Beschreibung des Oberamts Mergentheim/Kapitel B 19
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Das vereinigte, 1869 erweiterte Rath- und Schulhaus enthält auch die Wohnung des Schulmeisters; außerdem besteht noch ein Armenhaus und ein Schafhaus.
Dann ist zu bemerken das Gasthaus zum Schwanen, ein schloßartiges großes, ganz von Stein mit Renaissancefenstern und zwei Renaissancegiebeln mit Obelisken errichtetes Gebäude, mit schönem Portal, und ausgedehnten Ökonomiegebäuden hinter sich. Hier soll Türenne sich aufgehalten haben.
Trinkwasser liefern 23 Pump- und ein Schöpfbrunnen; in trockenen Jahrgängen tritt zuweilen Wassermangel ein, es muß dann zur Bierbrauerei der Gebr. Wunderlich von einem Brunnen auf Althollenbacher Markung, etwa eine Viertelstunde weit, herbeigeführt werden. Einige Wetten sind angelegt; an einem der steinernen Ziehbrunnen im Ort steht die Jahreszahl 1757. Die Markung selbst ist quellenarm.
Die Staatsstraße, auch hohe Straße, Kaiserstraße genannt, von Mergentheim nach Crailsheim geht über den Ort. Alte Steinkreuze stehen in ihrer Nähe vor Herbsthausen am Feldweg, der von Adolzhausen her kommt, und wieder, schon außerhalb der Markung, da wo die Straße nach Wachbach abgeht.
Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind gut, der größte Grundbesitzer hat 95 Morgen Feld und 18 Morgen Wald, der Mittelmann 40 Morgen Feld und 6 Morgen Wald, die ärmere Klasse 10 Morgen Feld und 2 Morgen Wald; auf angrenzenden Markungen besitzen hiesige Bürger etwa 500 Morgen Güter. Die Haupterwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht, die Gewerbe sind wenig vertreten, zwei Schildwirthschaften, eine Bierbrauerei mit Wirthschaft verbunden und ein Kramladen bestehen.
Die nicht große Markung hat einen theils fruchtbaren, theils mittelfruchtbaren Boden, worauf sämmtliche Getreidearten gut gedeihen; das Klima ist ziemlich rauh, Frühlingsfröste und kalte Nebel sind selten und richten, wenn sie vorkommen, wenig Schaden an; bei der hohen Lage ist die Gegend starken Winden ausgesetzt, Hagelschlag nicht häufig. Die Landwirthschaft ist in sehr gutem Zustand und wird mit großem Fleiß betrieben; durch Gips, Kompost, Asche und Aufführung von Dammerde wird der Boden zu verbessern gesucht; die Brabanter Pflüge sind am | häufigsten. Verbesserte Ackergeräthe, darunter viele Futterschneidmaschinen und 7 Dreschmaschinen, sind im Gebrauch. Man pflanzt ziemlich gleichmäßig Roggen, Weizen, Dinkel, Gerste und Haber, und kann noch nach außen verkaufen. Der Futterkräuterbau ist von Bedeutung, ebenso der Wiesenbau, das Futter großentheils gut; die Wiesen sind meist zwei-, wenige auch dreimähdig. Auch die Obstzucht, rauhere Sorten, ist im Zunehmen. Ein Baumwart wurde von der Gemeinde aufgestellt.Aus der Brach- und Stoppelweide nimmt die Gemeinde jährlich 650 M., aus der Pferchnutzung 1200 M. ein, dann aus verpachteten Güterstücken 333 M.
Die Pferdezucht (Landrace) wird wenig betrieben und nimmt ab; Arbeitspferde werden ziemlich viele gehalten. Die Rindviehzucht ist in gutem Zustand und besser als in manchen anderen Orten, man hält eine Kreuzung von Neckar- und Simmenthaler-Schlag und hat einen Farren von ersterer Race aufgestellt. Die Viehmastung ist bedeutend, der Absatz geht meist an Händler in der Gegend von Mannheim.
Ein Ortsschäfer und Privatleute lassen jährlich 300 Bastardschafe auf der Markung laufen. Schweinemastung und Geflügelzucht (Gänse und Hühner) ist nicht von Belang.
