Beschreibung des Oberamts Laupheim/Bihlafingen
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An dem Vereinigungspunkte eines unbedeutenden Baches mit der Schmiehe liegt etwa zwei Stunden nordöstlich von Laupheim still und abgeschieden das mittelgroße Pfarrdorf, dessen meist minder ansehnliche Gebäude theils an den Gehängen der beiden Thälchen, theils in ihrer Thalebene ziemlich unregelmäßig hingebaut sind. Die Lage des Orts ist daher uneben, übrigens nicht unangenehm und gesund.
Vicinalstraßen nach Ober-Holzheim und nach Schnürpflingen verbinden den Ort mit der Nachbarschaft.
An der nördlichen Seite des Dorfs liegt auf einer Anhöhe die Pfarrkirche zum heiligen Theodulph, zu welcher häufig gewallfahrtet wird. An das alte zu klein gewordene Kirchlein, das gegenwärtig die Stelle des dreiseitig schließenden Chors vertritt, ward im Jahr 1784 ein ansehnliches Langhaus angebaut. Der nicht hohe Thurm ist in seinen unteren Theilen alt und viereckig, in seinem oberen geht er in ein später aufgebautes Achteck über und trägt ein modernes Bohlendach. Das im Rococcogeschmack ausgestattete Innere der Kirche enthält nichts Bemerkenswerthes. Um die Kirche lief ein theilweise noch sichtbarer tiefer Graben, und zunächst derselben stand auf der Stelle des gegenwärtigen Gasthauses zum Schwanen die ehemalige Burg der Herren von Griesingen, von der ebenfalls noch Reste des Burggrabens vorhanden sind.
Jetzt umgiebt die Kirche der nur mit einem Bretterzaun versehene Begräbnißplatz. Unfern derselben steht frei und angenehm das im Jahr 1753 erbaute Pfarrhaus mit seinen im Jahr 1802 erbauten Öconomiegebäuden. Kirche und Pfarrhaus werden vom Staat im Bau erhalten.
Das gut erhaltene Schulhaus, welches auch die Wohnung des Lehrers enthält, liegt etwas tiefer als die Kirche, von der sie vierzig Schritte entfernt ist.
Die Gelasse für den Gemeinderath, da ein eigenes Rathhaus nicht vorhanden ist, befinden sich in dem Gasthofe.
Die Einwohner sind in Folge des gesunden, übrigens etwas rauhen Klimas, kräftige, wohlgewachsene, schöne Leute, deren Charakter, neben großem Fleiße, im Allgemeinen ein sittlicher und religiöser genannt werden darf; sie sichern ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch Feldbau und Viehzucht, einzelne durch Tagelohn, Spinnen und Stricken. Die ökonomischen Verhältnisse derselben gehören mit einigen Ausnahmen zu den mittelmäßigen.
Der größte Güterbesitz in einer Hand beträgt 110 Morgen Felder und etwa 36 Morgen Waldungen.
Frühlingsfröste kommen häufig vor und die Ernte tritt um | 8–10 Tage später ein als in den benachbarten Orten Achstetten, Dellmensingen u. s. w.; von Gewitterschaden weiß man seit Menschengedenken nichts.Die nicht große Markung, von der überdieß der größere Theil mit Wald bestockt ist, hat, mit Ausnahme des nicht tief eingeschnittenen Schmiehe-Thals und einiger Seitenthälchen, eine ziemlich ebene Lage und einen meist ergiebigen Diluviallehmboden, von Thon (blauer Letten), zuweilen auch Gerölle unterlagert.
Die im Dreifeldersystem gut betriebene Landwirthschaft beschäftigt sich mit den gewöhnlichen Getreidearten, von denen der Roggen am wenigsten gedeiht. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt 3 – 6 Scheffel Dinkel, 3 – 4 Scheffel Roggen, 3 – 4 Scheffel Hafer und 4 Scheffel Gerste. In der zur Hälfte angeblümten Brache werden Futterkräuter, Kartoffeln u. s. w. gezogen, während die Großbegüterten die Brache häufig mit Reps einbauen; Flachs zieht man für den eigenen Bedarf. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 200 – 400 fl. Die Produkte werden nach Laupheim, Ulm und Biberach abgesetzt.
Die Wiesen sind ergiebig und zweimähdig; ihr Ertrag beträgt durchschnittlich pr. Morgen 25 Centner Heu und 12 Centner Öhmd. Wässerung ist nicht eingerichtet; im Gegentheil schadet die Versumpfung häufig, namentlich in dem Schmiehe-Thal, den Wiesengründen, zu deren Verbesserung der Bach gehörig gereinigt und den vielen Krümmungen desselben eine zweckmäßigere Richtung gegeben werden sollte. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 75 – 250 fl.
Die Obstzucht ist unbeträchtlich.
Früher bestanden etliche 90 Morgen Gemeindegerechtigkeits-Waldungen, welche im Jahr 1852 an die Bürgerschaft vertheilt wurden, so daß jeder Berechtigte 26/8 Morgen 32,7 Ruthen erhielt; die Gemeinde selbst besitzt überdieß noch 10 Morgen Wald und Weide.
