Beschreibung des Oberamts Neuenbürg/Kapitel B 13
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Das große, marktberechtigte Dorf liegt, in die Länge gedehnt 5/4 Stunden westlich von der Oberamtsstadt in einem kleinen wiesenreichen Thälchen, und zwar ist der größere Theil desselben an den linken leicht geneigten Gehängen, der kleinere mit Kirche, Pfarr- und Rathhaus, an den rechten Gehängen hingebaut, während nur wenige Gebäude in der Thalebene selbst stehen. Das mit Obstbäumen reich umgebene Dorf hat meist ansehnliche, durchgängig mit Ziegelplatten gedeckte Häuser. Die mit halbrundem Chorschluß versehene Pfarrkirche wurde im Jahr 1753 im modernen Rundbogenstyl neu erbaut, dagegen stammen die unteren Theile des viereckigen, mit Zeltdach versehenen Thurmes noch aus früherer Periode und enthalten in dem unteren Stockwerke einen spitzbogigen Eingang und ein Kreuzgewölbe. Auf dem Thurme hängen 3 Glocken, von denen die größte 1736, die mittlere 1699 und die kleinste 1608 gegossen wurde. An der Nordseite des Langhauses ist ein Stein mit räthselhafter Figur, einen springenden Stier vorstellend, eingemauert, der ohne Zweifel noch von der früheren, im romanischen Styl erbauten Kapelle herrührt; dieselbe war nach der Volkssage dem heil. Stephan geweiht und stand an der Stelle der gegenwärtigen Kirche, noch heute der Stephansberg genannt. Das Innere der Kirche hat außer einem alten, im germanischen Styl gehaltenen Taufstein nichts Bemerkenswerthes. Die Kirche ist Eigenthum der örtlichen Stiftungen, aus denen auch die Unterhaltungskosten derselben zu bestreiten sind. Um die Kirche liegt der mit starken Mauern umfriedigte, für den Mutterort und die (unten genannte) Filialien gemeinschaftliche Begräbnißplatz.
Das zunächst der Kirche stehende Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem ganzen Kirchspiel gemeinschaftlich obliegt, wurde im Jahr 1836/37 mit einem Aufwand von 1500 fl. gut hergestellt. Das Rathhaus, in welchem auch ein Lehrzimmer und ein Wohngelaß des Lehrgehilfen eingerichtet ist, befindet sich in ziemlich gutem Zustande; das eigentliche Schulhaus steht auf der linken Seite des Thales und enthält ein Lehrzimmer, wie auch die Wohnung des Schulmeisters. Eine Industrieschule ist im Jahr 1853 wieder in’s Leben gerufen worden.
Im Ort sind 3 starke, nie versiegende Quellen vorhanden, von denen sich der Lindenbrunnen vor dem Rathhaus, von einer früher | an demselben gestandenen Linde so genannt, durch seinen höheren Wärmegrad auszeichnet; die an dem südlichen Ende des Ortes befindliche Quelle liefert ein sehr weiches Wasser, das vorzugsweise als Trinkwasser benützt wird. Überdieß fließt der von Conweiler herkommende Feldrennacher Bach der Länge nach durch den Ort, um sich 1/4 Stunde unterhalb desselben mit der Pfinz zu vereinigen.Die Einwohner sind im Allgemeinen kräftig und erreichen zuweilen ein hohes Alter, übrigens zeigen sich bei ihnen nicht selten Spuren des Kretinismus und Scrophelnkrankheiten; Ruhr, Schleim- und Nervenfieber sind stets wiederkehrende Krankheitsformen. In Betreff der Lebensweise und Sitten haben sie viel mit den badischen Nachbarn gemein, mit denen sie in stetem Verkehr leben, wie sich überhaupt bei ihnen ein merkantilischer Sinn vorzugsweise geltend macht. Eine besondere Sitte ist, daß am Erscheinungsfest (Obersten) jeder Hausvater mit Weib und Kind in das Wirthshaus geht. Ihre Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht, Handel mit Holz, Vieh, Obst, Gemüse etc. und etwas Gewerbe; außer den gewöhnlichen Handwerkern ist die Holzschuhfabrikation, welche etwa 6 Personen beschäftigt, und ein Seiler zu nennen, der mit Seegrasflechten gegenwärtig 10 Personen beschäftigt, und sich auch durch Verfertigung geschmackvoll geflochtener Jagdtaschen auszeichnet. Die Vermögensumstände der Einwohner gehören zu den mittelmäßigen; der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 22 Morgen, der mittlere 6 Morgen, viele haben nur 1–2 Morgen oder gar kein Grundeigenthum. Etwa 400 fl. werden für Armenunterstützungen verwendet.
