Beschreibung des Oberamts Neckarsulm/Kapitel B 33

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33. Widdern,


Gemeinde II. Kl., Stadt, mit Schustershof, Seehaus, Ziegelhütte, 1341 Einw., wor. 21 Kath., welche nach Berlichingen, O.A. Künzelsau, eingepfarrt sind.

Widdern, der Seelenzahl nach von den fünf Städten des Oberamtsbezirks die vierte, liegt auf dem rechten Ufer der Jagst an der Einmündung der von Norden her kommenden Kessach.

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Das Städtchen führt als redendes Wappen im silbernen Feld einen stehenden, rechts schauenden Widder (vrgl. Württ. Jahrb. 1854 H. II, S. 181).

Die Lage des ehedem mit Burg, Mauer und Thoren versehenen Städtchens, von dessen Befestigung man aber wenig mehr wahrnimmt, ist eine malerische; hinter ihm erheben sich über dem freundlichen Jagstthal zwei Berghöhen, zwischen denen die rauschenden Wellen der Kessach in starkem Fall herabkommen, um dem Jagstfluß zuzueilen. Aber im Innern zeigt die Stadt unregelmäßig und eng gebaute Straßen, deren Anblick besonders an der unteren Kessachbrücke zwar das Auge eines Landschaftsmalers entzücken mag, die aber den Statuten eines heutigen Ortsbaumeisters stark widersprechen.

Die Hauptstraße ist die von Möckmühl nach Jagsthausen führende Poststraße. Vizinalstraßen führen vom Ort: eine nach Süden mit steiler Steige über das Seehaus ins Kocherthal nach Neuenstadt und Kochersteinsfeld; sie überschreitet bei der Stadt die Jagst auf steinerner Brücke mit 6 Bogen. Eine zweite führt nördlich das Kessachthal hinauf nach Unterkessach und Korb. Über die Kessach führen im Ort 2 steinerne Brücken, eine dritte steinerne ebenfalls über die Kessach ist außerhalb desselben nördlich eine Viertelstunde entfernt. Sämmtliche Brücken sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Die Stadtpfarrkirche steht auf dem freien Platz westlich von der Einmündung der Kessach in die Jagst, dem ehemaligen Kirchhof. Ihre Erbauung fällt wohl in die spätgothische Zeit. Sie hat im vorigen Jahrhundert eine Erweiterung gegen den ursprünglichen Stil erfahren und ist neuestens zweckmäßig restaurirt worden. Drei Eingänge führen ins Schiff, im Westen und Norden mit spitzbogigem Thor. Das Schiff hat zum Theil gothische Fenster; die flache getäferte Decke ist in Felder abgetheilt. Emporen mit bräunlicher Brüstung sind im Süden und Westen; die hier stehende gute Orgel enthält 10 Register. Emporen und Decke werden von Holzsäulen getragen; an einer derselben sind die Wappen der alten Ganerbherrschaften: Würzburg, Württemberg, v. Gemmingen und v. Züllenhardt. Vom Schiff führt ein schwach spitzbogiger Bogen in den nicht höheren geradlinigen Chor. Dieser zeigt Kreuzgewölbe und 3 gothische Fenster, von denen 2 gemalt sind. Im Innern der Kirche befinden

| sich folgende Denkmäler: 1. Im Schiff rechts; Grabmal eines geharnischten Ritters mit der Inschrift: anno di. MCCCC°XX° feria. IIII. post letare obiit Reinhardt Hofwart v. Kirchheim; links: großes Steindenkmal, oben die Wappen von Gemmingen und Züllenhardt, außerdem 16 kleinere Wappen, für den 1713 den 25. Juny in Gott seelig verschiedenen Friedrich Dietrich von Zülnhardt auff Roth und Widdern, einer Hochlöblichen Ritterschaft in Francken orth Odenwaldts Hochmeritirten Rath und Truhenmeister; ferner das Grabmal des 1587 den 20. Aprilis im Herrn seliglich entschlafenen ehrwürdigen und wohlgelehrten Müller von Harthe (s. u.), der 25 Jahr allhie zu Widdern das Evangelium Christi rein geprediget. 2. Unter dem Chorbogen. Rechts: Auf einem Grabstein oben die Wappen von Gemmingen und Senfft, außerdem 5 kleinere: Anna Kunigunde von Gemmingen, geb. Senfft von Sulburg, † 1. Sept. 1776. Links: Auf einem Grabstein die Wappen von Gemmingen und Zülnhardt, außerdem 16 kleine Wappen. Inschr.: Gemmingisches Ehrengedächtnus. Johann Albrecht von Gemmingen uff Widdern, Mayenfels und Leibenstatt, † 27. Juli 1685. 3. Im Chor an der Hinterwand: 2 Gemmingen’sche Wappen und 16 kleine. Gemmingisches Ehrengedächtniß. Joh. Reinhart von Gemmingen uff Widdern, Meyenfels und Leibenstatt, 15. April 1713. Daneben: 2 Wappen von Zülnhart und Remchingen (?), und 16 kleine. Zulnhartsches Ehrengedächtnus. „Auff Christum hat hier abgedruckt | und wurd ins Himmelszelt geruckt | . . . Anna Margarethe von Zilnhart uff Roth und Widdern, geborne von Remchingen Wittib, † 1687. „Weil nun ihr Leben sie ganz löblich hat geführt, | soll folgendes darthun was ihr von Ruhm gebührt, | hier liegt ein Tugendbild, ein Wunder aller Frauen | aus deren Lebenslauff sich jeder kann erbauen; | Wohl diesem der sich so dem Himmel dienstbar macht | und wie die Seelige all weltlich Lust veracht.“

Außen an der westlichen Seite der Kirche ist ein schöner Renaissance-Grabstein mit dem Reliefbild des Hans Frantz Sch... zu Widdern, † 5. Nov. 1560, eingemauert.

Neben dem Chor ist die alte Sakristei. Der schlanke viereckige Thurm schließt sich an die Westseite der Kirche an, mit dieser durch einen schrägen Giebel verbunden. Drei Glocken befinden sich auf dem Thurm, von denen eine (die kleinste) zur Fensteröffnung des Glockenstocks hinaushängt. Auf der größten steht: anno domini 1455 lucas marcus mateus johannes;

| auf der zweiten: In Gottes Namen hat mich Leonhard Lösch von Mospach nach Widdern gegossen 1783.

