Beschreibung des Oberamts Brackenheim/Kapitel B 1

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B.


Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 30 Gemeinden oder Schultheißereien, jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt. Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen und III. des Steuerkatasters, des Gemeinde- und Stiftungshaushaltes.


Brackenheim,
mit Burgermühle, Haus; Schafhaus, Haus; Johannismühle, Haus.
Gemeinde II. Kl. mit 1584 Einw., worunter 30 Kath. und 5 eig. Konf. – Ev. Pfarrei; die Katholiken sind nach Stockheim eingepfarrt.

Die Stadt Brackenheim liegt unterm 26° 43′ 47,08″ östlicher Länge und 49° 4′ 45,57″ nördlicher Breite (Stadtkirchthurm), 10 geom. Stunden nördlich von Stuttgart. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der Erdfläche des Stadtkirchthurms 674,0 württ. Fuß = 193,0 Meter, an der Erdfläche der Johanniskirche 720,0 württ. Fuß = 206,2 Meter, das Niveau der Zaber unter der Brücke der Johannismühle 643,0 württ. Fuß = 184,2 Meter. Als Oberamtsstadt ist sie der Sitz des Oberamtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat, des Dekanatamts und eines Postamts mit Telegraphenstation. Überdieß wohnen in der Stadt ein Rechtskonsulent, ein Oberamtswundarzt, zugleich prakticirender Arzt, ein Oberamtsthierarzt und ein Oberamtsgeometer; auch besteht daselbst eine altberechtigte Apotheke.

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Das Wappen der Stadt, wie es im Bericht von 1535 abgebildet ist, zeigt einen silbernen Hund (Bracken) mit schwarzem Halsband im rothen Feld. Bei Fromann steht er auf grünem Erdreich und ist an einen goldenen Strick gebunden. Dieser Bracken erscheint schon auf einem älteren, noch vorhandenen runden Siegel im spanischen Schild mit der Umschrift: SIGILL. STATT. BRACKENHEIM. Eine Urkunde von 1301 hat das runde Siegel der Stadt mit einem rechts gewendeten stehenden Hunde mit geöffnetem Maule und der Umschrift: S. ’ CIVIVM. IN. BRACKENHEIM. (Mone 15, 116.) Die jetzigen Siegel der Stadt, des Stadtschultheißenamts und des Gemeinderaths zeigen den Bracken ebenfalls.[1]

1

Beinahe in der Mitte zwischen dem Stromberg und dem Heuchelberg auf der rechten Seite eines ganz unbedeutend eingefurchten Seitenthälchens des Zaberthals hat Brackenheim in einem fruchtbaren Flachlande eine angenehme, freie und fast ebene Lage. Die Figur der Stadt nähert sich einem etwas verschobenen Quadrat, das früher mit einer Mauer und einem tiefen Graben umgeben war; die Mauer ist theilweise noch erhalten und an dieselbe sind mehrere Häuser angebaut, während der Stadtgraben größtentheils eingeebnet wurde und sich nur an der Westseite, namentlich hinter dem Schloß, noch erkennen läßt. Zu der Stadt führten 3 Hauptthore mit hohen Thorthürmen, die erst Anfangs dieses Jahrhunderts abgebrochen wurden. Von den Thoren stand das Schloß- oder obere Thor an der Südseite, das untere oder neue Thor an der Ostseite und das Marktthor an der Nordseite der Stadt. An der Nordwestseite, am Ende der Schlegelgasse, war ein Ausfallthörchen, das Flüchtthor, angebracht. Außer den Thorthürmen standen an der nordöstlichen Ecke der Stadt der sog. Bürgerthurm (ehemals bürgerliches Gefängniß) und an der südöstlichen Ecke der Schießthurm; ein runder Thurm an der südwestlichen Ecke der Stadt hinter dem Schloß hat sich noch erhalten. Überdieß waren an der Stadtmauer mehrere Thürmchen (Halbrondeln) angebracht (s. auch die Zeichnung nach Merian von 1643). Noch heute beschränkt sich die Stadt auf den Raum innerhalb dieser alten Umfriedigung und nur an der Süd- und Nordseite derselben haben sich in neuerer Zeit unbedeutende Vorstädte gebildet. Das Innere der Stadt ist mit Ausnahme der Oberthorstraße, der Marktstraße, der Entengasse und der Kirchgasse meist von engen, theilweise| winkeligen Gassen durchzogen, die jedoch, wie die bedeutenderen Straßen, makadamisirt, gekandelt und gut unterhalten sind. Von öffentlichen Plätzen haben wir zu nennen: den Marktplatz und die städtische Allee, welche außerhalb der Stadt an der Nordseite angelegt und mit Kastanienbäumen bepflanzt ist. Die meist alten, zum Theil mit architektonischen Ornamenten gezierten Wohnhäuser, welche vorherrschend aus Holz mit steinernem Unterstock erbaut sind, stehen dicht gedrängt, zuweilen etwas unregelmäßig, größtentheils mit den Giebelseiten gegen die Straße gekehrt. Eine Ausnahme davon machen einige neuere Gebäude, namentlich in der oberen Vorstadt, unter denen sich die des Dr. Kerler, des Dr. Meeh und des Gutsbesitzers Robert Winter durch ihre schöne moderne Bauart besonders auszeichnen. Im allgemeinen trägt die Stadt das echte Gepräge einer altwürttembergischen Landstadt.

Von öffentlichen Gebäuden sind anzuführen und zwar:

a. der Gemeinde gehörige:
1) Die Stadtkirche, früher Kapelle zum h. Jakob, liegt im nordöstlichen Theil der Stadt und bildet mit ihrem an der Ostseite sich erhebenden 181 W. F. hohen Thurm, der in ein schlankes achtseitiges Zeltdach ausgeht, eine besondere Zierde von Brackenheim, so zu sagen das Wahrzeichen der Stadt. Das Gebäude stammt in seinen hauptsächlichsten Theilen noch aus frühgothischer Zeit, wie die Fenster an den unteren Geschossen des Thurmes, sowie die jetzt vermauerten kleinen schmalen hoch angebrachten Spitzbogenfenster an der Südseite des Schiffes beweisen. Das den Chor vertretende hohe erste Geschoß des Thurmes mit seinen schönen ungefüllten schlanken Spitzbogenfenstern enthält innen ein kräftiges schönprofilirtes Rippenkreuzgewölbe mit Rosettenschlußstein, während das breite 1863 unter C. Beisbarths Leitung innen erneuerte Schiff von einem hohen hölzernen Tonnengewölbe bedeckt wird, das mit schönen gothischen Blumengewinden bemalt ist, eine im Zabergäu häufig vorkommende Anordnung. Von Kunstwerken sind zu bemerken: im Schiff an der Nordwand, jetzt fast verdeckt, das sog. heilige Grab, eine Steinskulptur im gothischen Stil, Christi Leichnam auf einem verzierten Sarkophag steif daliegend in einer Flachnische, die von reichen gothischen Zieraten umgeben ist; ferner an der Südwand die hölzerne Kanzel samt dem reichen Schalldeckel im Spätrenaissancestil, und zwei große 12′ hohe in Holz geschnitzte und bemalte, fast überreich in Farben und Vergoldung strahlende Wandtafeln, zwei Prachtstücke im Stile der späteren Renaissance; sie enthalten in je sechs rechteckigen Feldern die lebhaft geschnitzten Darstellungen der Leidensgeschichte und zu Seiten in zierlichen Nischen die zwölf Apostel, dann oben groß und prachtvoll das Württembergische und unten das Brandenburger Wappen. Beide Tafeln| wurden wahrscheinlich gestiftet von der Herzogin Barbara Sophia (s. u.). Der Altar ist neu in schönem gothischem Stil mit Holzschnitzarbeit, nach dem Entwurfe von C. Beisbarth ausgeführt von Schreinermeister Arzt. Im frühgothischen Triumphbogen hängt ein herrliches, überlebensgroßes Krucifix von schlankem Körper und herbem Gesichtsausdruck, wohl noch aus dem 14. Jahrhundert, und mit langen reichen Locken; das schön gehaltene Schamtuch ist vorne gebunden.

Die hübsche, einst mit gothisch gefüllten Fenstern geschmückte zweistockige Sakristei, mit der Jahreszahl 1509 außen an der Nordostecke, steht nördlich am Thurm, ist netzgewölbt mit zwei Schlußsteinen, auf einem das Brackenheimer Wappen, auf dem andern: Renovirt im Jahr 1863, und enthält einen schön geschnitzten gothischen Schrank mit Laubwerk und Zinnenbekrönung und mit gutem Schmiedeisenbeschläg, sowie viele heilige Gefässe (aus Silber und vergoldet), worunter die bemerkenswerthesten:

Ein trefflich gearbeiteter frühgothischer Abendmahlskelch mit Patena, aus dem 13. Jahrhundert mit der Inschrift:

O Jusef. O Maria.

Dann im Renaissancestil: Stiftungen der Barbara Sophia, Herzogin zu Württemberg, nämlich eine Hostienkapsel, ein Abendmahlskelch und zwei Kannen, alle schön verziert mit den Wappen von Württemberg und Brandenburg und mit B. S. H. Z. W. W. 1631.

Ferner eine reiche, mit prächtigem Blumenkranz umlegte Taufschüssel mit der Taufe Christi und dem Württ. Wappen. Auf der Rückseite steht: In Gott mein Hofnung. Sibylla Gebohrne und Vermälde H. Z. W. Symbolum; außerdem noch weitere Namen der Württemb. Prinzessinnen Antonia und Anna Johanna und die Jahreszahl 1655. Hiezu eine in die Mitte der Schüssel passende, reich mit Blumen geschmückte Taufkanne, und eine ebenfalls sehr hübsche Opferbüchse. (Sibylla war die Tochter Herz. Joh. Friedrichs von W. und Gemahlin Herz. Leop. Friedrichs von Württemberg-Mömpelgart; Antonia u. A. Johanna waren die Töchter Herz. Eberhards III.)

Dann der Malefikantenkelch, und eine schöne gehenkelte Abendmahlskanne, 18″ hoch, mit der Inschrift: Auf den Altar zu Brackenheim Legiert von Herrn Johann Wolfgang Langen, Chirurgo und Burger aldar und dessen Frau Christiana Barbara. 1720. Eine ähnliche vom Jahr 1737.

Eine reiche 11/2′ hohe im Rococostil vom Jahr 1761 mit dem Distichon:

Bibite namque calix his praebet pocla salutis,
Bibite vos omnes, bibite corde pio.

Der mit seinem vierten Geschoß achteckig werdende, und hier von schönen spätgothisch gefüllten Spitzbogenfenstern durchbrochene Thurm| trägt einen sehr schlanken achtseitigen Helm und drei Glocken; die größte hat in gothischen Minuskeln die Umschrift:

Osanna heis ich
in unser frauen er leut ich
bernhart lachaman gos mich. anno domini 1497.

Die zweite in sehr alten gothischen Majuskeln:

Thomas me fecit. Rev. und
Me resonante pia populi memor esto Maria.

Auf der dritten vielleicht noch älteren Glocke stehen die Namen der vier Evangelisten.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Hospitalpflege.

