Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 8
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Von öffentlichen, der Gemeinde gehörigen Gebäuden sind zu nennen:
1) Die sehr ansehnliche, im germanischen Styl erbaute Pfarrkirche, an deren Langhaus und Chor Strebepfeiler und spitzbogige, in den Bogentheilen mit germanischem Maßwerk gefüllte Fenster angebracht sind. Der imposante, architektonisch schöne Thurm besteht aus 6 Stockwerken, von denen die 4 untern viereckig und mit Schußscharten versehen sind; das fünfte bildet ein Achteck mit Frontispicen, an denen Krappen und Giebelblume angebracht sind; sie enthalten schön ausgeführte germanische Fenster und zwischen denselben stehen je auf den 4 Ecken mit Krappen und Giebelblumen gezierte Spitzsäulen. Über diesem Stockwerk lauft ein mit germanisch durchbrochenem Geländer versehener Umgang (Kranz), auf dem sich das sechste in einer spätern Periode erbaute Stockwerk mit spitzem, schiefergedecktem Zeltdache erhebt. Auf dem Thurm genießt man eine sehr freundliche und ausgedehnte Aussicht. An dem unteren mit spitzbogigem Durchgang versehenen Stockwerk des Thurms steht die Jahrszahl 1490, welche ohne Zweifel die Erbauung des Thurms und der Kirche angibt. Der Meinung, als ob die Kirche bei dem großen Brande von 1675 zu Grunde gegangen und dann wieder neu aufgebaut worden sey, widerspricht die ganze eine frühere Periode verrathende Bauweise der Kirche; vermuthlich ist zu jener Zeit nur das Innere der Kirche theilweise ausgebrannt und dann wieder erneuert worden. Das geräumige und ziemlich helle Innere des Langhauses, in welchem romanische Säulenfüße, denen später hölzerne Säulen aufgesetzt wurden, auf einen älteren Ursprung des Kirchengebäudes hinweisen, | enthält ein Glasgemälde von 1678; von dem Langhause führt ein spitzer Triumphbogen in den um 2 Stufen höher gelegten mit einem schön construirten Netzgewölbe versehenen Chor; die Gewölbegurten gehen von Consolen aus, welche Apostel vorstellen, die Schlußsteine zeigen in der Richtung von Westen nach Osten das württembergische Wappen, den heil. Martin und die Mutter Gottes mit dem Christuskinde. Auf dem Boden des Langhauses wie des Chors liegen viele beschädigte Grabdenkmale mit den Jahrszahlen 1450, 1573, 1686 etc. Die 3 Glocken, von denen eine auffallend groß ist, stammen aus neuerer Zeit.Der ummauerte Begräbnißplatz liegt entfernt von der Kirche in der Vorstadt und trägt über seinem Eingange die Jahrszahl 1530.
2) Das der Kirche gegenüber gelegene ansehnliche Schulhaus enthält außer den Schulzimmern noch die Wohnungen der beiden Unterlehrer, und in dem unteren Stockwerk eine im Jahr 1843 eingerichtete Gemeindebackanstalt; der Schulmeister bewohnt ein der Gemeinde gehöriges Gebäude, das durch einen Gang mit dem Schulhause verbunden ist. Früher bestand auch eine lateinische Schule, die im Jahr 1819 aufgehoben wurde.
3) Das auf dem Marktplatz stehende, ansehnliche Rathhaus mit Thürmchen und Glocke auf dem vorderen First, wurde zu Ende des 17. Jahrhunderts erbaut und befindet sich in gutem baulichen Zustande.
Ferner sind vorhanden ein Armenhaus, 2 öffentliche Backhäuser und ein Gemeindegefängniß, in dem sich auch die Wohnung des städtischen Amtsdieners befindet.
Dem Staat gehören:
1) Das an der Westseite der Stadt gelegene, gut erhaltene Kameralamtsgebäude, nebst Öconomiegebäuden, Hofraum und einem schön angelegten Garten; dasselbe war früher die Wohnung des Vogts und soll ursprünglich ein Kloster gewesen seyn.