Die Baulast an der Kirche hat die Gemeinde.

Der Begräbnisplatz liegt oben auf dem Berg westlich von Widdern 10 Minuten vom Ort entfernt. Auf ihm befindet sich eine Kapelle, in welcher Gottesdienst gehalten werden kann. Im Chor erblickt man den zopfigen Grabstein des Joh. Lorenz Esenbeck, Pfarrers in Widdern, 1683–1762. Im Schiff rechts steht ein großer Grabstein mit Wappen von Zülnhardt und Wangen (?); Inschr.: anno di 1542 den 16 novembris starb die edel und tugendsam fraw Susanna von Zulnhart geborene von Wangen deren sel got gnedig sein wolle.

Das Pfarrhaus ist in der Nähe der Kirche an der Straße, mit hübschem Blick auf die Kessachmündung; es befindet sich in gutem Zustand und ist von der Gemeinde zu unterhalten.

Das bisherige Rathhaus, ein zweistockiges Gebäude, steht an der Hauptstraße; im Schlußstein über der Thür ist ein Widder abgebildet. Auf einem Stein rechts steht: Unter der Aufsicht des Bürgermeisters Herrn Joh. Gottlieb Joßenhanß wurde dieser Bau aufgerichtet 1793. Dieses Haus enthält im Parterreraum 2 Schullokale. Neuestens hat die Gemeinde ein an der Stelle des Züllenhardt’schen Schlosses erbautes Privatgebäude als Rathhaus angekauft, um das bisherige Rathhaus ganz für Schulen einzurichten. Als Wohnung der Schullehrer dient das frühere v. Gemmingensche Amthaus mit steinerner Schneckentreppe, 1846 von der Gemeinde um 2000 fl. gekauft. Über einer Thüre ist noch das Gemmingen’sche Wappen und die Zahl 1841. Die Lehrzimmer sind im Rathhaus. Das Lehrzimmer und die Wohnung des Unterlehrers sind vorerst noch in einem Privathaus eingemiethet.

Der Gemeinde gehört eine Kelter mit 3 großen Bäumen und 2 kleinen Pressen, 2 öffentliche Back- und Waschhäuser, ein Armenhaus, ein Schafhaus, ein Hochwächterhäuschen auf dem Schloßberg.

Das früher von Gemmingen’sche Schloß, im östlichen Theil des Orts, hart an der Jagst gelegen, mit daranstoßendem Garten, ist jetzt Bierbrauerei und Wirthschaft zum grünen Baum. Es hat im unteren Geschoß starke Mauern und enthält eine steinerne Wendeltreppe. Über der Kellerthüre steht die Jahreszahl 1574. Es wurde von der Herrschaft Gemmingen-Hornberg 1863 als den Anforderungen der Neuzeit nicht mehr entsprechend um 5000 fl. veräußert.

| Das frühere von Züllenhardt’sche Schloß (s. o.) an der Kessach ist zu 2/3 abgebrochen; der Rest wird als Scheune benützt; ein großes schönes Kellergewölbe ist noch davon sichtbar.

Mit gutem Trinkwasser versehen den Ort 2 laufende Brunnen und 4 Pumpbrunnen. Zieh- und Schöpfbrunnen sind je einer auf den Parzellen Schustershof und Ziegelhütte. Die Markung ist nicht reich an Quellen; das beste Wasser liefert der Gaisbachbrunnen unweit des Orts im Jagstthal. Bei dem Seehaus waren, noch durch Dämme ersichtlich, früher Weiher angelegt. Die Markung wird durchflossen von der Jagst und Kessach; beide treten zuweilen, besonders im Frühjahr, aus und gefährden manchen Keller.

Die ausgedehnte Markung, 5294 Morgen haltend, wovon 1700 M. Wald, ca. 2500 M. Äcker, 212 M. Weinberge, 419 M. Wiesen, erstreckt sich quer über die Jagst, die Höhen zu beiden Seiten des Flußthales umfassend, von der Jagst in zwei ziemlich gleich große Theile, einen nördlichen und einen südlichen, getheilt. Die Bodenbeschaffenheit derselben ist sehr verschieden, im Allgemeinen eine mittelfruchtbare. Das Klima ist mild, doch kommen schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel vor. Gewitter sind nicht häufig, Hagelschlag selten. – Außer Kalksteinbrüchen für den örtlichen Gebrauch sind keine Steinbrüche auf der Markung; Werksteine müssen von auswärts bezogen werden. Einzelne Erdfälle, trichterförmige Einsenkungen, finden sich im Jagst- und Kessachthal.

Die Einwohner, von denen zur Zeit 3 über 80 Jahre alt sind, befinden sich großentheils in kaum mittleren Vermögensverhältnissen; der Grundbesitz des vermöglichsten Einwohners beträgt 70 Morgen, der des Mittelmannes 15, der der ärmeren Klasse 2 Morgen. Die Haupterwerbsmittel der Bevölkerung bestehen in Feldbau, Viehzucht und Weinbau; Gewerbebetrieb ist unbedeutend, nach außen arbeiten von den Handwerkern, außer 1 Büchsenmacher und 2 Mühlärzten, besonders die Schuhmacher und Schneider auf die benachbarten kleineren Orte. Es sind 2 Kaufleute und 3 Krämer, 6 Schildwirthschaften, 2 Bierbrauereien mit Wirthschaftsbetrieb vorhanden; ferner 2 Mahlmühlen, 2 Ölmühlen und Schneidmühlen, sowie eine Ziegelei. Die Mühlen haben je einen Gerbgang und 3 Mahlgänge; mit den Ölmühlen sind auch Hanfreiben verbunden. Endlich bestehen 2 Branntweinbrennereien mit Apparaten, 3 solche mit größeren und mehrere mit kleineren Kesseln.

| Die Landwirthschaft befindet sich in gutem Zustand; namentlich ist ihr Betrieb gegen früher bedeutend verbessert worden; an verbesserten Ackergeräthen sind eiserne Eggen und Walzen zahlreich in Gebrauch; ferner mehrere Handdreschmaschinen und Göpeldreschmaschinen.

