Beschreibung des Oberamts Mergentheim/Kapitel B 15
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Der hübsche wohlhabende Ort liegt freundlich auf der rechten Seite eines hier beginnenden nördlich in die Steinach ziehenden Thälchens. Seine stattlichen Bauernhäuser, namentlich die neuen, sind meist aus Stein erbaut, und zwar bezieht man die Steine aus den großartigen auf der Markung liegenden Lettenkohlensandsteinbrüchen.
Die im Jahr 1796 auf Kosten des Königs von Preußen durch Landbaumeister Vorherr (s. u.) erbaute Kirche hat gegen Osten einen unten herauf noch alten Thurm; man sieht an ihm noch vermauerte Doppelfenster im Übergangsstil. Die Bögen schon spitz, mit einem Rundloch dazwischen. Der Thurm wird gegen oben neu, achteckig und endigt in ein Zeltdach, und besitzt drei merkwürdige Glocken. Auf der ersten gothisch verzierten steht: Anno domini 1439 magister conradus gnoczhamer me fusit. ave maria.
Auf der zweiten, auch gothisch verzierten Glocke steht: Aus dem feuer ich flos christof glockengiesser zu nurinberg mich gos anno 1604.
Auf der dritten steht: anno 1433. pulsanttis apperi michi collumba mea (aus einem Vers aus dem Hohelied, 5, 2.).
Derselbe Conrad Gnoczhamer oder Gnocihamer (in Nürnberg) goß 1440 die große Glocke in Maulbronn, 1441 die in Mergentheim, ebenso um diese Zeit Glocken für andere Orte unseres Landes.
Der freundliche an der Kirche gelegene Friedhof ist mit schönen Denkmälern geschmückt, darunter das von Vorherrs Vater, † 1820. Das 1724 erbaute Pfarrhaus ist vom Staat zu unterhalten, die Kirche von der Stiftungspflege.
Das Schulhaus, vom Jahr 1839, enthält auch die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath. Ein Schafhaus und eine Gemeindescheuer bestehen.
Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend 27 Pump- und 2 Schöpfbrunnen im Ort, in Erdbach 8 Pump- und 2 Schöpfbrunnen, in Schön 10 Pump- und 3 Schöpfbrunnen; auch die | Markung ist quellenreich, dann fließt durch den Mutterort ein Bach ohne Namen, der jedoch nur durch den Regen gespeist wird. Einige Weiher, darunter einer mit Karpfen, bestehen noch; zwei zwischen hier und Frauenthal, der „See“ und der „alte See“, sind jetzt eingetrocknet und in Acker- und Wiesengrund verwandelt (s. auch bei Frauenthal).Vizinalstraßen gehen von hier nach Creglingen und Frauenthal; auch sind verschiedene kleinere Brücken und Stege auf der Markung.
Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind gut; die vermöglichsten Bauern besitzen 60–140 Morg., der Mittelmann 15–50 Morg., die ärmere Klasse 3–15 Morgen; die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und Gewerben. In Freudenbach besteht eine Schildwirthschaft und eine Bierbrauerei mit Schildwirthschaft, in Erdbach eine Schildwirthschaft mit Ziegelei. Ein Krämer und ein Wetzsteinhändler sind vorhanden; am stärksten vertreten ist das Steinhauergewerbe und arbeitet auch nach außen; so befaßt sich Steinhauer Keller in Erdbach mit Fertigen von Grabsteinen.
Die ziemlich große Markung hat einen meist aus Lehm und Sand gemischten, mittelfruchtbaren, milden, wiewohl nicht tiefgründigen Boden. Die auf der Markung liegenden berühmten 6 Steinbrüche und ein weiterer bei Erdbach mit Lettenkohlensandstein, 50–60 Fuß tiefen Felsen, liefern weithin Bau- und Schleifsteine (z. B. schon zum Ansbacher Schloß) und bilden eine besondere Einnahmsquelle des Orts. Auch Kalksteinbrüche sind vorhanden.