2) Die Johanniskirche. Etwa fünf Minuten südlich von der Stadt, ehe die nach Botenheim führende Landstraße sich in’s Zaberthal hinabsenkt, erhebt sich zur Linken hinter einer hohen Pappelreihe auf einem scharf in’s Thal vorgeschobenen Hügel der schöne Friedhof, umfaßt von einer Mauer, die gegen die Thalseiten hin sehr an Höhe zunimmt. Der Friedhof zieht sich lang hin von Norden nach Süden und gewährt einen ergreifenden Anblick mit seinen vielen Kreuzen und Denkmälern, die zwischen Blumenbeeten oder halbverwilderten Rosenbüschen verstreut sind, und am Südende mit seiner schönen alterthümlichen, an ihrer südlichen Seite herrlich von dichtem Epheu berankten Johanniskirche. Dazu die weite und liebliche Aussicht. – Selten findet man einen so reingestimmten Rastort, der das Gemüth des Wanderers hineinzieht in tiefe Beschaulichkeit, sei es daß man die alte Kirche betrachtet mit ihren edlen Formen und ihren zahlreichen steinernen Grabmälern außen und innen, oder daß man zwischen den stillen blumigen Gräbern hindurchwandelt bis vor an die Mauer und darüber hinabschaut in das breite fruchtbare Thal, durch das sich an üppigen Uferbäumen und malerischen Büschen vorbei das muntere Zaberflüßchen schlängelt und aus dem sich in der Nähe die schönen Dörfer Botenheim und Meimsheim erheben, vor diesem auch wieder einsam liegend der Friedhof mit der gothischen Kirche, und davor – weithin sichtbar das alte ehrfurchtgebietende Lindenpaar. Im Nordosten schließen die stolze Pyramide des Wunnensteins und die feinen Ketten der Löwensteiner Berge die milde sanftblauende Landschaft, im Süden und Südwesten aber erheben sich, mehr in der Nähe, die Thürme von Bönnigheim, und den hohen Rand des gesegneten Zaberthales bildend, der ganz bewaldete Stromberg, von dem kirchenbekrönten Michaelsberg an langhin sich dehnend, mit seinen tiefeingerissenen Schluchten und seinen von den dunklen Laubbaumwipfeln fast verhüllten Burgruinen. An diesem reichgegliederten| Waldgebirge blickt man bis hinauf nach Sternenfels, wo das Thal sich zusammenschließt.

Wegen dieser Reize ist der Friedhof ein beliebter Spaziergang der Brackenheimer, und ein schöner geplatteter Weg führt dahin.

Die Johanniskirche, früher die Pfarrkirche, zeigt noch, wenn auch ziemlich verdeckt, ihre ursprüngliche Anlage als dreischiffige romanische Basilika; freilich verstecken sich jetzt die Fenster ihres Mittel-(Hoch)schiffes, der sog. Lichtgaden, unter den Dächern ihrer Seitenschiffe; man sieht noch auf den Dachböden in langer Reihe die alten tiefeingeschrägten Rundbogenfenster. Ebenso kann man noch, wenn auch schwer, an der Westseite die Kanten des Hochschiffes erkennen, das einst über die halb so hohen Abseiten emporragte. Auch erblickt man hier noch die alte romanische Sockelwulst, sowie als Eingang ins Mittelschiff das zartgegliederte romanische Rundbogenportal, zu beiden Seiten von schlanker Säule gefaßt, die ein hübsches Blätterkapitell im Geschmack des Maulbronner Paradieses (1200–1220) zeigt. Über dem Portal ist ein uraltes Fratzenbild, das die Füße hinaufzieht und die Arme in die Hüften stemmt, eingemauert; weiter oben im flachen, auch noch ursprünglichen Giebel ein schlankes Rundbogenfenster.

Je ein spitzbogiger Eingang führt von Norden und Süden her in die Seitenschiffe, und in die Wand des südlichen sind zwei schöngefüllte spätgothische Spitzbogenfenster eingebrochen. Der rechteckige, an den Langseiten von je einem Strebepfeiler gefaßte Chor stammt aus frühgothischer Zeit und macht mit seinem schöngefugten Quaderwerk, seinen ernsten und schlanken Verhältnissen und seinen fein ausgegliederten schmalen Spitzbogenfenstern einen bleibenden Eindruck; seine westliche Hälfte bildet zugleich das untere Geschoß des Thurmes, der jünger ist und achteckig, von schönen spätgothisch gefüllten Schallfenstern durchbrochen wird und in ein achtseitiges Zeltdach ausgeht. An seinem Achtecksgeschosse stehen groß eingemeißelt Bibelsprüche in hebräischer und in griechischer Sprache. Gegen Osten (hebr.): In deinem Lichte sehen wir das Licht. Gegen Süden (hebr.): Deine Todten werden leben. Gegen Abend (griech.): Ich lebe und ihr sollt auch leben. Gegen Norden (griech. und deutsch): Ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, wird offenbar werden, so werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in der Herrlichkeit.

Die Glocke auf dem Thurm ist sehr alt und ohne Inschrift; am Glockenstuhl steht: Heiligenpfleger Gottlieb Beuttner 1772. Christian Ulerich Sihler.

Die Sakristei, südlich am Chor, ist genau so alt wie dieser und von einem Rippenkreuzgewölbe mit ganz demselben Rosettenschlußstein bedeckt. Das Innere der Kirche zeigt noch deutlicher die| ursprüngliche Basilikenanlage: derbe mit würfelknaufartigen Kapitellen versehene Rundsäulen wechseln an der südlichen Reihe mit viereckigen und theilweise später in achteckige zugemeißelten Pfeilern, während in der nördlichen Reihe nur Pfeiler stehen, und tragen die ungegliederten schon zugespitzten Arkadenbögen, je fünf an jeder Seite, auf denen die Wände des Hochschiffes ruhen. Die einst flachen Balkendecken sind jetzt im Mittelschiff durch ein hölzernes Tonnengewölbe, in den Seitenschiffen durch halbe Tonnen ersetzt, und jedes Seitenschiff wird am östlichen Ende von einem gothischen Rippenkreuzgewölbe überspannt, so daß sich Kapellen bilden. Im Schlußstein der südlichen Kapelle, an der eine sehr hübsche gothische Sakramenthäuschensnische, sieht man das Lamm Gottes, auf dem andern eine Rosette, auch ganz dieselbe wie im Chor. Ein hoher, schön gesprengter Triumphbogen führt in den rechteckigen frühgothischen Chor mit seinen sehr schlanken scharf profilirten Spitzbogenfenstern mit ihren anziehenden originellen Maßwerken, und seinen zwei schönen Rippenkreuzgewölben, auf deren Schlußsteinen zwei schlichte Blattrosetten ausgehauen sind. Das breitere dreitheilige Ostfenster enthält spätgothisches Fischblasenwerk und ein kleines frühgothisches Glasgemälde, die Taufe Christi durch Johannes. Im Jahre 1740 schlug der Blitz in die Kirche.

Bei genauer Betrachtung der Kirche ergibt sich, daß ihr nördliches Seitenschiff zur Zeit des Chorbaues um 4 Fuß erbreitert wurde, damals wölbte man auch jene beiden Kapellen an den Enden der Seitenschiffe; die ursprüngliche Breite der Seitenschiffe war 10 Fuß, welches Maß noch das südliche Seitenschiff aufweist. Die Breite des Hauptschiffes beträgt 17 und die Stärke der quadratischen Pfeiler 3 Fuß, die innere Länge der Schiffe 4mal 17 Fuß; die ganze Basilika gliedert sich also wieder in höchst einfachen Zahlenverhältnissen.

Die Kirche ist innen und außen mit oft sehr reich gehaltenen Grabsteinen geschmückt, die vom 15. bis ins 18. Jahrhundert gehen und von denen wir die künstlerisch oder geschichtlich merkwürdigsten anführen. Eine Sammlung sämtlicher Grabinschriften in der Kirche und auf dem Friedhof, ausgenommen einige sehr alte, kaum mehr leserliche, gab 1834 Schullehrer Bertsch in Brackenheim heraus: „Die Grabschriften auf dem Kirchhofe zu Brackenheim“. Im Chor und in den angrenzenden östlichen Theilen der Kirche ist die Familie der Schaffalizky von Mukathell in Mähren begraben; sie stiftete 600 fl. zur Erhaltung der Johanniskirche, und von ihr liegen zahlreiche mit dem Wappen der Familie geschmückte Grabesplatten:

Im Chore: Bernhard Schaffalizky von Mukathel auf Frewdenthal, Ritter der K. Cronen Frankhreich und Schweden, General-Major und Oberster zu Roß und Fueß. † 21. Okt. 1641 zu R… in Frankreich. – Er wurde zuerst in Straßburg bestattet und erst 20 Jahre nachher in seiner Familiengruft zu Brackenheim beigesetzt.

| Margaretha Elisabetha Schaffelizky von Muckothel. Ihres Alters im neunten Jahr. † 31. Januar 1646 zu Straßburg.

Fraw Margretha Elisabetha Schaffalizky von Muckothel auff Fredenthal, geborne von Wizleben, Wittib; ihres Alters im 68. Jahr. † 18. Okt. 1661 zu Brackenheim im Schloß.

Antonius Schaffalizky von Mukodel, geb. 30. Nov. 1704. † 19. Febr. 1706.

Ferner im Chor verdeckt: Bernhard Sch. v. M., Darmstädtischer Geheimer Rath, geb. zu Freudenthal, † 1710.

Vor dem Chore: Ernst Sch. v. M., st. 66 Wochen alt, und Ulrich Sch. v. M., geb. 16. Dec. 1597, † 2. April 1598.

Im Chor sind ferner noch die Grabplatten des Friederich Wilhelm, Reichsgraf v. Gräveniz, Erbherr auf Waschau, Schilde und Dotau, weiland Herzog Eberhard Ludwig’s von Württemberg Ober-Hofmarschall und Ober-Vogt allhier, † 11. Juni 1760, und seiner Gattin, Sophia, geb. von Windessen, † 9. April 1779, im 74. Jahr ihres Alters.

Im Mittelgang der Kirche und in der Nähe desselben liegen: einige bedeutend alte und die ältesten der Kirche überhaupt; darunter nur theilweise noch leserlich und von Bertsch nicht angeführt:

Anno domini 1467 in die anthonij obiit dominus iohannes.

Anno domini 1486 am samstag vor dem sontag jubilate starb die ersam und edel frowe elsabet von helmstat. geborne von velberg.

Anno domini 1494 … sancti laurentii obiit dominus cymon joblin.

Als man zalt 15.7 Jar Starb maister konratt direr pfarer Zu brackenheim.

Dann ein hermannus huius oppidi liutardus, aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts, und eine Grabplatte mit Kelch und einem Pfeil darüber vom Jahre 1513.

Dann, auch von Bertsch angeführt:

Anno domini 1508 in die Sancti Antonii obiit venerabilis Magister Johanes Han Baccalaureus.

