Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel A 6
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Sowie in der vormaligen Reichsstadt Weil, welche ein weiteres grundherrliches Gebiet nicht besaß, war auch in den, im Übrigen Alt-Württembergischen Orten des Bezirks mit der Landesherrlichkeit die Grundherrlichkeit im Allgemeinen vereinigt. Die in Folge der K. Declaration über die staatsrechtlichen Verhältnisse des vormals reichsunmittelbaren Adels, v. 8. Dez. 1821, und deren Ausdehnung auf den altlandsäßigen Adel des Königreichs vom 24. Octbr. 1825 anerkannten Rittergutsbesitzer aber hatten entweder bloß altlandsäßige Besitzungen, ohne auf die Gemeinden sich ausdehnende Befugnisse: wie die Freiherren von Münchingen (s. Ortsbeschreibung von Ditzingen und Münchingen) und die Freiherren v. Gaisberg (s. Ortsbeschreibung von Schöckingen), oder ward von denjenigen, welche vogteiliche und gerichtsherrliche Zuständigkeiten hätten ansprechen können, wie die Freiherren von Varnbüler (s. Ortsbeschreibung von Hemmingen und Höfingen) und die Freiherren von Phull-Rippur (s. Ortsbeschreibung von Mönsheim), auf diese schon früher gegen Einräumung der durch die K. Declarationen zugesicherten Surrogatrechte verzichtet; so daß nur letztere von dem die Überreste der Patrimonial-Gerichtsbarkeit aufhebenden Gesetze, vom 4. Juli 1849, noch betroffen wurden.
Dagegen findet das die Einverleibung vormals exemter Güter in den Gemeinde-Verband und deren Beiziehung zu den Amts- und Gemeindelasten betreffende Gesetz v. 18. Juni 1849 Anwendung, nicht nur auf die vorgenannten ritterschaftlichen Güter und die in dieser Beziehung noch zu nennenden Besitzungen der Freiherren v. Leutrum-Ertingen (Hof Mauer, s. Ortsbeschreibung von Münchingen) und der Familie v. Vischer (Ihinger Hof, s. Ortsbeschreibung von Renningen), sondern auch auf die Besitzungen der K. Hofdomänenkammer (Münchingen) und des Staatskammerguts, namentlich: die K. Domäne Solitüde (s. Gerlingen), die noch in größerer Ausdehnung vorhandenen Hofgüter zu Heimsheim und den beinahe in sämmtlichen Ortsmarkungen vorkommenden Güterbesitz des Staats besonders an Waldungen. Übrigens besitzen auch mehrere Gemeinden und Stiftungen, sowohl des Bezirks als auswärtige, wie der Hospital Stuttgart, in dem Bezirke nicht nur Grundeigenthum, sondern auch Gefälle, die jedoch neuerlich zur Ablösung angemeldet sind.
|In dem früheren Amte Leonberg war die Leibeigenschaft Regel; in vielen Orten machte die Luft leibeigen; ein altes Lagerbuch stellte ausdrücklich als Norm den Grundsatz auf: die abgestorbenen Manns- und Frawen-Personen, so frei vnd keine nachuolgende Leibsherrn gehabt, werden gehalten, als ob sie der Herrschaft Württemberg leibeigen gewesen wären. Das Hauptrecht war beim Mann ein Gulden vom Hundert Pfund, beim Weib die Hälfte. Leibhennen wurden häufig gereicht, Mannssteuern kamen seltener vor.
Übrigens fand die Gesetzgebung vom Jahr 1817, welche die Leibeigenschaft vollends aufhob und die Lehen für ablösbar erklärte, in unserem Bezirke keine Fall-, wohl aber in den meisten Orten Erb-Lehengüter mit Laudemien belastet vor, welche nun sämmtlich abgelöst sind.
Kellereisteuern, oder jährliche unablösliche Steuern lasteten beinahe auf allen Orten des Bezirks; Vogt-Korn oder jährliche Speisung kam seltener vor, auch Küchengefälle waren nicht in allen Gemeinden zu leisten, sie bestanden hier gewöhnlich in jungen und alten Hühnern, seltener in Gänsen; Öl und Eier kommen nur in Merklingen vor, Salz nur in Leonberg, „wegen der Jahrmarktsverwilligung“; Frohnen wurden in früheren Zeiten allenthalben geleistet, so waren z. B. die Inwohner des älteren Amtes Leonberg sämmtlich verpflichtet, die herrschaftlichen Wiesen zu Leonberg zu mähen und das Heu und Öhmd beizuführen. Die Einwohner von Friolzheim hatten von den Orten Eberdingen und Nußdorf jährlich 40 Eimer Wein nach Hirschau zu führen. Die Einwohner von Merklingen waren von Alters her schuldig, des Klosters Herrenalb eigen Äcker, gegen Reichung ziemlichen Essens und Trinkens, in der Frohne zu bauen; die Einwohner von Hausen, Heimsheim und Perouse waren lagerbüchlich sogar zu ungemessenen Frohnen verpflichtet, u. s. w.
