Zum Inhalt springen

Beschreibung des Oberamts Calw/Kapitel B 27

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 26 Beschreibung des Oberamts Calw Kapitel B 28 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Ober-Kollbach,
mit Ebersbühl (Bruderhof), zusammen Gemeinde III. Kl. mit 455 Einw. – Pfarr-Filial von Altburg.


Auf der Hochebene zwischen dem Enz- und dem Nagoldthale, 5/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt und 3/4 Stunden nordwestlich von Altburg, liegen beide Orte, welche zusammen die Gemeinde bilden, nur einige 100 Schritte von einander an der Vicinalstraße (früher Poststraße) von Hirschau nach Calmbach. Die Gebäude dieser ächten Schwarzwalddörfer sind zum Theil sehr ansehnliche Bauernwohnungen und haben noch häufig eine Schindelbedachung, zuweilen auch Schindelverkleidung an den Wetterseiten. Im Ganzen machen die beiden reinlich gehaltenen, mit Obstbäumen umgebenen Orte einen freundlichen Eindruck.

Das Schulhaus, mit Thürmchen und Glocke auf dem First, enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und ein Zimmer | für den Gemeinderath. Eine Industrieschule besteht seit dem Jahr 1852; auch ist ein Armenhaus vorhanden.

Trinkwasser liefern 2 laufende Brunnen, einer in Ober-Kollbach, der andere in Ebersbühl, und 10 Ziehbrunnen, welch letztere übrigens in sehr trockenen Jahrgängen den Dienst versagen, so daß die Einwohner auf die 2 laufenden Brunnen und hauptsächlich auf den etwa 1000 Schritte nördlich vom Ort entspringenden Spiegelbrunnen angewiesen sind. Überdieß fließt in nicht großer Entfernung vom Ort der bei Igelsloch entspringende Kollbach vorüber.

Die im Allgemeinen körperlich wohlgestalteten Einwohner sind sehr fleißig und ihre Nahrungsquellen bestehen neben Feldbau und Viehzucht hauptsächlich in Arbeiten in den Waldungen und Taglohnen. Von den Gewerben sind außer 3 Schildwirthschaften und einem Krämer, noch 3 Wagner, 2 Schmiede und ein Kübler zu nennen, die auch für die Umgegend arbeiten. Die Vermögensumstände sind, mit Ausnahme einiger vermöglichen Bauern, ziemlich gering. Der größte Güterbesitz in einer Hand beträgt 30 Morgen, der mittlere etwa 6–8 Morgen und die Unbemittelten haben 1/2–1 Morgen, zuweilen gar keinen Grundbesitz.

Bei dem Ackerbau ist die Wechselwirthschaft üblich, so daß die Güter einige Jahre mit Roggen, Hafer, Dinkel, Kartoffeln, Erbsen, Kraut, Rüben, Hanf und Flachs eingebaut, und alsdann wieder einige Jahre zu Wiesen benützt werden. Der durchgängig rothsandige, ziemlich fruchtbare Boden wird noch mit dem deutschen Pfluge bearbeitet und liefert bei der nöthigen Düngung 4–5 Schfl. Roggen, 4–6 Schfl. Hafer und 5–6 Schfl. Dinkel pr. Morgen. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 75–120 fl. und die der Wiesen 300–400 fl. Das Getreideerzeugniß reicht nicht für den Bedarf der Einwohner, die immer noch Früchte auswärts aufkaufen müssen. Das Brennen der Felder ist noch allgemein üblich.

Der Wiesenbau, dem nur wenig Wässerung zukommt, ist unbedeutend, ein Morgen erträgt im Durchschnitt 40 Ctr. Futter.

Die Obstzucht ist verhältnißmäßig ausgedehnt und beschäftigt sich vorzugsweise mit Knolläpfeln, Knausbirnen, etwas Zwetschgen und Kirschen. Das Obst gedeiht übrigens wegen des etwas rauhen Klima’s und der nicht selten eintretenden Frühlingsfröste nicht besonders gerne; in günstigen Jahren kann jedoch ziemlich viel Obst nach Außen verkauft werden, während im Ort selbst wenig gemostet, dagegen viel gedörrt wird. Einige Baumschulen, die auch für die Umgegend Jungstämme liefern, sind vorhanden.

| Der aus einer gewöhnlichen Landrace bestehende Rindviehstand ist von mittelmäßiger Ausdehnung und mehr für den eigenen Bedarf, als auf den Handel berechnet. Ein Farre, den die Gemeinde anschafft und ein Bürger gegen eine Entschädigung von etwa 50 fl. hält, ist aufgestellt. Das Vieh wird noch auf die Waldweide getrieben.

Eigentliche Schweinezucht besteht nicht, dagegen werden Ferkel angekauft und entweder für den eigenen Bedarf oder auf den Verkauf gemästet.

Die Schafzucht ist ganz unbedeutend.

Die Gemeinde hat nicht nur kein Kapitalvermögen und keinen Grundbesitz, sondern noch Schulden. (Über die Gemeinde- und Stiftungspflege s. Tabelle III.)

Im Walde zwischen Ober-Kollbach und Lützenhardt sieht man noch deutliche Spuren früherer Agricultur; hier soll nach der Sage ein kleiner Ort gestanden sein.

Etwa 1/8 Stunde vom Ort stehen an der neuen Landstraße, wo diese eine bedeutende Wendung macht, die sog. drei Königseichen, welche im Jahr 1841 zum Gedächtniß an das Jubelfest Sr. Maj. des Königs hieher gepflanzt wurden.

In „Cobelbach“, wie der Ort einfach hieß, ehe das jüngere Unter-Kollbach (O.A. Neuenbürg) gebaut wurde, und in „Ebersbuhel“ (d. i. Ebersbühl, Hügel des Ebers, welches heutzutage unrichtig Ebersspiel geschrieben wird) war das Kloster Hirschau schon um 830, nach allerdings nicht gleichzeitiger Aufzeichnung begütert (Cod. Hirsaug. 25a). Um 1170 erhielt es in Cobelbach ein Gut, welches 5 Schill. jährlich zinste, geschenkt (eb. 62b) und am 11. April 1303 erkaufte es die Vogtei über „Ebersbühl“ von dem Grafen Konrad von Vaihingen Vater und Sohn (Gabelkhover).

Beide Orte gehörten zum Klosteramt Hirschau, dessen Schicksale sie theilten.

Im J. 1411 wurde allhier (zu Kolban, Kolben) eine Kapelle zu unserer lieben Frau errichtet.

Im J. 1835 wurde Ebersbühl zur eigenen Gemeinde gemacht, schon 1838 aber wieder mit Ober-Kollbach vereinigt.

« Kapitel B 26 Beschreibung des Oberamts Calw Kapitel B 28 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).