Beschreibung des Oberamts Neresheim/Kapitel B 32
« Kapitel B 31 | Beschreibung des Oberamts Neresheim | Kapitel B 33 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Einsam, abgeschieden, von Wäldern umschlossen, liegt im nördlichen Theil des Herdtfeldes am Beginn des gegen Südosten ziehenden trockenen Gassenthälchens das nicht unfreundliche, sommerliche, gegen Süden abhängige Örtchen, dessen Häuser meist mit Stroh oder Schindeln gedeckt und an den Giebelseiten mit Latten verkleidet sind. Einige der nahen gegen Morgen liegenden Anhöhen, wie der Steinhügel und der Weller, gewähren anmuthige Ausblicke in das Ries.
Die 1740 in Kreuzesform erbaute Kirche zu Mariä Himmelfahrt hat im Innern eine stolze, mit Fresken geschmückte Stuckdecke (gefertigt 1744, erneuert 1835). Der Chor ist halbachteckig geschlossen, die hölzerne, mit Schalldeckel versehene Kanzel in hübschem und reichem Rococostil gehalten. Der im Westen der Kirche stehende, vom Viereck in’s Achteck übergehende, mit Pilastern und Doppelfenstern belebte Thurm enthält zwei Glocken; auf der einen steht in gothischen Minuskeln: Anno domini MCCCCXXIIII per manus magistri Johannis de laugingen; ferner zeigt diese Glocke ein Krucifix mit den | vier Evangelisten an den vier Enden, und zu Seiten mit Maria und Johannes. Auf der andern Glocke steht: Gegossen von Nicolaus und Johann Regenault in Dinkelsbühl 1789.Die Unterhaltung der Kirche und des Pfarrhauses hat der Staat.
Der ummauerte Friedhof liegt um die Kirche.
Das nicht besonders stattliche, 1654 von Abt Meinrad erbaute Pfarrhaus liegt in der Nähe der Kirche.
Das 1855 erbaute Schulhaus enthält im ersten Stock zwei geräumige Lehrzimmer, im zweiten die Wohnung des Schulmeisters. Im Jahre 1855 wurde das frühere Schulhaus zum Rathhaus eingerichtet.
Sehr gutes Trinkwasser liefern ein laufender, vier Pump- und acht Schöpfbrunnen; in Ober-Riffingen tritt dagegen öfters Wassermangel ein und das Wasser muß dann aus dem Riedwasen, oder aus dem Vogelbrunnen im Staatswald gleichen Namens geholt werden; dieser, mehr eine Quelle als ein Brunnen, liefert ein vortreffliches Wasser. Zu dem laufenden Brunnen im Ort wird das Wasser in hölzernen Deicheln hergeleitet. In Unter- wie in Ober-Riffingen besteht eine Wette. Ein unbedeutendes Bächlein, das sich bald wieder unter dem Boden verliert und überdieß häufig versiegt, beginnt im Ort.
Die Staatsstraße von Neresheim nach Bopfingen und die Vicinalstraße von Aufhausen nach Dorfmerkingen berühren die Markung; letztere geht durch Ober-Riffingen.
Die Haupterwerbsquellen der sehr geordneten und sparsamen Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht; die Gewerbe dienen meist nur dem örtlichen Bedarf, bloß die am stärksten vertretenen Maurer und Steinhauer arbeiten auch auswärts.
In Unter-, wie in Ober-Riffingen bestehen je eine Wirthschaft mit Bierbrauerei, in Unter-Riffingen überdieß zwei Kramläden.
Die Vermögensverhältnisse sind gut zu nennen; der begütertste Bürger besitzt 110, der Mittelmann 30–40, die ärmere Klasse 6–20 Morgen Feld.
Die nicht große, etwas hügelige Markung, von der überdieß ein namhafter Theil mit Wald bestockt ist, hat einen mittelfruchtbaren, steinigen, nicht tiefgründigen Boden, der meist aus den Zersetzungsprodukten des weißen Jura besteht und in nassen Jahrgängen ergiebiger ist als in trockenen.