Sowohl die Frohnen, als die älteren steuerartigen Abgaben, sind in Folge der Gesetze von 1836 durchaus beseitigt, und auch die eigentlichen Grundlasten an Zinsen und Gülten sind von den Pflichtigen meistens abgelöst worden, so daß dermalen aus Zinsgütern Geld und Fruchtgefälle nur noch in Höfingen, Flacht, Friolzheim, Hausen und Perouse zu reichen sind, wegen welcher noch eine cameralamtliche Fruchkastenverwaltung zu Leonberg besteht.
| Was gegen das Cameralamt Leonberg an jährlichen Gefällbeträgen von den Pflichtigen abgelöst wurde, und was der Staat zu Befreiung der einzelnen Orte von Frohnen, steuerartigen Abgaben etc. beigetragen hat, ergeben die nachfolgenden, aus der Cameralamts-Rechnung gezogenen Zahlen:Orte. | Jahresbeträge der nach den Gesetzen von 1817 1821 abgelösten Gefälle. |
Staatsbeiträge zu den Ablösungen nach den Gesetzen von 1836. | ||
Leonberg | 6 fl. 4 kr. | 271 fl. – kr. | 2769 fl. 17 kr. | |
Ditzingen | 2 " 45 " | 84 " 56 " | 1050 " 21 " | |
Eltingen | 9 " 2 " | 40 " 53 " | 1994 " 17 " | |
Flacht *) | – " – " | 666 " 7 " | 554 " 45 " | |
Friolzheim | 70 " 50 " | 382 " 50 " | 390 " 37 " | |
Gebersheim | 5 " 27 " | 2 " – " | 253 " 6 " | |
Gerlingen | 17 " 26 " | 108 " – " | 1613 " 53 " | |
Hausen | 11 " 26 " | 49 " 42 " | 288 " 27 " | |
Heimerdingen | 193 " 3 " | 526 " 49 " | 561 " 40 " | |
Heimsheim | 4 " 17 " | 1286 " 51 " | 852 " 9 " | |
Hemmingen *) | – " – " | 128 " 41 " | 2219 " 55 " | |
Hirschlanden | 4 " 10 " | 6 " 45 " | 204 " 3 " | |
Höfingen | 21 " 17 " | 102 " 49 " | 671 " 33 " | |
Kornthal *) | – " – " | 11 " 16 " | 140 " 25 " | |
Malmsheim | 6 " 6 " | 1218 " 8 " | 1678 " 37 " | |
Merklingen *) | – " – " | 301 " 5 " | 503 " 46 " | |
Mönsheim *) | – " – " | 198 " 6 " | 1011 " 29 " | |
Münchingen | hofkammerlich | 1847 " 4 " | ||
Münklingen | – " 13 " | 466 " 37 " | 166 " – " | |
Perouse | – " 11 " | – " – " | 401 " 12 " | |
Renningen | 25 " 4 " | 1375 " 21 " | 1359 " 59 " | |
Rutesheim | 25 " 31 " | 520 " 1 " | 2456 " 5 " | |
Schöckingen *) | – " – " | 91 " 23 " | 1616 " 45 " | |
Warmbronn | 8 " 23 " | 6 " – " | 222 " 29 " | |
Weil d. St. | 51 " 47 " | 6 " 45 " | 50 " 19 " | |
Weil d. D. | 6 " 40 " | 545 " 43 " | 511 " 14 " | |
Wimsheim [1] | – " – " | 3 " 42 " | 233 " 9 " |
Die kleinen Zehenten, so wie die Heu- und Öhmdzehenten, waren in verschiedenen Händen, worüber ebenfalls die Ortsbeschreibungen zu vergleichen sind.
Zu dem Weinzehenten in den betreffenden Orten ist der Staat theils für sich, theils Namens der Landesuniversität berechtigt, mit Ausnahme von Heimerdingen, wo dieses Recht, wie das große Zehentrecht, den Grafen von Reischach verliehen worden ist, und von Renningen, wo es dem Hospital Stuttgart zukommt.
Blutzehenten bestand früher nur in Eltingen und Schöckingen.
Die Fruchtzehenten waren in neuerer Zeit an die betreffenden Gemeinden pachtweise überlassen. Jetzt sind sämmtliche, dem Staate oder öffentlichen Corporationen gehörige Zehenten zur Ablösung angemeldet, mit Ausnahme der Zehenten von Flacht, Heimsheim und Perouse. Die Privatzehenten aber sind gegen Entschädigung gesetzlich aufgehoben.
oder dingliche Gewerbsberechtigungen mit Ausschließungsbefugniß, welche das Gesetz vom 8. Juni 1849 aufgehoben hat, waren, abgesehen von dem Kelterbann, welcher in der Regel mit dem Weinzehentrecht verbunden ist, nur an wenigen Orten vorhanden.
Als aufgehoben sind namentlich zu bezeichnen: die Mühlbannrechte der Nähermühle zu Heimsheim, der Frohnmühle zu Hausen und der Mühle zu Heimerdingen.
Der Oberamtsbezirk Leonberg ist dem Neckarkreis zugetheilt, für welchen der Gerichtshof in Eßlingen und die Kreis-Regierung in Ludwigsburg sich befinden. (Die Kreisfinanzkammer, welche ebenfalls in Ludwigsburg ihren Sitz hatte, ist gleich den übrigen Kreisfinanzkammern seit 1. Mai 1850 in der Oberfinanzkammer zu Stuttgart vereinigt.
Die Bezirksbehörden haben sämmtlich ihren Sitz in Leonberg, nämlich:
a) das Oberamtsgericht, welchem untergeordnet sind: das Gerichtsnotariat | in Leonberg für die Gemeinden Leonberg, Eltingen, Flacht, Gebersheim, Malmsheim, Renningen, Rutesheim und Warmbronn; das Amtsnotariat in Ditzingen, für die Gemeinden Ditzingen, Gerlingen, Heimerdingen, Hemmingen, Hirschlanden, Höfingen, Kornthal, Münchingen, Schöckingen und Weil d. D.; das Amtsnotariat in Weil d. St., für die Gemeinden Friolzheim, Hausen, Heimsheim, Merklingen, Mönsheim, Münklingen, Perouse, Weil d. St. und Wimsheim.b) Das Oberamt mit der Oberamtspflege, dem Oberamtsarzte, dem Oberamtswundarzt und dem Oberamtsthierarzt.
