Beschreibung des Oberamts Ellwangen/Kapitel B 22

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22. Unter-Wilflingen,
Gem. III. Kl. mit 398 Einw. 1. Unter-Wilflingen, kath. Pfarrdorf, 304 Einw.; 2. Ober-Wilflingen, Weiler, 94 Einw., kath. Fil. von Zipplingen.


Der Ort liegt geschützt im Thale des Riedbaches, der über Munzingen ins Ries strömt.

Die im Friedhof gelegene Kirche zum Apostel Andreas ist vor etwa 50 Jahren mit Rundbogenfenstern erbaut, hat aber einen Ostthurm aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, innen mit einem Kreuzgewölbe mit breiten rechteckigen Gurten auf romanischen Konsolen. Gegen oben ist der mit einem Helmdach bekrönte Thurm gothisch. Das Innere der Kirche, ganz ausgemalt und mit drei neugothischen Altären, besitzt eine Pieta und eine heil. Katharina, Holzbilder gothischen Stils. Der Triumphbogen ist spitzbogig. Auf dem Kirchhof eine Kapelle mit hl. Grab.

Glocken. Die größere Glocke trägt die Inschrift: „Johannes Daußer hat mich renoviren lassen durch N. Arnoldt in Dinkelspühl anno 1765.“ Auf den vier Seiten sind folgende Bilder: S. Maria mit dem Jesuskind, Christus am Kreuze, S. Johannes (darunter ora pro nobis), S. Leonhard.

Auf der kleineren sind gegossen die Namen S. Marcus und S. Johannes – ohne Jahreszahl und 3 deutschherrische Kreutze. Diese Glocke ist jedenfalls viel älter. Pfarrhaus ist keines vorhanden.

Das Schulhaus stammt aus dem Jahr 1834, das Rathhaus aus dem Anfang der siebziger Jahre. An der ehemaligen Zehntscheuer ist angebracht Maria mit dem Kinde in Flachrelief: Insignia Capituli Augustani.

| Es besteht die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts erbaute Mariahilfkapelle auf dem Kapellenberg und die St. Leonhardskapelle in Oberwilflingen. Bei der ersteren stehen drei prachtvolle alte Linden, auf dem Ostgiebel der Kapelle sitzt ein hübscher achteckiger Dachreiter. Eine sehr schöne Aussicht öffnet sich von hier ins Ries.

Gutes Trinkwasser liefern ein laufender Brunnen, 24 Pump- und 16 Schöpfbrunnen. Auch die Markung ist reich an Wasserquellen, die Hauptquelle ist der Gemeindebrunnen, Kästlesbrunnen. Die Weiherwiesen waren früher ein See. Der Riedbach fließt mitten durch die Markung, der Arbach nahe der östlichen Markungs-, zugleich Landesgrenze.

Die Vermögensverhältnisse sind befriedigend, die Hauptnahrungszweige Feldbau und Viehzucht, auch Gänsezucht. Es wird noch vom Getreide verkauft.

Aus der Weide bezieht die Gemeinde jährlich 500 M., aus dem Pferch 400 M., aus Allmanden 150 M. Im Sommer laufen 200–300 fremde Schafe auf der Markung.

An Stiftungen bestehen die St. Andreaspfarrkirchenpflege mit 16.636 M., die Mariahilfkapellenpflege mit 1996 M., die Leonhardskapellenpflege in Oberwilflingen mit 19.670 M.

Die Römerstraße, Heerstraße, zieht südlich des Orts aus der Zipplinger Markung gegen Marktoffingen; man stößt noch auf das Pflaster (s. auch oben S. 350).