Größere geschlossene Güter sind auf den zur Gemeinde gehörigen Parzellen Seehaus und Schustershof. Der Morgen Acker kostet zwischen 1400, 700 und 150 M.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt und das Futter von guter Qualität. Die zweimähdigen Wiesen, von denen der Morgen zwischen 1700, 1200 und 600 M. kostet, tragen so viel, daß ca. 2200–2500 Ctr. nach außen verkauft werden können.

Weinbau kommt vor auf der ganzen Sommerseite des Jagstthales und ist in den letzten Jahren wesentlich verbessert worden (s. oben S. 147).

Die Obstzucht wird in ziemlicher Ausdehnung betrieben.

Die Gemeinde besitzt 1700 Morgen Wald, mit Ausnahme von 25 Morgen forstweise angelegten Nadelholzkulturen durchgängig Laubwald, jährlich ca. 921 F.Meter Klafterholz und 737 Festmeter Wellen ertragend. Hieraus erhält gegenwärtig jeder im Ort ansäßige Bürger und Bürgers-Wittwe 100 Wellen Bürgergabe und als Entschädigung für nicht in natura empfangenes Holz 14 M. Das übrige wird, soweit es nicht zu Besoldungen und zum Heizen der öffentlichen Gelasse verwendet wird, für die Gemeindekasse verkauft.

Die Weide ist fast durchaus Brach- und Stoppelweide; außer ihr sind dazu noch einige öde, der Gemeinde und Privaten gehörige Plätze vorhanden. Es laufen auf ihr im Sommer ca. 350, im Winter ca. 600 Stücke von der Bastardrace, welche im Ort überwintert werden. Die Weide wird von der Gemeinde je auf 9 bis 12 Jahre verpachtet, wofür sie gegenwärtig 2245 M. Pachtgeld bezieht. Dafür hat der Pächter den ganzen Pferch, muß aber um die Viertelgarbe auf Verlangen der Güterbesitzer pferchen. Die Gemeinde besitzt weiter folgende Güterstücke: 1. 100 Morgen ausgestocktes Areal des Walddistriktes Bannholz, morgenweise an Ortsbürger verpachtet, gegenwärtig zum Durchschnittspreis von 13 M. pro Morgen. 2. Das Seehausgut s. unten „Seehaus“. 3. Das Kaplaneigut, siehe folgende Seite. Der auf der Markung befindliche allodiale Grundbesitz der früheren Ganerben beträgt jetzt noch: 1. des Fürsten v. Löwenstein-Wertheim-Rosenberg 32,50 ha = 103 Morgen,

| worunter 21,65 = 69 M. Wald; 2. der Frhrn. v. Gemmingen-Hornberg a) des Frhrn. Friedrich v. G. in Neckarzimmern 23,35 ha = 74 M. Feld, b) des Frhrn. August v. G. in Michelfeld 12 ha = 38 M. Wald.

Die Viehzucht ist im Allgemeinen in gutem Zustand, soweit die vielen kleinen Wirthschaften, welche alle landwirthschaftlichen Zugarbeiten mit den Kühen versehen, es zulassen. Die Farrenhaltung, welche der Gemeinde obliegt, ist mit dem sog. Kaplaneigut (vom Stift Mosbach stammend, s. u.) verbunden, welches 4 ha 34 ar an Gärten, Äckern und Wiesen umfaßt.

Das Fischereirecht in der Jagst gehört theils der Gemeinde, theils der Grundherrschaft v. Gemmingen, und der Standesherrschaft Löwenstein-Rosenberg, in der Kessach (Forellen) dem Staat. Sämmtliche Fischereien sind verpachtet, je nach dem Umfang von 40 bis 3 M. pro Jahr. Bessere Fische werden verhältnismäßig wenige gefangen, die geringeren meist an die Israeliten in der Umgegend verkauft. Man fängt in der Jagst hauptsächlich Weißfische, Barben, Schuppfische, in minderer Zahl Hechte und Aale; in der Kessach (außer Krebsen) blos Forellen.

Handel findet statt mit Nutz- und Brennholz; auch Heu und Stroh wird besonders nach Heilbronn abgesetzt. Ein Frachtfuhrmann vermittelt den Bahnanschluß nach Heilbronn. – Die 2 jährlichen Märkte sind ohne Bedeutung. Es besteht eine obligatorische Winterabendschule, eine Kleinkinderschule, eine Näh- und Strickschule.

Stiftungen sind folgende vorhanden: 1. von der Stiftungspflege werden verwaltet: ein Kapital von 2108 M. 89 Pf. von 24 Stiftern von 5 bis 120 fl. zu Ankauf und Vertheilung von Brod an Ortsarme; ferner 255 M. 60 Pf. von 2 Stiftern, an verschämte Hausarme; 171 M. 43 Pf. zu Büchern an arme Schüler; 34 M. 29 Pf. für Kleider an arme Konfirmanden; 2. von der Stadtpflege: 17.143 M. gestiftet von Karl Münchmayer, dem 1871 verstorbenen, in Kalifornien zu angesehener Stellung gekommenen Sohn des früheren Stadtschultheißen M., für Ausbildung intelligenter Knaben unbemittelter Eltern hauptsächlich zu gewerblichen und landwirthschaftlichen Fächern; 3. vom Pfarrgemeinderath: 342 M. 86 Pf. von einem Stifter, zur Unterstützung armer Kranker.

Alterthümer: Daß eine römische Straße von römisch Jagsthausen nach einer römischen Niederlassung westlich von Widdern, von der man Spuren in den Grundresten eines Gebäudes

| gefunden zu haben glaubt, führte, ist möglich; ebenso daß von Widdern westlich von der Seckach eine Straße nördlich geführt hat.

Der hinter der Stadt sich erhebende Schloßberg hat seinen Namen von dem alten Ganerben-Schloß (s. u.), von dem sich nur wenige Spuren erhalten haben. An einer Stelle im Kessachthal („im Klösterle“) soll man Grundmauern von einem Gebäude gefunden haben (s. u.).

Flurnamen und Benennungen: Altes Schloß, hinterm Schloß, Schloßberg; alte Schanz, Schildwache, im Klösterle, in der Kappel, Liebfrauenberg, Hohe Straße, Bubensteig, Nonnenberg.