In Beziehung auf Straßen- und Wasserbau ist der Bezirk der Inspection Stuttgart und für den Hochbau der Inspection Ludwigsburg zugetheilt.
c) Das Cameralamt; nachdem seit 1819 die Cameralämter Merklingen und Wimsheim (O.A. Maulbronn) aufgelöst sind, stimmt das Cameralamt Leonberg in Ansehung seiner Verwaltung mit dem Oberamtsbezirk überein; namentlich zählt zu demselben auch der in grundherrlicher Beziehung zum K. Hofcameralamt Stammheim gehörige Ort Münchingen. Auch erstreckt sich das Umgelds-Commissariat Leonberg über den ganzen Oberamtsbezirk.
d) Das Forstamt: Zum Forstamt Leonberg gehören, mit Ausnahme der Gemeinden Merklingen und Theilen der Gemeinden Hausen, Merklingen und Weil die Stadt, welche dem Revier Simozheim, Forstamts Wildberg zugetheilt sind, die übrigen Orte des Ober-Amtsbezirk, und zwar: 1. in das Revier Warmbronn (Sitz in Eltingen): die Markungen von Eltingen, so weit sie auf der linken Seite der Glems liegt, Gebersheim (theilweise), Hausen (theilweise), Leonberg (theilweise), Perouse (theilweise), Heimsheim (theilweise), Malmsheim, Merklingen (theilweise), Renningen, Rutesheim, Warmbronn, und Weil d. St. (theilweise); 2. in das Revier Solitude: Ditzingen (theilweise), Eltingen (theilweise), Gerlingen, Leonberg (theilweise), Höfingen (theilweise), Kornthal, Münchingen und Weil d. D.; 3. in das Revier Mönsheim (Sitz dermalen in Wiernsheim O.A. Maulbronn): Friolzheim, Hausen (theilweise), Perouse (theilweise), Heimsheim (theilweise), Mönsheim und Wimsheim; 4. in das Revier Heimerdingen, Ditzingen (theilweise), Flacht, Gebersheim (theilweise), Heimerdingen: Hemmingen, Hirschlanden, Höfingen (theilweise), Schöckingen.
Der Oberamtsbezirk begreift überhaupt 27 politische Gemeinden, wovon 11 der 2ten Classe und 16 der 3ten Classe angehören.
Zusammengesetzte Gemeinden hat der Bezirk bisher keine gezählt. In Folge des Gesetzes vom 18. Juni 1849 aber, betreffend die Ausdehnung des Amts- und Gemeinde-Verbands auf sämmtliche Theile des Staatsgebietes, werden drei zusammengesetzte Gemeinden entstehen, | indem das Rittergut Obermönsheim als Theilgemeinde der Commun Mönsheim bereits zugetheilt worden ist, und die Zutheilung des Rittergutes Ihinger Hof als Theilgemeinde zu dem Verband von Renningen, so wie der Staatsdomäne Solitude in gleicher Eigenschaft zu dem Verbande von Gerlingen, bevorsteht.Pfandhülfsbeamte sind nur noch den Gemeinde-Collegien in Ditzingen, Friolzheim, Gerlingen, Hausen, Heimerdingen, Hirschlanden, Höfingen, Mönsheim, Münchingen, Münklingen, Perouse, Schöckingen und Warmbronn, beigegeben.
Verwaltungs-Aktuare aber sind noch für alle Gemeinden bestellt, sie haben ihren Sitz in Leonberg, Weil der Stadt, Renningen, Heimsheim, Münchingen, Weil dem Dorf und Kornthal.
Sämmtliche evangelische Pfarreien (26 mit 27 Geistlichen) stehen, mit Ausnahme der privilegirten Brüdergemeinde Kornthal, unter dem Dekanat Leonberg und dieses unter der General-Superintendenz Ludwigsburg. Die katholische Gemeinde zu Weil der Stadt gehört in den katholischen Dekanatsbezirk Stuttgart.
Lateinische Schulen sind zwei im Bezirke, nämlich in Leonberg und in Weil der Stadt. Die erstere hat zwei Lehrer: einen Präceptor und einen Collaborator. Das Wahlrecht zum Präceptorate steht der Stadt Leonberg zu. Diese Schule ist seit einigen Jahren sehr besucht, da der Präceptor auch eine größere Zahl auswärtiger Kostgänger hat; sie zählte im Sommer 1851 56 Schüler.
Die lateinische Schule in Weil d. Stadt hat einen Lehrer (Präceptor) und zählt gegenwärtig 17 Schüler.
Realanstalten sind keine im Bezirke.
Volksschulen bestehen 27 mit 63 Lehrern (29 Schulmeistern, 16 Unterlehrern, 18 Lehrgehülfen), welche sich in zwei Conferenzsprengel theilen. Die Gesammtschülerzahl betrug im Jahr 1851 in den Volksschulen 5205.