Ober-Wilflingen, Weiler, liegt kaum 1 km westlich vom Mutterort auf der Höhe, an der Straße von hier nach Zipplingen. Die große Kapelle zum h. Leonhard ganz oben am Ort stammt aus den Jahren 1750–60, hat einen Ostthurm, dessen oberstes achteckiges, mit Pilastern besetztes Geschoß sehr hübsch gehalten ist und in ein Zwiebeldach endigt. Das Kirchlein enthält zwei gothische Holzbilder, Leonhard und Sebastian, und an der Decke drei Gemälde von Echter 1875 aus dem Leben des h. Benedikt. Ferner bekam im Jahr 1859 die Kapelle zwei schön gemalte Fenster, St. Leonhard und St. Martin, von Glasmaler Mittermaier in Lauingen; das erste nach Professor Schwind in München, das zweite nach Prof. Andreä in Dresden. Am Südeingang steht die Jahreszahl 1832.

Wilflingen, früher auch Wulvelingen, Wlvelingen, Wueluelingen geschrieben, ein von dem Eigennamen Wulf = Wolf abzuleitender | Ortsname (Förstemann, Ortsnamen Sp. 1644) – kommt zuerst im J. 1153 durch den als Zeugen in einer die Schneidheimer Kirche betreffenden Urkunde genannten Adebrecht von Wulvelingen (Wirt. Urkb. 4, 360) vor.

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Zwar wird auch später noch einige Male zwischen Ober- und Unter-Wilflingen nicht unterschieden, so wenn Graf Ludwig (III.) von Oettingen bei der Stiftung des Klosters Kirchheim am 30. Sept. 1270 einige Höfe (1 curia, 2 curtilia) zu Wilfelingen dahin vergabt, wenn Graf Ludwig (V.) den 28. Febr. 1311 mit Einwilligung seiner Söhne Friedrichs (I.) und Ludwigs (VI.) auf sein Vogtrecht über des Klosters Zimmern Hof zu Wilflingen, welchen Heinrich der Graf baute, verzichtet, wenn Bischof Heinrich von Chalcedon, Weihbischof von Augsburg, den 12. Sept. 1315 eine Hube in Wilflingen als Leibgeding von diesem Kloster erhält, wenn Johann und Albrecht Gebr. von Zipplingen mit ihrer Mutter Elisabeth den 24. März 1328 einen Hof zu Wilflingen an dieses Kloster vertauschen und wenn dasselbe den 25. Febr. 1336 des Grafen Hof zu Wulflingen an den Gundelfinger Kirchherren Ött den Langen verschreibt, denselben jedoch für eine Jahrtagsstiftung wieder überlassen erhält; allein schon frühe beginnt doch die Unterscheidung zwischen diesen beiden Wilflingen. So vergabte Graf Ludwig (V.) von Oettingen den 15. März 1280 ein Lehen in Unter-Wolfelingen (feodum praeconis) an das Kloster Kaisersheim und verzichtete den 7. Juli 1282 gegenüber demselben auf alle Vogtei-, Schutz- und Eigenthumsrechte über dessen Besitzungen dahier (Reg. Boic. 4, 111. 187), kaufte Kloster Kirchheim den 27. Juli 1353 von dem Nördlinger Bürger Hans Toppler Wiesen im Niederwilflinger Feld und schenkte Graf Johann von Oettingen Güter zu Unterwilflingen an eine den 13. Oktober 1445 vom Bischof Peter von Augsburg bestätigte Frühmesse zu Birkachhausen (Birkhausen, bayr. AG. Nördlingen). Andererseits aber verkauften die Truchseßen Konrad und Raban von Wilburgstetten (bayr. AG. Dinkelsbühl) Gebrüder den 13. Oktober 1311, der erstere mit Genehmigung seiner Ehefrau Gertrud vom 29. März 1312, ihre Güter zu Obernwlfelingen, auf welche Gertrud mit ihrer Morgengabe verwiesen worden war, an Ritter Eberhard von Kirchheim (OA. Neresheim), verkaufte Gerung von Emershofen den 22. Dez. 1336 vier Morgen Ackers an Chuntz Siegwin von Ober-Wilflingen, war Agnes von Zipplingen ums J. 1341 hier begütert gewesen (S. 647) und gab Hylpold von Seckendorf | Deutschordenskomthur zu Oettingen im J. 1519 2 hiesige Hofstätten der Kommende als Erbzinslehen hinaus. Weiterhin bezog das Bisthum Augsburg nach einem Urbar von 1316 von dem Widumhofe in Ober-Wilflingen 4 Mltr., 30 Käse oder 5 Schill. und 24 Schill. oder 11/2 Schweine, in Unter-Wilflingen 11 Mltr., 12 Hühner, 200 Eier 60 Käse oder 10 Schill. und 16 Schill. oder 1 Schwein, den großen Zehnten in Ober- und Unter-, den kleinen wenigstens in Unterwilflingen; den 24. Juni 1366 wurde jedoch der Zehnte in gewissem Sinne abgelöst (5. und 6. Jahresber. für Schwaben und Neuburg 1841 S. 65. 69. 70, vergl. oben S. 589).

