Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 21

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Renningen,
Gemeinde II. Kl. mit 1879 Einw. a. Renningen, Pfarrd., 1872 Einw., wor. 5 Kath. b. Ihinger Hof, 7 Einw. - Ev. Pfarrei. Die Kath. sind nach Weil der Stadt eingepfarrt.
Das große, reinlich gehaltene Pfarrdorf Renningen gehört zu den schönsten des Bezirks; es liegt 13/4 Stunden südwestlich von der Oberamtsstadt, frei und angenehm an einem sanften Abhange gegen das Thal des Maisgrabens, welcher an der nördlichen Seite des Dorfes | vorbeifließt und zunächst desselben den von Magstadt kommenden Rankbach aufnimmt. Im Ort selbst befindet sich kein laufender Brunnen, dagegen sind hinlänglich Pumpbrunnen angelegt, indem man beinahe an jeder beliebigen Stelle in einer Tiefe von 20-30' Wasser erhält. Etwa 1/2 Stunde nordöstlich vom Ort liegt ein ungefähr 11/2 Morgen großer See, welcher seinen Zufluß aus dem Walde Stöckach erhält und in den Maisgraben abfließt.

Die Pfarrkirche, deren Unterhaltung der Stiftungspflege obliegt, hat im Laufe der Zeit mehrfache Veränderungen erlitten, so daß sich von der ursprünglichen, sehr alten Kirche nur noch der untere Theil des Thurms erhalten hat, dessen unterstes, mit einem Kreuzgewölbe versehenes Stockwerk die Stelle des Chors vertritt. Das Langhaus wurde 1601 an der Stelle des früheren, im spät-germanischen Style erbaut und in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts verändert; bei dieser Veranlassung sind nicht nur neben den spitzbogigen Fenstern oblonge angebracht, sondern auch die gothischen Füllungen der ersteren ausgebrochen worden. Dem alten, aus 3 Stockwerken bestehenden, viereckigen Thurm wurde 1845 (nach dem Entwurf des verstorb. Stadtbaumeisters Föhr in Stuttgart) ein achteckiges Stockwerk, mit vier großen und vier kleinen Seiten, im rein germanischen Styl aufgesetzt. An den vier größeren Seiten sind große, gothisch gefüllte Spitzbogenfenster, welche die Stelle der Schalllöcher vertreten, angebracht und sämmtliche Seiten haben verzierte Frontons, aus denen schön gearbeitete Giebelblumen emporwachsen; die Bedachung besteht aus einem mit Blech belegten, sehr hohen, künstlich construirten Zeltdache. Das Innere der Kirche ist geräumig, aber durch Emporkirchen etwas verbaut. Innen sind Grabplatten der Edlen von Höfingen. An der südlichen Außenwand der Kirche befindet sich das gut gearbeitete Grabmal eines Schultheißen Schnauffer, welcher laut Inschrift 1603 starb und sich um das Wohl der Gemeinde sehr verdient gemacht hatte. Auf dem Thurme hängen 3 Glocken.

Ein Begräbnißplatz wurde 1840 an dem südöstlichen Ende des Orts in der Nähe des frühern angelegt. Der ursprüngliche Begräbnißplatz lag um die Kirche; ein Theil desselben ist nun Baumschule und dient zum Unterricht der Jugend, in der Baumzucht. Die Kirchhofmauer, welche eine beträchtliche Höhe und einen sogenannten Umgang hatte, ist in neuerer Zeit größtentheils abgebrochen und der Graben außerhalb derselben geebnet worden.

Nur 70 Schritte südlich der Kirche liegt angenehm und frei der geschlossene, gut erhaltene Pfarrhof, mit Wohnhaus, Ökonomiegebäuden, Garten und Hofraum; er ist Eigenthum des Hospitals in Stuttgart, dem auch die Unterhaltung desselben obliegt.

| Das ansehnliche Schulhaus, mit geräumiger Wohnung und Scheune für den Schulmeister, liegt in der Nähe der Kirche und befindet sich in gutem Zustande; an der Schule unterrichten ein Lehrer, ein Unterlehrer und ein Lehrgehilfe; neben derselben besteht auch eine Industrieschule.