2) Das Pfarrhaus, ein zwar altes, aber wohl erhaltenes Gebäude liegt frei und angenehm an der östlichen Seite der Stadt unfern der Kirche; von demselben genießt man eine freundliche Aussicht in das Thal und die nächste Umgegend.
Gutes Trinkwasser erhält der Ort aus 5 Quellen, welche östlich von der Stadt an einem Bergabhange (Bronnenberg) und im Heselbrunnen gefaßt, und durch das Thälchen in den Ort geleitet werden, wo sie 8 laufende Brunnen speisen. Von denselben sind die bedeutendsten: der vierröhrige Marktbrunnen, der das Standbild eines Ritters(?) und die Inschrift „anno 1509“ trägt; und der vierröhrige Nonnenbrunnen, | dessen Brunnenstock mit einem das württembergische Wappen haltenden Löwen neben verschiedenen Reimen und den Namen der damaligen Behörden, mit der Jahrszahl 1743 versehen ist; seinen Namen führt dieser Brunnen von einem Nonnenkloster, das in der Nähe desselben stand und bei dem großen Brande in Asche gelegt wurde. Früher hatte der Ort eine Badanstalt, die an der östlichen Seite der Stadt bestand, wo die Straße noch „Badgasse“ genannt wird. Eine Wette befindet sich im Ort. Der nahe Mühlbach fließt in dem Thälchen westlich der Stadt; er führt Forellen, Gruppen etc. Das Fischrecht in demselben ist von dem Kameralamt verpachtet.Die Bevölkerung der Stadtgemeinde bestand am 3. Dezember 1853 in 1106 Ortsangehörigen und zwar 522 männlichen, 584 weiblichen, wovon 17 im Auslande wohnten. Nach der letzten Zählung von 1846 waren es 1180 (565 männliche, 615 weibliche), wovon 1176 der evangelischen Confession, 4 der katholischen angehörten. Ortsanwesende zählte man in demselben Jahre 1088 (512 männliche, 576 weibliche), wovon 393 weniger, 695 mehr als 14 Jahre alt waren. Im Jahr 1852 zählte man 1068 Ortsanwesende.
Nach dem Alter waren die Ortsangehörigen vom Jahr 1846 vertheilt, wie folgt:
männl. | weibl. | |||||||
unter 6 Jahren | 78 | 92 | ||||||
vom | vollendeten | 6. | bis | 14. | Jahr | 102 | 121 | |
„ | „ | 14. | „ | 20. | „ | 79 | 68 | |
„ | „ | 20. | „ | 25. | „ | 42 | 56 | |
„ | „ | 25. | „ | 40. | „ | 95 | 120 | |
„ | „ | 40. | „ | 60. | „ | 126 | 126 | |
„ | „ | 60. | „ | 70. | „ | 31 | 26 | |
„ | „ | 70. | „ | 80. | „ | 10 | 5 | |
„ | „ | 80. | „ | 90. | „ | 2 | 1 | |
565 | 615 | |||||||
1180 |
über 90 Jahr war Niemand vorhanden.
Nach dem Familienstand zählte man:
Verehelichte | 352 |
Wittwer | 26 |
Wittwen | 42 |
Geschiedene | 1 |
Unverehelichte und Kinder | 759 |
1180 |
In dem zehnjährigen Zeitraum 1842/52 wurden im jährlichen Durchschnitt hier 40,9 Kinder geboren, 20,2 Knaben, 20,7 Mädchen, darunter befanden sich 3,3 uneheliche (1,7 männliche, 1,6 weibliche). Es kommen hienach auf 1000 Einwohner jährlich 34,52 Geburten (1:28,96) und auf 100 Geburten entfallen 8,07 uneheliche (1:12,39).
In derselben zehnjährigen Periode starben im Durchschnitt jährlich 33,8 Personen (17,4 männliche, 16,4 weibliche), und es kommen hienach auf 1000 Einwohner 28,53 Todesfälle (1 auf 35,05), und zwar auf 1000 männliche Einwohner 30,56 auf 1000 weibliche Einwohner 26,54 Gestorbene.