Außer diesen öffentlichen Schulen, von welchen die zu Kornthal nicht unter der Aufsicht des Dekans und Consistoriums, sondern der Kreisregierung steht, sind als Privatinstitute anzuführen:
die Töchteranstalt in Kornthal, für Mädchen aus den gebildeten Ständen bestimmt, welche seit Jahren aus allen Theilen des Landes eine | namhafte Frequenz hat. Gegenwärtig wird sie von 140 Mädchen besucht. Es sind 2 Lehrer und 11 Lehrerinnen an ihr angestellt.Die Mittelanstalt für Mädchen daselbst, mit 1 Lehrerin und 30 Zöglingen.
Das Knabeninstitut daselbst für classische Bildung bis zum 14. Jahre berechnet, mit gegenwärtig 57 Zöglingen und 5 Lehrern.
Eine in den letzten Jahren von Lehrer Helfferich auf Solitude eingerichtete Erziehungsanstalt für Cretinen ist neuestens nach Hofstett-Emmerbuch, O. A. Geißlingen, verlegt worden.
Industrieschulen mit mehr oder minder wechselnder Frequenz sind in den Orten: Leonberg, Ditzingen, Eltingen, Flacht, Friolzheim, Gebersheim, Hausen, Heimsheim, Gerlingen, Malmsheim, Mönsheim, Münchingen, Merklingen, Münklingen, Perouse, Renningen, Wimsheim, Warmbronn, Weil der Stadt. Sie werden meist durch Mädchen besucht. Der größere Theil dieser Schulen erhält Geldbeiträge durch die Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins.
Kleinkinder-Schulen bestehen in Leonberg (namentlich aus den Mitteln eines Privatvereines), Malmsheim und Münchingen.
Sogenannter Fortbildungsunterricht für die der Volksschule Entwachsenen wird in keinem Orte ertheilt.
Als solche sind zu nennen:
1) der Bezirksarmenverein, gegründet in Folge des Aufrufs der Centralleitung vom 16. März 1847 unter dem Vorsitz des Freiherrn von Varnbüler. Im Theurungsjahr 1847 hat er theils aus eigenen Sammlungen, theils aus Zuschüssen der Centralleitung nicht unbedeutende Unterstützungen, durch Naturalien und durch Verdienstgaben an unbemittelte Amtsangehörige gereicht. Inzwischen hat er, ohne übrigens sich aufzulösen, nur selten mehr direkt eingegriffen. Durch ihn wurde in's Leben gerufen die unter seiner Aufsicht stehende
2) Hülfsleihkasse für Oberamtsangehörige.
Sie hat die Bestimmung, kleinere verzinsliche Anlehen, gewöhnlich nicht über 50 fl. und auf kurze Zeit, nicht über ein Jahr, an unbescholtene Leute, welchen es an realem Credit fehlt, zu geben. Ihr Fond, den sie von der Amtskörperschaft gegen mildere Verzinsung erhalten hat, beträgt 3000 fl. Ihre Sicherheit gegenüber den Schuldnern besteht in Bürgschaften, vorzüglich in der, zugleich moralischen, Garantie, daß jedesmal eine Anzahl Gemeinderathsmitglieder Überbürgen sein müssen. Sie wird durch einen besonderen Ausschuß verwaltet und hat sich als zweckmäßig bewährt.
| 3) Die Kornthaler Rettungsanstalt für arme verwahrloste Kinder, welche seit dem Jahr 1823 besteht und über 100 Kinder erhält.Sie theilt sich in zwei Häuser; in dem einen größeren werden Kinder von 10 – 14 Jahren erzogen, in dem anderen kleine Kinder von dem Zeitpunkte an, wo sie selbst gehen können, bis zum 6. Jahre. In diesem Kleinkinderhause wird Seidenzucht betrieben. Zwischen beide Häuser ist eine mit Kornthal in Verbindung stehende Anstalt in Wilhelmsdorf eingeschoben, welche die Kinder vom 6. bis zum 10. Jahre aufnimmt. Von einem Kind werden für Kost, Kleidung, Wäsche, Wohnung, Unterricht und ärztliche Pflege im Ganzen bloß jährlich 40 fl. bezahlt, was nur dadurch möglich wird, daß es der Anstalt bisher nie an namhaften Liebesgaben gemangelt hat.
4) Die Vereine zur Unterstützung der reisenden Handwerksgehilfen in Leonberg, Ditzingen, Hirschlanden, Kornthal, Münchingen, Friolzheim, Hemmingen, Merklingen, Renningen.
5) Der Ortsarmenverein zu Leonberg, welcher seit 1848 (unter der sehr zweckmäßigen Leitung des Fabrikanten J. Josenhans) eine bessere Einrichtung der Armenpflege in dem Städtchen eingeführt hat, und sehr namhafte, aus freiwilligen Beiträgen fließende Unterstützungen leistet.
6) Die Spitäler in Leonberg und Weil der Stadt. Das letztere ist bisher gut dotirt gewesen, hat aber durch die Ablösungsgesetze von 1848 und 1849 eine Schmälerung erlitten, die seine bisherigen mitunter reichlich gewesenen Leistungen beschränkt.
Außer diesen größeren Anstalten sind fast in allen Orten Armenhäuser, die jedoch zum größern Theil nur sehr nothdürftig ausgestattet sind.
Von dem landwirthschaftlichen Bezirksverein, welcher seit dem Jahr 1837 besteht, und alljährlich Preisvertheilungen an Besitzer ausgezeichneten Viehs und an Dienstboten vornimmt, werden öftere Versammlungen gehalten; auch ist derselbe im Besitze einer ordentlichen Leihbibliothek.
Nachdem die Beschälplatte, welche in Weil der Stadt auf Staatskosten bestand, seit einigen Jahren aufgehört hat, sucht nun der landwirthschaftliche Bezirksverein das Bedürfniß der Pferdezucht durch Privatbeschäler zu befriedigen.