Aus einem freien Platze, beinahe mitten im Ort, steht das 1590 gebaute, übrigens gut erhaltene Rathhaus. Ein Gemeinde-Backhaus besteht schon längst, ebenso ein öffentliches Waschhaus.

Eine Mahlmühle, der es übrigens zuweilen an Wasser fehlt, befindet sich im Ort.

Die Poststraße von Stuttgart über Leonberg nach Weil d. St. führt durch das Dorf; außer dieser gehen noch Vicinalstraßen nach Malmsheim, Warmbronn und beziehungsweise nach Magstadt.

Die fleißigen, im Allgemeinen geordneten Einwohner sind theils wohlhabend, theils mittelmäßig begütert; ein großer Theil ist zwar in seinen Vermögensumständen zurückgekommen, doch sind keine Bettler vorhanden. Hauptnahrungsquellen sind Feldbau und Viehzucht, auch Weberei.

Unter den Schicksalen hiesiger Eingeborner ist das eines gewissen Grau merkwürdig, welcher 1574 Artillerie-Aufseher beidem obersten Bassa in Constantinopel wurde.

Die beträchtliche Feldmarkung liegt beinahe eben oder flach geneigt, mit Ausnahme eines kleinen Theils derselben, welcher sich an den die Niederungen umsäumenden Hügelreihen hinzieht. Der Boden der Feldgüter besteht im Allgemeinen aus einem tiefgründigen Diluviallehm, welcher sich leicht bearbeiten läßt und bei der umsichtigen Bebauung, die ihm zu Theil wird, reichlichen Ertrag, besonders an Dinkel, Hafer Gerste und Kartoffeln gewährt.

Die Luft ist feucht und die Temperatur der Nächte meist kühl, daher auch Frühlingsfröste häufig vorkommen. Die Ernte tritt um acht Tage später als in der Umgegend von Stuttgart ein, und zarte Pflanzen, wie Gurken, Bohnen u. s. w., wollen nicht gedeihen. Hagelschlag ist sehr selten.

Die Landwirthschaft steht auf einer blühenden Stufe, wozu der landwirthschaftliche Bezirksverein und das Beispiel des nahe gelegenen, rationell bewirthschafteten Ihinger Hofs wesentlich beigetragen haben. Zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, z. B. die Flandrischen und Suppinger Pflüge, sind seit mehreren Jahren eingeführt und haben den deutschen Wendepflug beinahe ganz verdrängt.

Bei dem in viele Parcellen vertheilten Ackerfeld besteht die Wirthschaft des Dreifeldersystems, welche übrigens, da das Brachfeld zum größten Theil angeblümt wird, eine verbesserte zu nennen ist. Die | gewöhnlichen Cerealien werden gebaut; der Morgen erträgt an Dinkel 4-12 Schffl., an Gerste 3-6 Schffl. und an Hafer 4-7 Schffl.; außer diesen Hauptsorten baut man, jedoch in geringer Ausdehnung, Roggen, Einkorn, Linsen, Erbsen etc. In der Brache werden hauptsächlich Kartoffeln, von denen der Morgen 20-60 Säcke à 5 Sri. erträgt, dann Futterkräuter und Angersen gezogen. Von den Handelsgewächsen sind anzuführen: Kohlreps, Hanf und Hopfen; ersterer wird mit Maschinen in Reihen gesät und erträgt per Morgen 2-5 Schffl. Auf den Hanf, der außer der Brache auch noch in besonderen Ländern gepflanzt wird, verwendet man viel Sorgfalt; er kommt selten als Rohprodukt zum Verkauf, sondern wird im Ort gesponnen und verwoben. Die Früchte werden häufig nach Außen, besonders aber die wegen ihrer Schmackhaftigkeit sehr gesuchten Kartoffeln nach Stuttgart abgesetzt. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 50-800 fl. per Morgen. Die sehr ausgedehnte Wiesenfläche, von der nur ein kleiner Theil bewässerbar ist, liefert per Morgen durchschnittlich 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd; die Preise bewegen sich von 200-400 fl. per Morgen.

