Beschreibung des Oberamts Kirchheim/Kapitel B 14

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 13 Beschreibung des Oberamts Kirchheim Kapitel B 15 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
14. Gemeinde Ochsenwang,

ev. Pfarrdorf mit 332 Einwohnern, früher auch Ochsenwangen – von Kirchheim 21/2 Stunden entfernt, liegt südöstlich wie in einer „Wanne“, auf dem Alprande, in der Nähe des Raubers und der Diepoldsburg, etwa 2300’ über der Meeresfläche. Von hier aus eröffnen sich ebenso schöne als weite Aussichten. Der Ort gehört zum Kameralamte Wiesensteig und in die III. Klasse. Den von St. Peter herrührenden großen Zehenten bezieht der Staat allein; der Heuzehente, der von ebenda auf ihn gekommen war, wurde 1838 abgelöst, den kleinen aber theilt er mit der Pfarrei Bissingen. Seit 1818 hat die Gemeinde für 318 fl. 12 kr. grundherrliche Rechte dem Staate abgekauft. Außer diesem sind noch einige Stiftungs-Pflegen etc. gefällberechtigt.

| Der Ort liegt ziemlich eben und gesund, und ist mit gutem Wasser versehen. Hepsisau, Schopfloch, Bissingen und Ober- und Unter-Lenningen sind zwar nur 1 Stunde entfernt, die Verbindung ist aber durch steile und schlechte Steigen erschwert. Ochsenwang zählt 48 Haupt- und 9 Neben-Gebäude, darunter eine Ziegelhütte, ein Armenhaus und ein Gemeinde-Waschhaus. Die Kirche wurde 1706 unter Bewilligung einer Beisteuer in den benachbarten Ämtern, das Schulhaus, welches zugleich die Wohnung des Pfarrverwesers enthält, 1834 mit einem Aufwande von 3590 fl. von der Gemeinde erbaut. Der Schulmeister bewohnt das alte Schulhaus, wo auch die Rathsstube ist. Ochsenwang zeichnet sich durch größere Sterblichkeit und ein ungünstiges Verhältniß der ehelichen Geburten zu den unehelichen aus (oben S. 43). Die Einwohner sind von kräftigem, derbem Schlage, aber indolent und für Verbesserungen in der Landwirthschaft noch nicht empfänglich. Daher ist der größere Theil nicht wohlhabend, aber doch sind keine Bettler da. Der Boden der im Verhältnisse zur Einwohnerzahl großen Markung ist fruchtbar an Dinkel, Haber und Kartoffeln. Kernobst gedeiht gut. Der Anbau der Futterkräuter ist vernachlässigt und daher die Stallfütterung noch nicht eingeführt. Ein Morgen Ackers wird zu 4 fl. – 175 fl. Wiesen 80–200 fl. verkauft. Die Gewerbe befriedigen nur die örtlichen Bedürfnisse; 1835 waren 3 Leineweber auf 4 Webstühlen beschäftigt. Seit einigen Jahren besteht eine Schildwirthschaft. Der Ort hat dermalen am meisten Gemeindeschulden; gleichwohl wird keine Gemeindeumlage gemacht. Ochsenwang war, so weit die Nachrichten gehen, ein Filial von Bissingen, ohne Kirche im Ort. Erst im J. 1706, als zu Erbauung einer solchen wegen des beschwerlichen Kirchengangs nach Bissingen Erlaubniß gegeben war, wurde der Gottesdienst in derselben, und zwar bis 1718 durch den Pfarrer von Schopfloch, und von da an durch den in Bissingen, versehen. Im Jahre 1822 wurde aber das Filial vom Mutterorte getrennt und zu einer selbstständigen Pfarrei | mit einem beständigen, durch den Staat zu besetzenden, Pfarrverweser erhoben. Zu derselben gehören keine Filialien; doch kommen die Bewohner von Randeck, welche hier auch ihre Leichen beerdigen, und die vom Rauberhof der Nähe wegen in die hiesige Kirche. Außer der gewöhnlichen Schule ist auch noch eine Industrieschule im Orte.

Ochsenwang wird erstmals ums Jahr 1113 genannt, wo, wie wir bei Nabern sahen, das Kloster St. Peter ein Gut an den Herzog Berthold III. von Zähringen abtrat. Nachmals kam es mit Neidlingen an Aichelberg und bildete von da an einen Bestandtheil dieser Herrschaft, indem es auch zur dortigen Vogtei gehörte. Nach dem Lagerbuche von 1626 hatte jedes nicht arme Ehepaar der Herrschaft eine Schirmhenne zu reichen. Die „Ehrenfrohn“, welche zum Schlosse Randeck zu leisten war, s. Seite 217. Die grundherrlichen Rechte scheinen größtentheils mit Neidlingen verbunden gewesen zu seyn. Nur die von Jungingen (s. Owen) besaßen einige; 1610 aber hatte Hans Georg Schilling von Canstatt zu Owen 3 gültbare Höfe dahier. Die Zehenten scheint St. Peter frühe schon erworben zu haben. Im Jahre 1610 war es im ausschließlichen Besitze derselben. Den kleinen Zehenten bezog in seinem Namen die Pfarrei Bissingen. Ein Widumhof kommt schon damals vor. Die Reformation wurde mit der zu Neidlingen eingeführt.

Auf der Markung, 1/4 Stunde vom Orte, liegen die stets mit Ochsenwang verbunden gewesene Ziegelhütte, und der oben S. 30 bemerkte, Bürgern von Ochsenwang zuständige, Torfstich, der übrigens kein zusammenhängendes Ganzes bildet. Auf derselben in der Richtung gegen Hahnenkamm und Bissingen, erhebt sich auch der oben S. 5 beschriebene Breitestein, von welchem die Aussicht herrlich ist. Sein höchster Felsen von Jurakalk liegt 1557 Par. Fuß über der Lauter bei Kirchheim und 2536 Par. Fuß über dem Meere. Zwischen Ochsenwang und Schopfloch liegt die Torfgrube. Der vielen Erdfälle, des Basalttuffs, Marmors, Kalksteins und anderer Mineralien ist oben S. 217 gedacht worden.


« Kapitel B 13 Beschreibung des Oberamts Kirchheim Kapitel B 15 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).