Beschreibung des Oberamts Künzelsau/Kapitel B 42

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 41 Beschreibung des Oberamts Künzelsau Kapitel B 43 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
42. Sindeldorf,
Gemeinde III. Kl., Pfarrdorf mit 398 Einw., wor. 5 Ev., Fil. von Dörrenzimmern, und 1 Isr.

Im Sindelbachthal, einem Seitenthal des Jagstthals, liegt das kleine Sindeldorf gerade an der Stelle, wo der Sindelbach sich mit dem Eifangbach vereinigt und nun seine ost-westliche Richtung verläßt und nach Norden sich wendet, ringsum eingeschlossen von steilen Höhen. Dadurch ist Sindeldorf sehr geschützt und das Klima warm und gesund, auch die Nächte im Sommer nicht kühl. Dagegen kommen schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel öfters vor. Das Dorf macht mit den Rebenhügeln auf der einen und den bewaldeten Höhen auf der andern Seite und den muntern Bächen einen freundlichen Eindruck. Mit Trinkwasser ist der Ort reichlich versehen. Besonders ergiebig sind der Ortsbrunnen und der Brunnen im Eifang. Es sind 2 Pumpbrunnen und 1 laufender Brunnen vorhanden. Überschwemmung kommt nur bei Wolkenbrüchen vor.

Am obern südöstlichen Ende des Dorfes steht mitten im Gottesacker die der Jungfrau Maria geweihte, 1819/20 im einfachen Stil erbaute Kirche. Der Chor ist an den von der früheren Kirche erhaltenen Thurm angebaut, der nach Osten durchbrochen ist, um Raum für den Hochaltar zu gewinnen, wie in Marlach. Das Innere der Kirche ist freundlich und in neuerer Zeit sehr hübsch hergerichtet. Nur wirkt das Farbenspiel etwas unruhig. In dem einfach gewölbten Chor steht ein neuer reichgeschnitzter, imponirender, gothischer Hochaltar, der Jungfrau Maria geweiht, mit einem schönen Bild Mariä Himmelfahrt und einem Antependium, einem ausdrucksvollen Abendmahl von Maler Tiefenbronn in Gmünd. Der Hochaltar wurde von Lenz in Gmünd 1876 für 2400 M. geliefert, ebenso sind die beiden Seitenaltäre, der Jungfrau und dem heil. Sebastian geweiht, von Lenz in gothischem Stil hergestellt. Das Schiff der Kirche ist hoch, flach gedeckt und hell mit Stationen nach Führichs Mustern wie in den umliegenden Kirchen geschmückt. Über der südlichen Kirchthüre ist ein anbetender Engel, aus Stein gearbeitet, der von der früheren Kirche stammt, eingemauert. Der massige Kirchthurm erscheint gegenüber dem hohen Langhaus und| der Thurmspitze etwas zu kurz. Er ist mit Schiefer gedeckt und trägt zwei schöne Glocken, von denen die größere die Inschrift hat: Jhesus nazarenus rex judaeorum. bernhart lachamann gos mich 1490, die kleinere: s. laux. S. marx. S. mateus. S. johannes. bernhart lachamann 1493.

An der Südseite des Thurmes ist der Grabstein des Pfarrers Konr. Fuchs † 1633 erhalten. Derselbe hat die Inschrift:


Quisquis ad hos cineres vis nosse, quis hicce viator
Defunctus jaceat, percipe, qualis erat.
 
Ille ego Conradus dictus cognomine Vulpes
Qui cunctis notus religione fuit.

Quinto jam denis minus uno presbyter annis
Vixi bis demptis mensibus inde tribus.

Tandem cum quatuor uno denaque vitae
Lustra per egissem, stamina parca secat.
 
Sustulit hanc junii ... vicesimi terris
Angelicis inivisse et inesse choris.

Ein weiterer Grabstein erinnert an Pf. Joh. Gundermann v. Bütthard, geb. 1651 † 25. Juli 1711, Missionar zu Boxberg 7 Jahr, Pf. zu Hüngheim 9 J., zu Sindeldorf 17 J. Die Baulast der Kirche ruht auf der Pfarrgemeinde.

Der Kirche gegenüber an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen steht das einstockige, wohnliche Pfarrhaus, das 1830/31 von der Pfarrgemeinde erbaut wurde und von derselben zu unterhalten ist. Es hat eine freundliche sonnige Lage.

Das stattliche Schulhaus wurde 1841 neben der Kirche erbaut. Es enthält die Wohnung des Lehrers und ein Lehrzimmer und dient zugleich als Rathhaus. An der Schule unterrichtet ein Lehrer. Für die Mädchen besteht eine Arbeitsschule.

An öffentlichen Gebäuden besitzt die Gemeinde noch eine Kelter mit drei Pressen, ein Armenhaus und ein Schafhaus.

Durch den Ort führt die gute Vizinalstraße von Marlach nach Ingelfingen-Künzelsau und eine 1879 eröffnete Straße nach Ebersthal. Über den Sindelbach führt eine und über den Eifang zwei Brücken (zwei steinerne und eine hölzerne), welche die Gemeinde zu unterhalten hat.