Ferner die Grabplatte des Dr. Johannes Emhart, Pastor in Brackenheim:

Anno domini milesimo quingentesimo 31 die … obiit venerabilis vir Dns Johannes Emhart Dr. Brackaheimi pastor.

Anno domini 1577 auf den 3. tag martij starb der ernhaft und wolgeborne Meyster yerg Merckle Schuolmeyster.

Zwei durch hölzerne Deckel geschützte: des Carl Leopold von Franken, Herzogl. Württemb. Obrist Wachtmeister und Kommandant von Hohen Tübingen, † 9. Mai 1759, und die seiner Gemahlin Joh. Dorothea von Massenbach, † 6. Juni 1772.

Endlich an der Wand links vom Altar das große schön| gearbeitete gestaltenreiche Grabdenkmal der Familie Mew. Es stammt, wie das nächstfolgende noch schönere, aus der Zeit des dreißigjährigen Kriegs: Hie sind zu ihrem Ruhebettlein bestattet der Ersam Wendel Mew der älter von Brettheim und Agnes Schääfin von Kirnbach, sein Ehliche liebe Hausfraw, welche, als sie nahent 50 Jahr zu Brettheim in einer noch unzertrennten Ehe gelebt, Er 29 Jahr den Gerichtsstandt besessen, mit einander 12 Kinder, nämlich 7 Söhn 5 Töchter erzeugt, deren noch 4 lebendt in Anno 1627 vorgegangener Verfolgung allein umb Evangelischer Religion Willen neben ihnen mit Weib und Kindern von Hauß und Hoff Weichen müssen. Nemlich Jacob, Wendel, Anna und Margreta. Er Anno 1630 Mittwoch den 10. February, Sie aber Anno 1631 Sambstags den 27. Augusti, Beide im 76. Jahr Ihres Alters in Christo Seelig entschlaffen u. s. w. Zu Seiten der großen Inschrifttafel stehen die schönen Bildsäulen des Paulus und Petrus; oben Christus mit der Weltkugel, darunter die höchst ausdrucksvollen Portraitköpfe der beiden Gestorbenen, reizende Engelchen dazwischen.

Das andere, an einem südlichen Arkadenpfeiler der Kanzel gegenüber angebrachte, gehört dem Martin Steckhenrieth von Bottenheim, Obrist Wachtmeister zu Pferd, † 1. Juni 1638, im 46. Jahr seines Alters, und im 30. seiner Kriegsdienste, und seiner Gemahlin Barbara, † 2. Januar 1641, im 55. Jahr ihres Alters. – Es ist durch seine Skulpturen, wie durch seine Ornamente gleich ausgezeichnet, zählt zu den besten der Renaissance. Zwei ideale, ganz klassisch gewandete und behandelte Gestalten, eine mit einer gebrochenen Säule, stehen zu Seiten, dazwischen knieen vor dem Gekreuzigten der Oberst und sein Knabe, seine Frau und seine Tochter; unten befindet sich die Inschrifttafel, auf das Schönste gefaßt von Fratzen und einer herrlichen weiblichen Maske. Das ganze Denkmal ist aus geschliffenem weißlichem Werkstein, nur die Augensterne sind bemalt. Beide Monumente von derselben Hand.

Von den vielen außen an der Kirche angebrachten Grabsteinen sind zu bemerken an der Nordwand: Durch ein Drahtgitter geschützt das sehr hübsche und reiche Renaissance-Grabmal der beiden Kinder Georgius Andreas Machtolff, † 22. Mai 1604, seines Alters 3 Monat, 5 Tag, und des Georgius Andreas Machtolff, † 18. Okt. 1614, alt 7 Jahr. Die beiden Kinder vor dem Gekreuzigten knieend, weiter oben Gott Vater; das sehr gut erhaltene Denkmal steht an Trefflichkeit gleich hinter den ebengenannten.

An der Ostseite des Chores ist der Grabstein des Erbauers des Brackenheimer Schlosses mit seinem Meisterzeichen und folgenden Inschriften: Anno Domini 1564 auff den 14. Novembris starb der ernhaft und kunstrych Mayster Marte Berwart. Der Sel Got gnad und verleych ime eine freyliche Aufersteung. Ferner: Diser Mayster| Marte Berwart hat gemacht in diser Stat den firstlichen Schlosbau gancz gut mit einem Keler wol gemuot. der geleychen hat er auch in Eren andern Firsten und Hern der geleychen gebauen fericht, das nit ein eides (iedes) Kunst ist. – In seinem Wappenschild ein Bär.

Namentlich die Südwand der Kirche ist mit zahlreichen, oft reichgehaltenen und mit langen Inschriften versehenen Grabsteinen aus dem 17. und 18. Jahrhundert geschmückt, so z. B. des Johann Haug, des jüngern, † 16. Febr. 1585; des Urban Immanuel Keller, Oberamtmann zu Brackenheim, † 26. April 1766; des Heinrich Ybenspach, † 1524; des Bürgermeisters Steffan Schmidt, † 10. April 1623; des David Friedrich Seybold, Stadt- und Amtsschreiber, † 29. April 1775; des Stadtpfarrers und Specials Georg Balth. Raith, † 28. Jan. 1723; des Tobias Köstlin, Württ. Rath und Keller allhier, † 3. Juli 1761 und des Bürgermeisters Georg Fr. Henis, † 12. März 1764. Von den auf dem Kirchhof selbst stehenden vielen hübschen Grabmälern nennen wir nur das des Stadtschultheißen und Landtagsabgeordneten Paul Vogel, geb. 8. November 1812, gest. 29. Mai 1860; ein hoher Obelisk, der ihm von seinen zahlreichen Freunden gesetzt wurde. An der Kirchhofmauer steht am ersten vermauerten Thor am Hauptweg: Herr M. Wolf, Wilhelm Scholl, Pfarrer, Herr Johann Ludwig Lins, Stifts- und Herr Johann Vollrad Coler, Kastenpfleger allhier, haben diesen neuen Kirchhof auf ihrer Pfleg Kosten ummauren und von Jakob Heim, Steinmezen, mit Gott vollenden lassen. Anno 1677. In der Thoröffnung selbst ist eine sehr alte Grabplatte mit eingeritztem großem Lilienkreuz eingesetzt. Über dem zweiten, auch vermauerten Thor liest man 1599. Früher lagen im Chor der Kirche Grabplatten der Edlen von Magenheim, so: Anno Domini 1363 in crastino S. Dionysii obiit Egeno de Magenheim Rector in BR., d. h. den 10. Oktober 1363 starb Egeno von M., Kirchherr in Brackenheim; und eine andere Grabplatte: Anno Domini 1365 Feria quinta post Luciae obiit Erginger de Magenheim miles. Präceptor Elbe bemerkt aus dieser Veranlassung in seinem Manuscript: „Außer diesen war noch eine große Menge ausgezeichneter Grabsteine von Graffen und Freyherrn hier, welche einen wichtigen Beytrag zur Geschichte lieffern könnten. Weil sie aber Jahrhunderte ohne sichtbaren Nuzen auf dem Kirchhof herumlagen, und kaum des Jahrs einen finsteren Gelehrten ergözten, so wußte sie die häußliche Sparsamkeit der heiligen Vorsteher besser zu benuzen, und machte mit denselben einen sehr soliden Kanal um die Johanniskirche …, wodurch viele Wägen Stein erspahret wurden. Die Felsenstücke der Erchinger aber wurden aus dem Chor ausgehoben, Innschrift und Wappen abgespalten, und dargegen der unsterbliche Ruhm edelvester Vögte, wohlweißer Stadtschreiber und großachtbarer Consuls eingeäzt.“

| Die Unterhaltung der Kirche ruht ebenfalls auf der Hospitalpflege.

3) Das 1780/90 neu erbaute Rathhaus, an der Ecke der Marktgasse und der Kirchgasse frei gelegen, ein schönes, sehr stattliches, ganz aus Sandsteinquadern in edlem Rococostil ausgeführtes Gebäude mit reich verzierten Fenstern. Seine Fassade schmücken unten Rustika-Rundbögen und ein stolzer, auf zwei Säulen ruhender Balkon, über dessen Austritt das Stadtwappen angebracht ist; als Krönung der Mitte des zweiten Geschosses erscheint im Giebelfeld das Württemberg’sche Wappen, von den allegorischen Gestalten des Friedens und der Gerechtigkeit gehalten. Auf dem First sitzt ein Thürmchen mit Glocke. Das Rathhaus enthält im unteren Stockwerk das für die Lokalgeschichte ziemlich reichhaltige Archiv und das Spritzenmagazin, im zweiten Stock Kanzleien für das Stadtschultheißenamt, den Gerichts- und Bürgersaal und im dritten die Registratur. Im Gerichtssaal hängt ein lebensgroßes Ölbild des Herzogs Karl von Württemberg.

4) Die lateinische Schule, ein gut erhaltenes, zweistockiges Gebäude in der Marktstraße unfern des abgegangenen Marktthors; im ersten Stockwerk enthält es ein Lehrzimmer für den Präceptor und eines für den Kollaborator, im zweiten die Wohnung des Präceptors; der Kollaborator wohnt in einem dem Hospital gehörigen Gebäude.

5) Das dreistockige, vorne vierstockige deutsche Schulgebäude, ein sehr stattlicher alter Holzbau mit steinernem Unterstock, es steht zunächst der Kirche und enthält 4 Lehrzimmer und die Wohnungen der beiden Schulmeister; der Unterlehrer wohnt in einem Privathaus.

6) Das ansehnliche zweistockige Hospitalgebäude, in der Hospitalgasse gelegen, über dessen Eingang ein Hifthorn und die Jahreszahl 1584 angebracht ist, enthält im ersten Stockwerk das seit 12 Jahren eingerichtete Bezirks-Irren- und Krankenhaus, im zweiten haben arme Ortsangehörige freie Wohnung; die Unterhaltung des ersten Stocks ruht auf der Amtskorporation. Bei dem Hospital liegen mehrere zum Spital gehörige Ökonomiegebäude und die Wohnung des Pächters vom Hospital-Widdumgut; an demselben befindet sich eine Inschrift, welche besagt, daß das Gebäude 1741 errichtet worden sei. Die ansehnliche Wohnung des Hospitalverwalters steht in der Marktgasse; an demselben ist das Brackenheimer Wappen und folgende Inschrift angebracht:

Nachdeme der vorige Bau anno 1691 neben 112 Gebäuden in 4 Stunden abgebrand, ist dieser jetzo stehende auf Kosten des Spitahls wider erbauet worden durch Joseph Jenisch, der Zeit Amptsburgermeisters und Spitahlpflegern. Anno 1717.

| 7) Das Armenhaus, ebenfalls zu Wohnungen für Arme, die theilweise eine mäßige Hausmiethe bezahlen, eingerichtet.

