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Beschreibung des Oberamts Laupheim/Illerrieden

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Illerrieden.
Gemeinde III. Kl. mit 450 Einw., worunter 1 evangel. (nach Unter-Balzheim eingepfarrt) – Kathol. Pfarrei.

In dem freundlichen Iller-Thale liegt theils in der Thalebene, theils an den Gehängen gegen dieselbe, der ziemlich große Ort, durch dessen untere Partie die Ulm–Leutkirchner Landstraße führt; überdieß besteht noch eine Vicinalstraße über Dorndorf nach dem vier Stunden westlich gelegenen Laupheim. Auch ist eine Fähre über die Iller, welche jedoch von Seiten Bayerns bestellt wird, vorhanden. Von den höher gelegenen Punkten des Dorfs genießt man eine weitausgegehnte, anziehende Aussicht in das Iller-Thal und über das östlich gelegene Bayerische Hügelland, während sich im Rücken des Orts bewaldetes Terrain erhebt und die Aussicht beschränkt, aber auch den Zutritt des Westwindes abhält. Die Ortslage ist daher nicht nur sehr angenehm, sondern auch gesund und das Klima mild.

Der Ort selbst ist in die Länge weitläufig gebaut, und besteht im Allgemeinen aus ziemlich ansehnlichen Gebäuden, welche durchgängig mit Ziegelplatten bedeckt sind.| Auf dem höchsten Punkte des Orts steht, innerhalb des mit einem Bretterzaun umfriedigten Begräbnißplatzes, die Pfarrkirche zur heil. Agatha, auf Kosten des damaligen Gutsherrn im Jahr 1466 erbaut – und im Jahr 1750 mit einem neuen Langhause versehen; der Thurm, wie der mit einem halben Achteck schließende, mit Strebepfeilern versehene Chor, tragen noch theilweise den germanischen – das Schiff aber den modernen Styl des vorigen Jahrhunderts. Der nicht hohe, vierseitige, massive Thurm hat ein Satteldach, an dessen Giebelseiten Säulchen in die Höhe streben; an dem Glockenhaus befinden sich je zwei nebeneinander angebrachte Spitzbogenfenster und das zweite Stockwerk ist mit einem schön verzierten Fries umfangen. Das weiß getünchte Innere ist freundlich und hell; dasselbe enthält außer der schön construirten Kanzel ein in dem Hauptaltar befindliches, gut aus Holz geschnittenes Bild des Gekreuzigten. Von den auf dem Thurme hängenden zwei Glocken ist die eine 1520, die andere 1461 gegossen worden.

Zunächst (südlich) der Kirche steht das gut erhaltene, freundliche Pfarrhaus, welches im Jahr 1803 die Deutschordens-Commende Altshausen als damalige Gutsherrschaft mit einem Kostenaufwand von 3500 fl. an der Stelle des früheren neu erbauen ließ. Dasselbe bildet mit dem Öconomiegebäude und seinen zwei Gärten einen schön arrondirten Pfarrhof. Im Jahr 1810 erkaufte die Gemeinde ein in der Nähe der Kirche stehendes Wohnhaus und ließ dasselbe mit namhaften Kosten zur Schule und Lehrerwohnung einrichten.

Rathhaus ist keines vorhanden; die Gemeinderathssitzungen werden entweder in dem Gasthause oder in der Wohnung des Schultheißen abgehalten.

Im Ort bestand früher eine Deutschorden’sche Burgvogtei, deren Gebäude im Jahr 1810 die Gemeinde erkaufte; im Jahr 1847 brannte dasselbe ab.

Gutes Trinkwasser liefern sieben laufende Brunnen, und überdieß befindet sich an jedem Gebäude noch ein bis zwei Schöpf- oder Pumpbrunnen. Ein am westlichen Ende der Markung entspringender Bach fließt durch das Dorf und mündet bei Wochenau, nachdem er auf seinem Wege die Illerrieder Wiesen bewässert hat, in die nur ¼ Stunde östlich vom Ort vorbeifließende Iller.

Die Einwohner sind im Allgemeinen friedsam, sehr fleißig, geordnet und haben viel Sinn für Religion; ihre Erwerbsquellen bestehen neben Feldbau und Viehzucht in den gewöhnlichsten Gewerben; ferner in Weberei und Flachsspinnerei. Die Vermögensumstände der meisten Einwohner sind ziemlich gut, und für die ganz Unbemittelten besteht eine Armenkasse, aus der jede Woche | kleine Gaben gereicht werden; der ausgedehnteste Güterbesitz in Einer Hand beträgt 60 Morgen.

Die Markung, zum großen Theil mit Wald und Gebüsch bestockt, besteht theils aus der Thalebene der Iller, theils aus vielfältig zerrissenen, namhaft ansteigenden Thalgehängen und aus der über denselben sich hinziehenden welligen Hochebene.