Das Klima ist, wie überhaupt auf dem Herdtfeld, ziemlich rauh und feinere Gewächse, wie z. B. Gurken, gedeihen nur in guten Jahrgängen. Hagelschlag kommt selten vor.
Steinbrüche sind keine vorhanden, dagegen finden sich hinreichend los herum liegende weiße Juratrümmer, die zu Straßenmaterial und Riegelgemäuer verwendet werden. Bohnerzgruben befinden sich im Badersbauernhau und in der Nähe von Ober-Riffingen.
| Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des allgemein gewordenen Hohenheimer Pflugs und einiger eiserner Eggen gut und fleißig betrieben, während die Einrichtung der Düngerstätten, namentlich die Gewinnung der Jauche, noch manches zu wünschen übrig läßt; als Düngersurrogate werden Gips und Asche angewendet. Man baut die gewöhnlichen Getreidearten, Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Wickenfutter und etwas Flachs; letzteren für den eigenen Bedarf. Von den Getreideerzeugnissen wird, mit Ausnahme des Roggens, etwa 1/3 theils im Ort, theils auf der Schranne in Bopfingen verkauft. Einer ausgedehnteren Landwirthschaft steht hauptsächlich der verhältnißmäßig nicht ausgedehnte Wiesenbau entgegen, der jedoch ein gutes nahrhaftes Futter erzeugt.Die nicht bedeutende Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit späten Birnsorten und Zwetschgen, die häufig durch Frühlingsfröste leiden und theils grün, theils gedörrt im Ort verspeist werden.
Die vorhandenen Allmanden werden mit der Brach- und Stoppelweide in Unter- und Ober-Riffingen an einen fremden Schäfer, der den Sommer über 600 Stück Schafe auf der Markung laufen läßt, um 8–900 fl. von der Gemeinde verpachtet, während die Pferchnutzung unter die Bürger mit Gemeinderecht vertheilt wird; außer dieser Einnahme gehört noch zu einer Gemeindegerechtigkeit 1/2 Morgen Acker und ein Krautbeet.
Die Gemeinde selbst hat einige Güterstücke, die sie um 15 fl. jährlich verpachtet; Gemeindewaldungen sind keine vorhanden.
Die Pferdezucht ist gering, die Rindviehzucht aber in ziemlich gutem Zustande; letztere beschäftigt sich mit verschiedenen Racen, zu deren Nachzucht je ein Farre in Unter- und Ober-Riffingen aufgestellt ist. Das selbst gezogene, entbehrlich gewordene Vieh wird auf benachbarten Märkten verkauft. Herbstaustrieb findet noch statt.
Das Stiftungsvermögen beträgt 5440 fl., meist aus Jahrtagsstiftungen bestehend; ferner ist ein Schulfonds mit 700 fl. vorhanden, wozu Pfarrer Köninger mit einem Legat von 224 fl. den Grund legte. Die Armenstiftungen betragen 480 fl. und die Meßnereikasse besteht in 1845 fl. Ablösungsgeldern.