Der Boden der verhältnißmäßig kleinen, übrigens meist ebenen Markung, ist nicht fruchtbar und besteht aus einem leichten mit Lehm gemengten Sand, den in einer Tiefe von 1–2′ der bunte Sandstein unterlagert; an einzelnen Stellen kommen auch Mergel und Thon vor. Der Boden begünstigt im Allgemeinen eine starke Verrasung, besonders greift das Queckengras sehr um sich und soll sich nur mittelst des noch üblichen Brennens der Felder zurückhalten lassen.
Das Klima ist rauher als in dem nur 1/2 Stunde entfernt gelegenen Ottenhausen, dagegen milder als in dem nahen Conweiler und noch mehr als in Dennach. Die Ernte tritt um 8 Tage früher als in Conweiler und um 14 Tage früher als in Dennach ein. Frühlingsfröste schaden nicht selten den Obstbäumen, dagegen gedeihen in günstigen Jahrgängen auch Bohnen, Welschkorn etc. Hagelschlag kommt nicht häufig vor.
Die Landwirthschaft, welche früher ganz vernachlässigt wurde, hat sich, seit man die Waldungen nicht mehr so stark ausbeuten darf, | namhaft gehoben, übrigens läßt sie noch immer Manches zu wünschen übrig und zweckmäßige Neuerungen finden nur sehr langsam Eingang.Bei dem Ackerbau findet kein regelmäßiger, sondern nur ein gemischter und willkürlicher Betrieb ohne eigentliche Brache statt; man baut Dinkel, Roggen, Hafer, etwas Gerste, hauptsächlich Kartoffeln und Kraut, nur wenig Erbsen und Linsen; von Futterkräutern dreiblättrigen Klee und von Handelsgewächsen etwas Hanf und Reps für den eigenen Bedarf. Der Ertrag eines Morgens beträgt 6 bis 8 Scheffel Dinkel, 3 Scheffel Roggen, 6 Scheffel Hafer und 4 Scheffel Gerste. Die Felderzeugnisse reichen übrigens für das örtliche Bedürfniß nicht hin, so daß noch viele Früchte von Außen bezogen werden müssen. Die Ackerpreise bewegen sich von 80–200 fl. per Morgen.
Die durchaus wässerbaren Wiesen sind im Allgemeinen gut, übrigens sehr verschieden und liefern theilweise etwas saures Futter; 2/3 derselben sind zweimähdig und 1/3 einmähdig. Der Ertrag von den guten Wiesen beträgt 40–50 Centner und von den geringen 24 Centner Futter per Morgen; die Preise eines Morgens bewegen sich von 120–1200 fl.
Die Obstzucht wird in großem Umfange betrieben und ist überdieß immer noch im Zunehmen begriffen; die ganze Markung gleicht einem Baumgut. Es werden vorzugsweise Most- und Schnitzsorten, übrigens auch feinere Obstarten, wie Schleemüllerbirnen, Fleiner, Reinetten, Mastäpfel, Zürchling etc. gezogen. Von dem Obstertrag kommt in günstigen Jahren ziemlich viel, namentlich feinere Sorten und Kirschen nach Außen zum Verkauf, der weit größere Theil des Ertrags wird zum Mosten, Dörren und Brennen benützt. Beinahe jeder Ortsbürger hat eine kleine Baumschule, in welcher er seinen Bedarf an Jungstämmen nachzieht.
Die Weiden werden nur noch für Schweine auf den Allmanden und in einzelnen Waldungen benützt.
Die Rindviehzucht, welche sich vorzugsweise mit Landrace beschäftigt, ist in ziemlich gutem Zustande und einzelne Ortsbürger haben schon von dem landwirthschaftlichen Bezirksverein Preise für schönes Vieh erhalten. Zur Nachzucht sind 3 Farren (1 Rigi- und 2 Landfarren) vorhanden, welche 3 Bürger, 2 im Ort und 1 in Pfinzweiler gegen Nutznießung des Widdumguts und jährlich 25 fl. halten. Die Stallfütterung ist eingeführt. Mit Mast- und Melkvieh wird ein nicht unbedeutender Handel, besonders nach Baden und Frankreich getrieben.