Die auf der Markung vorkommenden Benennungen „alte Weinberge“ und „unter den Weinbergen“ zeigen die Stellen, auf welchen früher Weinbau getrieben wurde. [1]

Die Obstzucht ist unbedeutend, hauptsächlich sind die Straßen mit Mostobstbäumen besetzt, welche übrigens, namentlich in der Niederung, einen geringen Ertrag abwerfen; dagegen ist auf den umliegenden Höhen der Ertrag namhafter, da hier die Nachtfröste weniger Schaden verursachen.

Die Gemeinde ist im Besitz von etwa 1200 Morgen Waldungen, welche theils mit Laub-, theils mit Nadelhölzern bestockt sind und jährlich 200 Klafter und 12.000 Stück Wellen abwerfen. Hievon erhält jeder Bürger jährlich 1/4 Klafter Holz und 25 Stück Wellen; der Rest kommt zum Verkauf und gewährt der Gemeindepflege eine Einnahme von etwa 2000 fl. jährlich.

Die Weiden wurden schon vor längerer Zeit zu Feldern umgebrochen und in kleinen Theilen in der Weise verpachtet, daß nur die ältern Orts-Bürger im Besitz derselben sind, was der Gemeindekasse etwa 50 fl. jährlich einträgt.

Es werden ziemlich Pferde gehalten, eigentliche Pferdezucht wird aber wenig betrieben.

Von Bedeutung ist die Rindviehzucht, bei der übrigens auf keine besondere Race Rücksicht genommen wird. Es werden 5 Farren, 2 von | der Gemeinde und 3 von den Widdumhöfebesitzern, gehalten. Der Handel mit Vieh ist nicht sehr ausgedehnt.

Die Schafzucht wird von einigen Bürgern, welche die Brach- und Stoppelweide um 8-900 fl. jährlich von der Gemeinde gepachtet haben, ziemlich stark betrieben. Etwa 600 Schafe laufen auf der Markung und 500 auf auswärtiger Weide; sie finden sämmtlich Überwinterung im Ort; die Wolle wird hauptsächlich nach Calw und Kirchheim abgesetzt. Der Pferch trägt der Gemeindekasse jährlich 900-1000 fl ein. Von namhafter Ausdehnung ist die Zucht der Schweine; es werden Mutterschweine gehalten und deren Ferkel häufig auswärts verkauft. Die Bienenzucht wird nur in 44 Stöcken betrieben.

Unter den Gewerbetreibenden sind die Weber am zahlreichsten, welche jedoch nur die gewöhnliche Leinwand verfertigen, deren Verkauf auch nach Außen stattfindet. In den 1/4 Stunde nordöstlich vom Ort gelegenen, feinkörnigen Keuperwerksteinbrüchen finden viele Arbeiter Verdienst.

Die aus diesen Brüchen gewonnenen Steine sind sehr gesucht und werden in der ganzen Umgegend zum Bauen verwendet, überdieß wird noch an mehreren Stellen Muschelkalk gebrochen, den man als Straßenmaterial benutzt.

Im Ort befinden sich 4 Schildwirthschaften, 2 Bierbrauereien, ein Kaufmann und 3 Krämer.

Außer den beträchtlichen Einnahmen aus Wald, Weide etc., besitzt die Gemeinde noch zinstragende Kapitalien, hat jedoch auch einige Schulden zu verzinsen; das Vermögen der Stiftungspflege beträgt etwa 16.000 fl., das des Schulfonds 1200 fl. (S. Tab. III.)

Zur hiesigen Pfarrstelle übte ehemals der Stuttgarter Spital das Nominationsrecht aus, das Consistorium dagegen das Confirmationsrecht; jetzt ist die Ersetzung hiesiger Pfarrei allein von königlicher Nomination abhängig.

Die Grundgefälle, welche von der Markung theils dem Staat, theils dem Hospital Stuttgart zustanden, sind abgelöst oder zur Ablösung angemeldet. Dasselbe ist der Fall bei den Zehenten.

An dem großen Zehenten participirten in verschiedenen Bezirken der Staat (früher theils Kloster Bebenhausen, theils Kloster Herrenalb) zu 5/12, der Hospital Stuttgart zu 6/12 und die Universität Tübingen zu 1/12. An dem kleinen Zehenten gebührten 3/6 dem Staat (früher dem Kloster Bebenhausen), 2/6 der Pfarrei Renningen und 1/6 der Universität Tübingen, welch letzterer Antheil jedoch schon im vorigen Jahrhundert ebenfalls an die Pfarrei gekommen war. Der Heuzehente wurde schon im Jahr 1798 abgelöst; er stand früher dem Kloster Bebenhausen zu 5/9, dem Hospital Stuttgart zu 3/9 und der Universität Tübingen zu 1/9 zu.

| Das Weinzehentrecht hatte ehemals die Pfarrei, später aber erwarb es der Hospital Stuttgart, welcher, da die Weinberge ausgestockt sind, ein Surrogatgeld erhob.

