Beschreibung des Oberamts Nagold/Kapitel A 7

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VII. Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.


1. Politischer Zustand.
Um 100 nach Chr. der weitgedehnten römischen Provinz Obergermanien zugetheilt, gehörte unser Bezirk zu dem Landstrich, welchen | gegen den Schluß des 3. Jahrh. die Alemannen unter Vertreibung der Römer eroberten; er bildete mit die Nordgrenze desjenigen Alemanniens, welches um 536 der Übermacht der Franken unterlag, aber doch noch längere Zeit Volksherzoge beibehielt, bis im Beginn des 8. Jahrh. die Zwischenmacht dieser letzteren durch die Gewalt der merovingischen Hausmaier gebrochen wurde (vergl. O.A. Calw 116), worauf erst mit dem Anfang des 10. Jahrh. ein neues Herzogthum Alemannien auflebte.

Die am frühesten für unsere Kenntniß auftauchenden Orte sind Nagold 773, Thalheim 782, Effringen, Rothfelden, Sindelstetten (abgegangen bei Egenhausen) 1005[1], Alt-Nuifra, Iselshausen um 1080, Schietingen 1088, Haiterbach 1099, Altensteig, Gültlingen, Thalheim, Walddorf um 1100, Pfrondorf um 1110, Bösingen um 1120, Berneck um 1150.

Die Gegend, reich an Königsgut, welches K. Heinrich II. nach dem Tode Herzog Burkhards II. von Alemannien und dessen überlebender Gemahlin Hedwig † 994 ererbte[2], gehörte zum Nagoldgau, welchem die jetzige Oberamtsstadt selbst im J. 1007 und sonst Orte der benachbarten Oberämter Freudenstadt, Herrenberg, Horb und Sulz zugetheilt waren (Stälin Wirt. Gesch. 1, 302).

Die Grafenwürde in diesem Gau bekleidete die Familie, welche sich im 11. Jahrh. Grafen, seit der Mitte des 12. Jahrh. Pfalzgrafen von Tübingen nannten. Die in der Gegend seit 966 vorkommenden Grafen Anselm (O.A. Herrenberg 87) und der 1007 genannte Graf Werinher (Mon. Boic. 28. Nr. 242) gehörten ohne Zweifel ihr an.

Um die Mitte des 13. Jahrh., gegen welche hin Graf Burkhard von Hohenberg, † 1253, die Tochter des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen, Mechtild heirathete, und am Ende dieses Jahrhunderts begünstigt von dem verschwägerten K. Rudolf dehnten sich die Hohenberger Grafen, eines Stammes mit den Zollrern, bedeutend aus, so daß sie auch in dieser Gegend ehemals pfalzgräflich-tübingischen Besitz überkamen (O.A. Calw 118. Stälin Wirt. Gesch. | 3, 667. 701). Wie im 14. Jahrh. das geschichtliche Licht über unserer Gegend heller auftaucht, steht dieselbe gänzlich unter verschiedener Art von gräflich hohenbergischer Herrlichkeit.

Ungefähr auf unseren Bezirk und auf die Südseite des jetzigen Oberamts Calw, nämlich auf Nagold, Haiterbach, Wildberg, Altensteig und Zugehörungen, wurde gegen Ende des 13. Jahrh. ein besonderer jüngerer Zweig der Grafen von Hohenberg abgetheilt, so daß nur die Südspitze, Ober- und Unter-Thalheim, der älteren von Graf Albrecht († 1298) ausgehenden Linie zukam, wie sich denn diese Orte abweichend von dem ganzen übrigen Bezirk, bis 1805 bei der Grafschaft Hohenberg erhielten. Der Stammvater des jüngeren Zweiges ist Burkhard († 1318) Gemahl Luitgartens (Tochter Hugo’s Pfalzgrafen von Tübingen). Seine Söhne Otto und Burkhard schritten abermals zu einer Theilung der Besitzungen und ersterer wurde Stifter der Linie zu Nagold, welcher der südliche Theil des jetzigen Oberamts, namentlich Haiterbach, Schietingen, Iselshausen, Bösingen, Schwandorf, Beihingen, ein Antheil an der Vogtei über das Johanniterhaus Rohrdorf zufielen; letzterer ist der Gründer der Linie zu Wildberg. In der Wildberger Linie wurde am 2. Sept. 1355 unter den Söhnen des zuletzt genannten Burkhards nochmals getheilt und es erhielt der ältere, Graf Burkhard: Schönbronn, Effringen, Ebhausen, Wöllhausen, Emmingen, Ober- und Unter-Sulz, Gültlingen, (desgleichen im jetzigen O.A. Calw Bulach, Waldeck, Oberhaugstett), der jüngere, Graf Konrad † 1356: die Herrschaft Altensteig mit den zugehörigen Orten: Egenhausen, Spielberg, Beuren, Simmersfeld, Schilteck (Burg), Rothfelden, Mindersbach, Pfrondorf, (desgleichen im jetzigen O.A. Freudenstadt Grömbach, im jetzigen O.A. Herrenberg Unter-Jettingen): nur die Burg und Stadt Wildberg selbst, die Kirchen und der Widemhof zu Sulz (wohin Wildberg eingepfarrt war), die Vogtei über das Kloster Reuthin und weniges Sonstige blieben beiden gemeinschaftlich.