Zu Widdern gehören die Parzellen:

Schustershof, nordwestlich von der Stadt auf dem Plateau zwischen Dippach und Kessach gelegen, und

Seehaus, ein Hof südwestlich von der Stadt im Hardthäuser Wald an der nach Neuenstadt führenden Straße, mit einem der Stadt gehörigen 85 Morgen großen Gut, dem Seehausgut, zum größeren Theil Rodfeld. Für die Verpachtung des Guts (zugleich Schildwirthschaft) bezieht die Stadt 875 fl.


Widdern, alt Witterheim = Heimwesen eines Witter, woraus abgekürzt Wideren etc., gehört zu den ältesten Orten im Bezirk, deren schon im 8. Jahrhundert Erwähnung geschieht, anläßlich von Schenkungen, welche dem Kloster Lorsch an der Bergstraße durch Männer und Frauen unserer Gegend geworden sind. Im 11. Jahrhundert sehen wir das Kloster Komburg daselbst begütert. Lehensherr der Stadt und Burg, nach welcher schon im 13. Jahrhundert ein Adelsgeschlecht sich genannt zu haben scheint (Reg. 1244), sowie Patronatsherr der Kirche war der Bischof von Würzburg, welcher die Kirche 1258 dem Chorherrenstift Mosbach einverleibte, mit der Stadt und Burg aber die in unserer Gegend weithin begüterten Dynasten von Dürn (Walldürn) belehnte. Besitz- und Rechtsnachfolger der letzteren wurden die Grafen von Wertheim, dann 1307 die Grafen von Eberstein. Auch die von Weinsberg erscheinen um 1318 damit belehnt. Bald aber, um die Mitte des 14. Jahrhunderts, trat eine wesentliche Änderung ein: Widdern wurde und blieb bis in unser Jahrhundert eine Ganerbschaft, d. h. gemeinschaftlicher Besitz Mehrerer mit Erbrecht für jeden Theilhaber der

| Gesellschaft[1]. Zunächst kam Burg und Stadt durch Kauf 1362 je hälftig an Würzburg und Hohenlohe-Möckmühl. An des letzteren Stelle traten um 1400 durch Kauf die Hofwart v. Kirchheim am Neckar, neben sie bald auch (s. 1440) die Gemmingen, welche heute noch im Besitz von Gütern und im Mitbesitz des Kirchenpatronats zu Widdern stehen; dann die Neipperg (1440), Echter (von Mespelbrunn bei Aschaffenburg), Wolmershausen (Stammsitz im OA. Crailsheim), Hundt v. Wenkheim (BA. Tauberbischofsheim, 1451) Rüd v. Bödigheim (BA. Buchen), Schelm v. Bergen (am Niederrhein), Frankenstein (in Hessen), Handschuchsheim (bei Heidelberg), Seldeneck (OA. Mergentheim), Horneck v. Hornberg (BA. Mosbach, 1452) Heinrieth (OA. Weinsberg), Kurpfalz (1454) – diese alle Ganerben in Widdern, als die oben S. 201 f. beschriebene Katastrophe über das Schloß und Städtchen hereinbrach. Nachdem beide wieder aufgebaut waren, werden im Stadtbuch von 1477 als Ganerben genannt: Würzburg, Pfalz, die Adelsheim, Berlichingen, Dottenheim (bayr. BA. Uffenheim), Gemmingen, Hofwart, Rodenstein (im hessischen Odenwald), Venningen, Züllenhardt (abg. im OA. Göppingen); als solche, die eine Erböffnung zu W. erkauft, aber keinen Theil an der Nutzung haben: 2 Berlichingen, je 1 Dottenheim, Hartheim, Pfeil, von der Thann, Sickingen, Stettenberger, Liebenstein, die Rosenberger mit zwo Öffnungen, die von Thurn. Durch die Eroberung im Jahr 1504 (s. oben S. 204) erlangte Württemberg ein Öffnungsrecht, erwarb von | den Berlichingen einen Ganerbentheil von 3/16, später noch einen Theil des Züllenhardischen Antheils und setzte einen Amtmann nach W. Ötingers Landbuch von 1624 nennt als württembergisch in W.: 31 Unterthanen, Antheil an der alten Burg, die gar im Abgang ist, 2 Mahlmühlen, Privatpersonen zugehörig, dem Herzog zinsbar, 3/16 an der Vogtei, die malefizisch Obrigkeit allein. In späterer Zeit werden noch genannt Herren vom Holtz (1586), v. Mühlen (1719). Der Hofwartische Theil fiel 1675 nach dem Aussterben der Familie an den Lehensherrn Würzburg heim, so daß schließlich Würzburg 192/512, Württemberg 114/512, Gemmingen 110/512, Züllenhard 96/512 besaßen. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 gab den Würzburger Antheil den Fürsten von Löwenstein; Baden, welches Napoleon 1805 mit Württemberg im Verhältnis von 19:13 in die Oberherrlichkeit über Widdern einsetzte, belehnte nach dem Tod des letzten Zyllenhard, badischen Justizministers, 1828 die freiherrliche Familie von Berstett mit dem Züllenhardschen Theil. Demgemäß haben heute als letzten Rest der alten Ganerbenrechte die Krone Württemberg, die Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, die Freiherren von Gemmingen-Hornberg und die Freiherren von Berstett in regelmäßigem Turnus das Recht, den Stadtpfarrer und den ersten Schullehrer zu nominiren.

Von älteren Verhältnissen führen wir weiter an:

In die Cent d. h. das Strafgericht für schwerere Vergehen und Verbrechen war W. nach Möckmühl gewiesen. Widdern stellte dazu gewöhnlich 3, einmal des Jahrs 4 Schöffen, die andern Orte 2 (s. Möckmühl.) In Widdern selber war außer dem gewöhnlichen Ortsgericht ein Hubgericht, zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Hübnern über Grund und Boden für W. und die benachbarten Orte Ruchsen, Korb, Unterkessach, Olnhausen, die dafür „ziemlich Frohndienste gen Widdern“ zu leisten hatten. Die Ortsobrigkeit bestand aus dem Baumeister, welche Würde „gleich einem Obervogt“ einer der Ganerben je 2 Jahre lang bekleidete, dem Schultheiß, dessen Stellvertreter dem Anwalt, dem Gericht (was jetzt der Gemeinderath) dem Gerichtsschreiber (bis 1614 der Schullehrer), 2 Bürgermeistern. Die Ganerben hatten unmittelbar wenig Gewalt und Rechte: kein Hauptrecht und keinen Handlohn, sondern nur Leibsteuer und Leibhuhn von den eigenen Leuten und Zinsgütern, keine besondere Holzgerechtigkeit außer Beholzung des Schlosses, ganz wenig Frohndienste; war ein Inwohner strafbar, deswegen er ins Gefängnis einzuziehen, so sollte es von keinem Ganerben oder dero Diener selbst geschehen, sondern dem Baumeister oder Schultheißen angezeigt werden. Alljährlich wurde ein Ganerbentag gehalten zur Berathung der allgemeinen Angelegenheiten des Orts, z. B. 1562: württembergisches Recht, Maß und Gewicht soll angenommen,