An der nordöstlichen Ecke des Orts stand die ehemalige Burg der Herren von Renningen; die Stelle, an der noch Reste des Burggrabens sichtbar sind, wird „auf der Burg“ genannt. Etwa 1/4 Stunde westlich vom Ort, zwischen Renningen und Malmsheim, lag der längst abgegangene Ort Altheim (villula Altheim juxta Randingen, Cod. Hirs. 55), wo das Kloster Hirschau seit c. 1120 und in den folgenden Jahren wiederholte Schenkungen erhielt (a. a. O., 55, 68, 98). An die Altheimer Felder grenzt eine Flur, welche die Benennung „Kriegsbäum“ trägt und südöstlich von dieser liegt die „Schelmenegart“, was auf ein ehemaliges Leichenfeld hindeutet. Etwa 1/2 Stunde nordwestlich von Renningen befindet sich der in Stein gefaßte, nie versiegende „Oberbrunnen“; hier soll nach der Sage ein Ort „Ober-Renningen“ gestanden haben, von dem man schon Grundreste entdeckt haben will. Ein alter, gerader Weg verbindet diese Stelle mit dem abgegangenen Altheim.

Renningen, zuerst Randingen, sodann Rendingen geschrieben, erscheint um’s Jahr 1120 im Schenkungsbuch des Klosters Hirschau (Cod. Hirs. 55), an welches um 1130 Walther von Rottenburg eine hiesige Mühle und einen Wald vergabte (ebendaselbst 75). Die ersten urkundlichen Besitzer des Orts sind die Grafen von Hohenberg, wenigstens Graf Rudolph von Hohenberg im Anfang des 14. Jahrhunderts. Man kann vermuthen, zumal da Rottenburg den Grafen von Hohenberg gehörte, und einzelne Glieder der Letzteren sich auch von Rottenburg schrieben, so habe obiger Wäscher als hohenbergischer Vasall seinen hiesigen Besitz gehabt und den Ahnen der Grafen von Hohenberg habe schon im Anfang des 12. Jahrhunderts oder noch früher wenigstens ein Theil von Renningen gehört.

Graf Rudolph von Hohenberg überließ im Beginn des 14. Jahrhunderts das Dorf an Reinhard von Neuenbürg, dem König Albrecht zu lieb, welcher mit diesem Reinhard in einem Tausch begriffen war. König Albrecht entschädigte sofort den Grafen am 11. November 1307 mit 200 Mark Silbers und verpfändete ihm bis zu deren Bezahlung 30 Mark Silbers jährlich von des Reichs Ungelt in Rottweil. Nach kurzem Besitz überließ genannter Reinhard schon den 2. März 1310 „das Dorf ze Rendingen“ sammt dem Kirchensatze an den Grafen Eberhard von Württemberg, welcher am 13. Dezember 1318 noch besonders einen hiesigen Hof und das bereits erwähnte Altheim vom Kloster Hirschau erkaufte.

Auch nach dem erwähnten Verkauf Graf Rudolph’s von Hohenberg | behielt indeß seine Nachkommenschaft noch die Lehensoberherrlichkeit über einen hiesigen Hof. Am 5. Juni 1376 verlieh ein jüngerer Graf Rudolph von Hohenberg einen solchen an Gerlach Bochteler, Hansen Sohn (Stuttgarter Staatsarchiv, Stift Sindelfingen). Als im Jahr 1381 die Herrschaft Hohenberg an Österreich verkauft wurde, ging auch diese Lehensherrlichkeit an Österreich über. Herzog Friedrich der ältere von Österreich wollte am 15. Juni 1425 den Hof an Hans Amman von Rotenburg verleihen (Lichnowsky, Geschichte d. Hauses Habsburg 5. Regg. Nr. 2259), dagegen geschah mit Erfolg Einsprache von Seiten Hans Bochtelers zu Weil, worauf Friedrich den 6. Juni 1429 Albrecht Bochteler belehnte. Später übergaben Hans und Peter Bochteler, behufs der Stiftung einer ewigen Messe, den Hof, welcher noch immer als zur Herrschaft Hohenberg gehörig aufgeführt wurde, an den Chorherrn Conrad Widmann von Sindelfingen, welcher ihn am 6. Juni 1455 von dem Erzherzog Albrecht geeignet erhielt.