Die Weiden tragen der Gemeinde etwa 80 fl. – die Pferchnutzung etwa 20 fl. jährlich ein.
Die Viehzucht, welche sich hauptsächlich mit der Allgäuer Race beschäftigt, ist in ziemlich gutem Zustande, obgleich die von der Gemeinde an einen Bürger verdungene Farrenhaltung noch Manches zu wünschen übrig läßt, während auch das Einzelnhüten in den Waldungen nachtheilige Einflüsse auf die Viehzucht äußert. Das Vieh wird auf benachbarten Märkten, besonders aber im Ort selbst an fremde Viehhändler abgesetzt. | Die Schafzucht beschränkt sich auf etwa 40 Stücke, die ein Ortsbürger auf der Weide einschlägt.Die Schweinezucht, welche früher sehr beträchtlich war und durchschnittlich einen jährlichen Reinertrag von 4000 – 5000 fl. lieferte, hat seit dem Auftreten der Kartoffelkrankheit und der Beschränkung der Weide zu Gunsten der Schafe bedeutend abgenommen.
Neben den Gewerben für die nöthigsten örtlichen Bedürfnisse ist auch eine Schildwirthschaft vorhanden.
Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III.
Etwa 1/4 Stunde östlich vom Ort soll nach der Volkssage eine Stadt gestanden sein, wovon sich übrigens nicht die geringsten Spuren finden. Dagegen zieht unfern dieser Stelle, auf dem östlich gelegenen, bewaldeten Bergrücken eine alte Straße, die Walostraße genannt, vorüber, welche über den Rommelsberg, Sauberg etc. weiter führt, und sowohl nach ihrer Anlage als ihrem Zuge römischen Ursprungs zu sein scheint (vergl. den allg. Theil). Zunächst dieser Straße, und namentlich auf dem Rommelsberg, kommen nicht selten deutliche Spuren früherer Agricultur vor. Eine nahe am Ort gelegene, erhöhte Stelle wird der Lugenberg (von schauen, spähen) genannt, was auf einen ehemaligen Wachposten hindeutet. Im Schmiehe-Thal, nördlich vom Ort, wird eine Stelle „Burgstall“ genannt.
Der Ort erscheint am frühesten im Jahr 1129, als villa Pilolvingen.
Er gehörte, in den Jahren 1318 bis 1704 nach und nach zusammengekauft, dem Kloster Wiblingen, welches dort die Landeshoheit und die hohe Gerichtsbarkeit ausübte, mit Ausschluß von drei Hof- und Söldbauern, über welche das Hüttenbauamt Ulm die niedere Gerichtsbarkeit hatte. Der Spital zu Biberach besaß hier eine Söld bis zu dem Jahre 1704, in welchem er sie für 600 fl. mit allen Rechten und Gerechtsamen an das Kloster Wiblingen veräußerte.
Die Collatur der Pfarrei Bihlafingen war ursprünglich zwischen der jetzigen evangelischen Pfarrei Oberholzheim und dem Kloster Wiblingen streitig; im Jahr 1498 wurde der Streit dahin verglichen, daß die Pfarrei zum Kloster Wiblingen gehöre, der Pfarrer von Holzheim aber dieselbe im Namen des Klosters Wiblingen versehen sollte. Bereits im Jahr 1522 wurde aber eine selbstständige Pfarrei wegen zu großer Entfernung von der Mutterkirche errichtet; Bischof Hugo von Constanz, indem er im genannten Jahre die Kapelle zur Pfarrkirche erhob, machte hiebei die Bedingung, daß | letztere jura episcopalia gebe und bezahle. Später wurde der Ort wieder aus der Nachbarschaft, in den Jahren 1620 – 1753 von Hüttisheim, pastorirt, worauf im letzten Jahr ein Regularpriester vom Kloster Wiblingen hieher exponirt wurde. Mit dem Kloster Wiblingen ging das Patronatrecht an die Krone Württemberg über.Im Jahr 1750 entstund hier eine Wallfahrt zum gegeißelten Heilande (Braig 292).
Im Jahr 1635 starb der Ort durch die Pest bis auf Einen Mann aus, der nach Hüttisheim wegzog (Eb. 230). Erst 1649 schickte der Abt von Wiblingen neue Ansiedler hieher.
Den Zehenten bezog zur Hälfte das Kloster Wiblingen, zur Hälfte – als Vermächtniß der im Jahr 1658 ausgestorbenen Familie Neidhard – die Pfarrkirchenpflege Ulm. Die erstere Hälfte ging mit dem Kloster Wiblingen, die zweite im Jahr 1812 in die Staatsfinanzverwaltung über.
Nachdem der Ort am 27. März 1806 von Baiern mit dem ganzen Kloster Wiblingen in Besitz genommen war, kam er am 10. September desselben Jahres an Württemberg.