Im Allgemeinen waren übrigens, abgesehen von dem im Bisherigen genannten unbedeutenderen Besitzerwerb, beide Orte öttingisch, bezw. seit der Theilung im Hause Oettingen öttingen-wallersteinisch. Was es zu beiden Wilflingen hatte, bildete eine Zubehör der niederen und oberen Burg Wallerstein, welche Graf Ludwig der Jüngere von Oettingen seinem Vetter Graf Ludwig dem Älteren abgekauft hatte, und wurde als solche mit letzterer von Ludwig zu Widerlegung der Eignung des Lehens der Stadt Wassertrüdingen am 18. Dezember 1362 dem Bischof Berthold von Eichstätt zu Lehen aufgegeben (Oetting. Gegenkonklusionsschrift u. s. w., Beil. Nro. 50; Reg. Boic. 9, 72).

In späterer Zeit erscheinen als zum genannten Schloß gehöriger Besitz in Wilflingen (ohne genauere Unterscheidung, in welchem derselben) in verschiedenen Verschreibungen der Grafen für ihre Gemahlinnen, so Friedrichs (III.) für Euphemia geb. Herzogin von Schlesien-Münsterberg von 1415, Johanns I. für Margarethe von Görz von 1436, Ludwigs (XIII.) für Eva von Schwarzenberg von 1469, endlich auch bei der Theilung der Verlassenschaft dieses Grafen Ludwig im Jahr 1493 einige Heller- und Hühnerzinse, Haber- und Ölgülten, Käsheller, dann auch einige Wiesen, im letztgenannten Falle einige Hofstattzinsen, Küchengülten und Gültfrüchte. Der ganze öttingische Besitz an beiden Orten dagegen bildete wohl später nie eine Zugehör der lehenbaren Burg. Freilich herrschte hinsichtlich des Lehens Wallerstein überhaupt viel Streit, seit der Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgten keine Belehnungen mehr und die Krone Bayern als Rechtsnachfolgerin Eichstätts verzichtete den 7. Juni 1865 im Vergleichswege auf alle Ansprüche an das Lehen Wallerstein. Nach der öttingischen Hauptbeschreibung von 1663 war in Unter-Wilflingen die hohe und niedere Obrigkeit, Steuer, Zins, | Umgeld, Strafen und Kirchweihschutz wallersteinisch, der große Zehnte und Kirchensatz bischöflich augsburgisch, der kleine Zehnte in die Stipendienpflege Nördlingen gehörig, Oberwilflingen war gleichfalls mit aller Obrigkeit wallersteinisch, der große Zehnte dem Deutschorden, der kleine der Pfarrei Zipplingen zuständig; zu Unterwilflingen waren 21 Hofraithen und Häuser, zu Oberwilflingen 8 dsgl., dort 30, hier 11 Unterthanen öttingisch [d. h. wallersteinisch], dazu kamen an beiden Orten steuerbare Hof- und Lehengüter, steuerbar eigene Güter, Grundzinsen, Dienstgelder, Küchendienste, Fruchtgülten u. s. w. Die auswärtigen Herrschaften hatten inner Etters ihrer Unterthanen Häuser die Vogteilichkeit.