Außer diesen sind noch vorhanden: 2 öffentliche Backhäuser, ein Waschhaus, eine Stadtkelter mit 5 Bäumen, eine Spitalkelter mit 2 Bäumen, ein Schafhaus u. s. w.

b. Dem Staat gehörige Gebäude:
1. Das Schloß, es enthält im vorderen Flügel das Oberamtsgericht und die Wohnung des Oberamtsrichters, im hinteren Flügel die Gelasse für das Oberamt, die Wohnung des Oberamtmanns und die Wohnungen der Landjäger. (Das Oberamtsgerichts-Gefängniß steht an der nordwestlichen Ecke der Stadt und das Oberamtsgefängniß steht an der Straße in der oberen Vorstadt.) Das Schloß ließ Herzog Christoph an der Stelle des alten in den Jahren 1556 und folgenden durch seinen Baumeister Martin Berwart erbauen, die Kosten beliefen sich auf 23.408 fl.; es bildet gerade die Südwestecke der Stadt und wird auf zwei Seiten (gegen Süden und Westen) durch den sehr breiten und tiefen ausgemauerten Stadtgraben geschützt; hier erhebt sich noch, die Südwestecke der Stadtmauer bezeichnend, ein runder, nicht besonders kräftiger Thurm. Von Süden her führen zwei Brücken über den breiten, jetzt mit Gärtchen geschmückten Stadtgraben, und dem Schloßhofe zu, denn das Schloß bildet ein Hufeisen mit der offenen Seite gegen Mittag; auf dieser Seite sprengt sich ein großartiger steinerner Bogen, der eine Altane und die Jahreszahl 1682 trägt, herüber. Das Schloß ist in schlichtem frühem ansprechendem Renaissancestil zum Theil mit großen Steinkreuzfenstern aus Sandstein erbaut, gegen den Graben hin drei-, gegen die Stadt hin zweistockig. Im Hofe läuft am Nordflügel vom zweiten Geschoß an eine sehr hübsche zweistockige hölzerne Gallerie umher, und von der Stadt her führt durch den Ostflügel ein gewölbter Thorweg herein. Im Westflügel geht vom Hof aus eine sehr schöngearbeitete Schneckentreppe hinauf und ragt als runder Thurm über das Dach hinaus; ein zweites, beinahe freistehendes Treppenthürmchen erhebt sich in der Ecke zwischen dem Ostflügel und dem schon genannten großen steinernen Bogen; dieser samt dem Thürmchen, der hübschen Südfront des Ostflügels und dem freundlichen Garten geben zusammen eine sehr malerische Ansicht. Die inneren Räume bieten wenig Sehenswürdiges außer dem kolossalen Ofen im sogenannten Rittersaal, unten von Gußeisen, oben aus Thonkacheln. Der eiserne Theil zeigt das Württembergische Wappen und F[riedrich] C[arl] H. Z. W. 1681; der obere Theil ist reich und trefflich verziert mit Putten und anderen Figürchen, zeigt zu Pferd die sieben Kurfürsten mit ihren Wappen und den Kaiser mit der Inschrift Leopoldus R. K. 1668, über dem Kaiser steht Ingolstat, woselbst ohne Zweifel der Ofen gefertigt| wurde. Ein Zimmer ist noch schön und reich stuckirt und in der Nähe sieht man eine Thüre mit schöner Holzumrahmung. An dem Obelisken-Brunnen im Hofe steht 1787. Im Jahr 1670 (29. Sept.) brannte ein Flügel des Schlosses ab.

2. Das ansehnliche, 1557 erbaute Dekanathaus (Stadtpfarrhaus), in der Oberthorstraße gelegen, trägt über dem Eingang die Jahreszahl 1749 und über dem großen Portal in den Hof 1731. Beide Jahreszahlen deuten wohl auf spätere Erneuerungen.

3. Das Diakonathaus mit zwei großen viereckigen Erkern steht zunächst der Kirche, und hat über dem Eingang die Inschriften: Johann Michael Göhrung H. Verwalter Agnes Margreta Göhrungin gebohrne Wohlfartin. Gott allein die Ehr. 1706.

Von älteren architektonisch beachtenswerthen Gebäuden nennen wir noch: das ehemalige Gasthaus zum Ochsen in der Oberthorstraße mit zwei hübschen Renaissanceeingängen und im Innern mit theilweiser alter Vertäfelung und Malerei; auf dem Giebel springt ein ganz prächtiger Wetterdrache aus kunstreichem Schmiedeisenwerk hervor. Daselbst soll Herzog Ulrich nach der Schlacht bei Lauffen übernachtet haben (s. jedoch oben VII, 1). Der nördlich von dem ehemaligen Gasthaus zum Ochsen gelegene Theil der Stadt brannte 1691 größtentheils ab (s. u.). Nordwestlich bei der Kirche in der Klostergasse steht die ehemalige Universitätskellerei, ein tüchtiges Holzhaus mit dem Württembergischen Wappen und 1692 über dem kräftigen steinernen Eingang. Östlich von der Oberthorstraße liegt lang hingestreckt der frühere, ganz aus Stein erbaute Fruchtkasten, an seiner schmalen Westseite mit einer hübschen Renaissancetafel geschmückt, woran steht: Herzog 1594 Friderich. Der frühere Frucht- und Zehentkasten liegt außerhalb des ehemaligen Stadtgrabens südlich vom Schloß und trägt die Inschrift:

Exstruis hanc Eberhard Ludwig celsissime cellam

Hartmanno studium suppeditante suum.

Anno 1731.

Dann sind bemerkenswerth mehrere Häuser in der Kirchgasse, darunter eines mit verziertem erstem Stock und der Jahreszahl 1692. Die meisten aber sind in der Oberthorstraße und zwar in der Nähe des schon genannten Gasthauses zum Ochsen, auf derselben Seite ein Haus mit reich verzierten Renaissance-Eingängen und Fenstern und mächtigem aus Holzwerk gezimmertem Giebel mit der Jahreszahl 166. und am Thor daneben 1642. Gegenüber ein Haus mit schönem reich skulpirtem steinernem Erker, woran 1595; die oberen Geschosse wieder in reichem Holzbau.

Westlich der Oberthorstraße in einer Seitengasse steht an der steinernen Eckkonsole eines sehr alten Hauses: Johann mat . gra … neipperg| 1550, und in der östlich ablenkenden Kleppergasse befinden sich mehrere alte in schönem Holzbau ausgeführte Häuser mit den Jahreszahlen 1567, 1580 und 1594. In der Schlegelgasse ein schönes Holzhaus und zunächst des abgegangenen Flüchtthors ein städtisches Magazin, das, wie es scheint, theilweise aus den Steinen des ehemaligen Thors erbaut wurde, indem mehrere Quader noch alte Steinmetzzeichen enthalten und an demselben ein Stein eingemauert ist mit dem Württemberg’schen- und dem Stadtwappen, von einem Engel gehalten. Über demselben befindet sich ein Spruchband mit der Inschrift: Wirdberg und Brakhnna. 1495. Der Engel hält einen Schlüssel in der Rechten, was sich vielleicht auf den Thorschlüssel bezieht. Nach der Sage soll die Mannschaft des Schleglerbundes durch die Schlegelgasse hinausgetrieben worden sein (?). Eine Goldmünze aus dieser Zeit wurde vor einigen Jahren daselbst aufgefunden. In der Klostergasse stand das Beguinenhaus, von dem noch einige alte Mauern und ein spitzbogiger Eingang vorhanden.

Durch die Stadt führt die Landstraße von Heilbronn in das Zabergäu und überdieß sind Vicinalstraßen nach Lauffen, Botenheim, Stockheim, Schwaigern und Stethen angelegt. Steinerne Brücken bestehen je eine über die Zaber und über den Forstbach; über letzteren überdieß noch 6 hölzerne Stege. Die Unterhaltung der Brücken und Stege hat die Gemeinde.

Gutes, jedoch etwas hartes Trinkwasser liefern hinreichend 2 laufende und 32 Pumpbrunnen. Der bedeutendste und beste Brunnen ist der dreiröhrige Marktbrunnen, auf dessen Brunnensäule die im Rococostil hübsch gearbeitete lebensgroße Bildsäule des Neptun mit einem Delphin und dem Brackenheimer Wappenschilde steht, die sich früher am Schloßbrunnen befand. Das laufende Wasser wird mittelst einer theils hölzernen, theils eisernen Deuchelleitung von der Allmand unter dem Sulzberg 1/2 Stunde weit hergeführt. Pumpbrunnen lassen sich allenthalben anlegen und viele Keller haben Wasser. In der oberen Vorstadt nahe bei dem Schloß steht ein alter, in schönem Renaissancestil ausgeführter, jedoch sehr vernachlässigter Ziehbrunnen mit der Inschrift an seinem Steingalgen:

Hans Haug hat diesen brunnen lassen bauen nach unser lieben heren Kristus geburt Dausent finf hundert und fufzig iar. amen.

Ein künstlich angelegter Feuersee und eine Wette bestehen an der Ostseite der Stadt. Die Markung selbst ist nicht besonders quellenreich, dagegen fließen über dieselbe die Zaber und zunächst an der Ostseite der Stadt der Forstbach, der sich 1/4 Stunde unterhalb der Stadt mit der Zaber vereinigt. Letztere tritt zuweilen aus, ohne jedoch erheblichen Schaden anzurichten.

Die im allgemeinen körperlich kräftigen Einwohner, von denen gegenwärtig 11 achtzig und darüber Jahre zählen, sind mit wenigen| Ausnahmen ordnungsliebend, sparsam, sehr fleißig und kirchlich gesinnt; ihre Vermögensverhältnisse gehören zu den ziemlich guten, indem der begütertste Bürger 100 Morgen, der sogenannte Mittelmann 12 und die minder bemittelte Klasse 11/2 Morgen Grundeigenthum besitzt. Der Güterbesitz auf angrenzenden Markungen ist ganz unbedeutend. Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig 25–30 Personen. Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht, Weinbau, Obstzucht und Kleingewerben. Die gewöhnlichen Handwerker, von denen die meisten nebenbei auch etwas Landwirthschaft treiben, sind beinahe alle vertreten und beschränken sich mit einigen Ausnahmen hauptsächlich auf das Bedürfniß der Stadt. Überdieß bestehen 4 Schildwirthschaften, 2 Bierbrauereien mit Wirthschaft, eine außerhalb der Stadt (östlich) gelegene Ziegelei mit Kalkbrennerei, eine weitere wird gegenwärtig an der Straße nach Neipperg erbaut, eine Gipsmühle und zwei südlich von der Stadt gelegene Mühlen, die Johannismühle und die Burgermühle (s. h. unten), ferner 6 Branntweinbrennereien. Nach dem Stand vom Januar 1873 zählt die Stadt folgende mechanische Künstler und Handwerker:
Meist. Geh.       Meist. Geh.
Bäcker 10 2 Musiker 1
Bürstenbinder 1 Nagelschmiede 2
Buchbinder 4 Nätherinnen 2
Drechsler 2 1 Rothgerber 2 2
Färber 1 Sattler 4 1
Flaschner 2 Schäfer 1 2
Glaser 2 1 Schlosser 3 1
Hafner 1 1 Schmiede u. Hufschmiede 4 2
Hutmacher 1 2 Schneider 8 4
Kaminfeger 1 Schreiner 6 3
Kammmacher 1 Schuster 10 8
Korbmacher 1 Steinbrecher 1
Kürschner 2 Uhrmacher 3
Küfer 4 2 Wagner 3
Kübler 3 2 Zimmerleute 6 2
Maurer u. Steinhauer 11 6 Zimmermaler 1 1
Messerschmiede 2 Zuckerbäcker 2 1
Metzger 9 2

Die Leinwandweberei wird nur als Nebenbeschäftigung betrieben mit 6 Stühlen und 6 Arbeitern.

