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Beschreibung des Oberamts Göppingen/Kapitel B 21

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21. Gemeinde Holzheim,
bestehend aus Holzheim und St. Gotthardt. G. E. 843.

a) Holzheim, evangel. Pfarrdorf mit 687 Einw., wor. 3 Kath., liegt im Filsthal, 3/4 St. südöstlich von Göppingen, nicht ferne von der Grenze des OA. Geislingen, gehört in die III. Classe der Gemeinden und in den Forstbezirk Kirchheim. Ein Theil des großen Zehenten gehört der kathol. Pfarrei und Stiftungspflege Großeislingen, der größere Theil desselben aber dem Staat. An den grundherrlichen Rechten ist Graf von Degenfeld-Schomburg wegen des Rittergutes Eybach betheiligt. Die Gemeinde hat hieran seit 1817 beziehungsweise für 1225 fl. 45 kr. und 152 fl. abgelöst. (S. auch oben S. 81.)

Die Lage auf der oben S. 6 erwähnten wellenförmigen Ebene ist frei und eben; südlich ist dieselbe durch die Hügel Reutheberg und Buchrain begrenzt, hinter welchen sich die Gegend bis an den Fuß der Alp hin wieder verflacht. Der Ort mag, wie schon der Name andeutet, durch Ausrodung eines Gehölzes entstanden seyn; sein Kern, die eigentlichen Bauernhäuser, an welche nördlich und südlich die später entstandenen Söldnerhäuser sich anreihen, ist längs des Holzheimer Baches (oben S. 17), der sich hier mit dem Ramsbach vereinigt, gebaut und hat östlich und westlich die beiden vorgenannten Hügel zur Seite, die bis vor kurzer Zeit noch Spuren von Waldungen zeigten. Die Mitte des Ortes ist reinlicher als seine Ausläufer. Er hat 129 Haupt- und 26 Neben-Gebäude. Die Kirche liegt auf der östlichen Spitze des Dorfes und stößt an das Feld. Der im gothischen Styl erbaute Chor rührt, als frühere Capelle, aus dem 15. Jahrhundert her; der Thurm und das Schiff wurden 1671 angebaut, die Baulast liegt dem Heiligen und, da dieser unvermögend, der Gemeinde ob. Das angenehm daneben gelegene Pfarrhaus hat die Gemeinde zu erhalten, Schul- und | Pfarr-Haus stehen unter Einem Dache. Die Einwohner sind redlich, arbeitsam und sparsam. Die jüngeren dienen in Göppingen und andern benachbarten Orten. Der Nahrungsstand ist ziemlich gut und der Boden hoch cultivirt. Nächst Getreide aller Art wird auch Obst gebaut. Der Ort hatte in älteren Zeiten auch Weinbau. Die 4 M. Weingärten am Buchrain wurden erst 1772 zu Wiesen gemacht. Von Belang ist hauptsächlich die Schafzucht. [1] An Gewerben sind ein Schmied, der für die Göppinger Fabriken Maschinen fertigt, 12 Weber, die ebendahin und nach Jebenhausen um den Lohn arbeiten, und hauptsächlich der Fuhrmann Mühlhäuser zu nennen. Seine 30 Pferde und vielen Scholterwagen gehen, vornehmlich durch den Stuttgarter Buchhandel veranlaßt, in Eilmärschen zwischen Stuttgart, Leipzig, Frankfurt a. d. Oder u. s. w. hin und her; und von Leipzig aus läßt er Wagen in die Lombardei gehen. Auch findet Handel mit Heu Statt. Das Wollspinnen für die Göppinger Tuch- und Zeug-Macher, wovon früher Viele sich genährt, ist nicht mehr von Belang.

Seit 1837 ist St. Gotthardt mit der Gemeinde verbunden. Das Patronat ist königlich. Filialien sind Kleineislingen und St. Gotthardt, sowie die evangel. Einwohner von Großeislingen und Krummwälden. Der Begräbnißplatz liegt außerhalb des Ortes.

So wahrscheinlich es auch ist, daß der Ort in ältesten Zeiten helfensteinisch gewesen (S. oben S. 93), so finden sich doch keine urkundlichen Spuren. Er kommt erstmals 1125 vor, wo die Pfalzgrafen von Tübingen dem Kl. Anhausen hiesige Güter schenkten. Nicht leicht erklärlich ist es, daß Kaiser Ludwig IV. 1332 dem Rugger von Älchingen „vnserm lieben Getreuen den Bach der durch das Dorf Holzheim rinnet, als viel als zu dem Dorf hört, das niemand darin vische, dann er vnt seine Erben“ einräumen konnte. Denn daß Holzheim etwa eine Zugehör von der Burg Hohenstaufen gewesen, die damals das Reich inne hatte, findet sich keineswegs. Die vogteilichen und grundherrlichen Rechte waren meist in den Händen der Edelleute von Älchingen und von Zillenhardt, welche dieselben an Württemberg und das Kl. Adelberg verkauften. Graf Eberhard III. von Württemberg verpfändete aber 1404 seine Rechte und Besitzungen hier und in Schlath an das genannte Kloster, und seine Nachfolger erneuerten 1419 oder 1437 diese Verpfändung für 3200 fl. So blieben beide Orte im Besitze Adelbergs, bis sie 1576 ausgelöst wurden. Die Hohheit über den ganzen Ort behauptete | nach der Reformation Württemberg Namens Adelbergs; das Gericht ward zur Hälfte aus württembergischen und zur Hälfte aus adelbergischen Unterthanen zusammengesetzt. Nur über ein der Caplanei Jebenhausen zuständiges Lehen sprach Liebenstein alle Obrigkeit an. Im Übrigen aber hatte jeder Grundherr die niedergerichtliche Obrigkeit über seine Hintersassen. Es besaßen nämlich: Württemberg 23 und Adelberg 14 Lehengüter und Sölden. Das Kl. Anhausen hatte 5 kleine Lehen, worüber Adelberg, und die Herrschaft Eybach 2 Lehensgüter, worüber die von Degenfeld die niedergerichtliche Obrigkeit ausübten. Die 2 letzteren Güter erwarb Degenfeld 1455 und 1568 von Anhausen und Rechberg zu Staufeneck.

