Beschreibung des Oberamts Blaubeuren/B 17

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17. Markbronn mit Dietingen und Kapel.


a. Markbronn, ein evang. Pfarrdorf auf dem Hochsträß, 13/4 St. südöstlich von Blaubeuren, mit 125 evang. und 43 kath. Einwohnern, welche letztere nach Dietingen eingepfarrt sind. Grund- oder Gefällherren zu Markbronn und Dietingen sind ausser dem Staat das Spital Blaubeuren | und die Bessererische Stiftung zu Ulm; den großen Zehnten bezieht auf dem Hauptfelde (948 M.) an beyden Orten zu 3/7 die Pfarrey, zu 3/7 die Wernauische Kaplaney Erbach und zu 1/7 der Staat, sodann haben der Staat, das Spital Blaubeuren und die Pfarrey Dietingen den Großzehnten auf einzelnen Feldbezirken; den kleinen, den Heu-, Obst- und Blutzehnten in der ganzen Gemeinde hat die Pfarrey Dietingen. Das Patronat zu Markbronn hat ebenfalls das Spital. Markbronn und Dietingen mit Kapel bildeten von jeher nur Eine Gemeinde, beyde Orte sind auch nur durch einen Hügel von einander getrennt, und haben Eine gemeinschaftliche Markung.

Markbronn oder Marchbronn (in ältern Urkunden jedoch immer Markbronn) liegt an einem Abhange, umgeben von Bergen und Hügeln und von Baumgärten, welche gutes Obst liefern; die untersten Häuser grenzen an das Arnecker Thal, eine wasserreiche Vertiefung, und es ist um so wahrscheinlicher daß der Name des Orts von einer Brunnenquelle und einer alten Grenzmark herrührt, als auch eine Abtheilung des Feldes der „Markbronnen-Oesch“ heißt. Der Ort ist gut gebaut, hat ein freundliches Aussehen, ein 1828 neuerbautes Schul- und Rathhaus, 1 Schildwirthschaft und Brauerey. Die Kirche steht auf einem Hügel mitten im Orte. Der Schultheiß der vereinigten Gemeinden wurde bisher immer aus dem evang. Theile gewählt, und hatte seinen Sitz zu Markbronn. Die Gemeinderäthe wurden ohne Unterschied der Religion aus beyden Orten gewählt, und die Einwohner lebten immer in friedlicher Eintracht zusammen. Die evang. Pfarrey wird von dem Pfarrer zu Pappelau versehen. Lange Zeit wurde sie von den Klosters-Präceptoren zu Blaubeuren besorgt; 1631 wurde ein eigener Pfarrer aufgestellt, als aber der Ort einige Jahre nachher abgebrannt wurde, stand die Pfarrey wieder leer und wurde später von der Nachbarschaft aus, und von 1756 an von dem Stadt-Präceptor zu Blaubeuren versehen, bis sie 1820 mit der Pfarrey Pappelau vereinigt wurde. Der Pfarrer hat vom 1. März bis 31. Oktbr. alle Sonntage, in | den übrigen 4 Monaten alle 14 Tage Gottesdienst zu Markbronn zu halten, jederzeit aber alle Casualien mit Gottesdienst darin zu besorgen. Die Schule wird von sämmtlichen Kindern zu Markbronn und Dietingen, sowohl katholischen als evangelischen, besucht. Die Baulast der Kirche und des Schulhauses liegt auf dem Spital Blaubeuren.

Markbronn und Dietingen waren ehemals zwischen dem Spital Blaubeuren, der Herrschaft Arneck und den v. Besserer, später Bessererische Familienstiftung für Studirende, getheilt; 1 Unterthanen hatte auch die geistliche Verwaltung Blaubeuren von der aufgehobenen Kaplaney Berghülen her. Jede Herrschaft hatte nach dem Vertrag von 1584 die hohe und niedere Gerichtsbarkeit in ihrem Theile, das Spital aber, das 2 Drittel nebst dem Patronatrechte besaß, hatte die Gemeinde-Herrschaft, und es stand diesem nicht nur auf seinem Antheil, sondern auch in Dorf und Gemeinde, auf Straße und Allmanden die hohe und niedere Gerichtsbarkeit zu. Diese Herrschaft blieb ihm auch in dem s. g. Visitationsbriefe von 1537 (s. Blaubeuren) aus bewegenden Ursachen überlassen, und der Stadt-Oberamtmann übte sie Namens des Spitals bis auf die neuern Zeiten aus. Im Jahr 1806 kam auch der Althausische Antheil mit der Herrschaft Arneck an Würtemberg. Die v. Bessererische Stiftung bezieht, wie aus der vorne mitgetheilten Übersicht erhellt, noch Gefälle. Von der frühern Theilung der Herrschaft rührt auch die Verschiedenheit der Religion her, indem die Arneckischen Unterthanen bey der katholischen Religion verblieben. Was den Zehnten betrifft, so hat es mit seiner Vertheilung folgende Bewandtniß: im J. 1484 stifteten Wilhelm und Ludwig v. Werdnau für ihren Vater 3/7 des Großzehnten zu Markbronn und Dietingen zu der Veits-Kaplaney in Erbach, und gleiche 3/7 wurden zu der Schloß-Kaplaney, nachherigen Pfarrey, in Bach, wahrscheinlich auch von den v. Werdnau, als Herren von Bach, gestiftet (s. Beschr. des Oberamts Ehingen, S. 109 u. 125). Die Staatszehnten, nehmlich 1/7 des Hauptzehnten war 1702, und der besondere Zehnten auf ungefähr 134 M. 1778 zu der Herrschaft | Arneck erkauft worden. S. Arneck. Die nicht unbedeutenden Frohnen, welche die Hintersassen des Deutschordens in Dietingen zu leisten hatten, sind in neuern Zeiten abgekauft worden. Die meisten Bauern in Markbronn haben ihr eigenes, die von Dietingen ein gemeinschaftliches Waldeigenthum. Die meisten Waldungen besitzt nach dem Staat das Spital. Markbronn hat eine Stiftung „die Stunde“ genannt, zur Erhaltung der Uhr und der Glocken in M. Sie besitzt Capitalien und Grundeigenthum; der Capital-Fond muß immer auf 1000 fl. erhalten werden, der Ueberschuß des Einkommens wird unter 18 Bürger vertheilt. Der Ursprung ist unbekannt.

