von eben demselben auch die Zehenten und Gefälle, die es zu Schilzburg und Anhausen besaß, erhalten hat, s. Oberamt Münsingen S. 118. Im 16ten Jahrhundert war Röhrwangen, d. h. Vogtei und Niedergerichtsbarkeit, mit einzelnen Gütern als östreichisches Lehen im Besitze der v. Essendorf, welchen K. Maximilian I. 1511 auch das Recht einräumte, ein Hochgericht zu Röhrwangen zu errichten. Im Jahr 1535 verkaufte Heinrich v. Essendorf den Besitz um 365 fl. an den Spital Biberach. Von demselben Verkäufer erwarben auch die v. Pflummern ihren Antheil.
  1. Nach ihrem Falle soll die Gemahlin Otto’s, Adelinde, das Stift Buchau gestiftet haben, und zur Bestätigung der obigen Erzählung und des Zusammenhangs der Geschichte von Kesselburg und von Warthausen kann dienen, daß nach einer bewährten Angabe die Schirmherren von Buchau anfänglich auf Kesselburg und nachher auf Warthausen gesessen haben. Vergl. auch Buchau in der Beschreibung des Oberamts Riedlingen. S. 137 etc.
  2. Ein Walter Truchseß v. Warthausen verkaufte 1291 das Dorf Sulmingen an das Kloster Heggbach. Lünig, Spicil. Eccl. T. III. p. 118.
  3. Wegen der am Federsee gelegenen Orte Oggelshausen und Tiefenbach gehörten die Besitzer von Warthausen zu den sogenannten Seeherrschaften. S. Oberamt Riedlingen S. 41 u.f.
Anmerkungen (Wikisource)
  1. w:Michel Ney