| auf gemeine Kosten ein Wirthshaus gebaut werden; 1572 zum württembergischen Pulverhaus, Zehntscheuer etc. müssen auch die von Widdern frohnen; eine Gassenwirthschaft wird erlaubt; 1576: Junker Hofwart soll nicht ungemessene Frohnden verlangen; 1579: alle Bursche sollen sich mit Wehren, die Vermöglichen mit Handröhren versehen, in Nothfällen dieselben zu gebrauchen; 1582: Ordnung für die Metzger; 1593: die Burg soll wieder aufgebaut werden; 1600: neue Ganerben-Polizei-Ordnung.

Die Veränderungen von 1803 und 1805 sind bereits erwähnt. Von 1805 bis 1826 war W. württembergisch-badischer Kondominatsort mit wiederholtem Wechsel im Turnus der Rechtspflege und Verwaltung (siehe unten Reg. 1831), bis ein Vertrag zwischen beiden Staaten 1846 den mit der Getheiltheit verbundenen Übelständen ein Ende machte.

Kirchliches. Daß die Pfarrkirche 1258 dem Chorherrnstift Mosbach inkorporirt wurde, ist bereits erwähnt worden. Das benachbarte Olnhausen war dahin eingepfarrt bis 1329 und blieb noch länger in einiger Abhängigkeit von der ehemaligen Mutterkirche (s. Olnhausen). Auch Jagsthausen soll ursprünglich Filial von Widdern gewesen sein. Vielleicht hängt mit der Aufhebung zusammen, was im Stadtbuch von 1477 bemerkt ist: Die Bürger haben Macht, in der Kessach zu fischen bis zu dem hangenden Thürlein, und hat es kauft ein Bürger um den andern und gibt 3 Heller an die Frühmeß zu Jagsthausen. Auch Widdern hatte eine Frühmeßkaplanei und eine Vikarie zur heil. Jungfrau (1350 Württ. Vierteljahrsh. II, 285). Nach der Reformation zog Kurpfalz im Namen des aufgehobenen Stifts Mosbach das Kaplaneigut ein und verlieh es in Erbpacht, was zu ewigen Prozessen führte (s. Reg. 1842). Auch die Besetzung der Pfarrei nahm der Pfalzgraf in Anspruch, weshalb die Ganerben ihm 1584 die Reparatur der Kirche zumutheten. 1590 ernannte Württemberg ohne die übrigen Ganerben und gegen Pfalz den Pfarrer, weshalb letztere die Mosbacher Einkünfte der Pfarrei sperrte. (Stocker, Gemmingen II, 2, S. 63.) 1593 beschloß der Ganerbentag: Die württembergische Kirchenordnung soll gehalten und jährlich Kirchenvisitation vorgenommen werden; und die Ganerbenordnung von 1600 schärfte ein: Der Pfarrer soll allein die Augsburgische Konfession lehren, der kleinen Württemb. Kirchenordnung sich bedienen und mit den jungen Kommunikanten ein Examen halten. (Ebend.)

Die heutigen Patronatsrechte s. o.

| Pfarrer: Cunradus 1305. Nyclaus 1368. Heinr. Mamelin 1415. Joh. Friedrich 1546. Peter Freund, gen. Steiger 15 . . Sebastian Schönsbrodt bis 1562 (wird vom Ganerbentag wegen Mangel Gehörs abgeschafft. Stocker, Gemmingen II, 2, S. 63). Hans Müller 1562. („Hansen Müllers v. Hartheim, Sohn, starb 1587 20. Apr. nachdem er 28 Jahr allhie das Evangelium geprediget, seines Alters 52 Jahr.“ Kirchenbuch und Grabstein in der Kirche.) Hans Müller, des Vorigen Sohn, 1587. M. Melchior Scherer 1590. M. Johann Jakob Linß 1606, stirbt hier 9. Nov. 1606. M. Bernhard Werner von Neustadt 1606. M. Joh. Ulrich Keßler v. Stuttgart, vorher Diak. in Möckmühl, 1635. M. Michael Endtlich v. Möckmühl 1636. M. Sam. Fischer v. Straßburg, geb. 1612, poeta laureatus, Pf. hier 1639 oder 40 bis 1645, Pfarrer in Kochersteinsfeld bis 1648, dann wieder in Widdern bis 1677. Dazwischen Joh. Phil. Heiland 1645–48. Ge. Lud. Carolus 1677–78. Walter Chr. Alberti 1687. Joh. Lorenz Esenbeck v. Creglingen, des Vorigen Schwestersohn, 1709. Joh. Wilh. Ris v. Rothenburg a. d. T., des Vorigen Schwiegersohn, 1759. Joh. Christof Wilh. Ris, des Vorigen Sohn, 1804. Karl Sigm. Zeller 1846. Karl Ludw. Heinr. Haug 1849. Herm. Winter 1857. Dr. Jul. Hartmann, v. Neuenstadt a. d. L., 1868. Otto Groß 1875.

In älteren Zeiten finden sich mehrere Jünglinge von Widdern an der Universität Heidelberg immatrikulirt: Heinr. Reußen(k)lotz 1453, Job. Rusenklotz 1495, Nikolaus Kremer 1502, Simon Lutenficis (? Hafner, Ziegler) 1533, Johs. Roschart 1545.


775. Waninc und seine Ehefrau Richsvint schenken dem Kloster Lorsch in pago Jagesgowe in villa Witterheim 20 Tagwerk Ackerland. Cod. Lauresh. 3473.