Von Renningen schrieb sich ein Adelsgeschlecht, welches die bereits erwähnte Burg besaß. Die ältesten bekannten Glieder sind Friedrich von Randingen, zuerst in einer Urkunde vom 24. April 1266 genannt; ihm erlaubt Graf Ulrich von Tübingen am 23. Juli 1272, seinen Theil am Zehenten zu Darmsheim dem Stift Sindelfingen zu verkaufen; 1/8Zehenten, gleichfalls in Darmsheim, veräußerte laut Urkunde vom 27. Dezember 1272 Godefridus de Rendingen dictus de Rothe an das Stift Sindelfingen. Andere frühe vorkommende Glieder dieser Familie führten die Namen Werner, Kraft, Conrad.

Zu verschiedenen Zeiten waren hier auch begütert: die von Höfingen (sie trugen zeitweise von Württemberg zu Lehen 1/3 großen und kleinen Zehenten), die Maiser, die von Malmsheim, von Neuneck, von Neuhausen (besaßen hiesige, später an das Kloster Bebenhausen veräußerte Laienzehenten), von Nippenburg, von Pfahlheim, von Ringingen.

Von Klöstern machte hauptsächlich das Kloster Bebenhausen seit 1277 zu verschiedenen Zeiten hier Erwerbungen; im genannten Jahre erhielt es durch Schenkung Eberhards von Ringingen dessen hiesigen Zehenten aus drei Höfen, im Jahr 1458 erkaufte es den oben erwähnten höfingischen Antheil des hiesigen großen und kleinen Zehenten nebst dem Kornhaus für 1020 fl. von Hans Truchseß von Höfingen.

Württemberg machte einzelne Ankäufe noch in später Zeit; im Jahr 1384 erwarb Graf Eberhard von Württemberg von Wolf Maiser, Schwigger Maisers sel. Sohn von Malmsheim, die Güter zu Renningen, welche dieser Wolf Maiser von seinem Bruder Pfaff Schwigger sel. Kirchherrn daselbst ererbt hatte (Steinhofer 2, 446); im Jahr 1495 erkaufte Graf Eberhard der ältere von Hans von Neuneck seinen Theil an dem Burgstall | zu Renningen, an dem Balthasar’s Wald, an Ungeld, Zehenten, Äckern, Wiesen und anderen Einkünften, wie ihm dieser von Pfosten von Neuneck erblich angefallen war (Sattler, Grafen 4, 34); im Jahr 1602 erwarb Herzog Friedrich für 1000 fl. von Martin von Nippenburg sein 1/4 des Ungelds nebst anderen Gefällen.

Bereits im Anfang des 15. Jahrhunderts bestunden hier, neben der Pfarrei, zwei Frühmessereien (Würdtwein, Subsid. 10, 340). Die Kirche übergaben die Grafen Ludwig und Ulrich, Gebrüder von Württemberg, den 24. November 1441 dem Spital zu Stuttgart, zu dessen Entschädigung für die vielen Wiesen, welche sie ihm zur Anlegung des See’s in Stuttgart weggenommen hatten. Der Spital incorporirte dieselbe im Jahr 1445.