Rasch führten freilich solche schwächende Theilungen zu Veräußerungen der kleinen Antheile. Verkauft wurde 1360 und 1363 die Hälfte an Wildberg und an der Vogtei über Kloster Reuthin, 1363 Burg und Stadt Nagold und Stadt Haiterbach[3], 1364 Ober- | und Unter-Sulz, Emmingen, Ebhausen, Effringen, Schönbronn, 1377 die zweite Hälfte an Wildberg und an der Vogtei über Kl. Reuthin, um 1400 Altensteig nebst Zugehörungen. Den Verkauf Nagolds überlebte die dortige Linie nur noch ein paar Jahrzehente, indem der Mannsstamm mit dem Grafen Rudolf (Sohn des im J. 1388 verstorbenen Verkäufers Graf Otto) erlosch; die Veräußerung Wildbergs überdauerte die hienach genannte Linie noch ein volles Jahrhundert. In letzterer hatte der im J. 1486 den Mannsstamm beschließende Graf Sigmund, württembergischer Rath, seinen Sitz im Herrschaftshaus zu Ebingen, welche Stadt, nach deren langer Entfremdung von seinen Stammesvettern, er wenigstens zeitweilig als Pfand an sich gebracht hatte, und vererbte seinen spärlichen Nachlaß auf seinen Schwiegersohn Georg Schenk von Limpurg. (Über die Grafen von Hohenberg s. Stälin Wirt. Gesch. 2, 399–404. 3, 666–672[4] und L. Schmid, Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg.)

1

Der glückliche Käufer war Pfalzgraf Ruprecht I. († 1390). Solcher erkaufte von dem Grafen Burkhard von Hohenberg und seiner Gemahlin Anna geb. von Brauneck am 23. März 1360 und 14. Juli 1363 ihre Hälfte an Wildberg und an der Vogtei über Kl. Reuthin für 8000 fl. und am 1. Mai 1364 Ober- und Unter-Sulz, Emmingen, Ebhausen, Effringen und Schönbronn (Reyscher Statutarrechte 554), außerdem noch die Oberlehensherrlichkeit über die Herrn von Berneck und von Gültlingen, welche der Hohenberger Graf am 12. Sept. 1367 dem Pfalzgrafen „hulden, schwören und | gehorsam sein“ hieß (Reichsständ. Archival-Urk. 1, 16); ferner erwarb er von Graf Rudolf von Hohenberg genannt Rümeli (Sohn Konrads † 1356 und Neffen vorangehenden Burkhards) am 19. Mai 1377 die noch übrige hohenbergische Hälfte Wildbergs und der Klostervogtei Reuthin nebst einigen andern Gütern für 5870 fl. Sonst erkaufte der Markgraf Bernhard von Baden um 1400 von dem ebengenannten Grafen Rudolf die Herrschaft Altensteig (s. A. im topogr. Theil).