778. Offo schenkt zu seinem Seelenheil dem genannten Kloster 2 Tagwerk ebendaselbst. loc. cit. 3472.

Ende des 11. Jahrh. Dem 1078 gestifteten Benediktinerkloster Komburg bei Hall übergibt der Mitstifter Wignand, Bürger von Mainz, neben vielen andern Gütern in Lampoldshausen etc. auch einen Hof (mansus) in Wideren. UB. 1, 392. Nach einem alten Zinsrotel hat das genannte Kloster in Wideren zu erheben: 100 Käse, 500 Eier, je 1 Schwein, Schaf, Gans, 2 Hühner. W. F. 10, 32.

1244. Wasmundus de Wideren. Wib. 4, 124.

1258. Iring, Bischof v. Würzburg, inkorporirt die beiden Kirchen Widern und Möckmühl, für das ihm überlassene Recht, einen Probst für das Chorherrenstift Mosbach zu ernennen, diesem Stift, und zwar zu Gunsten der Probstei, die zu Möckmühl für die Stiftsherren. Mon. bo. 37, 377.

| 1297. Albert v. Löwenstein, Domherr zu Würzburg und Probst zu Mosbach, vermacht seine Güter in Widerin, Sindringen, Hall etc. seiner Schwester Kunegund im Kloster Lichtenstern, damit sie darüber nach Gutdünken verfüge. Abh. d. hist. Kl. d. Münchn. Akad. XIII, 3, 107.

1307. Die Grafen von Wertheim und der mit ihnen verschwägerte Konrad v. Bocksberg treten an den Grafen Boppo v. Eberstein, welcher Anspruch auf einen Antheil an Wertheim erhebt, statt dessen Burg und Stadt Widdern ab, welche durch Heirat von den Grafen von Dürn (Walldürn) an die Wertheimer gekommen waren. W. F. 4, 9. (B.)

1312. Graf Ruprecht v. Dürn verpfändet unter Anderem seine Fischweide zu Widdern an Raban v. Neuenstein. Hanßelmann 2, 280.

1318. Konrad v. Weinsberg der Ältere gibt Konrad dem Jüngeren zum Ersatz für Burg und Stadt Widern die Burg Scheuerberg und die Stadt Sulm. Albrecht aus dem Würzb. Lehenbuch 356, f. 26.

1319. Boppo, Graf v. Eberstein, verpfändet dem Erzbischof Peter von Mainz seine Mühle in castro Widern intra muros für eine Gilt von 20 Pfd. Hlr. Würdtwein, Dipl. Mog. 2, 133.

1328–29. Olnhausen wird von dem kirchlichen Verband mit W. getrennt. Stocker, Gemmingen II, 2, 66 (s. Olnhausen).

1330. Hedwig v. Eberstein mit ihren Kindern wird vom Bischof v. Würzburg mit Widdern Burg und Stadt belehnt. (B.)

1343. Hans v. Berlichingen, Burgmann zu Widdern, s. Jagsthausen.

1357. Kraft v. Hohenlohe kauft von dem Grafen Boppo von Eberstein einen Antheil an Widdern. Wib. 1, 191.

1361. Hans v. Berlichingen, gen. v. Husen, Vogt zu W., Ebelin, Schultheiß daselbst. Das Siegel des Kunz Ditz v. Sindringen hat die Umschrift Dieterich de Wideren. Albrecht, Weinsb. Urk.

1361. Graf Boppe v. Eberstein, Frau Irmengart, seine eheliche Hausfrau, und Graf Johann v. Eberstein, Domherr zu Mainz, verschreiben ihrem Schwäher Engelhard v. Weinsberg für eine Schuld von 850 Gulden das Viertheil ihrer Burg und Stadt Wiedern und versprechen dahin zu wirken, daß derselbe damit von ihrem Herrn, Albrecht v. Hohenlohe, Bischof v. Würzburg, belehnt werde. Albrecht, Weinsb. Urk.

1362. Ebendieselben verkaufen die von Würzburg zu Lehen gehende Burg und Stadt Widdern je hälftig an den Bischof Albrecht v. Würzburg und an ihren Oheim Kraft v. Hohenlohe d. Älteren um 8000 Gulden. Die Käufer geloben in der von ihnen erworbenen Burg und Stadt W. einen steten Burgfrieden zu halten, so daß, wenn sie mit einander kriegen würden, Burg und Stadt W. in diesem Krieg still sitzen soll. Mon. bo. 42, 300. 305. Reg. bo. 9, 60.

1363. Reinhard Hofwart und Frau verkaufen an Engelhard v. Weinsberg um 40 Pf. Hlr. ihre eigenen Leute zu Alfeld, Kresbach, Widdern etc. Ludewig, Rel. msc. 12, 608.

1368. Nyclaus Pfarrer zu Widdern Zeuge in einer Hohenlohe-Möckmühler Urkunde. Reg. bo. 9, 210.

1369. Eberhard Rüd, Johanniter-Komthur in Boxberg, verkauft an Kloster Schönthal in Widdern. Bad. Quellens. 4, 155.

| 1372. Kloster Schönthal kauft von Heinrich Sum, Bürger in W., und seiner Gattin 1 Pfund Heller-Gilt aus einer Wiese daselbst um 20 Pfd. St.A. Schönhuth, Schönthal 92. Vgl. Mone, Bad. Quellens. 4, 155.

1386. Bei einer Hohenlohischen Theilung fällt der Hohenlohische Theil von W. mit Ingelfingen, Weikersheim etc. an Friedrich von Hohenlohe und Graf Ruprecht v. Nassau. W. F. 7, 330.

1400. Richtung zwischen Ulrich v. Hohenlohe und Diether Landschad zu Wimpfen wegen der Schäden, welche letzterer um jenes willen an Burg und Stadt Widdern erlitten. Albrecht, Weinsb. Reg.

c. 1400. Bischof Gerhard v. Würzburg verkauft die Hohenlohische Hälfte von Burg und Stadt W. an Hans Hofwart von Kirchheim a. N. (Ganerben zu Neufels OA. Öhringen). Biedermann, Ottenwald 389. Wib. 1, 191.

1403. Mont. nach Lichtmeß haben Feinde des Hofwart, genannt die Schelmen, Widdern erstiegen bei Nacht; da wollten die von Möckmühl Widdern retten, wurden aber übermengt und wurden bei 30 gefangen und dem Bürgermeister wurden die Finger an dem Banner abgehauen und blieb einer todt und die Gefangenen mußten sich stellen gen Breuburg (im hess. Odenwald). Centakten im K. Archiv des Innern.