Holzheim hat sehr viel im dreißigjährigen Kriege gelitten. (S. oben S. 103.) Der Pfarrer, Christoph Faber, mußte sich flüchten und starb im Elend. Noch 1671 lagen viele Häuser, die damals „durch den Brand zu Schanden gegangen, oder von den Soldaten abgebrochen worden,“ in Schutt.

Holzheim gehörte noch einige Zeit nach der Reformation todt und lebendig zur Stiftskirche Oberhofen. Doch stand zuvor schon eine Capelle hier, und 1479 stifteten und dotirten die armen Leute zu Holzheim und Gotthardt in die zwei Capellen St. Bernhards zu H. und St. Gotthardts zu G., die der Pfarrkirche zu Göppingen incorporirt seyen, eine für beide Capellen gemeinschaftliche ewige Caplanei, die am 7. Juni 1480 vom Bischof bestättigt ward. Das Patronat solle abwechslungsweise dem Propste von Oberhofen und denen v. Degenfeld zustehen. Am 5. Febr. 1555 bat die Gemeinde um eine eigene Pfarrei, und nachdem Degenfeld sein Patronatrecht abgetreten, wurde noch in demselben Jahre Ulrich Birklin als erster (evangel.) Pfarrer hierher gesetzt. Er erhielt sofort dieselben Filialien, welche noch hierher gehören. Den großen und kleinen Zehenten zu Kleineislingen, Holzheim und St. Gotthardt verkauften die Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg 1463 um 2074 fl. an das Stift Oberhofen.

b) St. Gotthardt, W. mit 156 evangel. Einw., liegt südlich 1/4 St. von Holzheim zunächst an dem Weilerbache auf einer Anhöhe. Die grundherrlichen Rechte bilden, soweit sie dem Grafen v. Degenfeld zustehen, einen Theil des Rittergutes Eybach. (S. oben S. 151.) Der Ort ist weitläufig um das alte Kirchlein her, das wohl erhalten ist, gebaut, aber sehr unreinlich. Ein im Ort gelegener Weiher trocknet Sommers ein. Die Felder sind fruchtbar und in gutem Stand; ihr Bau ist die einzige Nahrungsquelle. Alle übrigen Verhältnisse hat der Ort mit Holzheim gemein. Bis 1838 bildete er eine eigene Gemeinde, und bis 1817 war auch hier eine eigene Schule, die aufgegeben werden mußte, weil der Ort kein Schulhaus | schaffen konnte. Seitdem besuchen die Kinder die Schule in Holzheim. Ein um die Kirche her liegender Gottesacker wurde erst 1823 angelegt. Der Heilige hat das Kirchlein zu erhalten.

Der Sage nach soll zur Ortscapelle St. Gotthardt in alten Zeiten stark gewallfahrtet worden seyn. Vielleicht hat ihr der Ort seine Entstehung zu danken. Grund und Boden war Eigenthum der Herren von Zillenhardt, welche diese ihre alte Besitzung an die v. Ahelfingen, und diese wieder 1437 an die v. Degenfeld verkauften, welche diesen Ort mit der später erworbenen Herrschaft Eybach verbanden und alle Obrigkeit hier ausübten. Außer der Ortsherrschaft besaß aber auch frühe schon das Kl. Anhausen mehrere Güter. Sie bestanden 1474 in 4 ganzen und 2 halben Erblehen, die aber Degenfeld dienstbar und vogtbar waren, und gingen später an die Stiftungsverwaltung Göppingen über. Die Hohheit über den Ort kam nicht mit Eybach, sondern schon durch die Rheinbundakte an Württemberg.

Der Eingangs erwähnte Reutheberg wurde in früheren Zeiten wegen des vollen Panoramas, das sich hier eröffnet, häufig besucht. Eine Allee von 50 schönen Linden, die hier stand, wurde aber 1834 gefällt, um den Berg zur Cultur bringen zu können. Über Mineralien s. oben S. 26.


  1. Der hiesige Schäfer J. Holl erhielt 1829 den ersten der Preise, welche der Verein zu Verbesserung der Schafzucht ausgesetzt hatte. (Corresp. Bl. des landw. Ver. 1830. I. 31.)
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