1

Alle diese überwuchs im hiesigen Besitz die Herrschaft Wirtemberg[5]. In diesem Hause erkauften die Grafen Eberhard der Greiner und sein Bruder Ulrich den 23. Juni 1363 von dem Grafen Otto von Hohenberg für 25.000 fl. die Burg und Stadt Nagold, die Stadt Haiterbach sammt Fronhof und Kirchensatz, die Dörfer und Weiler Schietingen, Iselshausen, Bösingen, Schwandorf, Beihingen, die Wälder Schornzhart (westlich von Bösingen) und Eichhalden (östlich von Bösingen), auch alle zu diesen Besitzungen gehörige edle und andere Lehensträger, Zinsleute, Burgmannen etc., einen Antheil an der Vogtei über das Johanniterhaus Rohrdorf und das Kloster Reuthin u. s. w. (Sattler Gr. 1 Beil. Nr. 131. Wenn gleich hier nicht ausdrücklich genannt, so kamen wohl um dieselbe Zeit die Orte Ebershard und Warth, welche zum altwirtembergischen Amte Nagold gehörten, von Hohenberg an Wirtemberg). Die Grafen Ludwig und Ulrich von Wirtemberg erwarben den 10. Aug. 1440 von dem Pfalzgrafen Otto († 1461)[6] für 27.000 fl. die Burg und Stadt Wildberg, die Dörfer Ebhausen, Wöllhausen, Effringen, Schönbronn, Gültlingen, Ober- und Unter-Sulz, Emmingen, Haselstall, die Herrlichkeit über die Gotteshäuser Reuthin und Rohrdorf, wozu sie noch am 1. Okt. die Oberlehensherrlichkeit über die von Gültlingen (s. G. im topographischen Theil), von Berneck etc. überwiesen erhielten (Stälin Wirt. Gesch. 3, 293. 456). Herzog Friedrich ertauschte am 20. Dez. 1603 von dem Markgrafen Ernst Friedrich von Baden die Herrschaft Altensteig (mit den oben angegebenen Zugehörungen, auch Ettmannsweiler). Der wirtembergische Administrator Herzog Carl Rudolf (während der Minderjährigkeit Herzog Carls) erwarb am 14. Juni 1738 von dem Johanniterorden | Walddorf im Tausch gegen wirtembergische Gerechtsame zu Rohrdorf und Dätzingen. Endlich erhielt K. Friedrich durch den Tagsbefehl Napoleons vom 19. Dez. 1805 die Landeshoheit über das ritterschaftliche Berneck mit Zugehörungen und die Johanniter Commende Rohrdorf, und durch den Preßburger Frieden vom 26. Dez. 1805, unter den Orten der niederen Grafschaft Hohenberg, Ober- und Unter-Thalheim.

Nach den Erwerbungen des Jahrs 1603 erscheinen mit ihrem im Bezirk gelegenen Hauptsitz die drei Ämter mit folgenden Zugehörungen (die in Klammern eingeschlossenen sind jetzt andern Oberämtern als dem Nagolder zugetheilt).

Amt Nagold: Nagold, Beihingen, Bösingen, Ebershardt, Emmingen, Haiterbach, Iselshausen, Ober-Schwandorf, Schietingen, Warth, Alt-Nuifra, (Bondorf, Hochdorf, Hohen- und Nieder-Reuthin und Wurmfeld).

Amt Wildberg: Wildberg, Ebhausen, Wöllhausen, Effringen, Gültlingen, Haselstall, Monhardt, Schönbronn, Ober- und Unter-Sulz, (Alt- und Neu-Bulach, Ober-Haugstett, Liebelsberg, Ober-Jettingen).

Amt Altensteig: Altensteig Stadt und Dorf, Beuren, Egenhausen, Enzthal, Ettmannsweiler, Mindersbach, Pfrondorf, Rothfelden, Simmersfeld, Spielberg, (Durrweiler, Eisenbach, Göttelfingen, Grömbach, Unter-Jettingen, 2/3 Zwerenberg, 1/3 Hornberg). Mit diesem Amte hatten vordem die Gültlingischen Besitzungen Berneck u. s. w. „Connexion“, Wenden gehörte zum Amt Calw als Zugehörung der Herrschaft Vogtsberg.

Im Jahr 1806 wurden Fünfbronn mit dem Oberamt Calw, Rohrdorf und Unter-Schwandorf mit dem Oberamt Nagold, Berneck (sammt Garrweiler, Gaugenwald und Überberg) mit dem O.A. Altensteig, mit letzterem am 26. April 1808 einzelne bisherige Bestandtheile des O.A. Calw: Agenbach, Breitenberg, Martinsmoos, Ober-Kollwangen, der Neuweiler Stab und 2/3 von Hornberg vereint. Die Klosterhofmeisterei Reuthin wurde 1807 aufgehoben. Nachdem schon 1807 das O.A. Wildberg in dem O.A. Nagold aufgegangen war, wurde den 27. Okt. 1810 auch das O.A. Altensteig aufgelöst[7]; von seinen Amtsorten kamen ans O.A. Calw: | die 1808 von letzterem O.A. abgetretenen Orte, unter denen jedoch Wenden beim O.A. Nagold verblieb, ferner Enzthal, Ettmannsweiler, Simmersfeld und 2/3 Zwerenberg; ans O.A. Freudenstadt: Crespach, Durrweiler, Edelweiler, Göttelfingen, Grömbach, Hochdorf auf dem Walde, Schernbach, Vörbach, Wörnersberg, Ober- und Unter-Waldach; zum O.A. Nagold: Altensteig, Berneck, Beuren, Egenhausen, Garrweiler, Gaugenwald, Mindersbach, Pfrondorf, Rothfelden, Spielberg, Überberg, Walddorf, Warth, Wenden. Ober- und Unter-Thalheim, welche Orte 1806 zum O.A. Horb geschlagen wurden, kamen 1810 zu unserem Oberamt. Im J. 1812 gelangten vom O.A. Calw an das O.A. Nagold: Enzthal, Ettmannsweiler, Fünfbronn und Simmersfeld, wogegen von diesem an jenes abgetreten wurden Alt- und Neu-Bulach, Liebelsberg und Ober-Haugstett. Hochdorf (südlich von Haiterbach) wurde damals dem O.A. Horb zugetheilt. Seit dieser Zeit blieb der Bestand des Oberamts ungeändert.