1415. Heinrich Mamelin Parochus in W. St.A.

1429 s. Möckmühl.

1440. N. Hofwart v. Kirchen und seine Söhne Eberhard und Erkinger verkaufen an Eberhard v. Neipperg ihren Theil an Burg, Stadt und Vorstadt W. mit Zugehör um 5000 Gulden: die Verkäufer behalten sich das Recht vor auf 1000 Gulden, die widerfällig sind nach dem Tode der Frau Margarete von Gemmingen von einem Viertel an W., welches Konrad v. Gemmingen inne hat. Stocker, Gemmingen II., 2, 60.

1451. Georg v. Limpurg beschwert sich gegen die Ganerben zu W. wegen des Schadens, den ihm Hans Echter d. J., zwei v. Wolmershausen, Adam Hundt u. A. zugefügt. Ebend.

1452, auf St. Peter wird ein Burgfriede unter Obmannschaft von Götz v. Aschhausen zwischen folgenden Ganerben zu W. beschlossen: Hans v. Berlichingen, alt und jung, Peter und Wilhelm Rüd von Bödigheim, Hans Schelm v. Bergen, Eberhard und Dietrich v. Gemmingen, Hermann und Kunz Echter, Gebrüder, Hans v. Frankenstein, Eberhard v. Neipperg d. J., Fritz v. Seldeneck, Horneck v. Hornberg d. J. Ebend.

1454. Konrad v. Berlichingen und sein Sohn Bernhard verkaufen ihren Theil an Burg und Stadt W. nebst dem Wildbann an Pfalzgraf Philipp Kurfürst bei Rhein für 300 Gulden rhein. Stälin 3, 508.

1458 s. oben S. 201 f. Ein Reim- und Bilderräthsel auf die Jahrszahl von dem bekannten Chronisten Lor. Fries s. in dessen Biographie von Heffner und Reuß S. 21.

1475. Barbara v. Gemmingen, geborene v. Neipperg, setzt den Kurfürsten von der Pfalz in Kenntnis, daß ihr Gemahl Eberhard von Gemmingen ihrem Sohne Hans halb Widdern und Anderes, was von ihrem sel. Vater herkomme, ohne ihr Wissen und Willen verschrieben und daß sie dagegen protestirt habe. OR. 22, 404.

| 1477. Ein neues Stadtbuch wird angelegt, s. o.

1484. Konrad und sein Vetter Kilian v. Berlichingen vergleichen sich mit der Gemeinde Widdern, daß die von W. die ufgericht Fach, Wehr und Gräben, die sie in und bei der Bach Kessich gemacht, ganz abthun sollen. St.A.

1493. Konrad v. Berlichingen verkauft mit seinem Sohne Bernhard an Kurfürst Philipp von der Pfalz seinen Antheil an Schloß und Stadt Widdern, was Bernhard von den Echtern zuerst pfandweise innegehabt und hernach gekauft und was Konrad von den v. Frankenstein und Handschuchsheim erkauft hatte um 300 gute Gulden. Berlichingen 602. Stocker, Gemmingen II, 2, 62.

1495. In der Pfälzischen Steuer laufen von Widdern 15 Pfälzische Unterthanen mit einem Vermögen von 825 Gulden, wovon sie 2 Proz. Steuer zahlen und 56 andere Hintersaßen, welche von 4839 Gulden 1 Proz. bezahlen. 5 Arme zahlen gar nichts. W. F. 7, 553.

1504 s. oben S. 204.

1505. Stefan v. Venningen, Ritter, urkundet von wegen seiner Hausfrau, Margarete geb. v. Gemmingen, daß Herzog Ulrich diese für den Schaden, den sie im vergangenen Jahr bei Einnahme von Schloß und Stadt Widdern an ihrem Viertheil daselbst erlitten, entschädigt habe. St.A.

1551. Anna und Helene, Töchter Joh. Israels v. Züllnhart in Widdern, treten ins Kloster Seligenthal ein. Gudenus, Cod. dipl. 3, 667.

1562. Jagddifferenzen zwischen H. Christof v. Würt. und den Ganerben zu W. St.A.

1563. Streit zwischen der Gemeinde W. und Bernhard von Steinau zu Olhausen über das Fischwasser der Jagst, welches derzeit an Wendel Öttig zu Olhausen verliehen ist. Ein Schiedsgericht spricht, daß jeder Inhaber des Wassers, also jetzt Bernhard v. Steinau, denen v. Widdern eine jährliche Beed von 6 Pfennig zahlen soll. Arch. Jagsth.

1586. Peter vom Holtz zu W. W. F. 8, 498.

1590. Hans Walter v. Gemmingen kauft von Joh. Christof von Züllenhard 1/2 Sechzehntel, desgleichen 1/4 und 1/5 an einem halben Sechzehntel von W. mit allen Rechten und Gütern um 1555 Gulden. Stocker 63.

1591. Georg Ludwig v. Züllenhard und seine Ehefrau Anna Elisabeth geb. v. Neipperg verkaufen an die v. Gemmingen 15 Gulden Gilt in W. um 300 Gulden, ebenso 1594 eine Gilt von 50 fl. um 1000 fl. Ebend.

1593. Schweikard v. Gemmingen kauft von Hans Engelhard in W. dessen Haus und Scheuer sammt Gütern. Ebend. 69.

1595. Joh. Israel v. Züllenhard verkauft an die v. Gemmingen 1/2 Sechzehntel und 1/5 an einem halben Sechzehntel von Burg und Städtlein W. um 2162 fl. 30 kr. Ebend. 64.

1601. Georg Ludwig v. Züllenhard verkauft an Schweikard v. Gemmingen 121/2 Gulden Gilt nebst seinem halben Theil an Leibeigenen in W. um 250 Gulden. Ebend. 65.

1614 wird ein Gerichtsschreiber gewählt und der Schuldienst davon getrennt. Ebend.

1614 ff. Hans Schweikard v. Gemmingen erbaut in W. seinen sog. Neuen Bau. Ebend. 69.

| 1615. Derselbe kauft von Hans Weinig in W. 31/2 Acker um 60 Gulden und von Hans Vogler sein Stücklein Weingarten um 46 G. Ebend. 65.