Der Antheil des Spitals an M. u. D. wurde von diesem in den Jahren 1485/88 erkauft, und zwar von den Erben des Peter Schreiber, Joh. und Peter Schreiber, Peter Kapf und Georg Wild, Georg Lorcher und Barbara Mögenhardtin. Der Erblasser hatte das Gut im J. 1457 von Hans von Stein von Klingenstein für 2200 fl. erkauft. Der Antheil des Deutschordens wurde von diesem 1770 mit Arneck und später erkauft (s. Arneck). Im 30jährigen Kriege wurde M. geplündert und ganz niedergebrannt, auch in dem letzten französischen Kriege, 1796 u. 1805, hat es mit der Umgegend viel gelitten; bey dem Rückzuge Moreau’s, 1796, lagerte ein Corps auf dem Felde bey M., das den Ort rein ausplünderte.

b. Dietingen, ein kath. Pfarrweiler ganz nahe bey Markbronn, in einer Vertiefung, mit 41 katholischen und 23 evangelischen Einwohnern, welche letztere in die Kirche zu Markbronn gehören. Über die grundherrschaftlichen, Zehent- und andere Verhältnisse s. Markbronn. Die Pfarrkirche zum h. Martin steht auf einem Hügel, die Baulast der Kirche und des Pfarrhauses liegt, im Falle der Unzulänglichkeit der Stiftungs- und Gemeindepflege, auf den Großzehentherrn. Das Pfarrhaus wurde im J. 1825 neu gebaut. Das Patronat hatte früher die Commende Altshausen. Mit der Pfarrey, welche zum kathol. Dekanat Ulm gehört, ist die Pfarrkirche | Arneck verbunden (s. Arneck)[1]. In alten Zeiten scheint Dietingen zur Grafschaft Kirchberg gehört zu haben; 1290 verkauft das Stift Wiblingen seine Besitzungen zu „Dietingen,“ und 1294 erklären Abt und Convent des Klosters, daß sie schuldig seyen, genug zu thun dem Grafen von Kirchberg oder seinen Erben, um alle Gerechtigkeit, die er an dem Hof zu Dietingen gehabt. Im Übrigen s. Markbronn und Arneck.

c. Kapel, ein Haus mit einem kleinen Grundstück in dem Walde am Abhang des Gebirgs gegen das Blauthal, über Felsen, mit 4 katholischen Einwohnern, Filial von Dietingen. Das Haus hat seinen Namen von einer Kapelle, welche früher da gestanden hatte. In der Nähe befinden sich die Ruinen einer Burg, welche von den Ulmern im J. 1480 zerstört worden seyn soll. Zur Strafe des Friedensbruchs, so wird erzählt, mußte die Stadt an die Stelle der Burg die erwähnte Kapelle zum h. Nikolaus bauen, und dieselbe mit einer ewigen Messe versehen. Die Burg hieß Neideck. In einer Urkunde des Pfalzgrafen Rudolph von Tübingen vom J. 1267 heißt es, daß das Fischwasser in der Blau dem Kloster Blaubeuren gehöre, vom Ursprung an „bis zu dem Hof Altenthal bey Neidegge.“



  1. Nach der oben erwähnten Pfarr-Beschreibung waren ehemals auch Gerhausen und Erstetten Filiale von Dietingen, allein Dietingen selber war nach andern Nachrichten in alten Zeiten Filial von Harthausen: und Erstetten gehörte zur Pfarrey Erbach. Die Pfarrey Harthausen hatte auch Klein-Zehentrechte auf der Markung bis 1821.
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