Von Spuren aus grauer Vorzeit nennen wir die Römerstraße (Frankenstraße), welche von Faimingen nach Bopfingen führt und hier auf eine namhafte Strecke die östliche Grenze der Markung Unter-Riffingen bildet. Die von Heidenheim herkommende römische Straße lief über die Markung von Ober-Riffingen nach Michelfeld und von da nach Bopfingen. Östlich von ihr lag zwischen Ober-Riffingen und Hohenlohe das sog. Frankenschloß. Altgermanische Grabhügel befinden sich auf der sog. bloßen Gmeind zwei und mehrere in dem anstoßenden Walde Kohlhau, unter denen einer eine namhafte Größe hat. Auch im Teich, östlich vom Ort, ist ein Grabhügel und einer | 1/8 Stunde südlich von Weidendorf; in der Nähe des letzteren sieht man im Walde noch ehemalige Ackerbeete. Bei Michelfeld kommen ebenfalls mehrere Grabhügel im Herrschaftswald Bahnrein und auf der Erzgrube vor, einen davon ließ der Verfasser öffnen; man fand in der Mitte auf dem gewachsenen Boden eine zusammengedrückte große Urne, in derselben eine kleinere von feinerer Masse, die ein drittes kleines rundes Gefäßchen aus schwarzer Erde enthielt, zu Seiten dieser großen Urne standen kleinere, und in jeder wieder ein Gefäß aus feinerer Erde und mit hübschen Linienverzierungen; auch wurden in der Nähe zwei kurze Schwerter aufgefunden. Auf der Markung Ober-Riffingen trägt ein Wald den Namen „Nonnenbühl“, ob von einem daselbst gestandenen Kloster, oder weil er zu einem Frauenkloster gehörte, läßt sich nicht ermitteln, indessen will man hier schon Spuren von einer alten Ringmauer gefunden haben. Etwa 1/4 Stunde nordwestlich von Michelfeld kommt die Benennung „Harthausen“ vor, was aus einen abgegangenen Wohnort hindeutet und unterhalb Michelfeld soll ein Schlößchen (vielleicht eine römische Befestigung) gestanden sein. Man sieht noch einen halbrunden, aus dem Felsen gearbeiteten Graben, während die Vertheidigung der andern Seite durch den steilen Abhang gesichert ist.Die ursprüngliche Schreibart ist immer Ruffingen, Rüffingen, weßwegen der Name auch heutzutage so geschrieben werden sollte. Das Vorhandensein eines festen Hauses dahier bezeugt ein Georg von Rüffingen, Edelknecht, a. 1311. Die Hauptgrundherren in beiden Riffingen waren später die Schenken von Schenkenstein, welche unter sich selbst Güter hin und her verkauften; mehrere Güter trugen sie 1443 und 71 dem Kl. Ellwangen zu Lehen auf.
Die Deutschordenskommende zu Kapfenburg hatte schon 1404 Güter zu Riffingen erworben und Lutz von Zipplingen, Mitbesitzer des Schenkensteins, verkaufte ihr 1456 zwei Höfe zu Unter-Riffingen, Vogthaber, Gülten u. s. w. um 734 fl.; weitere Güter und Wälder erwarb der Orden 1472. 74. 1606; zu Ober-Riffingen 1442 eine Gült von Ulrich Dambacher von Walchsee und 1471 die Gülten des Klosters Lorch.
Nach dem (bürgerl.) Tode des letzten Schenken (s. bei Aufhausen) nahm Ellwangen Besitz, die alodialen Güter erbten die Herren von Gundelsheim und verkauften sie 1613 an Oettingen. Diese Grafen hatten vorher schon (z. B. 1580) einige Besitzungen gehabt und die hohe Jurisdiktion in Anspruch genommen, was verschiedene Streitigkeiten schon mit den Schenken, nachher mit Deutschorden und Ellwangen veranlaßte, besonders über Kirchweihschutz, Gemeindeherrschaft u. dgl. Um diesen Händeln zu entgehen, verkaufte Ellwangen 1797 mit seinen Unterthanen auf dem Herdtfelde auch die zu Ober- und Unter-Riffingen | an Oettingen. In Ober-Riffingen besaß auch das Bopfinger Spital ein Gut, dem Rathe vogtbar u. s. w.Die zwei Riffingen selber hatten lang Streit über die Weide, welchen 1476 der Kommenthur und der schenkische Amtmann, die beiden Dorfsherrschaften, schlichteten.
Eine Pfarrei bestand in Unter-Riffingen schon 1332; das Patronat besaß damals Ulrich von Bopfingen (als württembergisches Lehen), der es an Graf Ludwig von Oettingen verkaufte. Dieser übergab nun die Pfarrei dem Kl. Neresheim, welchem sie 1333 vom Bischof incorporirt wurde. Um 1350 gab’s Streit zwischen dem Kloster und dem Kirchherrn; später versah ein Conventuale den Gottesdienst. Graf Ludwig von Oettingen forderte 1565 die Aufstellung eines Weltgeistlichen.