Der Zustand der Farrenanstalten in sämmtlichen Gemeinden wird in zweijährigen Perioden durch eine von der Amtsversammlung | bestellte Commission untersucht. Örtliche Farrenschauen bestehen überdieß in allen Gemeinden.
Der Bezirk hat erst seit dem Jahre 1846 Postverbindungen; anfänglich bestand nur eine Cariolpost zwischen Stuttgart und Leonberg, seit 1847 aber sind Poststationen in Leonberg und Weil d. Stadt mit täglichen Eilwagenfahrten von Stuttgart gegen Calw und Wildbad, welche im Sommer wegen des Besuchs der Schwarzwaldbäder stark benützt werden.
Den amtlichen und Privatverkehr im Bezirk vermitteln sieben Amtsboten. Die näher bei Stuttgart gelegenen Orte haben überdieß besondere Botenverbindungen mit der Residenz. Fahrende Boten gehen dahin von Leonberg, Renningen, Weil d. Stadt, Heimsheim, Wimsheim; ferner fahren solche von Leonberg nach Calw, Carlsruhe und Heilbronn. Eine Omnibus-Chaise lauft dreimal wöchentlich zwischen Leonberg und Stuttgart.
Der Oberamtsbezirk wird von der Eisenbahn gar nicht und nur an seiner östlichen Gränze von einer Staatsstraße (der Frankfurter Route) berührt. Diese Straße durchschneidet den östlichen Theil der Markung Münchingen auf eine Länge von 1312 Ruthen oder 1 Stunde und verläßt den Bezirk, ohne einen Wohnort desselben zu durchziehen.
Neben dieser Commerzialstraßenstrecke unterhält der Staat an der die Verbindung des Orts Warmbronn und seiner Umgegend mit der Residenz Stuttgart vermittelnden Vicinalstraße als Cameralstraßen: a) den Distrikt durch den Kronwald Hirschhäuer, in der Markung Eltingen, mit 547,0 Ruthen oder etwa 3/8 Stunde, und b) an der von Stuttgart nach Leonberg führenden Straße den Distrikt über die Domäne Solitude mit 628,9 Ruthen oder annähernd 1/2 Stunde.
Die wichtigsten Vicinalstraßen des Oberamtsbezirks, zu deren Unterhaltung der Staat Beiträge gibt, sind:
1) Die Straße von Stuttgart über die Solitude, Leonberg und Heimsheim bis an die Landesgrenze gegen Pforzheim. Diese Straße ist die Fortsetzung der oben zu b) bezeichneten, in der Unterhaltung des Staats stehenden Cameralstraße, sie durchschneidet die Markungen Gerlingen, Eltingen, Leonberg, Rutesheim und Friolzheim, und führt durch die Orte Leonberg, Rutesheim, Perouse und Heimsheim.
| 2) Die Straße von Heimsheim über Merklingen, Weil der Stadt gegen Herrenberg, mit einer Abzweigung gegen die baden’sche Grenze in der Markung Hausen. Diese Straße mündet von dem unter 1) beschriebenen Straßenzug im Etter Heimsheim aus, und führt über die Markungen Heimsheim, Hausen, Merklingen, Weil der Stadt, durch die Orte Merklingen und Weil der Stadt bis zum Beginne der Markung Schaffhausen, O. A. Böblingen.3) Die Straße von Calw über Weil der Stadt, Renningen, Leonberg etc. gegen Schwieberdingen und Markgröningen. Diese Straße verbindet den untern Schwarzwald mit dem Unterland und wird „die Weinstraße" genannt; sie tritt mit dem Anfang der Markung Weil der Stadt gegen Simmozheim, O. A. Calw, in den Oberamtsbezirk Leonberg ein, durchzieht die Markungen Weil der Stadt, Ihinger Hof, Renningen, Eltingen, Leonberg, Ditzingen und Münchingen, und die Orte Weil der Stadt, Renningen, Eltingen, Leonberg, Ditzingen und Münchingen; überschreitet in der Markung des letztgenannten Orts die Stuttgart-Frankfurter Route und verläßt den Oberamtsbezirk an der Grenze der Markung Münchingen gegen Markgröningen, O. A. Ludwigsburg. In den Jahren 1847-49 wurden die steilen Steigen am Gottesacker in der Markung Weil d. St., und am sogenannten Hasenbrunnen in der Markung Leonberg corrigirt; auch ist im Jahr 1849 eine wesentliche Verbesserung in der Markung Ditzingen, durch Erweiterung eines Hohlwegs, vorgenommen worden.
4) Die Straße von Ditzingen über Weil dem Dorf nach Stuttgart. Dieser Straßenzug mündet im Etter Ditzingen von der zuvor beschriebenen Straße aus, und führt durch den Ort Weil dem Dorf über die Markungen Ditzingen und Weil dem Dorf zur Oberamtsgrenze, von wo aus sie in ihrer Fortsetzung über Feuerbach in die Stuttgart-Frankfurter Route einmündet. In neuerer Zeit wird diese Straße mit Benützung des weitern Zugs von Ditzingen über Leonberg, Renningen, Weil der Stadt von der Post von Stuttgart nach Calw befahren.