Auf 1000 Sterbefälle treffen 1210 Geburten, und der natürliche Zuwachs zur Bevölkerung stellt sich für das Jahrzehnd 1842/52 auf 71 (28 männliche, 43 weibliche). Im Ganzen aber zeigt sich eine Abnahme der Bevölkerung von 40 (24 männlichen, 16 weiblichen), welche von dem Überschuß der Hinausgezogenen herrührt.
Von ausgezeichneten Männern sind allhier geboren: Martin Plantsch, geboren 1460, zu Tübingen in der Theologie gebildet, Doctor der Theologie und Prediger an der Stiftskirche in Tübingen 1494, gestorben den 18. Juli 1533. Er war ein ausgezeichneter Canzelredner, gab 1507 eine Schrift de sagis maleficis heraus und erhielt sein Andenken durch eine Stiftung für Studirende.
Jak. Beurlin, geboren 1520, Sohn des Bürgermeisters, studirte in Tübingen Theologie und trat zum evangelischen Glauben über. Im Jahr 1552 wurde er Professor der Theologie in Tübingen und Vicecanzler, 1561 wirklicher Canzler und Probst. Gleich darauf schickte ihn Herzog Christoph, welcher ihn überhaupt mit den wichtigsten theologischen Verhandlungen betraute, auf das Religionsgespräch nach Poissy. Beurlin starb den 28. October 1581 zu Paris an der Pest.
Joh. Dav. Frisch, geboren den 21. August 1676, Sohn des Vogts, ein Zögling des Tübinger theologischen Stifts, Abt zu Adelberg 1720, Stiftsprediger und Consistorialrath zu Stuttgart 1726, gestorben den 8. Januar 1742. Als Schriftsteller erwarb er sich Beifall durch seine „neuklingende Harfe Davids“.
Die Einwohner, im Allgemeinen körperlich minder ansehnlich, sind sehr fleißig, geordnet und sparsam; ihre Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen. Die Hauptnahrungsquelle ist der Feldbau mit Viehzucht. Die städtischen Gewerbe sind gering vertreten | und dienen meist nur den örtlichen Bedürfnissen; es bestehen:Die Weberei wird in Baumwolle auf 3 Stühlen mit 3 Arbeitern und in Leinen auf 4 Stühlen mit 4 Arbeitern als eigenes Gewerbe betrieben.
Als Nebenbeschäftigung, in letzterem Geschäftszweig, sind 8 Stühle in Thätigkeit gesetzt.
In der vorhandenen Ziegelei arbeiten 2 Gehilfen. Eine Leimfabrik beschäftigt 2 Arbeiter. Desgleichen 7 Bierbrauereien 7 Arbeiter und 11 Branntweinbrennereien 5 Arbeiter.
wurden bei der jüngsten Aufnahme gezählt:
Meister | Gehilfen | Meister | Gehilfen | |||
Bäcker | 2 | 6 | Küfer | 2 | 2 | |
Metzger | 10 | 1 | Dreher | 4 | 1 | |
Seifensieder | 1 | – | Maurer | 8 | 1 | |
Gerber | 3 | 3 | Kaminfeger | 1 | 1 | |
Schuhmacher | 13 | 9 | Hafner | 3 | – | |
Seckler | 3 | 1 | Glaser | 3 | 2 | |
Sattler | 8 | – | Grobschmiede | 5 | 3 | |
Seiler | 1 | – | Schlosser und Nagel- | |||
Schneider | 6 | 4 | schmiede | 11 | 4 | |
Hutmacher | 3 | – | Kupferschmiede | 2 | – | |
Färber | 2 | – | Barbierer | 1 | – | |
Zimmerleute | 5 | 3 | Buchbinder | 1 | – | |
Schreiner | 6 | 2 | Kleemeister | 1 | 1 | |
Wagner | 6 | – | Strumpfstricker | 1 | – |
ferner
Kaufleute 3 und dabei beschäftigte Personen 3.
Fuhrleute und Frachtfahrer 12 und dabei beschäftigte Personen 12.
Sodann bestehen: 7 Schild- und Speisewirthschaften, 5 Gassenwirthschaften. 1 Apotheke ohne Gehilfen. 1 Wassermühle mit 3 Gängen und 2 Arbeiter. 1 Lohmühle mit 1 Arbeiter.