Die Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Weinbau und Viehzucht. Der Vermögensstand der Einwohner ist weniger günstig als in den Nachbargemeinden. Der vermöglichste Bürger besitzt 28 Morgen, der Mittelmann 15, die ärmere Klasse 2–3 Mrg. An Waldung besitzt der Einzelne durchschnittlich 1/4 Morgen.

| Außerhalb des Ortes steht eine Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang; im Dorfe befinden sich 2 Schildwirthschaften und 1 Krämer. Die Handwerker arbeiten meist nur für den Bedarf des eigenen Ortes mit Ausnahme des Schreiners.

Die kleine, durch Bachthäler zerrissene und bergige Markung hat keinen tiefgründigen Boden. Im Thale ist derselbe fruchtbar, auf den Bergen sehr steinig.

Der Weinbau ist Nebenbeschäftigung.

Das Obst geräth gerne und gewinnt mehr und mehr Raum.

Der Gemeindewald besteht aus Laubholz und ist 863/4 Mrg. groß. Die Wellen vom Jahreshieb werden unter die Bürger vertheilt (je 8 Wellen). Aus dem Scheiterholz löst die Gemeinde 400 M. Neben 22 Morgen eigentlicher Weide wird die Brach- und Stoppelweide benützt. Der Weidepacht wirft 500 M., die Pferchnutzung 330 M. für die Gemeinde ab. Schafe von der Landrasse werden Sommer und Winter 300 Stück vom Schäfer gehalten.

Das Fischrecht in dem Sindelbach, welcher Forellen liefert, gehört der Gemeinde und ist um 1 M. 20 Pfennig verpachtet.

Auf einem Theil der südlichen Markung führt die hohe Straße vorüber. Alterthümlich sind die Flurnamen Bubenholz, Wexthalde und Wormersthal.


Sindeldorf, alt Siundil-, Sundil-, Sondel-, auch Sunnendorf (? von Sand = Süden cf. Westernhausen), ist nicht zu verwechseln mit Sunchilendorf, Sunkelsdorf und jetzt Flur Sindeldorf auf der Markung Sindringen, wo König Heinrich III. 1042 Herolds Gut dem B. Bruno v. Würzburg schenkt W. U. I, 266. Es gehörte den Herren v. Krautheim (1239) und kam von diesen an die Herren von Eberstein, welche die Herrschaft an Würzburg und Mainz verkauften. Besitzberechtigt waren auch Schönthal durch Käufe und Schenkungen 1329, 1341, 1461, die Herrn von Bachenstein, Eubigheim, Neuenstein, Stickel, 1378, 1382, 1415, 1433 der Maria-Magdalenenaltar in Künzelsau. Nach dem Schönthaler Jurisdictionalbuch hatte Schönthal Korn- und Hellergült auf den Huben Heinrichs von Sindringen, Konrads von Herbolzheim und Ellenkinds. Cent und Obrigkeit waren mainzisch, das Patronat würzburgisch, fiel aber 1803 an die Krone Württemberg, seit 1859 hat der Bischof von Rottenburg die Kollatur.


| Kirchliches. Die Pfarrei wurde 1358 4. Juli von Bischof Albrecht von Würzburg gegründet, indem er die Kapelle zu Sundildorf von der Pfarrkirche zu Westernhausen unter Zustimmung der Patrone, der Herrn von Hartheim, und des Pfarrers von Westernhausen, Reinhart von Hartheim, trennte. Er erhob die Kapelle zur Pfarrkirche, da sie genügendes Einkommen habe. Die Abgaben an den Bischof und Archidiakonus sollte der neue Pfarrer hälftig mit dem Pfarrer von Westernhausen, die sonstigen Lasten, Abgaben an Papst, Erzbischof etc. soll er wie andere Priester des Kapitels tragen. Mon. Boic. 42, 591. In der Reformationszeit hatte S. einen evangel. Pfarrer, der wegen seiner Predigten und der Austheilung des Sakraments in beiderlei Gestalt von dem mainzischen Amtmann Bernh. von Hartheim 1538 vertrieben wurde und nach Züttlingen kam. Er hieß Alexander Sendler (QA.Beschr. Neckarsulm S. 680 Staatsarch.). Das Schönthaler Dorf Diebach bekam der Pfarrer von Sindeldorf 1594 als Vertreter des Pfarrers von Westernhausen zur Pastoration. Seit 1604 pastorirte der Pfarrer von Sindeldorf auch Ebersthal, s. d.

1833 wurde Diebach von Sindeldorf getrennt und der neuerrichteten Pfarrei Ebersthal zugetheilt.