Was die Bodenverhältnisse betrifft, so sind diese sehr verschieden; beinahe ¾ des bebauten Eigenthums liegt in der Thalebene und hat einen leichten, sandigen, geröllereichen Boden, der überdieß den Überschwemmungen sehr ausgesetzt ist[1]. Die Felder liefern daher in trockenen Jahrgängen weniger und geringeren Ertrag als in der Umgegend; hiezu gesellt sich noch ein weiteres Übel, der sog. Frost- oder Mehlthau, welcher die Feldfrüchte zuweilen beschädigt, dagegen kommt Hagelschlag selten vor. Die Ordnung der drei Zelgen wird daher nicht strenge eingehalten, sondern von den Feldern auf der Anhöhe, die einen schwereren und ergiebigeren Boden haben, und weder dem Mehlthau noch den Überschwemmungen ausgesetzt sind, jedes Jahr ein Theil zu den geringeren im Thale gezogen, um auf den Fall, daß im Thale eine Mißernte eintreten würde, doch wenigstens einigen Ertrag auf den Anhöhen zu erzielen.

Die Landwirthschaft wird mit Umsicht sehr fleißig betrieben, und zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen haben großentheils Eingang gefunden; dennoch ist die Stallfütterung noch nicht eingeführt, theils weil der Wiesen- und Futterkräuterbau noch nicht die gehörige Ausdehnung gewonnen hat, und anderseits die Gemeinde berechtigt ist, das Vieh in einen Theil der gräflich Fugger’schen Waldungen auszutreiben.

Wegen des meist leichten Bodens wird das Winterfeld zur Hälfte mit Dinkel und zur Hälfte mit Roggen eingebaut; im Sommerfeld baut man mehr Gerste als Hafer, auch etwas Einkorn; Linsen werden rein und zuweilen gemischt mit Gerste gezogen. In der zur Hälfte angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, welche sehr gut gedeihen, ferner dreiblättrigen Klee, Kohlraben, ziemlich viel Flachs und etwas Hopfen, welch’ letzterer übrigens nur mittelmäßig geräth. Kraut wird in eigenen Ländern gebaut. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt an Dinkel 2–8 Scheffel (1/3 der Äcker eignet sich gar nicht zu Dinkelbau, sondern wird | nur für Kartoffeln, Wicken und Linsengerste benützt), 2–3 Scheffel Roggen, 4 Scheffel Gerste und 4–6 Scheffel Hafer. Die ergiebigsten Äcker werden mit 200 fl., die mittleren mit 150 fl. und die geringsten mit 25 fl. pr. Morgen bezahlt. Die Ausfuhr an Getreide ist ziemlich namhaft.

Der Wiesenbau liefert in mittelnassen Jahrgängen ein gutes Futter; die Wiesen, von denen nur 6 Morgen bewässert werden können, sind zweimähdig und ertragen im Durchschnitt 14 Centner Heu und 6–7 Centner Öhmd; ihre Preise bewegen sich von 150–300 fl. pr. Morgen.

Die Obstzucht, um welche sich der verstorbene Pfarrer Braig viele Verdienste erwarb, ist in Vergleichung mit anderen Orten des Bezirks beträchtlich und erlaubt in günstigen Jahren einigen Obstverkauf nach Außen; sie beschäftigt sich besonders mit Mostsorten und Zwetschgen. Die Jungstämme werden meist auswärts aufgekauft.

Was die jährlichen Einnahmen der Gemeinde betrifft, so bezieht diese aus der verpachteten Schafweide etwa 125 fl. und aus der Pferchnutzung 100 fl.; überdieß sind 125 Morgen Gemeindegüter vorhanden, von denen etwa 80 Morgen landwirthschaftlich benützt werden. Diese Güter wurden an die Ortsbürger ausgetheilt, so daß jeder derselben 5/4 Morgen erhielt, wofür er 24 kr. bis 1 fl. Pachtgeld entrichtet, was der Gemeinde etwa 60–70 fl. einträgt und den zum Theil minder bemittelten Einwohnern einen großen Vortheil gewährt. Der Erlös aus dem ganz unbedeutenden Ertrag der vorhandenen 8 Morgen Gemeindewaldungen (mit Inbegriff der sog. Griese) fließt ebenfalls in die Gemeindekasse.

Die Pferdezucht ist unbedeutend, dagegen befindet sich die Rindviehzucht in gutem Zustande; man hält meist eine mittelgroße Landrace, welche durch zwei tüchtige Farren gezüchtet wird. Die Zuchtstiere hält ein Ortsbürger gegen eine Gemeindeentschädigung von 40 fl. pr. Stück. Der Verkauf an Vieh ist nicht unbeträchtlich.

In Folge der Kartoffelkrankheit hat die Schweinezucht abgenommen, so daß gegenwärtig zum Mästen für den eigenen Bedarf und zum Wiederersatz die meisten Ferkel von Außen aufgekauft werden.