Die ausgedehnte beinahe zur Hälfte in Wald bestehende Stadtmarkung ist, mit Ausnahme der Gehänge gegen die Thäler der Glatt, des Mühlbachs und des sogenannten Fischwangs ziemlich eben, und | hat durchschnittlich einen mittelfruchtbaren Boden, der größtentheils kalkhaltig (Verwitterung des Hauptmuschelkalks) ist; an einzelnen tieferen, den Thalebenen nahe gelegenen Stellen tritt ein leichter, düngerbedürftiger Sandboden (Verwitterung des bunten Sandsteins) auf und im nördlichen Theile der Markung machen sich die ziemlich unfruchtbaren Verwitterungen des Wellenmergels und Wellendolomits geltend. Das Klima, obgleich milder als in Freudenstadt, ist dennoch rauh, so daß Frühlingsfröste nicht selten den Gartengewächsen und den Obstbäumen schaden; hauptsächlich ist aber die Gegend den Winden ausgesetzt, die zuweilen an Obst- und Waldbäumen großen Schaden anrichten; so hat z. B. im Jahr 1853 ein orkanartiger Sturm in den Gemeindewaldungen gegen 2000 Klafter Holz umgeworfen. Auf der Markung sind mehrere Muschelkalksteinbrüche angelegt, die gutes Straßenmaterial liefern und eine Lehmgrube am Martinsbühl versieht die Ziegelhütte mit dem nöthigen Material.Bei mäßiger Gütervertheilung – der größte Besitz in Einer Hand ist 40–45 Morgen, der gewöhnliche 6–12 Morgen – wird die Landwirthschaft, mit wenigen Ausnahmen im Dreifeldersystem, gut und emsig betrieben; verbesserte Ackergeräthschaften haben Eingang gefunden und die Düngerstätten sind ziemlich gut angelegt. Zur Besserung des Bodens werden außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln Hallerde, Asche und etwas Compost angewendet. Von Cerealien baut man vorzugsweise Dinkel und Hafer, weniger Gerste und sehr wenig Weizen und Roggen. In der zur Hälfte angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Gerste, Erbsen und nur wenig Reps; Hanf, Flachs, Kraut etc. kommt in eigenen Ländern zum Anbau. Bei einer Aussaat von 10 Simri Dinkel, 6 Simri Hafer, 4 Simri Gerste, 4 Simri Roggen und 4 Simri Weizen wird der durchschnittliche Ertrag eines Morgens zu 7 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Hafer, 5 Scheffel Gerste, 3 Scheffel Roggen und 3–4 Scheffel Weizen angegeben. Die Preise eines Morgen Ackers betragen in den besten Lagen 400 fl., in den mittleren 150 fl. und in den geringsten 15–20 fl. Hafer wird viel nach Außen abgesetzt, dagegen werden andere Früchte, namentlich Dinkel eingeführt.
Der Wiesenbau ist sehr beträchtlich und liefert gutes Futter; die zweimähdigen, theilweise dreimähdigen Wiesen, von denen 2/3 Wässerung erhalten, liefern per Morgen durchschnittlich 30 Ctr. Heu und 15 Ctr. Öhmd; ihre Preise bewegen sich von 60–300 fl. per Mrgn. Futter wird viel nach Außen verkauft.
Die Obstzucht, hauptsächlich in späten Mostsorten und viel Zwetschgen | bestehend, ist ziemlich ausgedehnt, liefert jedoch nur selten einen erheblichen Ertrag; eine Gemeindebaumschule ist vorhanden.Der Rindviehstand (veredelte Landrace) ist bedeutend, auch wird ein ziemlich lebhafter Viehhandel, namentlich auch auf den Ortsmärkten (s. unten) getrieben. Für die Züchtung sind 3 Farren (Bastarde von Simmenthaler und Landrace) vorhanden, die ein Bürger gegen Nutznießung von 6 Morgen Wiesen und jährliche 140 fl. Gemeindeunterstützung hält.