Pfarrer: Alexander Sendler vor 1539. Thomas Hend 1580 bis 1604 hat (nach dem Kirchenb.) eine ux. Barbara und mehrere Kinder. Konrad Fuchs 1604–39. Michael Lindin 1640–44. Rudolf Rienecker von Paderborn Pfarrer in Sindeldorf 1644–58, Marlach 1658–76 geht ins Kloster Schönthal, † 1681. Johann Christian Bayl, (Wayel) von Würzburg 1658–61. Joh. Christian Seibert aus Bingen a. Rh. 1661–81. Ad. Christoph Upilio von Würzburg 1681 bis 1683. Nikol. Caesar v. Walldürn 1683–93. Joh. Gundermann von Bütthard 1694–1711. Dionys Nüchtern von Bieringen 1711 bis 1754. Johann Ad. Fleischmann Dr. theol. von Heidingsfeld 1755–60. Joh. Lorenz Molitor von Haßfurt 1760–65. Johann Geiß von Mellrichstadt, 1765–79. Joh. Georg Brachmann von Haßfurt 1779–85. Caspar Vöth von Pfersdorf 1785–1806. Jos. Back, vom Fürsten Salm nominirt, von Württemberg nicht anerkannt 1806–07. Ignaz Dörfner von Königshofen, 1809–28. Martin Weiß 1835–59. Karl Berret 1859–75. Ant. Adolf Feuerle 1875.


1239 Febr. 13 verspricht Konrad von Krautheim Siuneldorf nur Gottfr. v. Hohenlohe zu verkaufen. Hansel. I, 404 W. U. III, 431.

1245. Juni 17 verkauft Konrad v. Krautheim Güter zu Kuldorf, Eberstal und Altdorf an seinen Bruder Wolfrad (Kuldorf lies Sunldorf ?). Wib. 2, 50,

1329 April 23. Boppo v. Eberstein und Hedwig ux. verkaufen Gomers Gut zu S. an Schönthal. Schönhut S. 71.

1341 s. Weldingsfelden.

| 1359. Boppo v. Eberstein, Irmengard ux. und sein Bruder Johann, Domherr zu Mainz, verkaufen an B. Albrecht von Würzburg ihren Theil an Stadt und Burg Krautheim, ausgenommen eine Gült auf dem Dorf Siemelendorf, die sie an Hans v. Berlichingen zu Husen. und eine Gült zu Eberstal, die sie an Schönthal versetzt haben. Mon. b. 42, 254.

1378 Dienstag nach Maria Geburt verkauft Heinrich v. Ubenkeim an Konrad Schrot v. Nuwenstein und Anna v. Wolmershusen ux. 1/4 des großen und kleinen Zehnten zu Sundeldorf um 80 fl. (Künz. Arch.). W. F. 5, 39.

1382 Dienstag vor Cath. Petr. verkauft Konrad Schrot von Nuwenstein und seine Gattin den ganzen Zehnten zu Sunnendorf um 75 fl. an Götz Stickel, Edelknecht (Künz. Urk.).

1415 Montag vor Walp. verkauft Götz Stickel zu Hall diesen Zehnten zu Suneldorf an den neuen Altar zu Koncelzaw für 115 fl. (Künz. Urk.).

1433 vigil. St. Cath. begabt Gottfried und Walter v. Bachenstein den neuen Altar St. Mariae mit 1/4 des großen und kleinen Zehnten zu Sündeldorf, 1/2 Zehnten zu Winzenhofen u. s. w., s. Künzelsau (Komb. Urk.).

1461 verkauft Hans Schenkel 1 Wiese zu Sunneldorf oberhalb der Kirche an Schönthal. Staatsarch. Mone Quellen 4, 1586.

1519 weiht Sigism. v. Hohenlohe Dom-Dekan zu Straßburg den Altar in honorem S. trinit. passionis Chr. et Mar. virg. (Inschrift auf dem Portatile.).

1593 bittet Pf. Hend, seinem Sohn Thomas, dem wegen Diebstahls die Grafschaft verboten war, den Zutritt wieder zu gestatten (Gr. Wolfg. Bescheidprot.).

1604. 5. April nimmt Pf. Fuchs die erste Handlung in Ebersthal vor. Man muß Wachen aufstellen, um den Ebersthalern den Weg nach Dörrenzimmern zu wehren und sie nach Sindeldorf zu weisen (Kirchenb.).

1611 findet sich ein Schulmeister in Sindeldorf (Kirchenb.).

1634 2. April lebt der aus Schillingstadt vertriebene Pfarrer G. Günther in S. (Kirchenb.).

1640 3. Jan. Soldaten vom Reg. Geel in S. (Kirchenb.).

1712 11. März große Überschwemmung im Sindelthal von Zimmern an. Es gab so viel Wein, daß man nicht Fässer genug zum Aufbewahren hatte und die Fässer theurer waren als der Wein. Es herrscht eine Viehseuche, der an einzelnen Orten alles Vieh erlag.

1723–24 wandern mehrere Familien nach Ungarn aus.

1727 wird die Kirche restaurirt.

1806 Mai liegen Franzosen in Sindeldorf im Quartier (Kirchenb.).

1807 beansprucht Württemberg das Patronatrecht.

1813 wird der Bau einer neuen Kirche begonnen, geräth aber in Stillstand.

1820 wird der Kirchbau vollendet.

1830 4. September wird die Kirche consecrirt.

Hagelschlag traf die Gemeinde 1811, 1819, am 9. und 19. Juli 1847, 18. Juni 1850, am 14. Juli 1873.

« Kapitel B 41 Beschreibung des Oberamts Künzelsau Kapitel B 43 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).