Im J. 1806 wurde solches dem Kreis Calw, 1810 der Landvogtei Schwarzwald zugetheilt. Bei der neuen Kreiseintheilung im J. 1817 gelangte es zum Schwarzwaldkreis.


2. Kirchliche Verhältnisse.

Das ganze Oberamt gehörte zum Sprengel des Bisthums Constanz und zwar zu dessen Archidiaconat vor dem Wald und war zweien Landcapiteln, dem Dornstetter und dem Nagolder (welches auch das Herrenberger hieß, Cleß 2. B. 451), zugetheilt. Zum ersteren gehörte blos Unter-Thalheim, zum letzteren dagegen: Nagold; Altensteig mit den Filialien Beuren, Ettmannsweiler, Fünfbronn, Hesselbronn, Lengenloch und Zumweiler; Berneck; Ebhausen mit den Filialien Pfrondorf und Warth; Effringen; Egenhausen; Gültlingen; Haiterbach mit Filial Spielberg; Rohrdorf; Rothfelden; Unter-Jettingen (O.A. Herrenberg) mit dem Filial Bösingen; Simmersfeld; Sulz; Walddorf; Wildberg (Neugart Ep. Constant. CV, wo übrigens Simmersfeld nicht steht).

Nach der Reformation, deren Einführung in die Jahre 1534–35 bei den Orten des damaligen Wirtembergs fällt, wurde die kirchliche Eintheilung folgendermaßen getroffen.

Die Synodal-Ordnung vom 1. August 1547 vereinte die Ämter Calw, Nagold und Wildberg in ein Decanat. Hievon wurde Calw im J. 1577 getrennt und ein Dekanat Wildberg, Generalats Tübingen, später Bebenhausen, gebildet; dazu gehörten den 14. Juni 1807 Wildberg, Altensteig Stadt und Dorf, Berneck, Bondorf, Bulach, | Eb- und Wöllhausen, Effringen, Grömbach, Gültlingen, Haiterbach, Hochdorf, Nagold, Ober-Jettingen, Rothfelden, Simmersfeld, Spielberg, Sulz, Unter-Jettingen, Walddorf, Warth. Am 9. Nov. 1810 kam dieses Dekanat zum Generalat Tübingen, wohin es auch jetzt gehört, trat ans Dekanat Calw ab Bulach, ans Dekanat Freudenstadt Grömbach, ans Decanat Herrenberg Bondorf, Ober- und Unter-Jettingen. Im J. 1821 wurde der Dekanatsitz von Wildberg nach Nagold versetzt.

(Über den gegenwärtigen Dekanatsbezirk und die Zutheilung der katholischen Orte und der Israeliten s. VI. 2. A. b.)


3. Besondere Schicksale.

Aus den Schicksalen des Bezirks heben wir folgende Einzelnheiten hervor.

Während der Empörung des Armen Konrads 1514 ging es auch hier unruhig her, namentlich in den Dörfern und zu Haiterbach; aber die Städte Nagold und Wildberg blieben in Ordnung und verhinderten hiedurch große Unruhen. Als die herzoglichen Commissäre kamen, um eine neue Huldigung anzunehmen, huldigten selbst die Haiterbacher und Andere, welche sich vorher dazu abgeneigt gezeigt hatten (Steinhofer 4, 86).