Das Klima gehört zu den mittleren, schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel treten öfters ein; seit einigen Jahren mehr Hagelschlag als früher, auch fehlt es nicht an Gewittern, doch fürchtet man sie wenig, wenn sie von Westen herkommen, weil sie dann gerne rechts oder links abschwenken und keinen Schaden bringen; starken Winden ist die hochgelegene Gegend häufig ausgesetzt.
Die Landwirthschaft wird fleißig betrieben; durch Kompost, Asche und Führen von gutem Boden von den Wiesen auf die Äcker wird der Boden zu verbessern gesucht; die Düngerstätten sind meist noch alten Stils. Man pflanzt Weizen, Dinkel, Haber, Gerste, Wicken, Erbsen, Linsen; Gerste und Haber sind vorherrschend, dann Kartoffeln und Flachs; der Futterkräuterbau ist bedeutend, darunter verschiedene Kleearten (auch schwedischer) | und Esparsette. Nach außen können noch Früchte verkauft werden. Der Wiesenbau ist mittelmäßig, das Futter gut; die Wiesen sind durchgängig zweimähdig. Der Obstbau ist nicht unbedeutend und im Zunehmen, Frühlingsfröste schaden öfters, namentlich im Thälchen. Eine Gemeindebaumschule besteht und ein Baumwart ist aufgestellt.Die Gemeinden Freudenbach und Erdbach besitzen zusammen 90 Morg. Laubwald, was jährlich eine Einnahme von 200 bis 300 fl. sichert. Freudenbach bezieht aus Grundstücken 18, Erdbach 23 fl. Pachtgeld.
Die Pferdezucht ist unbedeutend, Pferdehaltung etwas besser; die Rindviehzucht dagegen gut und ausgedehnt, man hält den Heilbronner Schlag und hat auf Gemeindekosten einen Farren aufgestellt; die Mastung ist ziemlich stark.
Hiesige Bürger lassen Sommer und Winter gegen 400 Stück Bastardschafe auf Freudenbacher, auf Erdbacher 200 Stück laufen; junge Schafe werden nach außen verkauft. Schweine werden meist zum eigenen Bedarf aufgemästet und nur wenige nach außen abgesetzt; ebenso ist es mit der Geflügelzucht.
Es besteht die Vorherr’sche Stiftung, gestiftet von † Baurath Dr. Vorherr in München mit 500 fl., jetzt 1900 fl. betragend; bis jetzt werden die Zinsen zum Kapital geschlagen und nur 10 fl. jährlich an die Ortsarmen vertheilt.
Auf der Markung Schön liegt die sog. alte Schön, an deren Stelle früher der Weiler Schön gestanden habe; man findet noch Gebäudeschutt und einen guten Brunnen, der in trockenen Zeiten den Einwohnern des jetzigen Schön ihr Wasser liefert.
In dem südostlich vom Ort gelegenen Staatswalde Eisenbach wurde im Jahr 1841 ein geöhrter Steinhammer aus Serpentin gefunden (jetzt im K. Münz- und Alterthümerkabinet in Stuttgart); es finden sich dort auch noch Reste von Grabhügeln, die jedoch kaum mehr bemerkbar sind, und alte Ackerbeete.
Die Kirche wurde am Anfang des 14. Jahrhunderts dem Stift Haug in Würzburg inkorporirt; 1341 Archshofen von dem Verband mit ihr gelöst. Der Reformation fiel die Gemeinde frühe zu. Der Markgraf duldete den Pfarrer Niklas Trub wegen unpriesterlichen Lebens und Wesens nicht, schickte ihn 1525 gefangen an den Bischof nach Würzburg und verwies, als dieser ihn losließ, denselben des Landes. Da auch der Pfarrverweser, (Heinr. Neubauer?) bei der alten Meinung und Weise bleiben, das Pfarrvolk aber christlicher Lehre nachfolgen wollte, und da jener, merkend, daß er auf der Pfarrei nicht bleiben werde, alle Früchte an sich brachte und wegführte, bat die Gemeinde 1525 den Markgrafen um Fürsorge, daß der christliche Pfarrer, den sie auf Petri Stuhlfeier (22. Februar) erwarte, bis zur Ernte zu leben habe. (Nürnb. Kreisarch.)