An dem Beitrag, welchen der Staat zur Unterhaltung der vorbeschriebenen vier Vicinalstraßen seit dem 1. Juli 1846, in stets widerruflicher Weise, mit jährlichen 3132 fl. gewährt, trifft es der Gemeinde Gerlingen 200 fl., Eltingen 475 fl., Leonberg 316 fl., Gebersheim 30 fl., Rutesheim 96 fl., Perouse 30 fl., Heimsheim 180 fl., Friolzheim 20 fl., Hausen 80 fl., Merklingen 110 fl., Weil der Stadt 370 fl., Renningen 350 fl., Ditzingen 325 fl., Münchingen 150 fl., Weil dem Dorf 400 fl.
Mit alleiniger Ausnahme des über die Domäne Solitude führenden Cameralstraßendistrikts, zu dessen Unterhaltung Liaskalk angewendet wird, werden sämmtliche Straßen des Oberamtsbezirks mit Muschelkalk unterhalten.
| Die vorbeschriebenen Straßenzüge, in soweit sie nicht durch Waldungen führen, sind mit wenigen Ausnahmen mit Obstbäumen besetzt. Auch die an diesen Straßenzügen liegenden Etterstraßen sind im Allgemeinen in einem ziemlich geordneten Zustande, und fast durchgängig mit gepflasterten Kandeln versehen.
Vermöge einer im Jahre 1841 getroffenen Einrichtung sind außer der Oberamtsstadt noch in Weil der Stadt und Heimsheim Pfechtämter zur Pfechtung und Stempelung der Maaße und Gewichte errichtet worden. Auch bestehen in den Orten Eltingen, Heimerdingen, Hemmingen, Merklingen, Münchingen, Renningen, Weil dem Dorf, Wimsheim Anstalten für das Eichen von Fässern und Keltergeschirren.
Neben dem vom Staat besoldeten Oberamtsarzte besteht noch ein Unteramtsarzt mit dem Sitze in Weil der Stadt. Der Oberamts-Wundarzt mit dem Sitz in Leonberg, sowie ein daselbst wohnender Oberamtsthierarzt, welcher zu selbstständiger Behandlung von Epizootien ermächtigt ist, beziehen Wartgelder von der Amtskörperschaft.
Außer diesen verschiedenen öffentlichen Ärzten practiciren noch sechs innere Ärzte im Bezirk, zwei zu Leonberg, einer in Weil der Stadt, einer in Merklingen, einer in Kornthal und einer in Heimsheim.
Apotheken sind zwei in Leonberg (eine mit persönlicher Concession), eine in Weil der Stadt, eine in Merklingen und eine Filialapotheke in Kornthal.
Wundärzte, gewöhnlich mit Wartgeldern von den Gemeinden, sind in sämmtlichen Orten, ausgenommen Hirschlanden, Schöckingen, Gebersheim, Warmbronn, Flacht, Wimsheim, Hausen, Friolzheim, Perouse, Münklingen. Die gemeinschaftliche Casse der Chirurgen besitzt ein Capital-Vermögen von 470 fl., einige wundärztliche Utensilien und eine kleine Bücher-Sammlung.
An den nöthigen Hebammen und Leichenschauern fehlt es nicht.
Geprüfte Thierärzte sind außer dem bereits angefügten Oberamts-Thierarzte noch zwei im Bezirke, die beide in Weil d. St. wohnen.
Weil d. St. hat einen eigenen Kleemeister, die 26 übrigen Orte waren bisher dem Kleemeistereibezirk Leonberg zugewiesen. Es steht aber jetzt nach dem kürzlich erfolgten Tode des Leonberger Kleemeisters eine neue Bezirks-Eintheilung bevor.
| Die Fallhütte in Leonberg ist Eigenthum der Amts-Körperschaft, von welcher auch in der Wohnung des Kleemeisters vor wenigen Jahren eine Einrichtung zur Beobachtung wuthverdächtiger Thiere getroffen wurde.Die Beerdigungsplätze sind überall außerhalb der Ortschaften; jener zu Warmbronn ist durch die Art seiner Umfriedigung und durch seine Anlage ausgezeichnet. (Siehe die Orts-Beschreibung.)
Die Spitäler in Leonberg und Weil d. St. dienen zugleich als Krankenhäuser. In dem letzteren geht man eben damit um, barmherzigen Schwestern die Krankenpflege zu übertragen. In Kornthal wird gegenwärtig ein für die Bedürfnisse des Ortes berechnetes Krankenhaus aus Mitteln eines deßhalb zusammengetretenen Vereins gebaut.
In den beiden genannten Spitälern befinden sich auch Irrenzimmer; auch ist in demjenigen zu Leonberg auf Kosten der Amts-Körperschaft ein weiteres Lokal eingerichtet, um Geisteskranke des Bezirks in so lange, als sie nicht in eine Staatsanstalt aufgenommen sind, unterzubringen.
Bade-Anstalten mit größeren Einrichtungen (ein kleines neues Badehaus zu gewöhnlichen warmen Bädern ist in Leonberg) befinden sich nicht im Bezirk; als Kurort wird übrigens der Aufenthalt auf der schön gelegenen Solitude in den Sommermonaten von Manchen gesucht, wozu das geräumige Lokal des dortigen Wirthschafts-Gebäudes einladet.
Das außer den vom Staat erhaltenen oberamtsgerichtlichen Gefängnissen in Leonberg vorhandene oberamtliche Gefängniß, nun Eigenthum der Amtskörperschaft, ist im Jahr 1816 neugebaut worden; es dient auch zur Aufnahme von Gefangenen, welche transportirt werden, und steht mit der Wohnung des Gefangenwärters in Verbindung. Ein Transport-Gefängniß wurde in Weil d. St. im Jahr 1847 auf Kosten des Staats in einem städtischen Gebäude neu hergestellt, auch wird das Orts-Gefängniß in Heimsheim für Transport-Gefangene benützt. Indessen ist die Zahl der durch Leonberg gehenden Gefangenentransporte zunächst aus einem Theil der Schwarzwald-Oberämter in die Strafanstalten zu Ludwigsburg und Markgröningen im Vergleich mit manchen andern Stationen nicht sehr bedeutend; die Zahl der Transporte betrug im Durchschnitt der 5 letzten Jahre jährlich 227.