Als 1519 der schwäbische Bund Württemberg eroberte, legte er 1 Hauptmann und 14 Knechte nach Nagold, doch sollte die Nutzung der Stadt wie zuvor dem Grafen Georg von Württemberg bleiben. Als aber gleich nachher Herzog Ulrich wieder im Lande erschien, und auch Nagold und Wildberg zur Huldigung aufforderte, so begehrten die Nagolder „Rath und Hilfe,“ weil auf dem Schloß nur 8 Mann seyen; da aber keine Hilfe erschien, so huldigten sie und dasselbe thaten am 5. Sept. die Wildberger. Der Herzog verlangte hierauf den 8. Sept.: Wildberg soll ihm all seine wehrhafte Mannschaft nach Kirchheim zuschicken, erhielt aber zur Antwort: Beinahe alle wehrhaften Amtsangehörigen sind theils im Feld, theils im Dienst, 25 liegen in Dornstetten als Besatzung; in so schweren Läufen bedürfen die Wildberger die ihrigen selbst und bitten daher, daß ihr Amtsausschuß wieder nach Hause geschickt werde. Im Jahr 1520 huldigten beide Städte wieder dem Bund.

Im J. 1525 versammelten sich die aufrührerischen Bauern des O.A.-Bezirks in Rohrdorf und Schwandorf; hier stieß der Bulacher Haufen unter dem Hauptmann Thomas Maier zu ihnen und vereint zogen sie vor Wildberg, welches, mit dem Sturm bedroht, sich | ihnen ergab (den 24. April) und 35 Mann stellte. Hierauf wurde das Kloster Reuthin geplündert.

Am 18. Mai 1534 huldigten Nagold und Wildberg dem Herzog Ulrich wieder und am 20. Mai erbot sich Martin Klemm von Ringelstein ihm das Nagolder Schloß zu übergeben, mit der Bitte, sein und seiner Kinder zu gedenken.

Im dreißigjährigen Krieg litt der Oberamtsbezirk viel, besonders seit 1634 nach der Nördlinger Schlacht durch die Croaten und dergleichen Völker; im J. 1635 wüthete die Pest; das Amt Altensteig berechnete seinen Schaden durch Quartiere, Lieferungen, Brandschatzungen und Plünderung von 1634–1638 auf 124.611 fl. und wurde 1638 durch das kaiserliche Heer vollends ausgesogen. Letzteres war auch mit den Ämtern Nagold und Wildberg der Fall. Nach dem vorübergehenden Einrücken der weimarisch-französischen Truppen unter dem General Rosen im J. 1645, wobei es nicht ohne Plünderung für die Gegend ablief, erhielt das Nagolder Schloß französische Besatzung, welche sich am ersten Advent (3. Dec.) „durch Schießen jämmerlich geängstigt“ dem sie förmlich belagernden bayerischen Feldzeugmeister Rauschenberg übergab, nachdem die Bayern schon zeitweilig die darunter liegende Stadt besetzt hatten; der französische Commandant Lorenz Dautmann erhielt freien Abzug über den Rhein. Noch im J. 1652 fehlten im Amt Wildberg 3/5 der früheren Bevölkerung, zu Gültlingen lagen 55, zu Ebhausen 47, zu Schönbronn 40 Gebäude in der Asche, im Amt Altensteig standen 344 Hofstätten verlassen, die Hälfte der früheren Einwohner fehlte hier und 5/9 im Amt Nagold; Haiterbach hatte vor 1634 900, 1651 nur noch 376 Einwohner und 1300 Jauchart Ackers lagen öde.

Während des französischen Revolutionskriegs im Winter 1795 kam ein Theil des Corps der französischen Ausgewanderten unter den Befehlen des Prinzen Condé nach Altensteig und Nagold ins Quartier, wo sie manche Ausschweifungen begingen, selbst raubten und mordeten. Im Julius 1796 zog sich der württembergische General v. Hügel, durch die Franzosen aus seiner Stellung bei Freudenstadt und Kniebis vertrieben, über Nagold zurück, wo am 8. Juli die französische Vortruppen ankamen, denen am 14. eine Schaar von 600 Mann folgte; die leichten Reiter streiften über die Nagold gegen die Würm und scharmüzelten mit den österreichischen Vorposten. Der durch Plünderung und Erpressungen erlittene Schaden wurde zu Wildberg auf 1034 fl., zu Altensteig auf 1189 fl., zu Simmersfeld auf 535 fl., in Egenhausen auf 466 fl. geschätzt, | dem Kloster-Hofmeister in Reuthin wurden 122 fl. genommen (Pahl, Materialien 3. S. 548. 601. 610).