Weitere Pfarrer: Joh. Lautenbach 1531. Nikol. Breusinger 1564. Joh. Schneider, vorher Diak. in Ansbach 1588; M. Ge. Meusel 1602. Theodos. Braun 1612. Joh. Roschius 1621. Joh. Keiner 1630. Marius Otter 1635. Joh. Kasp. Rohrbach 1638. Matth. Deckinger 1646. Wilh. Landmann (s. Creglingen) 1650. Joh. Wolf 1653. Joh. Sam. Esenbeck 1662. Joh. Kon. Kohn 1693. Paul Sauracker 1726. M. Joh. Christof Ammon 1748. Fried. Dan. Jonath. Ammon 1788. Christof Ferd. Lackorn 1813. Joh. Jak. Christof Wiedemann 1826. M. Fried. Gottli. Hochstetter 1838. Ge. Wilh. Beck 1868. Emil Schoder 1878.
In Freudenbach ist 19. Oktober 1778 geboren, als Sohn eines Ansbach’schen Landbaumeisters, der Architekt Gustav Vorherr. Derselbe studirte in Berlin und Paris Baukunst, bereiste Deutschland, die Niederlande, Frankreich und England, baute Mehreres in Oberhessen und Kurhessen, bis er 1810 Bauinspektor, später Baurath in München wurde. Hier gründete er eine Baugewerkschule, redigirte auch eine Monatsschrift, hauptsächlich zur Verbreitung seiner vielfach anerkannten Ideen über Landesverschönerung nach allen Richtungen des Hoch-, Feld- und Gartenbaus. Vorherr ist in München 1. Oktober 1848 gestorben. (Seubert, Allgem. Künstlerlexikon. 2. Aufl. 1879. III. 534.)
1286. Jutha genannt Strezin verleiht, mit Zustimmung ihrer Tochter Irmengardis, das Patronatsrecht auf die Pfarrkirche Vrithenbach im Kapitel Iphoven dem Ritter Heinrich Strezen. Arch. f. U.Fr. XXI, 3, 19.
1309. Albert v. Hohenlohe und Alheidis, dessen Ehefrau schenken dem Stift St. Johannis in Haug zu Würzburg das gesammte Patronatsrecht und Bischof Andreas schenkt die Pfarrkirche dem Stift zur Aufbesserung seiner Präbenden. Ebend. 27 f.
1330. Das Stift Haug vergleicht sich mit dem ständigen Verweser der Pfarrkirche Freudenbach, Tyrolf, daß er einen Theil und das Stift zwei Theile der kirchlichen Abgaben zu zahlen habe. Ebend. 43.
1335. 1341. 1360. s. Archshofen.
1402. Das Frauenkloster zu Rothenburg verkauft verschiedene Zinsen und Gilten in Freudenbach und Schirmbach. St.A.
1403. Zu der Herrschaft Brauneck-Creglingen, welche an Margarete, die Tochter des letzten Hohenlohe-Brauneck, Gattin des Grafen Heinrich v. Schwarzburg fällt, gehört auch Freudenbach. Wib. 1, 146.
1407. Stadt Rothenburg nimmt Friedrich Ebe, Chorherrn zu Herrieden, mit der Pfarrei Freudenbach in ihren Schutz. St.A.
1451. Ablaßbrief des päbstlichen Kardinallegaten in Deutschland für die Pfarrkirche St. Blasii in Freudenbach. St.A.
1503. Kunz Weinmann der Alt vermacht dem heiligen Blasius (der Ortskirche) zu einem Jahrestag einen Weingarten, heißt der Goffelon, wovon Kloster Frauenthal jährlich 2 Gulden die elenden Seelen (Armenpflege) 1 fl., der Pfarrer 20 Schill. jährlich erhalten sollen. Schönh. Cregl. 110.
1507. Hans Schreiner und seine Hausfrau stiften einen Jahrestag mit einem Holz, „leit (? liegt) an der Nutzung“; der Pfarrer soll noch einen Priester dazu nehmen und der Gottesmeister beiden ein Ort (Viertel) eines Gulden dafür geben. Ebend.