Handelsgewerbe:

Kaufleute mit offenen Verkaufsstellen gibt es 8 mit 7 Gehilfen, Kleinhändler 9, Hausirer 1, Holzhändler 1, Weinhändler 1, Landfuhrleute 5, sämtlich ohne Gehilfen.

| Von geborenen Brackenheimern sind folgende zu nennen:

Wendelin Hock, welcher in Bologna Medizin studirte und in Rom zur Praxis geprüft wurde; er ist der Verfasser einer öfters gedruckten, im Jahre 1514 von Straßburg aus dem Herzog Ulrich von Württemberg gewidmeten Schrift: Mentagna sive de causis, preservativis, regimine et cura morbi Gallici (Adelung Gelehrtenlexikon 2, Sp. 2031).

Matthäus (Kochhafe) Chyträus, geb. 1495, gest. 1559, Schüler des Johannes Brenz zu Hall, unerschrockener Pfarrer und Reformator Ingelfingens und des Kraichgaus (Fischlin Mem. Theolog. Wirt. 1, 38. – Dagegen ist nicht hier, wie häufig angegeben wird, sondern zu Ingelfingen den 26. Febr. 1531 geboren sein berühmter Sohn David Chyträus, s. David Chyträus. Dargestellt von Otto Krabbe. Rostock 1870 S. 6 u. 7).

Michael Vay (Vajus), 1535 Professor der lateinischen und griechischen Sprache zu Tübingen, in der Folge württembergischer Rath (Zeller, Merkwürd. der Universität Tübingen 492).

Wilhelm Bidembach, geb. 2. Nov. 1538 als Sohn des hiesigen Vogtes Johannes B., 1558/59 Professor der Philosophie in Tübingen, 1559/63 Stadtpfarrer an der Leonhardskirche in Stuttgart, 1563/71 Stiftsprediger und Konsistorialrath allda, ein eifriger, scharfsinniger und thätiger Streiter für die lutherische Lehre gegenüber dem Zwinglianismus und dem Katholicismus; stürzte sich im J. 1571 aus Melancholie vom hohen Thurm in Bebenhausen herab (Crusius Annal. Suev. pars 3, 745. Fischlin 1, 168–172).

Bernhard von Schaffalizky, geb. 31. Aug. 1591 als Sohn des hiesigen Obervogts Sebastian von Schaffalizky. Er zeichnete sich in französischen, später in holländischen, maltesischen und venetianischen, zuletzt seit 1631 auch schwedischen Kriegsdiensten aus und starb den 21. Okt. 1641 vom Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar zu Unterhandlungen mit dem Kardinal Richelieu abgesandt in Frankreich. (Sein Grabmal in Brackenheim s. oben).

Johann Friedrich Jäger von Jägersberg, geb. 10. März 1596. Er stand bei den Herzogen Johann Friedrich und Eberhard III. von Württemberg in besonderem Vertrauen, leistete durch Unterhandlungen am kaiserlichen Hofe besonders bei Gelegenheit des sog. Restitutionsedikts, während des Aufenthaltes in Straßburg und bei dem westphälischen Frieden, vortreffliche Dienste, wurde 1650 Obervogt in Brackenheim, auch Geheimerrath und starb zu Stuttgart 26. Febr. 1656.

Joachim Martini, geb. 4. September 1625, Sohn des hiesigen Stadtpfarrers Samuel Martini, 1664 Dekan in Marbach, 1676 Prälat in Anhausen, 1683 in Lorch, † 1697.

Johann Heinrich Schellenbaur, geb. 18. Jan. 1643, im| J. 1683 Pfarrer an der Leonhardskirche zu Stuttgart, 1685 Abendprediger an der Stiftskirche und Professor an dem neuerrichteten Gymnasium daselbst, gest. 10. Dec. 1687; bekannt durch sein compendium logices pro scholis in Ducatu Würtembergico (Jöcher, Allg. Gelehrtenlexikon 4, 244).

Georg Gottfried Dapp, geb. 21. Jan. 1720, im J. 1770 Spezialsuperintendent in Kirchheim, 1783 Generalsuperintendent in Bebenhausen, gest. 1808 (Haug, Schwäb. Magazin 1776 S. 671. Ders. Gelehrtes Wirtemberg S. 59).

Wilhelm Gottlieb Rappolt, geb. 19. Aug. 1748, im J. 1774, Professor der Mathematik und Physik an der Karlsschule zu Stuttgart, 1777 Bibliothekar an derselben, gest. 1808 (Gradmann, Das gelehrte Schwaben S. 477).

Karl Heinrich Köstlin, geb. 23. Apr. 1755, Professor der Naturgeschichte an der Karlsschule, Verfasser u. a. einer Naturgeschichte der Insel Elba, gest. 8. Sept. 1783 (Meusel, Lexikon der deutschen Schriftsteller 7, 233).

David Christian Seybold, geb. 26. Mai 1747, Sohn des hiesigen Stadtschreibers, im Jahr 1770 a. o. Professor der Philosophie in Jena, 1774 Rektor in Speier, 1775 in Grünstadt, 1779 hessen-darmstädtischer Professor am Gymnasium in Buchsweiler, in Folge der französischen Revolution in seine Vaterstadt zurückgekehrt und zum Professor der klassischen Litteratur in Tübingen ernannt, gest. 10. Febr. 1804; fruchtbarer Schriftsteller im Gebiet der Philologie, Geschichte, Pädagogik und der schönen Wissenschaften (Selbstbiographie in seinen Kleinen Schriften vermischten Inhalts 1, 1–38 und in Strieder, Hess. Gelehrten Geschichte 14, 273–319. Vrgl. Haug, Gelehrtes Wirtemberg S. 243, Gradmann a. a. O. 620).

Christian Ulrich Friedmann, geb. 28. Nov. 1780, Sohn eines hiesigen Weingärtners; er hat sich in dem bayrischen Kirchdorf Sulzbach an der Donau ansässig gemacht und seit den 20er Jahren dieses Jahrhunderts um Verbreitung des Weinbaus in der dortigen Gegend große Verdienste erworben (Eisenmann, Topo.-geogr. stat. Lexikon vom Kgr. Bayern 2, 797).

Die große, von Südost nach Nordwest in die Länge gedehnte Markung hat, mit Ausnahme der Steilabfälle des Heuchelbergs und der linken Thalgehänge gegen den Forstbach, eine flachwellige Lage und einen sehr fruchtbaren Boden, der größtentheils aus Lehm, an den Gehängen aus den unteren, theilweise mit Gips durchzogenen Keupermergeln und auf der Hochfläche des Heuchelbergs aus den leichtsandigen mit Lehm gemengten Zersetzungen des Keuperwerksteins (Schlaisboden) besteht. In den Thälern haben sich dem Wiesenbau günstige Alluvionen abgelagert. Zwei Werksteinbrüche, die jedoch| wenig benützt werden, sind vorhanden. Das Klima ist mild und erlaubt mit Ausnahme des Mohns den Anbau aller in Württemberg üblichen Kulturgewächse. Vor rauhen Nordwinden schützt der Heuchelberg; schädliche Frühlingsfröste kommen nur zuweilen vor und Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.

Bei diesen günstigen natürlichen Verhältnissen, verbunden mit dem Fleiß der Einwohner, ist der landwirthschaftliche Betrieb ein ganz befriedigender; verbesserte Ackergeräthe (Brabanterpflug, eiserne Egge, Walze) sind eingeführt und zur Düngung werden außer den in gut angelegten Düngerstätten gesammelten Düngungsmitteln auch Guano, Gips, Kompost und Asche angewendet. Zum Anbau kommen, neben den gewöhnlichen Cerealien, Kartoffeln, viel Futterkräuter (dreibl. Klee und Luzerne), Angersen, Zuckerrüben und etwas Handelsgewächse, jedoch letztere nur für den eigenen Bedarf. Von den Getreidefrüchten können über das örtliche Bedürfniß jährlich 1000 Scheffel Dinkel, 500 Scheffel Gerste und 200 Scheffel Haber meist in das Badische und nach Heilbronn abgesetzt werden. Der ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes Futter, von dem ein namhafter Theil nach außen verkauft wird. Etwa 100 Morgen Wiesen können bewässert werden. Der Gartenbau wird rings um die Stadt, namentlich in und an dem ehemaligen Stadtgraben, in ziemlicher Ausdehnung betrieben; er beschränkt sich jedoch, mit Ausnahme einiger schön angelegter Luxusgärten, hauptsächlich auf den Gemüsebau für den eigenen Bedarf, während der Gemüseverkauf von keinem Belang ist. Der ausgedehnte Weinbau (Pfahlbau mit Bogenschnitt und nur einigen Drahtanlagen) wird sehr gut betrieben; man pflanzt 2800 Stöcke, meist Drollinger, Silvaner, Elblinge und Klevner auf den Morgen und bezieht sie theilweise den Winter über. Der höchste Ertrag eines Morgens wird zu 10 Eimern angegeben und die Preise eines Eimers bewegten sich in den letzten 10 Jahren von 20–80 fl. Der erzeugte Wein ist angenehm, mild mit feinem Bouquet und findet seinen Absatz nach Baden, in den Schwarzwald und in das Oberland. Die im Zunehmen begriffene Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Luiken, Schreineräpfeln, Pomeranzenbirnen, Bratbirnen und Zwetschgen; sie erlaubt in günstigen Jahren einen Verkauf nach außen von 4 bis 5000 Simri. Einige Privatbaumschulen sind vorhanden, aus denen, wie auch von Heilbronn, die Jungstämme bezogen werden.

Die Gemeinde besitzt 265 Morgen gemischte Waldungen, deren jährlicher in 50 Klaftern und 3000 Stück Wellen bestehender Ertrag zu Gunsten der Gemeindekasse um etwa 1500 fl. verkauft wird. Außer dieser Einnahme bezieht die Gemeinde 600 fl. Schafweidepacht und 400 fl. aus der Pferchnutzung, ferner aus 50 Morgen Allmanden, die theils mit Obstbäumen bepflanzt sind, theils verpachtet oder als Schafweide benützt werden, nebst dem Obstertrag 400 fl.

| Die Pferdezucht ist ganz unbedeutend, dagegen die Rindviehzucht in gutem Zustande; man züchtet eine Kreuzung von Neckarschlag und Simmenthaler und hat 3 Farren von gleicher Race aufgestellt. Der Handel beschränkt sich auf das entbehrlich gewordene Vieh und der Milchverkauf nur auf die Stadt selbst. Auf den Allmanden und der Brach- und Stoppelweide läßt ein fremder Schäfer den Sommer über 100 und im Winter 450 Stück Bastardschafe laufen. Schweinezucht wird nur für den eigenen Bedarf getrieben; es werden ungefähr so viel Ferkel aus- als eingeführt.