Eine Gemeinde-Parzelle von Renningen ist der in einem abgeschiedenen Markungstheil (1092 M.) befleißende, der Familie v. Vischer gehörige Ihinger Hof. Die Hofgebäude sind auf der Hochebene 1/2 Stunde südwestlich von Renningen und 1 Stunde östlich von Weil der Stadt, zunächst der von Stuttgart über Magstadt nach Weil der Stadt führenden Vicinalstraße gelegen. Der sehr ansehnliche Hof besteht aus 3 Wohngebäuden und 13 meist großen Ökonomie- und Stallgebäuden, welche zwei namhafte Hofräume nebst einem schön angelegten Garten einschließen; inmitten derselben befindet sich ein in städtischem Style erbautes zweistockiges Wohngebäude mit Thürmchen und Uhr. Am östlichen Ende des Hofs, wo sich noch ein kleiner Begräbnißplatz befindet, stand früher auch eine Kirche.[2] Gutes Trinkwasser liefern ein laufender und zwei Pumpbrunnen; überdieß sind noch drei Wetten angelegt. Bei der hohen freien Lage des Hofs ist die Luft etwas rauh, aber gesund, und die Aussicht, besonders südlich von den Hofgebäuden, sehr ausgedehnt. Der Boden besteht im Allgemeinen aus einem sandigen, mit einigen Procenten Kalk gemischten Lehm, dem theils die Lettenkohlengruppe, theils der Hauptmuschelkalk zur Unterlage dienen.

Der, von dem verstorbenen Besitzer, Rittmeister von Vischer, rationell eingerichtete landwirthschaftliche Betrieb des Guts ist ausgezeichnet und wirkt auch durch sein Beispiel vortheilhaft auf die Umgegend. Der Ackerbau wird in 9 Schlägen, von denen jeder etwa 50 Morgen beträgt, nach folgender Rotation getrieben: 1) Hackfrüchte (Kartoffeln, Rüben, Kraut), 2) Sommerfrüchte (Gerste, Hafer), 3) dreiblätteriger Klee, 4) Dinkel, 5) Wickenfutter, 6) Dinkel, 7) reine Brache, 8) Reps und 9) Dinkel. Außer diesen 9 Schlägen bestehen noch etwa 80-100 Morgen Außenfelder, welche keinem regelmäßigen Fruchtumlauf unterworfen | sind, sondern abwechselnd mit Luzerne angebaut oder als Schafweiden benützt werden, jedoch später wieder unter den Pflug kommen. Als Ackerwerkzeuge sind der flandrische Pflug, die gewöhnliche flandrische Egge, die dreireihige Repssäemaschine nebst Häufel- und Felgpflügen im Gebrauch; die Trocknung der Futterkräuter geschieht an Heinzen. Auf den Morgen Acker rechnet man im Durchschnitt Aussaat 7 Sri. Dinkel, 3 Sri. Roggen, 41/2 Sri. Hafer, 31/2 Sri. Gerste, 5 Sri. Ackerbohnen, 1/8 Sri. Reps und 1/16 Sri. Mohn; der durchschnittliche jährliche Ertrag wird per Morgen zu 11 Schfl. Dinkel, 4 Schfl. 4 Sri. Roggen, 8 Schf. 4 Sri. Hafer, 5 Schfl. Gerste, 7-8 Schfl. Ackerbohnen, 51/2 Schfl. Reps und 3 Schfl. Mohn angegeben.

Die Wiesen, von denen der Morgen durchschnittlich 20-25 Ctr. Heu und 10-12 Ctr. Öhmd ertragen, können wegen der hohen Lage nicht bewässert werden.

Die Obstbaumzucht ist sehr ausgedehnt und einträglich; feineres Tafelobst wird nicht gepflegt.

Zu dem Hofgut gehören 323 Morgen Waldungen, deren durchschnittlicher jährlicher Ertrag zu 900-1000 fl. angegeben wird.

Eigentliche Pferdezucht findet nicht statt, dagegen ist die Rindviehzucht ausgezeichnet und dehnt sich gegenwärtig auf 20 Stücke Ochsen und Stiere, 40 St. Kühe und 30 St. Jungvieh (unter 2 Jahren) aus. Früher wurde die Rigirace gezüchtet, gegenwärtig wird aber eine Kreuzung von Rigi-Kühen und einem Berner Farren mit ausgezeichnetem Erfolg versucht. Die Zuchtstiere, deren 2 auf dem Hofe stehen, sind Schwarzschecken aus dem Berner Oberland. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.

Die Milch wird (gegenwärtig zu 3 kr. die Maas ) an den Speisemeister, der eine Käserei und Wirthschaft betreibt, abgegeben; es werden sowohl Schweizer- als Backsteinkäse bereitet und meist im Inland abgesetzt.