Bei Michelfeld steht eine Feldkapelle, 1837 von zwei Bauern gestiftet.
Ein predium in Michelvelt mit der Vogtei hat Ritter Eggehard von Bopfingen 1239 der Kirche zum heiligen Kreuz in Augsburg geschenkt; Ritter Kuno von Killingen (s. Herdtfeldhausen) hat den Raschenhau bei Michelfeld nach Bopfingen gestiftet. Die Kommende Kapfenburg besaß schon 1408 Güter da und kaufte 1417 um 45 fl., was der Else Fetzerin, der Wittwe des Truchseß Kunz von Stetten gehörte; Anderes kaufte sie 1415 und 87 von einem Dinkelsbühler Bürger und von den Schenken. Späterhin hatte Deutschorden zu Michelfeld ein Jagdhaus. Über den Zehenten stritten Deutschorden und Neresheim, er wurde aber 1499 dem Kloster zugesprochen vom Bischof. Auch hier sprach Oettingen die Landeshoheit an; 2 Lehen zu M. hatte Heinrich von Reichen u. a. 1303 an Oettingen vertauscht.
Der Ort scheint übrigens im 16. Jahrhundert soweit in Abgang gekommen zu sein, daß nur noch vom „Hof M.“ die Rede ist; einmal ist gesagt: der einige Bauernhof ist gen Riffingen gepfarrt. Ein Brand war in neueren Zeiten a. 1851.
Zu der Gemeinde gehören:
b. Michelfeld, liegt 1/2 Stunde nordwestlich vom Mutterort hoch auf dem Herdtfeld am Anfang eines tiefen, nach Aufhausen hinab ziehenden Thals. Der kleine Weiler, durch den die Vicinalstraße von Ober-Riffingen nach Bopfingen führt, besteht aus einigen Bauernwohnungen und der Wohnung des K. Revierförsters, das Schlößle genannt; er ist auf drei Seiten mit Wald umgeben und nur gegen Südosten genießt man eine schöne Aussicht in das Ries hinein. Gutes Quellwasser ist hinreichend vorhanden. Die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind wie im Mutterort.
Etwa 1/8 Stunde südwestlich vom Ort liegt das Erzhäuschen, eine Hütte für die Bergknappen, welche hier das Bohnerz graben und | schlemmen (s. Abschnitt, Gewinnung von Mineralien); bis hieher gieng der sog. See, ein Sumpf, der jetzt ausgetrocknet und in Feldgüter umgewandelt ist.c. Ober-Riffingen, nur 1/8 Stunde westlich von Unter-Riffingen an der Vicinalstraße von Dorfmerkingen nach Bopfingen auf einer beinahe rings mit Wäldern umgebenen Höhe freundlich und friedlich gelegen. Der ansehnliche Weiler besteht meist aus ziegelbedachten hübschen Häusern, die zwischen Obstgärten weitläufig hingebaut sind.
Am Nordende des Orts steht die hübsche, weiß getünchte Kapelle zum hl. Wendelin, auf deren First ein kleiner Dachreiter sitzt.
Das nöthige Trinkwasser liefern 16 Privatbrunnen. Über die natürlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse s. die Ortsbeschreibung von Unter-Riffingen, wohin auch die Einwohner in die Kirche und Schule gehören.
d. Weidendorf, ein kleiner Hof, zu dem etwa 18 Morgen Güter gehören, liegt an der Bopfingen-Neresheimer Landstraße, eine starke Viertelstunde südöstlich vom Mutterort.
Die aus der Gegend von Faimingen kommende Römerstraße führte zunächst an dem Hof vorüber.
Weidendorf ist eine neuere Ansiedlung, aber auf der Stelle eines alten Hofs; denn 1332 werden agri Gerute supra Wiedendorf genannt, und etwas später besaßen die Gußregen eine Weilerstatt Weidendorf.
Das Erzhäusle dient den mit Bohnerzgraben beschäftigten Bergknappen zum Aufenthalt.
« Kapitel B 31 | Beschreibung des Oberamts Neresheim | Kapitel B 33 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|