Anstalten für den Unterricht sind folgende vorhanden: 1) Eine lateinische Schule mit einer Präceptors- und Kollaboratorsklasse, in welcher auch realistischer Unterricht in der Geometrie und im Zeichnen ertheilt wird, woran auch Volksschüler Theil nehmen. 2) Eine deutsche Volksschule mit 3 Klassen, an der 2 Schulmeister und ein Unterlehrer unterrichten. 3) Mit der letzteren ist verbunden eine Arbeitsschule mit einer Lehrerin, die im Stricken und Nähen in 4 Klassen unterrichtet. 4) Eine Winter-Abendschule für 14–16jährige Söhne, samt einer Zeichenschule für Gewerbslehrlinge.

Die Stadt hat das Recht, in den Monaten Mai und September einen Krämer- und Viehmarkt (Krämermarkt zu 2 Tagen), im April und August einen Holzmarkt und im November einen Krämer-, Vieh- und Flachsmarkt abzuhalten. Jeden Donnerstag besteht mit Ausnahme der Festtage ein Schweinemarkt.

Von besonderen Stiftungen nennen wir: 1) Die Thill-, Herter- und Hornung’sche Familienstiftungen, gegründet von Legationsrath Thill in Stuttgart, von Helfer Herter in Brackenheim und Rechnungs-Probator Hornung in Brackenheim, und zwar beträgt die Stiftung von Thill ursprünglich 6800 fl., jetzt 90.000 fl., die von Herter ursprünglich 4000 fl., jetzt 7000 fl. und die von Hornung ursprünglich 16.000 fl., jetzt 18.000 fl.

2) Die Schütz-Gaab’sche Familienstiftung (Stifter Amtsschreiber Schütz zu Maulbronn und dessen Frau) ursprünglich 500 fl., jetzt 3100 fl. Die Familienstiftungen haben Studienzwecke; die Herter’sche giebt nebenbei noch Prämien für Wohlverhalten an Bürgerstöchter und die Hornung’sche reicht neben Berücksichtigung der Gewerbslehrlinge und Nupturienten jedem Familienmitglied eine Jahresportion.

Überdieß sind noch verschiedene Stiftungen für Schul- und Armenzwecke vorhanden, deren jährlicher Zinsertrag sich auf 800 fl. beläuft. z. B. der Herzogin Barbara Sophia, die 1656 4000 fl., des Priesters Emerich Emhart, der 1513 1200 fl., des hiesigen Burgermeisters Daniel Waidenlich, der 1601 mit seiner Frau Anna, geb. Haugin, 100 fl., und 1608 200 fl. stiftete. Das Vermögen der Hospitalpflege beträgt in Geld 186.000 fl.

Von Spuren aus frühester Vorzeit nennen wir: die römische| Heuchelbergstraße und auf der Straße nach Schwaigern trifft man unter dem Straßenkörper ein Pflaster, das bis zur Höhe „Heiligkreuz“ fortsetzen soll; ohne Zweifel haben wir es hier mit einer ursprünglichen Römerstraße zu thun, die von den südwestlich von Brackenheim gelegenen Steinäckern auf den Heuchelberg führte und sich dort an die römische Heuchelbergstraße anschloß. Auf den Steinäckern sollen nämlich schon Gebäudereste gefunden worden sein, und der Name Steinäcker deutet in dem Zabergäu fast untrüglich auf einen ehemaligen römischen Wohnplatz. In dem Gemeindewald Haberschlacht befindet sich ein altgermanischer Grabhügel. Ganz nahe (nordöstlich) bei Brackenheim rechts vom Weg nach Dürrenzimmern stand auf einem Bergvorsprung eine Burg, von der nur der Graben theilweise noch sichtbar ist. Etwa 1/4 Stunde nordwestlich von der Stadt kommt die Flurbenennung „Schanze“ vor und nur 1/8 Stunde südöstlich von der Stadt wird eine Stelle „Sieh dich für“ genannt; beide Punkte deuten auf ehemalige Wachposten. Auf der nördlich der Stadt gelegenen Flur „St. Johann“ soll eine Kapelle gestanden sein. Am Wurmbach an der Straße nach Frauenzimmern soll es geisten.

E. Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, führt von Brackenheim folgende Sagen auf:

Einmal um Weihnachten fand eine Frau in der Kuhkrippe des Klosters zu Brackenheim eine ganze Handvoll lichtrother Johannisvögel (Johanniswürmchen), und wußte nicht, was sie damit anfangen sollte, und warf sie hinaus. Hätte sie etwas von ihrem Zeuge, z. B. nur die Schürze, darüber gelegt, so wäre sie steinreich geworden; es war offenbar ein Schatz, der gehoben werden sollte. – Ein anderes Mal kam der Mann dieser Frau auf den Boden und sah hier einen großen aufgeschütteten Haufen solcher goldigen Johannisvögel, und rief: „o Jes, was ist das!“ da war plötzlich der ganze Haufen fort. Wieder ein anderes Mal trat der Mann in die Kammer und sah helle Flammen aus dem Boden schlagen und schrie: „o Gott, es brennt, es brennt!“ und sogleich war Alles spurlos verschwunden; denn solche Schätze, die sich zeigen, dürfen nicht beschrieen werden.

Eine arme Frau in Brackenheim nährte sich mit Spinnen und war so fleißig, daß sie oft ganze Nächte hindurch an der Kunkel saß. Wenn aber der Mond schien, so steckte sie kein Licht an, sondern spann im Mondschein. Da trat einmal mit dem Schlage zwölf ein Mann herein und brachte ihr einen Arm voll Spindeln und sagte: „Wenn du die nicht noch in dieser Nacht voll spinnst, so ists aus mit dir und ich werde dich holen.“ Da ward es der Frau angst; aber ein guter Geist gab es ihr ein, daß sie die Spindeln nur Einmal überspann und so noch zu der bestimmten Stunde fertig wurde. Dieser Mann, welcher der Böse selbst war, kam auch richtig| wieder, nahm stillschweigend die Spindeln und ging damit fort. Seitdem hat die Frau nie wieder im Mondschein gesponnen.

– Beim Abnehmen des Obstes läßt man gern ein paar Stück auf dem Baum sitzen. Man sagt, der Baum trage dann im nächsten Jahre um so sicherer wieder.

Zu der Gemeinde gehören:

Die Burgermühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, 1/4 Stunde südöstlich vom Mutterort an der Landstraße von Meimsheim nach Brackenheim an der Zaber gelegen.

Das Schafhaus, liegt bei der Johannis-Kirche.

Die St. Johannis-Mühle, mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang, einer Hanfreibe und einem Ölgang, liegt 1/4 Stunde südlich von der Stadt an der Zaber.

Geschichte der Stadt.

Die früheste in Originalurkunden vorkommende Schreibweise des Namens ist Braggenhain (1293. 1309), Brackenheim (1301), Brakenhain (1309), Brakkenhein (1321), Brakgenhein (1376), in späterer Zeit, so im 16. Jahrhundert kommen auch die Formen Brackenau, Brackhana vor. Schon das oben beschriebene redende Wappen der Stadt, welches an einer Urkunde vom Jahr 1301 erhalten ist, weist auf die Ableitung des Namens von Bracke, einer Art Jagdhunde, hin, daher vielleicht an einen ehemaligen Jagdsitz allhier zu denken ist, allein es möchte sich fragen, ob nicht die Ableitung von „brach“ vorzuziehen, was auf das althochdeutsche „bracha“, d. h. das erste Umbrechen eines zum Anbau bestimmten Landes, zurückzuführen wäre.

Sehen wir von den Sagen älterer Chronisten über die frühere Geschichte der Stadt (s. Klunzinger 1, 14 u. 15. 2, 11) ab, so begegnet uns der Name zuerst als der eines adeligen Geschlechtes, indem Zeisolf von Brackenheim in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts an das Kloster Hirsau eine Hube in Messesteten als Tauschobjekt gegen ein Gut in Gültstein gab und dann noch zwei Huben mit einem Weinberg in Botenheim und eine halbe Hube in Meimsheim schenkte (Cod. Hirsaug. f. 58b, 69b). In den Jahren 1246 und 1261 erscheint der Ort in Urkunden der Familie von Magenheim (Mone, Zeitschr. 4, 183. 15, 309) und jedenfalls im Jahre 1301 als eine ummauerte, mit Thoren versehene Stadt („civitas“ Mone 15, 114). Daß sich dieselbe einmal im Besitze der Familie von Brackenheim befunden habe, ist urkundlich nicht bekannt, vielmehr tritt sie uns im 13. Jahrhundert zuerst in demjenigen der Familie Magenheim entgegen. Von dieser kam die Hälfte der Stadt gegen Ende obigen Jahrhunderts, mit verschiedenem Besitz in der Gegend durch die Heirath von Ulrichs von Magenheim Tochter Maria an deren Gemahl den Grafen Otto von Hohenberg zu Nagold († 1299)| und ihren Sohn den Grafen Burkhard. Allein dieser letztere verkaufte den 18. Okt. 1321 an den Grafen Eberhard den Erlauchten von Württemberg all sein Erbe und sonstigen Erwerb in der Gegend, insbesondere die halbe Stadt Brackenheim mit der Hälfte von Nieder-Magenheim und von Blankenhorn, das halbe Gericht zu Pfaffenhofen und eine Hellergült daselbst um 5250 Pfd. Heller, und behielt für sich nur den Weiler Schippach und Zehenten zu Ochsenbach zurück. (Schmid Monum. Hohenb. 234). Zwar verkaufte, d. h. wohl nur verpfändete Graf Ulrich III. von Württemberg den 12. Aug. 1327 seinen Theil zu Brackenheim mit seinem Theil zu Magenheim, der Stadt Güglingen, der Feste Blankenhorn und seinem Rechte an der Stadt Lauffen um 8000. Pfd. Heller an den Erzbischof Matthias von Mainz, der daraus jährlich 700 Pfd. Heller Gült ziehen sollte, und versprach an demselben Tage in einer besonderen Urkunde gemeinschaftlich mit dem Markgrafen Rudolf IV. von Baden zu Pforzheim, daß sie den gedachten Besitz wie den ihrigen schirmen wollen (Würdtwein Nov. subs. 3, 186 ff.; Gudenus Cod. dipl. 3, 256); allein lange dauerte dieser mainzische Besitz nicht, und auch die andere Hälfte der Stadt, über deren Schicksal nichts näheres bekannt ist, kam wohl nicht viel später von der Familie Magenheim an Württemberg, denn den 1. Mai 1362 verschrieben sich Schultheiß Richter und Bürger von Brackenheim, dem Grafen Eberhard dem Greiner mit Leib und Gut beizustehen und gewärtig zu sein, wenn sein Bruder, Graf Ulrich IV., etwas von der Herrschaft Württemberg entfremden wollte, und den 30. Juni 1363 übergab Graf Ulrich an den Grafen Eberhard vor dem Hofgericht zu Rottweil unter seinem Antheil an Land und Leuten auch „Brackenheim die Stadt“, wobei nach dem Wortlaute der Urkunden durchaus anzunehmen ist, daß es sich hier um die ganze Stadt handelte. Wenn den 27. Dec. 1367 vier Gebrüder von Magenheim auf alle Ansprache und Forderungen an die Burg Magenheim und die Stadt halb Brackenheim samt dem Kirchensatz daselbst zu Gunsten des Grafen Eberhard des Greiners von Württemberg verzichten, so dürfte es sich wohl hier nur um eine nochmalige ausdrückliche Anerkennung schon früher begründeter Rechtsverhältnisse handeln. In der Folge blieb Brackenheim mit Württemberg ganz vereinigt, wie es denn im Jahre 1420 mit der Herrschaft Magenheim als württembergisches Reichslehen erscheint. (Stälin 3, 418.)