1510. Jörg Keßler und seine Frau vermachen für einen Jahrstag 10 gute rheinische Gulden. Ebend. 111.
1514. Hans Geyder und Frau ebenso 15 Gulden. Ebend.
1520 „hat Heinrich Neubauer die Pfarr versehen, unbewußt anjetzo, von wem er bestellt gewesen. Hat nach Aussag alter Leute nicht mehr päpstisch gepredigt, das hl. Abendmahl in zweyer Gestalt gereicht, doch etliche alte Ceremonien behalten, hat auch im Ehestand gelebt und Kinder gezeugt.“ Ebend. aus dem Pfarrbuch von 1565.
1525. April 10. (?) Markgraf Kasimir von Brandenburg stellt vom Lager zu Rothenburg aus den flehentlich bittenden Freudenbachern, welche am Aufstand sich betheiligt hatten, einen Schutzbrief aus. Ebend. 116. Vgl. Fries, Gesch. d. Bauernkr. 47.
1534 „ist die Reformation von gnädigster Herrschaft v. Brandenburg völlig vorgenommen und Hr. Joh. Lautenbach zum ersten evang. Pfarrer introducirt worden“. Ebend. 112.
| 1554. s. Archshofen.1557. Die Pfarrei erwirbt Summarien über das Alte und Neue Testament für 1 Gulden 1 Ort (Viertel). Nürnb. Kreisarchiv.
1573. s. Archshofen.
1638–1641 u. 1645 f. Das Dorf ist gänzlich verlassen; Pfarrer und Schultheiß amten in Creglingen. Ebend. 118.
1677. Ein Kürassierregiment unter Oberstlieutenant Graf v. Styrum zu Freudenbach im Winterquartier. Ebend. 119.
1693. Ebenso ein Bayreuthisches Kürrassierregiment. Ebend.
1713. Der Blitz beschädigt stark den Kirchthurm und die Kirche. Ebend.
1718. Die Kirche erhält eine neue Orgel. Ebend. 120.
1796. Die Kirche wird neu gebaut.
Der Weiler Erdbach liegt mit seinen schönen Bauernhäusern 3/4 Stunden westlich vom Mutterort.
Erdbach, alt auch Erbach, (so ist bei Erbach im Odenwald ein Erdbach, schon 1095 Ertbach genannt, der eine Strecke unter der Erde hinfließt. Förstemann, Altd. Namenbuch II. 2. A. 526.), hatte vielleicht eigenen Adel und wird später unter den Brauneckschen Erbgütern, welche 1448 an Brandenburg-Ansbach kommen, ausdrücklich genannt.
1206 ? Gernodus de Ertbach Zeuge in einer Kloster Bronnbacher Urkunde. O.R. 2, 299.
1214. Fridericus de Ertbach desgleichen. Ebend. 301.
Der weithin sichtbare Weiler Schön ist eine starke halbe Stunde südwestlich von Freudenbach auf der Höhe über dem Steilrand des Tauberthales gelegen.
Schön, alt „die Schön, zur Schön“, wohl von der schönen Lage, ist Hohenlohisches, später Ansbachisches Lehensgut, vom 16. bis ins 18. Jahrhundert im Besitz der Archshofer Adelsfamilie Lochinger. Die Fraisch (Kriminalgerichtsbarkeit) und der Hirtenstab (Gerichtsbarkeit über Weide und Trift) waren Rothenburgisch, die Rothenburgischen Unterthanen nach Kammergerichtsurtel von 1572 wegen des Weins zollfrei.
1536. Fritz Lesch hat als Hohenlohe-Hohenlohisches Lehen die Äcker, die da liegen „zu der schön“. Hoh. Arch. 1, 353.
1528. s. Archshofen.
1638. s. Archshofen.
1724. In dem Weiler Schön besitzt eine Frau v. Winzingerode, Witwe eines Lochinger, einen Garten mit Häuschen. Schönh. Cregl. 107.
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