Die Schafzucht ist sehr namhaft und dehnt sich auf etwa 800 Stück feinere Bastarde aus, deren Wolle zu 100-120 fl. per Ctr. meist auf dem Hofe selbst verkauft wird.

Um's Jahr 1170 wird Ihingen erstmals genannt, als das Kloster Hirschau hier ein Gut erhielt, welches ihm 1 Pfund und 5 Schilling jährlich eintrug (Cod. Hirs. 90), auch sonst erhielt er noch durch die Mildthätigkeit Bertolfs von Waltorf und seines Bruders Erpho drei hiesige Huben (ebendaselbst 98).

Im Jahr 1478 erscheint Ihingen als der Herrschaft Württemberg Eigenthum und derer von Weil der Stadt Lehen, in einem deßwegen abgeschlossenen Vertrage vom 20. Juli (Reyscher, Stat. Recht 595).

| Ein württembergischer Lehenbrief für Weil der Stadt ist vom 11. Okt. 1379 (Scheffer 32).

Andreä’s Landbuch von 1744 sagt: „davon gehören nur einige Äcker zur Magstädter Collectation als auf deren Markung liegend, sonst aber gehört dieser Hof mit allen niedergerichtlichen Juribus dermalen dem Baron von Leiningen, die hohe Jurisdiction aber gehört Württemberg zur Vogtei Böblingen."

Weil der Stadt verkaufte den Ort zu Bestreitung der schwedischen Satisfactionsgelder (im Betrag von 8100 fl.) im Jahr 1649 für 5500 fl. (s. unten bei Weil der Stadt) an den württembergischen Oberlandrath Heinrich Achilles von Bouwinghausen von Wallmerode (Gehres, Weil 21). Von der Tochter des Letzteren, einer vermählten von Donopp, ging der, zu 18.000 fl. angeschlagene Hof sofort auf deren drei Töchter über, worauf der Gemahl einer derselben, Mor. Sigf. v. Leiningen, seinen beiden Schwägerinnen zwei Drittel des Anschlags hinausbezahlte und dadurch (1650) alleiniger Besitzer des Gutes wurde; er steuerte zum ritterschaftlichen Canton Neckar-Schwarzwald (Röder, Suppl. 327). Von den Erben des Herrn v. Leiningen, nämlich von den Schwestertöchtern desselben, oder deren Erben von Gaisberg, von Göllnitz und von Troyst, erkaufte im Jahr 1809 der Vormünder des Kaufmanns Gustav Leonhard Vischer in Calw das Gut. In Folge dieses Besitzes wurde Vischer sofort im Jahr 1814 in den Adelsstand erhoben und im Jahr 1817 in die württembergische Ritterschaft aufgenommen. Er starb im Jahr 1837 als württembergischer Rittmeister a. D. Seine Erben sind die gegenwärtigen Besitzer des Hofes.

Wie erwähnt, gehört der Ihinger Hof ursprünglich zur Vogtei Böblingen, von welcher er in herzoglichen Zeiten mit Malmsheim, als dieses wieder mit dem Oberamt Leonberg vereinigt wurde, an letztes Oberamt gelangte; seit 1851 ist er eine Theilgemeinde von Renningen. Es bestund hier im 15. Jahrhundert eine eigene Kirche, welche laut Mandat Papst Pius II. vom 31. Januar 1461 an Sigfried von Renningen, Probst zur heiligen Dreifaltigkeit in Speyer, der Kirche Weil der Stadt incorporirt wurde (Stuttg. Staatsarch. Kl. Hirschau).

Im vorigen Jahrhundert wollte die Pfarrei Magstadt den Filialverband des Ihinger Hofs zu Magstadt geltend machen; die Besitzer desselben, Herren von Leiningen, erkannten ihn aber nicht an, sondern hielten sich bei amtlichen Pfarrgeschäften bald an diese, bald an jene Pfarrei. Seit 1814 ist der Hof der Pfarrei Renningen zugetheilt, von der Theilnahme an den Kirchen- und Schulbau-, Pfarraufzugs- und Vicariatskosten aber bestimmt freigesprochen.


  1. Das Landbuch von 1624 erwähnt einer Kelter zu Renningen.
  2. Im Jahr 1825 ist die Kirche vollends eingefallen.
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