An die Schlacht von Herbsthausen (s. S. 293 ff.) knüpfen sich verschiedene Flurnamen und Sagen, auch sieht man im Wald rechts von der Heerstraße, von Herbsthausen nach Riedbach, die Überbleibsel, Gräben und Wälle des Türenn’schen Lagers. Flurbenennungen sind der „buchene Stock“, der noch gezeigt wird: hier habe Türenne beim Beginn der Schlacht seinen Stock in die Erde gesteckt. Später schlug dieser aus und ward zum Baum und als er alt und morsch wurde, setzte man einen frischen, der noch lustig fortwächst. Unweit, südwestlich davon, war der „spitzige Baum“, worunter Türenne bei der Schlacht gestanden sei, der aber vor einigen Jahren ein Raub der Flammen wurde. In der Richtung von Nordwest nach Südost führt die sog. Kaiserstraße (s. o.) über die Markung.
Herbsthausen, alt Herewigeshusen = zu den Häusern eines Herewig, Herwig, erscheint von Anfang an (wohl als Reichslehen, worauf die Benennung Kammerforst 1219 weist) im Besitz der Herren von Hohenlohe, welche den Wald Kammerforst 1219 und Gilten im Ort 1313 an den Deutschorden abtraten.
In Herbsthausen ist 21. Septbr. 1719 geboren Johann Friedrich Mayer, welcher sich als Pfarrer von Kupferzell 1745–1798 um die Weiterbildung der Hohenlohischen Landwirthschaft durch Schrift und Beispiel sehr verdient machte. Schwerz hat ihn den Apostel des Gipses genannt, weil er, durch Wahrnehmungen auf den an die Straße nach Waldenburg grenzenden Feldern belehrt, nicht ohne Kampf gegen thörichte Vorurtheile dieses Düngungsmittel einführte. Durch ihn wurde der Kleebau, sowie der Anbau der Kartoffeln und Futterrüben in Hohenlohe heimisch: Kupferzeller Angersen, zu welchen Mayer Samen direkt aus England kommen ließ, waren vielleicht die ersten in Deutschland. Von Kupferzell aus, wo Mayer die Stallfütterung eingeführt, verbreitete sich diese rasch über das ganze Land; die Viehzucht und der Handel mit Mastvieh bis nach Paris nahm außerordentlichen Aufschwung. (Fischer, Hohenlohische Geschichte I, 2, 82 f. Boger, Beschr. d. OA. Öhringen 253.)
1219. Heinrich und Friedrich v. Hohenlohe übergeben bei ihrem Eintritt in das DO.shaus zu Mergentheim diesem mit andern Gütern auch den Wald Kameruorst bei Herewigeshusen. U.B. 3, 95.
1313. Konrad v. Hohenlohe und seine Ehefrau Elsbeth verkaufen an DO. Gilten zu Herewigshausen und anderen Orten. W. F. 1848 II. S. 12.
14. Jahrh. Unter dem Siegel Ulrichs v. Brauneck verkaufen Vasold v. Hollenbach armiger und seine Ehefrau Greta dem Pfarrer Friedrich in Hohbach ihren Gilthof zu Herewigeshusen um 30 Pfd. Hllr. (B.)
1428. Herbsthausen zählt 22 Haushaltungen. W. F. 6, 492.
1470 s. Adolzhausen.
1577. Die Gemeinden Adolzhausen und Herbsthausen bitten um einen Schulmeister (s. Adolzhausen.)
1588 wird ein Schulmeister Joh. Merz genannt. W. F. 6, 492.
1591 behauptet die Gemeinde, Herbsthausen und Adolzhausen seien, ehe sie Hohenlohisch geworden, freie Dörfer gewesen und haben die Bürger auf ihrer Markung freie Birsch gehabt. W. F. 6, 492.
1617. Kaiser Matthias ertheilt Hohenlohe ein Privilegium über die Zollerhöhung zu Herbsthausen. Wib. 1, 10.
1645. Schlacht bei Herbsthausen. (Siehe oben S. 293 ff.)
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