1629. Hans Konrad v. Gemmingen-Bürg stiftet die Linie Gemmingen-Widdern, welche mit dem Tode des auf dem Kirchhof in W. begrabenen Wilhelm Heinrich 1807 erlischt. Stocker 70. 74.

1660. Streit zwischen Herzog Eberhard v. Württ. und denen v. Berlichingen wegen der Jagd zu W. St.A.

1667. Staat eines Baumeisters und Schultheißen sammt einer Ordnung des Fleckens zu Widdern, Ordnung und Satzung, wie es fürohin in geist- und weltlichen Sachen gehalten werden soll. St.A.

1675. Nach dem Aussterben der Hofwart v. Kirchheim fällt ihr Antheil an W. an Würzburg heim.

1691–1785. Wiederholte Vorschläge, die Württembergischen 3/16 an W. gegen die Würzburgischen 2/3 an Großeislingen bei Göppingen zu vertauschen.

1704. 6. 11. 15 werden General-Streifzüge gegen das Zigeuner- und andere herrenlose Gesindel gemacht. Stocker 65.

1719. Das Sechzehntel, welches die Junker v. Mühlen an W. gehabt, kommt theils an Gemmingen, theils an den Hanauischen Hofmarschall v. Züllenhard um 3418 Gulden. Ebend.

1749. Württemberg kauft um 7000 Gulden zu seinen 3 Sechzehntel an W., welche es von den Berlichingen erworben, einen Theil des Züllenhardischen Antheils, bestehend in 9 Sechzehntel von einem Sechzehntel an allen herrschaftlichen Einkünften, Zehnten, Strafen, Nachsteuer, Beed, Umgeld, Weggeld, Weidgeld etc. Ebend.

1773. Würzburg will seinen Antheil an W. gegen Edelfingen bei Mergentheim an die Herren v. Adelsheim vertauschen. St.A.

1803. Durch den Reichsdeputations-Hauptschluß werden die Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg für ihre Verluste am Niederrhein mit den Fürstbischöflich Würzburgischen Besitzungen in Widdern, Thalheim, OA. Heilbronn etc. entschädigt.

1805. Durch Tagesbefehl Kaiser Napoleons vom 19. Dezember kommt die Oberherrlichkeit in Widdern zu 19/32 an Baden, zu 13/32 an Württemberg.

1827 f. Das neue württembergische Pfandgesetz wird in dem Kondominatort Widdern eingeführt. Reg.-Bl. 1827, S. 38, 1828 S. 227.

1831. Der Kondominatsort Widdern und die badische Enklave Ruchsen werden dem Württembergisch-Bayrischen Zollverein einverleibt, Reg.-Bl. 1831, S. 196. Der 1820 festgesetzte Turnus, wornach die Ausübung der Rechtspflege in Widdern zwischen Württemberg und Baden alljährlich wechseln sollte, wird für die Rechtspflege und Verwaltung in einen 7jährigen: 4 Jahre Baden, 3 Württemberg, verwandelt, unter Belassung der ausschließlichen Giltigkeit der württemb. Gesetzgebung in Civil- und Kriminalrechts-Sachen, wie in allen Verwaltungszweigen mit Ausnahme der Finanzverwaltung. Reg.-Bl. 1831 S. 298 ff.

1832. Württemberg und Baden kommen bezüglich der Militär-Aushebung in W. dahin überein, daß die Zahl der jährlichen Militärpflichtigen zwischen beiden Regierungen mittelst des Looses gleich zu

| theilen und sodann jedem Theil überlassen sei, aus seiner Quote die angemessene Zahl Rekruten auszuheben. St.A.

1835. Nachdem Baden dem Zollverein beigetreten, wird die Zollaufsicht in Widdern und Ruchsen dem nächstgelegenen Württemb. Hauptzollamt zugewiesen. Reg.-Bl. 1835, S. 459.

1842. Das sogenannte Kaplaneigut, welches längst von der Pfälzischen Administration eingezogen und in Erbbestand verliehen war, wird durch richterliches Erkenntnis den Rechtsnachfolgern des Stifts Mosbach zuerkannt und von diesen 1845 an die Gemeinde Widdern verkauft. Stocker 66.

1846. Zur Beseitigung der Mißstände, welche mit der Württembergisch-Badischen Hoheitsgemeinschaft verbunden waren, werden durch Staatsvertrag vom 28. Juni 1843 bis 7. März 1846 vom 1. Mai 1846 ab Widdern und Edelfingen unter die ausschließliche Hoheit des Königs von Württemberg, Korb, Dippach, Hagenbach und Unterkessach unter die des Großherzogs von Baden gestellt. Reg.-Bl. 1846, Seite 127 ff. 247.



  1. „Geanerben“, Mitanerben sind ursprünglich alle andere Erbberechtigten außer den Erben im genauen Sinn, die ganze Sippe, die hinter den Erben wie im Kreise steht; dann die Sippe, welche irgend eine Burg oder Gebiet als ungetheilten und untheilbaren Gemeindebesitz bewahrt; endlich eine Sippe, die durch Aufnahme auch Anderer zum Begriff einer Gesellschaft mit Erbverbrüderung sich erweitert. Die Einrichtung hatte eine besondere Bedeutung für das Fehdewesen, indem die Burg, welche die Ganerbschaft darstellte, als gemeinsamer „Enthalt“, Zuflucht, Sammelpunkt, Ausfallsort etc. diente, so daß öfters von Reichswegen einzugreifen versucht wurde. (Grimm, Deutsches Wörterbuch s. v. Ganerbe.) Die Burg als Veste war ungetheiltes Gemeingut, ebenso die Gerichts- Zwing- Bannrechte, Wälder, Weiden, Wildbänne und Fischenzen, wogegen die einzelnen zur Bewohnung nöthigen Baulichkeiten, das Burgwidem, die Höfe, Hofstätten, Mühlen, Äcker, Wiesen etc. den einzelnen Gemeinern abgesondert zugehörten. Weibliche Erben, welche für die Vertheidigung der Gemeinburg nichts thun konnten, erbten nur die Nutzung der ihnen zugefallenen Burgtheile, bis sie durch Verehlichung mit einem Standesgenossen diesen Mangel ergänzten. (Bader in der Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins 23, 92 ff.)


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