Die Ortsbürger lassen etwa 250 Stück Bastardschafe auf der Markung weiden und entrichten hiefür 24 kr. per Stück, was der Gemeindekasse nebst der Pferchnutzung jährlich 400–500 fl. einträgt.
Die Gemeinde besitzt 1600 Morgen gut bestockte Nadelwaldungen, welche im 120jährigen Umtriebe bewirthschaftet werden; von dem in 1200 Klaftern bestehenden jährlichen Ertrag erhält jeder Bürger 21/2 Klafter; der übrige Theil wird verkauft und der Erlös mit etwa 5000 fl. fließt in die Gemeindekasse. Die Stadt hat das Recht, jährlich 3 Vieh- und Krämermärkte (den 17. April, 24. Aug. und 7. Novbr.) abzuhalten.
Der Verkehr des Orts ist durch Straßen hinlänglich gesichert: von der Stuttgart–Freudenstadter Landstraße geht eine auf Staatskosten unterhaltene Straße ab und führt an dem nördlichen Ende der Stadt vorüber nach Schopfloch und Horb; auch sind außer einer von letzterer Straße auf der Ortsmarkung in der Richtung nach Hörschweiler abzweigenden Vicinalstraße weitere Vicinalstraßen nach Glatten, Pfalzgrafenweiler und Aach angelegt.
Der Gemeindehaushalt ist geordnet und eine Gemeindeschadensumlage ist bis jetzt nicht nöthig geworden; auch die Stiftungspflege ist vermöglich (s. Tabelle III.). Aus Armenstiftungen werden an die unbemittelten Einwohner etwa 150 fl. jährlich ausgetheilt.
In seiner im Jahr 1784 herausgegebenen topogr. Geschichte von Württemberg S. 229 führt Sattler an, daß der Weg zwischen Dornstetten und Freudenstadt durch eine verborgene Naturwirkung um 16′ niedriger geworden sey, indem man vor 40 Jahren auf diesem Wege nur das Kirchthurmdach zu Dornstetten gesehen, jezo aber nicht nur bemeldtes Dach, sondern auch noch den Thurm und dessen steinernen Umgang, mithin 16′ weiter heruntersehen könne. Überdieß will man seit jener Zeit wahrgenommen haben, daß das zwischenliegende Terrain (Aacher Berg) niedriger und von dem Thurme in Dornstetten noch mehr sichtbar geworden sey. Auch die geognostischen Verhältnisse des Aacher Bergs sind etwas abnorm, insofern hier ein Spatgang, in dem früher auf Blei gebaut worden seyn soll, bis in die | unteren Schichten des Muschelkalks aufsteigt. Ferner verspürt man in Dornstetten und dessen nächster Umgebung nicht selten Erdstöße, während man zu gleicher Zeit in andern Gegenden nichts von solchen wahrnimmt.Etwa 1/4 Stunde östlich vom Ort unfern der Straße nach Schopfloch stößt man zuweilen auf Grundreste abgegangener Gebäude; daselbst soll ein Ort (St. Wendel) gestanden seyn. Am östlichen Fuß des Martinsbühls stand ein Hof und noch wird die Stelle der Stadthof genannt.
Dornstetten, vor Erbauung Freudenstadts das einzige württembergische Städtchen auf der Hochfläche des württemb. Antheils am oberen Schwarzwald, tritt in die Geschichte ein mit dem J. 763 und wird uns in diesem und in mehreren folgenden Jahren bis 792 bekannt durch eine große Reihe zum Theil sehr erheblicher Schenkungen, welche das Kloster Lorsch allda erhielt; der Ort wird hier bezeichnet als Tornestat, Tornigestat, Tornegestat, Tornigesteter marca, Tornegasteter marca, Tornogauister marca (Cod. Laur. nr. 3195–3205. 3271. 3637. 3656. 3803.). Wahrscheinlich war hier in sehr früher Zeit Reichsgut, welches K. Heinrich II. im Anfang des 11. Jahrh. an seine Stiftung das Bisthum Bamberg gleich andern benachbarten Gütern, von welchen man dieß bestimmt weiß, vergabte; die bischöflich bambergische Lehensoberherrlichkeit über Dornstetten, wie solche in der urkundlichen Geschichte erscheint, berechtigt zu diesem Schlusse.