In sämmtlichen Orten sind Polizeidiener angestellt, welche in den kleineren Orten zugleich die Stelle des Amtsdieners zu versehen haben; sie erhalten Straf-Dritttheile.
Landjäger sind 7 im Bezirke aufgestellt; in der Oberamtsstadt, neben dem Stations-Commandanten 2 Mann, in Weil d. St., Heimsheim. | Heimerdingen und auf Solitude je 1 Mann. Zu erwähnen ist unter den besonderen sicherheits-polizeilichen Vorkehrungen eine mit den benachbarten Oberämtern, Stuttgart, Canstatt, Ludwigsburg, Vaihingen, Böblingen getroffene Übereinkunft, vermöge deren Bettler, welche jenen Bezirken angehören, nach erfolgter Strafe in ihre Heimath auf Kosten ihrer Gemeinde transportirt werden: ein Verfahren, welches die höhere Behörde als mit dem Gesetze vereinbar erklärt hat, und in weiterer Ausdehnung als ein nachdrückliches Mittel gegen den Bettelunfug nachgeahmt zu werden verdienen möchte.
Ortsbaupläne sind seit einem Jahrzehend für die größeren Ortschaften entworfen worden; so weit sie nicht nach den neueren Erfahrungen als in zu großartigem Maaßstabe angelegt sich gezeigt haben, dienen sie bei Neubauten zur Richtschnur. Die Einfachheit und häufig die Armseligkeit der ländlichen Bauwesen nöthigen freilich oft, das Gesetz des Regelrechten dem Gebot des Nützlichen oder Nothwendigen zu opfern. Doch wird im Allgemeinen nicht ohne Geschmack gebaut. Die Zahl der in den letzten 12 Jahren 1838—1850 neu aufgeführten Gebäude, (nämlich vollständige Neubauten, oder die äußere Gestalt der Gebäude wesentlich verändernde Vergrößerungen) beträgt im Bezirk überhaupt 479.
Die Ober-Feuerschau wird durch einen von der Amtspflege bezahlten Ober-Feuerschauer, der früher zweimal, jetzt einmal jährlich visitirt, besorgt.
Für die Kamin-Reinigung bildete das ganze Oberamt früher nur Einen Kaminfeger-Distrikt, mit Ausnahme der Stadt Weil, die immer ihren eigenen Kaminfeger hatte; seit einem Jahre aber sind überhaupt drei Distrikte gebildet worden, von welchen der eine 12, der zweite 11, der dritte (in Weil) 4 Gemeinden umfaßt. Die neu angestellten Kaminfeger sind widerrufliche Diener der Amts-Corporation, und haben sich verbindlich gemacht, um eine im Allgemeinen geringere Taxe als die der Verfügung vom 16. Okt. 1843 zu kehren.
Die Feuerlösch-Instrumente sind der Zahl und der Güte nach befriedigend, die größern Gemeinden besitzen mehrere Feuerspritzen, nur in einigen kleinen Orten befinden sich keine Fahrspritzen. In den letzten Jahren sind (in Rutesheim und Mönsheim) einige große Spritzen von vorzüglicher Brauchbarkeit angeschafft worden. Auch hat die Amts-Versammlung im Jahr 1851 einen Wieland’schen Hydrophor mit einem Aufwand von 700 fl. angekauft, der in der Oberamtsstadt aufgestellt ist, und bei Feuersbrünsten in die Amtsorte geführt wird.
| Die Feuereimer verschwinden mehr und mehr und machen Butten, die von den Gemeinden angeschafft werden, Platz.Die Zahl der von den Jahren 1838-1850 vorgekommenen Feuersbrünste beträgt 28. Seit dem Jahre 1837, wo der Ort Rutesheim zur größeren Hälfte abgebrannt ist (es sind 132 Gebäude verzehrt und 20 beschädigt worden), war der Bezirk von größeren Brünsten verschont. Unter jenen 28 Fällen sind 2 Entzündungen durch Blitz und nur 5 Fälle als Brandstiftungen durch Dritte erwiesen.
Die Mobiliar-Versicherungen werden nicht stark benützt. Die Zahl der Versicherten ist 570, wovon 526 Personen bei der Vaterländischen Gesellschaft versichert haben. Der ganze versicherte Mobiliar-Werth beträgt dermalen 1.002.229 fl.
Der Vermögensstand der Amts-Körperschaft ist ein günstiger. Nach der Amtspfleg-Rechnung von 1849-50 beträgt das Vermögen derselben 70.409 fl. 50 kr., worunter 68.428 fl. verzinsliche Aktiv-Capitalien begriffen sind.
Das Grundstock-Soll der Amtspflege ist auf 69.640 fl. 23 kr. festgesetzt.
Die durch den Amtspfleger einzuziehende Staats-Steuer-Summe betrug pro 1849 – 50 37.364 fl. 57 kr.
Der Amtsschaden desselben Jahrs 750 fl.
Die Amtsvergleichungskosten 220 fl. 22 kr.