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In Hinsicht auf Recht und Verfassung der Stadt sind folgende Hauptmomente hervorzuheben. K. Rudolf I. verlieh derselben, wie ähnliches auch hinsichtlich anderer und Dörfer vorkam, im Jahre 1280 das Recht der Stadt Eßlingen, wobei hauptsächlich persönliche und privatrechtliche Verhältnisse der Einwohner, so Normen über Erbrecht, Aufnahme von Pfahlbürgern, Pfandwesen, Juden,| Injurien- und sonstige Criminalsachen in Betracht kommen (St. A.), und nicht daran zu denken ist, es habe sich hierum die Begründung des reichsstädtischen Charakters für die Stadt gehandelt (vergl. Rebstock, Kurze Beschreibung des Landes Württemberg 1699, S. 141). Aus ältester Zeit werden als Schultheißen genannt: im Jahre 1293 Wer. dictus Zume et Volmarus, quondam sculteti, Eggo nunc scultetus, im Jahre 1301 Walterus, Burkardus – daneben als Richter: Albertus de Haberslacht, Henricus dictus Lubingch, Ulricus dictus Stolle, Cunradus dictus Buman, Henricus dictus Hunspach, Wernherus dictus Butscherf, Cunradus Sartor, Ulricus filius quondam Volmari sculteti, Henricus dictus Kuschelman, Henricus de Niperch, wohl meist Angehörige alter Brackenheimer Familien –, im Jahre 1307 Diemo (Mone 14, 345. 15, 115. 4, 193). Als Vogt im Zabergäu erscheint im Jahre 1341 Konrad Ruzze; die Reihe der Obervögte von Brackenheim seit dem Jahre 1359 bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts, der Untervögte seit 1383 bis um dieselbe Zeit, der Oberamtmänner seit 1759 s. bei Klunzinger 2, 14 ff., 18 ff. u. 42. Es waren namentlich unter den Obervögten manche bedeutende Männer: Wilhelm von Massenbach, württembergischer Marschall, † 1558 (s. Massenbach), Sebastian von Schaffalizky, † 1624 (s. oben), Joh. Friedr. Jäger von Jägersberg, † 1656 (s. oben), Maximilian von Menzingen 1675/83. Es können der oben angeführten Liste von (Unter)vögten noch beigefügt werden: Cuncz der Vogt von Brakgenhein 1376 (Mone 5, 79); Cunz Schultheiß 1392 (Gabelk.) 1415 Gerlach (St. A.); Marx Rephun 1454, Hans Lyninger 1519 (Gabelk). – Die Grafen beziehungsweise Herzoge von Württemberg hatten im Zwing und Bann der Stadt „allein den Stab, das Geleit und die Obrigkeit, Herrlichkeit, Gebot, Verbot, hohes und niederes Gericht, Frevel, Strafen und Bußen“ (Lagerbb. von 1578 u. 1606; Bestimmungen über Frevel und Unrecht, Hauptrecht und Fähl, Mannsteuer und Leibhennen von ausgesessenen leibeigenen Leuten, freien Zug und Abzug u. s. w. s. bei Reyscher Statutarrechte 545 ff.) – Den 24. Okt. 1670 gestattete Herzog Eberhard III. von Württemberg der Stadt neben dem von seinen Vorfahren auf Egidii anberaumten Jahrmarkt noch einen zweiten auf Martini zu halten.

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Daher, daß Stadt und Amt Brackenheim seit dem Jahre 1380 (s. VII, 1) öfters den Gemahlinnen der Regenten zum Widdum verschrieben wurde, kam es, daß manche fürstliche Personen länger oder kürzer hier im Schlosse sich aufhielten. Herzog Johann Friedrichs Wittwe, Barbara Sophia, geb. Prinzessin von Brandenburg, bewohnte einige Jahre das Schloß mit ihren Töchtern, mußte jedoch im Jahre 1634 bei annähernder Feindesgefahr nach Straßburg flüchten; von 1641 an wohnte hier des Herzog-Administrators Julius Friedrich| Wittwe Anna Sabina, geb. Prinzessin von Holstein-Sonderburg, mit ihren Kindern, und erhielt auch in dem fürstbrüderlichen Vergleich vom 31. Jan. 1650 statt des Schlosses Brenz das hiesige Schloß in der Weise eingeräumt, daß es zu keiner Folge dienen sollte; endlich nahm Herzog Eberhards III. zweite Gemahlin Maria Dorothea Sophia, geb. Gräfin von Oettingen, gemäß einer Verfügung des Herzogs Wilhelm Ludwig vom 3. Sept. 1674 von Schloß, Stadt und Amt Brackenheim Besitz und behielt dieselben als Widerlage ihres Heirathsguts bis zu ihrem Tode im Jahre 1698 (Sachsen-Eisenachsche Deduktion gegen Württemberg 1700 fol. 139 ff.), wenn sie auch wegen des Brandes vom Jahr 1670 das Kirchheimer Schloß als Wittwensitz beziehen mußte. Im Übrigen diente das Schloß vorzugsweise den Obervögten zur Wohnung, ferner im Kriege hohen Offizieren, bei Jagden den regierenden Herzogen zum Aufenthalt (so den Herzogen Eberhard Ludwig 1724 und 1728, Administrator Karl Friedrich 1739, Karl Eugen 1748, 1753, 1769, 1770 und 1774 (Klunzinger 2, 25 u. 26).

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Aus der Kriegsgeschichte, soweit sie nicht im allgemeinen Theil dargestellt ist, sind folgende Thatsachen hervorzuheben. Den 20. Okt. 1277 siegte Graf Hartmann von (Mark-) Gröningen über das Kriegsvolk K. Rudolfs I. nahe bei Brackenheim, indem er mit geringer Mannschaft die tapfersten Edlen und 20 ihrer Knechte, die wohl gerüstet ihm einen Hinterhalt gelegt hatten, gefangen nahm und sie in die Stadt Markgröningen brachte (Heyd, Gesch. der Grafen von Gröningen S. 82). Während des 30jährigen Krieges (s. Klunzinger 2, 28–38) hatte die Stadt wie das Oberamt überhaupt, besonders durch Einquartierung, Kontributionen und Seuchen viel zu leiden. Den 7. Sept. 1633 wurde die Brackenheimer Compagnie durch einen Ausfall der Besatzung von Villingen sehr geschädigt; vom Febr. bis Juni 1635 befand sich hier Piccolominisches Quartier, wobei 853 Eimer 7 Maas alten Weins und 1515 Eimer 15 Imi 7 Maas neuen Weins aufgingen und Oberstlieutenant Piccolomini selbst 105 Eimer 8 Imi 1 Maas alten und 174 Eimer 6 Imi 4 Maas neuen Weins erhielt. Nach dem vogteilichen Berichte vom 1. Okt. 1652 waren damals von 220 Bürgern noch 99 übrig, von 5641/2 Morgen Weingarten waren 3983/4 wüst, von 1369 Morgen Äckern desgl. 391, von 255 Häusern und Scheuern 35 unbewohnt und 57 ganz zerstört. Ähnliches Ungemach hatte die Stadt in den französischen Kriegen seit Ende des 17. Jahrhunderts. Im Jahre 1688 forderten die Franzosen von ihr 13.000 fl. Kontribution; 1693 erlitt sie großen Verlust an Fahrniß u. dergl. durch Plünderung Seitens der Franzosen, welche 6000 fl. Kontribution forderten, worauf die Herzogin-Wittwe Maria Dorothea Sophia sich ihres Widdums annahm, einen Theil des Geldes aus anderen Orten| herbeischaffte und nach Frankreich um Schutz schrieb. Im Anfang Juni 1704 marschirte die von Ladenburg herkommende englisch-holländische Infanterie und Artillerie von Marlboroughs Armee durch Brackenheim nach Güglingen. Im Jahr 1799 wurde die Stadt kurze Zeit von den Franzosen besetzt.

Von besonderen sonstigen Ereignissen sind folgende zu erwähnen. Den 20. April 1365 weilte K. Karl IV. hier mit großem Gefolge, als er von Heilbronn zu Pabst Urban V. nach Avignon reiste. – Den 6. April 1396 wurde hierselbst auf einer Tagsatzung die Aufhebung der Schleglergesellschaft beschlossen (Stälin 3, 365). – Den 27. Okt. 1399 verglichen sich Graf Eberhard der Milde von Württemberg und die Stadt Heilbronn hier wegen verschiedener Streitigkeiten (St. A ). – Im Jahre 1468 verehrten die von Brackenheim dem Grafen Eberhard im Bart bei seiner Rückkehr von Jerusalem einen silbernen Kopf (Steinhofer 3, 167). – Im März und April 1542 raffte eine pestartige Krankheit sehr viele Menschen hier weg; desgleichen in den Jahren 1606/7 630 Personen. – In der Nacht vom 19./20. Mai 1691 brach in des Kronenwirths Kiener Haus Feuer aus, verbreitete sich über den nördlich vom Gasthofe zum Ochsen liegenden Theil der Stadt und verzehrte in wenigen Stunden über 100 Gebäude an Häusern, Keltern, Scheuern und Stallungen, darunter das große Magazin der Reichsarmee, das Rathhaus, Spital, Stadtschreiberbehausung und 3 Thürme; die Kirche wurde vorzugsweise durch die Hilfe der Stockheimer gerettet. Der Schaden wurde mit samt dem, was einzelnen Dörfern verbrannte, welche wegen des Krieges Mobilien hierher geflüchtet hatten, zu 100.472 fl. geschätzt.