Hauptsächlich ist aber hier – sey es allodialer oder reichslehnbarer – altzäringischer Boden und der Ort verdankte diesem Hause Freiheiten (laut Urkunde K. Rudolfs vom 19. Aug. 1278); nach Aussterben desselben im J. 1218 trat Graf Egeno der Bärtige von Urach, Tochtermann des letzten Zäringers, Herzog Bertholds, bei der Erbtheilung in den hiesigen Besitz ein und als die Enkel obigen Egenos gleichfalls theilten, fiel Dornstetten an einen solchen Enkel, Graf Heinrich von Urach-Fürstenberg. Derselbe Graf erhielt den 19. Aug. 1278 von dem ihn hochschätzenden K. Rudolf für diese und andere Städte die Freiheit von auswärtigen Gerichten bestätigt. Als dessen Sohnes Tochter Anna sich mit Johann von Geroldseck († um 1321) vermählte, erhielt sie für das ihr versprochene Zugeld von 500 Mark als Unterpfand Dornstetten mit aller Zugehör; ihr Gatte aber verpfändete die Stadt 1308 an den Grafen Burkhard von Hohenberg und an dessen Neffen den Grafen Rudolf von Hohenberg für 500 Mark, unter der Bedingung, daß seine Gattin oder die Grafen von Hohenberg sie wieder einlösen dürften. Am 3. Aug. 1319 aber überließ Graf Rudolf an den Grafen Burkhard von Hohenberg, den Sohn | seines Oheims für dessen Antheil an der Stadt Horb seine Hälfte an Dornstetten, dieser aber trat die Pfandschaft schon den 3. Aug. 1320 an den Grafen Eberhard von Württemberg ab, welcher ihm die 500 Mark sogleich bezahlte, wofür Burkhard auf die Wiederlösung verzichtete, wenn nicht Anna von Geroldseck oder ihre Erben sie begehrten. Am 1. Sept. 1321 aber schworen Anna von Geroldseck und ihr Sohn Walther, daß sie Dornstetten weder von dem Grafen Eberhard noch von dem Grafen Burkhard zurückfordern wollten, und im J. 1341 that Graf Götz von Fürstenberg dasselbe. Der Bischof von Bamberg aber belehnte den Grafen Eberhard von Württemberg und seine Erben am 12. Juli 1323 mit der Stadt Dornstetten und mit allem dem, was von Rechten dazu gehörte, wie denn auch das Bisthum Bamberg noch 1483 die Muthung des Lebens verlangte. Doch machten auch später die frühern Besitzer noch auf das Eigenthumsrecht Anspruch. Als die Söhne obigen Walthers von Geroldseck theilten, erhielten Georg Walther und Gundolf die Stadt Dornstetten u. a. (Gesch. von Geroldseck 1, 35; vrgl. auch Stälin, Wirt. Gesch. 3, 242) und, als den 26. Oct. 1381 Graf Rudolf von Hohenberg seine Besitzungen an den Herzog Leopold von Österreich verkaufte, ist darunter auch „das Losungsrecht an Dornstetten“ aufgezählt (Stälin a. a. O. 3, 298). Erst am 18. Mai 1490 entsagte K. Maximilian für Erlassung einiger schuldigen Geldsummen allen Ansprüchen auf die Stadt (eb. 638).Das Schicksal verpfändet zu werden, hatte Dornstetten auch unter Württemberg ein paar Male, übrigens nur vorübergehend; im J. 1342 wurde es von Graf Ulrich für einen Theil des Kaufschillings, um welchen er Tübingen erkaufte, versetzt, und um 1400 wurde es an Georg von Neuneck verpfändet (Steinhofer 2, 582).
Um 1100 werden genannt ruricolae in Dornstetin (Cod. Reichenb. 16 a.); sonst kommt im 12. Jahrh. die Bezeichnung vor vicus Dornstetin at villulae ad ipsum locum pertinentes (ib. 36 b.)