Auch nach Molls Beschreibung des Rieses stund, im Ganzen mit Obigem übereinstimmend, Unterwilflingen unter gräflich (seit 1774 fürstlich) wallersteinischer Jurisdiktion und waren daselbst 29 wallersteinische Güter und Unterthanen als Lehen vom Stift Eichstätt [?], 4 Güter waren kloster-kaisersheimisch, der Großzehnte bischöflich augsburgisch, der kleine früher der Stipendienpflege Nördlingen, seit 1733 der Frühmeßpflege zu Marktoffingen (bayr. AG. Oettingen) verkauft, Gericht war keines hier, nur ein aus 7 Personen bestehender Untergang, in welchen auch die kaisersheimischen genommen wurden. Zu Oberwilflingen, gleichfalls wallersteinischer Jurisdiktion, waren 12 wallersteinische Unterthanen ebenfalls Lehen von Eichstätt [?], ein von welden’scher, jetzt (d. h. wohl seit dem Verkauf der Herrschaft Hochaltingen bayr. AG. Oettingen durch die Familie von Welden an Oettingen-Spielberg im J. 1764) fürstlich öttingischer Unterthan [nach andern Nachrichten 10 wallersteinische, 1 kaisersheimischer (dies jedenfalls richtig), 1 holtingischer]; der Zehnte war bischöflich augsburgisch (richtiger kommende-öttingisch, bezw. pfarrei-zipplingisch).

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird auch noch weiterer Besitz der anderen fürstlich öttingischen Häuser hier erwähnt: den 13. Okt. 1721 verkaufte Fürst Albrecht Ernst II. von Oettingen-Oettingen an den Grafen Franz Albrecht von Oettingen-Spielberg seine von dem säkularisirten einstigen Kloster Zimmern herrührenden Unterthanen zu Utzwingen (bayr. AG. Oettingen), Wössingen, Zipplingen und Dirgenheim (OA. Neresheim), wie auch zu Enslingen (bayr. AG. Oettingen), Ober- und Unterwilflingen, Birkhausen (bayr. AG. Nördlingen) und Maihingen (bayr. AG. Oettingen), dann einige eigene Güter zu | Zimmern (bayr. AG. Nördlingen), Unter-Wilflingen und dem sogenannten Lindich (zu Mögesheim und Schwörsheim, bayr. AG. Oettingen) mit allem ordinari Einkommen und der niederen Gerichtsbarkeit (ausgeschlossen die adulteria simplicia), sowie 2367/8 Morgen, 131/2 Ruthen Waldungen bei Fremdingen (bayr. AG. Oettingen), Enslingen und Geislingen um 28.000 fl., wovon die Wälder jedoch im J. 1765/66 um 50.000 fl. an das Spital Nördlingen weiter verkauft wurden.

Ein Sitz der Gebutel zu Wilflingen wird im J. 1343, eine halbe Neckarfahrt jährlichen Gefälles von dem Dorf zu Wulfingen den 22. Februar 1444 in der Widerlegung Graf Ulrichs von Oettingen für Heirathgut und Heimsteuer seiner Ehefrau Gräfin Elisabeth von Schauenburg, eine weitere solche auf einem halben Hof zu Wilflingen, welche jährlich 5 fl. gültete, in einem Spruchbrief zwischen den Grafen Joachim und Ludwig von Oettingen vom 20. April 1482 genannt.

In kirchlicher Hinsicht gehörte das Dorf früher zur Pfarrei Geislingen, wurde seit 1742 durch einen Exkurrentvikar versehen, im J. 1812 jedoch Zipplingen einverleibt.


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