Im J. 1799 bei einem neuen Eindringen der Feinde in Schwaben kamen schon den 5. Merz 100 Chasseurs nach Nagold, aber nach Jourdans Niederlage zogen schon den 5. April die letzten Feinde Nachmittags wieder aus dieser Stadt ab, und am 6. April kamen schon wieder Partien der nachrückenden Österreicher an. Im Spätjahr 1800 lag die 65. feindliche Halbbrigade etliche Wochen in Nagold und seiner Gegend; ihr Chef Sennarens aber selbst in der Stadt, bis er am 19. Okt. nach Straßburg aufbrach.


4. Alterthümer.
A. Römische.

Die Römer haben auch im diesseitigen Bezirke Spuren ihres früheren Aufenthaltes, namentlich mehrere, theilweise leicht erkenntliche Straßen hinterlassen; von den letzteren nennen wir:

1) Eine zum Theil noch wohl erhaltene Römerstraße führt unter den Benennungen „Heerstraße, Hohsträß,“ auf der Anhöhe zwischen dem Haiterbach-Thale und dem Steinach-Thale in den Bezirk und nimmt ihre Richtung gegen Iselshausen und vermuthlich von da nach Nagold.

2) Eine ebenfalls wohl erhaltene Römerstraße führt unter der Benennung „Hochsträß“, auf der Hochebene östlich von Nagold in den Bezirk durch den Wald Bühlkopf, zieht an der Markungsgrenze zwischen Nagold und Ober-Jettingen, und weiter an der Markungsgrenze zwischen Emmingen und Ober-Jettingen beinahe schnurgerade fort bis zu dem Kühlenberg, hier wendet sie sich gegen den Heiligenwald, führt durch den Fleckenlaubwald auf der Markung Sulz und zieht sich die sogenannte alte Steige hinab in das Agenbach-Thal, das sie unterhalb Sulz überschreitet und zwischen den Fluren Kalkofen und Hösel durchführend bei dem Walde Wagrein den Bezirk verläßt.

3) Die sogenannte Weinstraße, welche unzweifelhaft römischen Ursprungs ist, führt nordwestlich von Warth in den Bezirk, weiter zwischen Warth und Wenden durch, 1/4 Stunde westlich von Rothfelden nach Mindersbach, von da durch den Wald Brennofen, wo auf lange Strecken das alte Straßenpflaster noch sichtbar ist, nach Nagold; von hier mag sie die alte Steige hinauf in die ad. 1. beschriebene Römerstraße gezogen sein.

| 4) Eine Römerstraße führt unter dem Namen „Langweg“ von dem Schönbuch her über Mötzingen (s. die Oberamtsbeschreibung von Herrenberg) nach Iselshausen und ist entweder als Fortsetzung der ad. 1. beschriebenen Straße, oder einer alten, jedoch nicht als römisch nachweisbaren Straße zu betrachten, welche von Egenhausen her unter der Benennung „Denzweg“ zu dem Walddorfer Chausseehaus und von da durch den Wald Kirchberg und über den Rehmberg nach Iselshausen führt.

5) Eine vermuthliche Römerstraße zog auf der gegenwärtigen Landstraße von Pfalzgrafenweiler über Spielberg nach Altensteig; hier das Nagold-Thal überschreitend führte sie auf den Höhen zwischen dem Nagold- und Kollbach-Thale nach Simmersfeld.

Überreste abgegangener römischer Wohnplätze (Niederlassungen) finden sich:

1) Bei Nagold wo eine römische Straße über das Nagold-Thal führte und die Römer daselbst zur Überwachung und Deckung des Thalübergangs einen noch wohlerhaltenen Wachhügel, den sogenannten Krautbühl (ursprünglich Heidenbühl) aufwarfen. An dieser Stelle fand man schon Bruchstücke römischer Gefässe, namentlich eines von terra sigillata, das noch den Stempel des Töpfers enthält; auch wurden römische Münzen nicht nur in der Nähe der Stadt, sondern auch auf dem Schloßberg aufgefunden.

2) Auf dem sogenannten Hesel an der Landstraße nach Emmingen, gerade wo diese das Rothenbachthälchen überschreitet, findet sich eine künstlich angelegte Terrasse, auf der eine große Anzahl römischer Ziegeln, Heizröhren, gemodelte Plättchen, Gefässe-Fragmente, nebst Mauerresten findet, die einen hier bestandenen römischen Wohnplatz unzweifelhaft bekunden. Etwa 1/8 Stunde nördlich von dieser Stelle ist man auf der Flur „Maurer,“ auf ähnliche Überreste gestoßen.