Abgesehen von diesen Umlagen berechnen sich von jenen Jahren die Einnahmen auf 4.084 fl. 24 kr., die Ausgaben auf 4.828 fl. 5 kr.
Die ersteren reichen überhaupt zu Deckung der letzteren regelmäßig nicht zu, so daß gewöhnlich ein Amtsschaden umgelegt wird, der in den letzten 10 Jahren nicht über 1200 fl. und nicht unter 500 fl. betragen hat.
Außer dem angeführten Geldvermögen ist Eigenthum der Amts-Körperschaft:
1) Das Gefängniß-Gebäude für die oberamtlichen Arrestanten, welches im Jahr 1816 gebaut und ziemlich zweckmäßig eingerichtet ist.
2) Die Kleemeisterhütte, in demselben Jahrgang erbaut, und
3) ein 1 Morgen haltendes Grundstück, zum Kleemeisterei-Wasen bestimmt.
Besondere privatrechtliche Verbindlichkeiten haften auf der Amts-Körperschaft nicht.
|Als Corporation besitzen die einzelnen Gemeinden zusammen an Grundeigenthum 25.4604/8 Morgen; ihr gesammtes Geldvermögen aber beträgt nach den Rechnungen von 1848/49, an Activen, und zwar:
verzinslichen Capitalien | 217.196 fl. | |
sonstigen Forderungen | 49.084 fl. | |
zusammen | 266.280 fl. | |
auf welchen an verzinslichen Schulden | 36.932 fl. | |
und an sonstigen Passiven | 14.726 fl. | |
zusammen | 51.658 fl. |
ruhen, wornach ihr bewegliches Vermögen rein 214.622 fl. beträgt.
Nach den Rechnungen des gedachten Jahres haben sich belaufen: die Gemeinde-Umlagen auf 12.541 fl., die Amtspflege-Umlagen auf 1.436 fl. Den bedeutendsten Grundbesitz haben die Gemeindepflegen Mönsheim und Gerlingen; das größte bewegliche Capital-Vermögen Eltingen, Mönsheim, Weil d. St. und Heimerdingen.
Was den Gang der Gemeinde-Verwaltung betrifft, so werden die Ortsvorsteher des Bezirks im Allgemeinen von dem K. Oberamte als rechtschaffene, verständige und um das Wohl ihrer Gemeinden besorgte Männer bezeichnet.
Auch ergibt sich, bezüglich des Gemeindehaushalts überhaupt, daß die Verhältnisse der einzelnen Gemeindepflegen in Absicht auf Vermögensbesitz und jährliche Umlagen vergleichungsweise zu den günstigeren des Unterlands gehören.
Im Ganzen betrug nach den Rechnungen von 1848/49 das Vermögen sämmtlicher Stiftungspflegen des Bezirks
an Grundeigentum | 4176/8 Morgen. |
an Capitalien | 261.204 fl. |
die darauf haftenden Schulden beliefen sich auf | 9.361 fl. |
die Jahres-Einkünfte derselben sind zu | 24.596 fl. |
die Jahres-Ausgaben zu | 24.474 fl. |
berechnet.
Das größte Capitalvermögen haben die Stiftungspflegen: Weil der Stadt, Rutesheim und Leonberg; den größten Grundbesitz: Weil der Stadt und Leonberg.
Gegenstand des Oberamts-Katasters sind nach der Berechnung von 1849/50:
| |-Grundeigenthum, zu einem Reinertrag eingeschätzt von | 331.927 fl. 10 kr. |
Grundgefälle, in dem steuerpflichtigen Jahresbetrag berechnet von | 7.939 fl. 45 kr. |
Gebäude, nach einem für die Staatssteuer eingeschätzten Werth von | 3.824.775 fl. — kr. |
Gewerbe, zu einer jährlichen Steuersumme eingeschätzt von | 4.783 fl. 40 kr. |
Die umgelegten directen Staatssteuern betrugen im Jahre 1849/50
für den Bezirk überhaupt | 37.046 fl. | ||
davon auf Grundeigenthum | } |
zu 17/24 | 27.345 fl. |
" " Gefälle | |||
" " Gebäude | zu 4/24 | 6.756 fl. | |
" " Gewerbe | zu 3/24 | 2.945 fl. |
Es fallen somit in den Bezirk durchschnittlich auf 1 geographische Quadratmeile 7116 fl. 12 kr. und auf 1 Einwohner 1 fl. 13,8 kr. directe Staatssteuer.
Außerdem werden auf die Gebäudebesitzer die seit einem Jahrzehend immer bedeutender werdenden Brandschadensbeiträge umgelegt.
An indirecten Abgaben wurden im Durchschnitt der 3 Jahre 1847/50 jährlich erhoben:
1) | an Wirthschafts-Abgaben: | |
vom Wein- und Obstmost | 7998 fl. 20 kr. | |
vom Branntwein: | ||
a. Ausschanks-Abgaben | 757 fl. 6 kr. | |
a. Fabrikationssteuer | 216 fl. 53 kr. | |
vom Bier (Malzsteuer) | 2420 fl. 20 kr. | |
2. | an Accise: | |
von Güterveräußerungen | 2555 fl. 6 kr. | |
von Lotterien | 90 fl. 56 kr. | |
von Markt- und Handelswaaren von Ausländern | 7 fl. 50 kr. | |
3. | Hunde-Auflage, einschließlich des gesetzlichen Antheils der Ortsarmenkassen von 402 Hunden | 607 fl. 24 kr. |
- ↑ *) Die bezeichneten Orte gehörten früher nicht zum Cameralamt Leonberg.
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