Der nach dem Orte sich nennenden adeligen Familie, welche wohl auf der oben erwähnten Burg saß, gehörte an der schon genannte Zeisolf aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, dessen Name möglicherweise auf eine Verwandtschaft der Familie mit der von Magenheim hinweist, von welcher sie ein besonderer Zweig gewesen sein könnte, (Sattler Topogr. 92 nennt die von Brackenheim Dienstleute der Familie Magenheim). Hugo miles de Br. erscheint den 13. Jan. 1282 als Zeuge des Gerhard von Bruchsal genannt von Ubstatt, den 28. Nov. 1295 als Bürge Ulrichs von Magenheim (Mone 14, 169), den 16. Mai 1296 als Zeuge dieses Ulrichs und Rudolfs von Neuffen, im Jahre 1302 als Zeuge Erkingers von Magenheim (Klunzinger 4, 202); den 27. Jan. 1304 besitzt ein solcher Hofstätten zu Haberschlacht und gedenkt eines gleichnamigen Oheims; 14. Juli 1307 ist Herr Hug von Brackenhain „ein Richter“ Zeuge des Grafen Burkhard von Hohenberg (Mone 4, 193), 10. Nov. 1369 der Edelknecht Wolf von Br. Bürge des Wolf von Thailfingen (St. A.). Dagegen dürften der „erbare Mann, Heinrich der Brusse genannt von Brackenheim“, welcher 1341 Zehenten zu Botenheim| kaufte, und der „Conradus dictus Arnold de Br., welcher den 26. Juli 1402 dem Grafen Eberhard von Württemberg die Heiligkreuzpfründe zu Bönnigheim übergab (St. A.), eben Bürger der Stadt und nicht Angehörige dieser adeligen Familie sein. Als Wappen führte die letztere einen stehenden Bracken (Siegel z. B. vom Jahre 1304).

Fremde adelige Familien erscheinen hier wenig begütert: 1367 verkauft der alte Göler von Neipperg an Walther den Grauen, Vogt im Zabergäu, 11 Pfd. 10 Schill. Heller Gült aus der Steuer zu Brackenheim, 1392 quittiren Eberhard von Neipperg und Dietrich von Gemmingen für 200 fl. jährlicher Steuer allda (Gabelk.).

Bedeutender war dagegen der Besitz fremder Klöster, besonders derjenige Bebenhausens. Den 22. Sept. 1293 verkaufte Ulrich von Magenheim mit Zustimmung seiner Gattin Maria von Neuffen an dieses Kloster um 270 Pfd. Heller alle seine Weingärten bei Brackenheim auf dem Sulzberg, Wolfeshuchberg, Rörisberg und Forstberg mit allen dazugehörenden Rechten, Freiheiten und Lasten, namentlich dem Recht der Vorlese, dem Recht auf eigener Kelter zu trotten, den Wein ohne allen Zoll und Abgabe, als Stetewein, Erbwein, Betwein etc., in Brackenheim einzulegen und auszuführen; bald erwarb das Kloster auch von Erkinger von Magenheim ein Haus neben dem nach Neipperg führenden Thore, einen Hof mit allen Rechten Äckern und Wiesen, samt dem Miethsmann des Hauses, dem Hofbauern, und deren Dienstleuten, was alles die Stadt auf Erkingers Bitte den 18. Jan. 1301 von allen Abgaben, Diensten und Lasten freie und des Verkäufers gleichnamiger Sohn den 6. März 1309 bestätigte (Mone 14, 343. 15, 114 u. 455). Allein den 5. Mai 1498 verkaufte dieses Kloster alle seine in Stadt und Amt, so auch zu Haberschlacht, Frauenzimmern gelegenen Rechte und Gerechtsame an den hiesigen Spital um 1000 fl. – Ferner erscheinen hier begütert: das Hochstift Augsburg, welches nach dem Nachtrage zu seinem Saalbuch von 1366 einen Torkel allhier besaß, der von den Bürgern jährlich auf Martini 31/2 Pfd. Heller eintrug (Jahresberichte des Vereins für Schwaben und Neuburg 1839/40 Sp. 65 u. 70); das Karmeliterkloster in Eßlingen, welches den 10. Jan. 1418 2 Pfd. Heller Zinsen hier verkaufte (Pfaff Msc.); ein Frauenkloster zu Pforzheim, dessen Gefälle Markgraf Karl zu Baden den 18. Mai 1565 an Herzog Christoph von Württemberg abtrat (Sattler, Herzoge 4, 216); endlich der Deutsche Orden (Klunzinger Msc.). – Zu einer Pfründe in der Stiftskirche zu Wimpfen stiftete der dortige Dekan Gerold schon den 18. Okt. 1307 Weinberge auf dem Zwifelberg hier und Jahreszinse von solchen (St. A.).

Beguinen befanden sich allda schon im J. 1392 (s. oben VII. 2). Den 23. Juni 1471 wurde hier eine Sebastiansbrüderschaft gestiftet.

| Von den beiden hiesigen Kirchen war die Johanniskirche ursprünglich die Stadtkirche; als solche trat aber, wohl der Bequemlichkeit wegen, an ihre Stelle die früher nur als Kapelle bezeichnete Jakobskirche. Heutzutage wird in der Johanniskirche am Johannisfeiertag vom Diakonus eine Predigt gehalten, aber auch sonst bei schönem Wetter nicht selten unter befriedigender Theilnahme der Gemeinde der Morgengottesdienst hierher verlegt; auch findet bei Leichenbegängnissen eine Benützung dieser Kirche im Falle ungünstiger Witterung statt. – Der Kirchensatz der Johanniskirche tritt uns zuerst als ein der Familie Magenheim zustehendes Lehen des Bisthums Worms entgegen, indem den 17. Mai 1366 Bischof Johann von Worms denselben nebst dem Zehenten zu Brackenheim mit Zugehörungen und allen heimgefallenen Lehen, welche die Gebrüder Erkinger und Egen sel. von Magenheim vom Bisthum und Stift getragen hatten, an Rafan und die 3 Gebrüder Gerhard, Hans und Diether von Thalheim verlieh. Allein schon den 23. Nov. 1366 vergabte derselbe Bischof alle diese Lehen an den Ritter Hofwart, welchem jedenfalls der Kirchensatz auch nicht lange blieb, da den 27. Decbr. 1367 unter den von den 4 Gebrüdern von Magenheim an den Grafen Eberhard von Württemberg verkauften Rechten zu Brackenheim auch der Kirchensatz allhier aufgeführt wird (s. oben). Graf Eberhard im Bart verwendete die Johanniskirche mit allen Rechten und Zugehörden zur Ausstattung der neu gegründeten Universität Tübingen: in der Bulle P. Sixtus IV. vom 13. Nov. 1476, betreffend die Stiftung der Universität, und in dem besonderen Schenkungsbrief des Grafen vom 17. Jan. 1486 wird derselben gedacht (Reyscher, Ges.-Samml. XI, 3 S. 2, 8, 48). So erwarb die Universität das ihr noch heutzutage zustehende Patronatrecht der hiesigen Stadtpfarrstelle, wogegen der Herrschaft Württemberg die Bestätigung des Stadtpfarrers und die Ernennung des Dekans zusteht. Übrigens darf nur ein für ein Dekanat befähigter Bewerber präsentirt werden und sind diese beiden Stellen stets durch dieselbe Person besetzt gewesen. – Neben der Pfarrpfründe bestanden schon in alter Zeit mehrere kleinere Pfründen: im Jahre 1351 erscheinen hier zwei Frühmessereien (s. oben VII, 2), den 29. Aug. 1389 stiftete der hiesige Pfarrer Berthold in der St. Jakobskapelle eine St. Marienpfründe, den 28. Juni 1413 verkaufte der Probst Reinbold Wener zu Weißenburg an den Vogt Gerlach für die St. Josenpfründe etliche ihm erblich angefallene Weingärten und Gülten zu Hausen, Brackenheim und Bönnigheim um 15 fl. Lagerbücher aus dem 16. Jahrhundert führen auf: in der Johanniskirche eine H. Kreuz- und St. Marienpfründe, in der Jakobskirche ebenfalls eine St. Marien-, St. Josen-, St. Jakobs- und St. Katharinenpfründe. – An der besonders in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aufgekommenen| Sitte der Errichtung eigener Predigtämter betheiligte sich auch Brackenheim, indem den 25. Febr. 1513 der dortige Priester Emerich Emhart († 28. Juli 1525) hierzu ein Einkommen von jährlichen 100 fl. und ein Haus stiftete, wozu Bischof Reinhard von Worms den 7. April d. J. seine Bestätigung ertheilte. Die Verleihung der Pfründe sollte der Magistrat in Verbindung mit der Universität Tübingen, die Bestätigung der Wahl der Bischof von Worms haben, allein schon nach dem Lagerbuch von 1587 übte die Herrschaft Württemberg die ganze Verleihung allein aus. (Näheres über diese Stiftung s. Cleß 2b, 480 ff. und Klunzinger 2, 57 ff.)

Von Geistlichen werden genannt: 1246 und 1279 Ulricus plebanus de Br. (Mone 4, 183; Remling, Urkb. 1, 356); Egeno von Magenheim, Rektor † 1363; 1383/9 Berthold, Pfarrer allhier; 1422 Konrad Machtolf, Kirchherr, und Berthold Oberkain, Kaplan. Bedeutende Namen solcher sind: Johannes Vergenhans, genannt Nauclerus, Kirchherr allda, bis ihn sein ehemaliger Schüler, Graf Eberhard im Bart, zum Lehrer des kanonischen Rechts und ersten Rektor an der Universität Tübingen berief; ferner Konrad Sam aus Rotenacker – wahrscheinlich der erste – Prediger allhier. Derselbe predigte, unter den frühesten im Lande, schon 1520 in Luthers Sinn, so daß ihm Luther am 1. Okt. d. J. seine Freude darüber ausdrückte, daß er an der reinen Lehre Christi halte, und ihn zur Standhaftigkeit in Beziehung auf den Schlag ermahnte, welchen Eck mit der Bulle gegen ihn führen wolle, er wurde aber 1524 von der österreichischen Regierung seines Amtes entsetzt und wirkte daraufhin für die Reformation in Ulm (Klunzinger 2, 59–62). Die Reihe der neueren Stadtpfarrer und Diakonen s. bei Klunzinger 2, 63 u. 64.

Den 18. Dec. 1487 stifteten Pfarrer, Vogt, Bürgermeister, Gericht und Rath der Stadt ein neues Spital- und Gotteshaus, für welches sie den 22. Okt. 1490 neue Statuten erließen. Diesen gemäß hatte der Magistrat allein und ausschließlich die vollkommenste Macht darüber und setzte einen Spitalmeister, der ihm jährlich Rechnung ablegte. Den Schulmeistern oder Stadtschreibern wurde bei ihrer Annahme die Bedingung gemacht, daß sie dem Spitalmeister seine Rechnung, Briefe und anderes nöthige schreiben. Da sich die Anzahl der Pfründner in 2 Jahren ziemlich gemehrt hatte, so wurden noch andere Verordnungen hinzugethan, welche die innere Einrichtung und Ordnung, Zahl und Art der Speisen nach der Jahreszeit, betrafen u. s. w (Cleß 2b, 664). Die Administration des Spitals ist jetzt nach dem Verwaltungsedikt von 1822 geändert.

Auf der Brackenheimer mit Haberschlacht unvertheilten, aber unterschiedenen Markung hatte die Herrschaft Württemberg im Allgemeinen 2/3 sämtlicher Zehenten, 1/3 die Universität Tübingen, vom kleinen Zehenten die Pfarrei Brackenheim 1/3 (Lgb. v. 1578).


  1. Vergl. Idaea Logico-Sophica exhibens insigne Brackhenhemium logice adumbratum praes. Joh. Graftio a Joh. Mart. Rohrbacher. Tubing. 1658. 4.
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