3) Bei Pfrondorf (östlich) fand man Mauerreste und römische Münzen, was ebenfalls auf eine römische Niederlassung hinweist.

4) Bei Wildberg wurde ein römischer Altar gefunden, (s. die Ortsbeschreibung von W.), der wohl auch auf eine Ansiedelung der Römer in dieser Gegend schließen läßt, um so mehr als die Stelle auf der die gegenwärtige Stadt liegt, sich vorzüglich zu einer Niederlassung geeignet hätte.

Wir sehen nun aus dem Angeführten, daß sich die Römer vorzugsweise dem Nagold-Thale entlang angesiedelt und dasselbe vertheidigt hatten, aber auch in anderen Gegenden des Bezirks finden sich einzelne römische Überreste, wie bei Rothfelden, wo römische | Münzen gefunden wurden und nördlich von Mindersbach auf der Flur „Mauer“ will man schon auf Spuren römischer Bauwerke gekommen sein. Auch östlich von Sulz auf den nahe bei einander liegenden Fluren „Weiler und Kalkofen“, an denen die Römerstraße vorüber führt, scheint irgend ein römischer Wohnplatz bestanden zu haben.

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B. Deutsche.

An altgermanischen Überresten ist der Bezirk sehr arm. In Wildberg wurde das sehr alte 7′ 11″ hohe Steinbild eines, vermuthlich christlichen Priesters mit langem Barte, Zopf, Priestergurt gefunden, (aufgestellt im K. Museum zu Stuttgart, abgebildet bei Sattler, Gesch. bis 1260 Taf. 1 Fig. 2 und sonst). 1/4 Stunde westlich von Alt-Nuifra kommen einige Grabhügel vor, von denen einer geöffnet wurde; er enthielt einfache Bronceringe, Bruchstücke eines Leibrings und Perlen von Thon, Gagat etc.

Gräber, die einer späteren Periode angehören und schon in den gewachsenen Boden eingesetzt sind, entdeckte man an dem Wolfberg bei Nagold, am südlichen Ende des Orts Ebhausen in der Nähe der Kirche und in der Nähe des Schulhauses, am westlichen Ende von Gültlingen, bei Ober-Schwandorf und am westlichen Ende von Pfrondorf. Die Gräber enthielten neben den menschlichen Skeletten, Waffen, namentlich kurze einschneidige Schwerter, sogenannte Sachse, Perlen von Thon, Bernstein etc.

Schlösser, Burgen, Burgruinen, Klöster, Kapellen, wovon sich mehr oder weniger Spuren finden und worüber in den Ortsbeschreibungen das Nähere zu ersehen ist, befinden sich folgende im Bezirk:

Auf der Markung Nagold, die Burg Hohen-Nagold, die Kapellen zu St. Leonhard und St. Nicolaus.
Auf der Markung Altensteig, das alte Schloß, das neue Schloß und der Burgstall auf dem Schloßberg, der Thurm genannt.
Auf der Markung Berneck, der Burgmantel des alten Schlosses, das neue Schloß, die Burg auf dem Schiltberg und die Burg im Walde Kegelshardt.
Auf der Markung Gültlingen, die Stammburg der Herren v. Gültlingen (im Ort), die Gaisburg, der Haselstall, eine Kapelle im Ort und eine auf dem Kapellberg.
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Auf der Markung Haiterbach, die Burg im Ort und auf dem Kapellberg eine Kapelle.
Auf der Markung Mandelberg, Burg bei Bösingen.
Auf der Markung Pfrondorf, ein Kloster am Ort.
Auf der Markung Reuthin, Kloster.
Auf der Markung Rohrdorf, das deutschordensche Schloß.
Auf der Markung Schilteck, Burgruine bei Simmersfeld.
Auf der Markung Schönbronn, ein Schloß im Ort.
Auf der Markung Sulz, die Antonius-Kapelle im Ort.
Auf der Markung Unter-Schwandorf, das Schloß im Ort und die Antonius-Kapelle außerhalb des Dorfs.
Auf der Markung Warth, das sogenannte Pfaffenhaus im Walde Neubann.
Auf der Markung Wildberg, das Schloß und das Klösterle im Ort, eine Kapelle auf dem Heiligkreuz.