Die Zucht des Geflügels, namentlich der Gänse, ist beträchtlich und sichert den Einwohnern einigen Erlös. Die Bienenzucht hat sich vermindert.

Von Gewerben sind zu nennen eine im Jahr 1851 in der Nähe der Iller neu erbaute Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, eine westlich vom Ort am Waldsaum stehende Ziegelhütte, eine Schleifmühle im Ort und eine Schildwirthschaft mit Bierbrauerei. | An der Straße nach Dorndorf liegt eine Sandgrube, in der zuweilen Molassesandsteine als Findlinge vorkommen.

Die Gemeindepflege, welche jährlich 300–400 fl. unter der Bürgerschaft umlegt, hat weder Vermögen noch Schulden (vergl. über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt Tabelle III).

Der Ort gehörte zur Grafschaft Kirchberg; in der Theilung zwischen den Brüdern Grafen Konrad und Eberhard von Kirchberg vom Jahr 1441 fiel er letzterem zu. Später kam er an Ulmer Patricier. Am 25. Dezember 1487 gab Kaiser Friedrich IV. dem Jakob Ehinger, Bürger zu Ulm, die Freiheit, daß wenn in seinem Gerichte des Dorfes Illerrieden die zwölf Urtheiler bei einander nicht sein mögen, alsdann derselben sieben oder mehr und nicht darunter alle Macht zu urtheilen haben, und eine jede Person, die wegen begangenen Frevels in das Gericht daselbst gebracht würde, in Rechten zu antworten schuldig sein solle. Nachher gelangte der Ort an die Ulmer Bürger von Roth; Erasmus von Roth verkaufte ihn im Jahr 1565 an die Freiherrn von Hornstein, und zwar Schloß und Dorf sammt Kirchensatz, Lehenschaft, Herrlichkeit, Jurisdiction, Leibeigenen und allen Zugehörigen, Höfen, Gütern, Gefällen. Caspar von Hornstein veräußerte ihn den 5. Juli 1568 an seinen Bruder Sigmund von Hornstein, Landcomthur in Altshausen, für 20.600 fl., und so kam er an den Deutschorden, welcher den hiesigen Zehnten schon im Jahr 1434 erkauft hatte, und bei welchem der Ort bis zu Anfang dieses Jahrhunderts verblieb. Mit Illerrieden verband der Deutschorden im Jahr 1747 die damals erkaufte Domäne Neuhausen (s. Neuhauserhof), und außer diesem Hofe begriff seine Herrschaft Illerrieden noch einen Bauernhof in Unter-Kirchberg und im jetzigen Königreich Bayern einen Burgstall zu Thal und Illerberg mit fünf Bauernhöfen.

Die Landeshoheit von Illerrieden und Neuhausen gehörte der Deutschorden’schen Landcomthurei zu Altshausen[2]; die hohe Gerichtsbarkeit über Illerrieden hatte Fugger-Kirchberg, die niedere Altshausen; die Justizverwaltung der Herrschaft Illerrieden stund ehemals unter dem Deutschorden’schen Obervogteiamte Arnegg. Unter dem Titel Burgvogt war in Illerrieden ein Unterbeamter. Der Ort steuerte zu Kreis und Reich.

Noch ehe die Auflösung der Commende Altshausen beschlossen war, als diese noch ganz in ihrem frühern Verband sich befand, | wurde schon am 10. Februar 1806 durch das kön. bayrische General-Landescommissariat in Ulm für die Krone Bayern Besitz von dieser Herrschaft genommen; zufolge der Rheinischen Bundesacte vom 12. Juli 1806 gelangte sie an Württemberg, übrigens erst im Jahr 1808 in dessen vollen Besitz.

In frühester Zeit, vor 1466, war Illerrieden Filial von Harthausen, was jetzt nur noch ein einzelner Hof ist (s. Weinstetten).

Das Patronatrecht der Kirche gehörte den Besitzern des Orts, somit jetzt dem Staat.

Illerrieden soll im dreißigjährigen Krieg abgebrannt sein und durch die Pest sehr gelitten haben.

Der Ort war Personal- und Localleibeigen.

Aller Zehnten ist vom Deutschorden an den Staat übergegangen.

  1. Wenn die Iller auf der Markung Wangen Einrisse macht, dann laufen die Felder auf Illerrieder Markung Gefahr, überschwemmt zu werden, daher trägt die Gemeinde Illerrieden zu den Wasserbauten jener Gemeinde bei.
  2. Der Deutschorden hatte überhaupt in diesem Bezirke theils Bauernlehen, theils Zinse, Gülten und Zehntantheile zu Dellmensingen, Donaustetten, Gögglingen, Hüttisheim, Unterweiler; endlich einen ganzen Hof in Unter-Kirchherg (s. d).