Das älteste Stadtwappen war der Zäringische Adler; ein solcher ist dargestellt auf dem Siegel einer Urkunde vom 28. März 1283 und von der Inschrift SIGILLVM CIVIVM IN DORNSTETEN umgeben. Als Dornstetten unter württembergische Herrschaft kam, nahm es statt des Adlers das württembergische Wappen, die Hirschhörner, an; es wurde jedoch dieses Wappen im 16. Jahrh. durch ein anderes ersetzt, welches einen Dornstrauch mit schwarzem Hirschhorn darüber im goldenem Felde darstellt.
| Von hiesigen Notabilitäten erscheinen Bertoldus scultetus de Dornsteten 1258 Jul. 20. (Schannat Vindem. 1, 207), Berchtoldus advocatus de D. in einer Kloster Alpirsbacher Urkunde vom 11. Febr. 1276 und öfters, Gerung von Dornstetten in Urk. 1258 (Schmid, Pfalzgr. v. Tübingen Urk. 21), Eberwin, Schultheiß von Dornstetten in Urkunden von 1270 (St. A.), 1277 (Schmid a. a. O. 50), derselbe als Altschultheiß und sein Sohn Hugo Schultheiß 1287 (Schmid a. a. O. 53; vrgl. überhaupt Cleß 3, 6).Die hiesige Kirche anlangend, so waren Grünthal, Hallwangen, Mußbach, Wittlensweiler und Kniebis, letzteres bis 1267 Filiale derselben. Zu ihren frühesten Einkünften gehörte ein Bergwerkszehnte (s. bei Kniebis). An ihr kommen vor Bernoldus sacerdos im 12. Jahrh. (Cod. Reichenb. 21 a), Vlricus viceplebanus 1287 (Schmid a. a. O. 53).
Kirche und Kirchensatz gehörten den Grafen von Fürstenberg. Graf Konrad von Fürstenberg, Domherr in Constanz, überließ den 29. Mai 1301 die Nutzung der Kirche für 140 Pf. Hell. auf 4 Jahre dem Kl. Kniebis und dieser Pacht wurde 1311 auf drei Jahre erneut. Nachdem mit der Stadt Dornstetten selbst der hiesige Kirchensatz an den Grafen Rudolf von Hohenberg gekommen war, überließ dieser mit Zustimmung seiner Söhne den 20. Juni 1330 denselben ebendiesem Kloster. Bald darauf erscheint aber die Kirche in württembergischem Eigenthum. Den 18. März 1346, nach dem Tode des vorigen Pfarrers, Graf Konrads von Fürstenberg, präsentirte Graf Eberhard der Greiner von Württemberg zur Pfarrei den Sohn Walthers von Geroldseck Hanmann und im J. 1393 belehnte Graf Eberhard der Milde von Württemberg wegen der besondern Dienste, welche ihm Konrad und Walther von Geroldseck geleistet hatten, den minderjährigen Sohn des erstern ebendamit, behielt sich jedoch vor, daß er selbst oder seine Erben die Kirche sollten wieder an sich ziehen, an andere verleihen oder für sich selbst behalten dürfen, wenn und sobald es ihnen gefällig wäre. Dieß sollte Heinrich, wenn er zu seinen Tagen gekommen, ebenfalls beschwören, und wenn er sich dessen weigere, die Kirche verlieren (Cleß 3, 383).