Von gänzlich abgegangenen Wohnorten, Burgen etc. sind zu nennen:

Auf der Markung Nagold lagen die Orte Poppenhausen und Baßheim; im Walde Sommerhalde soll bei dem sogenannten alten Keller eine Burg gestanden sein.
Auf der Markung Eb- und Wöllhausen, auf dem Stuhlberg stand eine Burg.
Auf der Markung Emmingen, auf der östlich vom Ort gelegenen Flur Öhland soll ein Ort „Ober-Emmingen“ bestanden haben, und nordwestlich vom Dorf auf der Flur Haslach will man ebenfalls einen abgegangenen Ort wissen.
Auf der Markung Gültlingen, auf der Burghalde stand eine Burg.
Auf der Markung Mindersbach, auf den Fluren Zimmerle und Mauren (s. oben) fand man Grundreste von Gebäuden.
Auf der Markung Ober-Schwandorf, in dem 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort gelegenen Lohwiesen soll ein Bad gestanden sein.
Auf der Markung Rothfelden, auf den Fluren Mauren und Ottenbühl fand man Gebäudereste und auf dem Burgrain in der Nähe des Orts soll eine Burg gestanden sein.
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Auf der Markung Schönbronn, im breiten Buhlerwald will die Volkssage eine abgegangene Stadt wissen.
Auf der Markung Simmersfeld, in dem Walde Hochstett lag ein Hof und in dem Bürglesthal soll ein Ort gestanden sein.
Auf der Markung Sindelstetten, ein abgegangener Ort bei Egenhausen.
Auf der Markung Walddorf, auf dem Weilerberg stand nach der Volkssage eine Burg.

Außer den angeführten Stellen kommen auf einigen Markungen Flurbenennungen vor, welche auf abgegangene Orte etc. hindeuten und zwar auf den Markungen Gültlingen: der Wald „Weiler,“ Berfeldingen, Kapellberg, Killberg (d. i. Kirchberg), Rothfelden: Ober- und Unter-Neuhausen, Sulz: Weiler etc.


  1. Diese letzten drei Orte nebst Nagold freilich in einer Urkunde K. Heinrichs II. vom 1. Oct. 1005 (Wirt. Urk.buch 1, 241), welche, wie Actum, Datum und der Name des Canzlers zeigen, unterschoben ist. S. Giesebrecht, Gesch. der deutschen Kaiserzeit 2, 580.
  2. Wenigstens werden – freilich blos in der eben erwähnten Urkunde – Nagold, Rothfelden, Effringen und Sindelstetten in dieser Beziehung genannt.
  3. Der Verkäufer Nagolds Graf Otto überkam doch wieder aus dem alten Stammgut eine freilich kleine Herrschaft, welche für ihn seine zweite Gemahlin Irmengard Gräfin von Werdenberg wahrscheinlich mit ihrem Heiratgut im J. 1371 seinem Vetter Graf Rudolf von der Wildberger Linie abkaufte. Sie bestand in der Burg Schilteck, den Dörfern Simmersfeld, Beuren, Altensteig (dem Dorf halb), Egenhausen, Rothfelden und Unterjettingen (letzteres O.A. Herrenberg), was alles aber der Verkäufer oder seine Erben mit 500 Pfund Heller wieder lösen konnten. v. Stillfried und Märcker, Mon. Zoller. 1, 217.
  4. Dort ist S. 672 als jüngster Bruder des im J. 1388 gestorbenen Otto’s einzufügen: Hugo Johannitercomthur zu Dätzingen † um 1412, und ist bei Rudolf genannt Rümeli zu setzen: † vor 1398 und zu streichen der Name der Gemahlin und des Sohnes. Nach Wahrscheinlichkeit werden von Schmid S. 301. 308. unter Burkhard, älteren Bruder des im J. 1356 gestorbenen Konrad, als Kinder gesetzt: 1. Konrad, 2. Burkhard, 3. Anna (h. 1. Friedrich Gr. v. Zollern, gen. Schwarzgraf, 2. Konrad Gr. v. Kirchberg) und unter den weiteren Bruder Otto als Sohn: Rudolf († vor 1421) Gemahl Margarethens von Thierstein und Vater Sigmunds, des zuletzt gestorbenen Hohenberger Grafen.
  5. Bezüglich einzelner zumal kleiner Erwerbungen wie Fünfbronn’s, Wenden’s s. den topogr. Theil.
  6. Derselbe hatte den folgenden Besitz unter vielen anderen in der pfälzischen Theilung von 1410 erhalten. Tolner Hist. Pal., cod. dipl. 155, vergl. auch Reg. Boic. 13, 109.
  7. Für die Wiederherstellung führte das Wort der Tübinger Prof. Dr. Hofacker mit folgender Schrift: Über die Lage des ehemaligen Oberamtes Altensteig und die Nothwendigkeit seiner Wiederherstellung. Tübingen 1824. 8.
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