Im J. 1493 stiftete Heinrich Schulmeister, Caplan zu Glatten, eine Prädicatur an hiesiger Pfarrkirche mit 200 fl. Capital, dessen Zinse (10 fl.) dem Prediger als Besoldung gegeben werden sollten. Der jeweilige Pfarrer aber durfte diese Stelle nicht versehen, sondern man mußte Jemand nehmen, welcher wenigstens Meister der freien Künste war und dieser sollte an allen Sonn-, Feier- und Festtagen und sonst noch zu bestimmter Zeit eine Morgenpredigt halten, jedoch | zwischen Johannis des Täufers Tag und dem Advent Ferien haben (Sattler, Gr. 4, 65).Dornstetten war alter Landcapitelssitz. Die Einführung der Reformation im Jahr 1535 hatte aber die Verlegung dieses Sitzes nach Horb zur Folge. In Dornstetten wurden erstlich eine evangelische Stadtpfarrei und später (1556) zwei Diaconate, mit deren zweitem im J. 1560 die früher abgesonderte Präceptorsstelle verbunden wurde, daneben errichtet. Diese Stellen stunden unter der Specialsuperintendenz Herrenberg. Im J. 1583 wurden beide Diaconate aufgehoben, eine bloße Stadtpfarrei belassen und das Präceptorat auf das Schulfach beschränkt; im Zusammenhang mit obiger Aufhebung wurden zu gleicher Zeit die seitherigen Filialien von Dornstetten, nämlich: Grünthal, Hallwangen, Ober- und Unter-Musbach und Wittlensweiler, von der Mutterkirche getrennt und der neu errichteten Pfarrei zu Grünthal zugeschieden. Von der Specialsuperintendenz Herrenberg kam Stadt und Amt Dornstetten im J. 1672 hinweg an die damals neu errichtete Specialsuperintendenz zu Freudenstadt.
Das Kirchenpatronat ist landesherrlich.
Vor Zeiten bestunden allhier zwei Frauenklöster, genannt die weiße Sammlung (weil es Dominicanerinnen waren; auch die niedere Sammlung auf der Mauer geheißen) und die graue Sammlung (Franciscanerinnen von der dritten Regel, auch die Kaiserlin Sammlung genannt). Am 15. December 1276 befreite Graf Heinrich von Fürstenberg und seine Gattin Agnes die Frauen der ersteren Sammlung von allen Steuern, Wachen und Diensten. Am 30. April 1375 gab sich diese Sammlung, in welcher Margarethe von Horb Priorin war, mit Zustimmung ihrer Beichtväter vom Predigerorden eine Ordnung, nach welcher alle Schwestern beim Eintritt auf die freie Verfügung über ihr beigebrachtes Vermögen verzichten mußten, und wegen Unzucht, unerlaubten Auslaufens, Ungehorsams u. s. w. als faule Glieder ausgestoßen werden sollten. Graf Ulrich von Württemberg gab hiezu den 28. Jan. 1387 seine Bestätigung (Sattler, Grafen, 4 Beil. S. 123. 124). Im J. 1400 vereinten sich beide Sammlungen in eine und die Stadt gewährte ihnen für Überlassung des entbehrlich gewordenen Hauses auf der Mauer Steuerfreiheit für ihre Häuser und Güter, jedoch nur unter der Bedingung, daß sie ohne ausdrückliche Bewilligung der Bürgerschaft keine weitern Güter erwerben sollten (Sattler a. a. O. S. 118. Cleß 3, 191). Die Reformation hob diese Gemeinschaft auf; das Gebäude wurde Fruchtkasten | der geistlichen Verwaltung, wurde aber im Jahr 1624 ein Raub der Flammen.Was das alte hiesige Privatrecht betrifft, so hatte Dornstetten seinen Rechtszug nach Tübingen (Schmid, Pfalzgr. Urk. 246) und mittelbar, nach Freiburg im Breisgau (Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg 2, 182).
Dornstetten litt öfters durch schweres Brandunglück. Im Anfang des Jahres 1415 sank es ganz in Asche, weßhalb Graf Eberhard der jüngere von Württemberg am 7. Febr. d. J. die Bürger, damit sie wieder bauen, hier seßhaft und desto besser bei einander bleiben möchten, auf 20 Jahre von Steuern und auf 25 Jahre von aller Schatzung befreite, und ihnen „ewiglich und alle Zeit“ den freien Abzug gestattete (Sattler, Grafen, 2 Beil. Nr. 37). Am 10. Juli 1563 brannte Dornstetten zur Hälfte ab (Crusius Annal. Suev. 3, 720). Am 18. April 1607 wurden durch den Blitz 26 Wohnhäuser mit allem, was darin war, zerstört, weßhalb am folgenden 8. Juni eine Brandcollecte ausgeschrieben wurde. Am 8. Mai 1675 verzehrte die Flamme wieder fast die ganze Stadt und am 27. Nov. 1700 fand ein neuer bedeutender Brand statt.
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