Die Schweinezucht ist nicht nur im Ort, sondern auch in Pfinzweiler beträchtlich und bildete vor dem Auftreten der Kartoffelkrankheit | eine Haupterwerbsquelle der Einwohner; neben ziemlicher Nachzucht und Mast für den eigenen Bedarf werden noch viele Ferkel auswärts verkauft.Der Ort ist durch Vicinalstraßen nach Ottenhausen, Ittersbach, Pfinzweiler, Langenalb und Schwann mit der Umgegend in Verbindung gesetzt.
Auf der Markung befinden sich zwei im bunten Sandstein angelegte Steinbrüche, aus denen gute Bau- und Werksteine gewonnen werden.
Der Ort hat das Recht, jährlich 4 Vieh- und Krämermärkte abzuhalten.
Die Gemeinde ist, gemeinschaftlich mit Pfinzweiler, im Besitz von 640 Morgen Waldungen, welche getrennt von der Markung liegen und gegenwärtig 200 Klafter und 6000 Stück Wellen jährlich ertragen; hievon erhält jeder Bürger jährlich 1/2 Klafter und 15 bis 25 Stück Wellen, der Erlös aus dem übrigen Holz mit 500–700 fl. jährlich fließt in die Gemeindekasse. Über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt siehe Tabelle III.
An dem sogenannten Reitweg, einer ehemaligen, durch den Gemeindewald Hardtberg ziehenden Römerstraße sollen Gebäude gestanden seyn; in der Nähe dieser Stelle findet man noch Spuren früherer Agricultur.
Der Ort (früher auch Veltrennach geschrieben) war Straubenhardtisch; Güter und Rechte hierselbst sowie in Pfinz (heut zu Tage Pfinzweiler) erwarb Württemberg den 16. Oktober 1442 von Straubenhardtischen Tochtermännern (siehe bei Conweiler).
Die hiesige Kirche, deren Patronat landesherrlig ist, hat zu Filialien Conweiler, Dennach, Pfinzweiler und Schwann. Feldrennach selbst war ursprünglich Filial von Rudmersbach, bis im Jahr 1479 die Bürger aus ihrer bisherigen Kapelle eine neue Pfarrei machten, welche theils neu, theils durch bisherige der Pfarrei Rudmersbach zuständige Gülten, Zinse, Zehnten und Gefälle bewidemt und in welche sodann außer den gegenwärtigen Filialien zeitweilig die Orte Rudmersbach, Rothensol und Neusatz eingepfarrt waren.
Was die Zugehörungen der politischen Gemeinde betrifft, so ist die (Conweiler-) Sägmühle 5/4 Stunden südwestlich von Feldrennach am Holzbach gelegen.
Der größere Weiler, Pfinzweiler (ehemals Pfinz genannt), liegt 1/4 Stunde westlich von dem Hauptort auf einer freien Hochebene zwischen den Thälchen des Feldrennacher Baches und der Pfinz. Der freundliche, hinter Obstbäumen versteckte Ort besteht aus einstockigen, | übrigens nicht unansehnlichen Häusern, die sich zu beiden Seiten der von Feldrennach nach Langenalb führenden Vicinalstraße in mäßigen Entfernungen von einander lagern.Das im Jahr 1810 erbaute, mit Thürmchen, Glocke und Uhr versehene Schulhaus enthält ein Lehrzimmer und die Wohngelasse des Schulmeisters.
Gutes, nie versiegendes Trinkwasser liefern 2 laufende und 4 Ziehbrunnen. Die Pfinz entspringt 1/4 Stunde vom Ort auf den sogenannten Möhnleswiesen nahe an der badischen Grenze.
Die übrigen Verhältnisse gleichen denen von Feldrennach.
Auf den unfern (südwestlich) vom Ort gelegenen Burgwiesen befindet sich noch eine Vertiefung, welche nach der Sage von dem Einsenken eines Kellers der hier gestandenen Burg herrühren soll.
Nach der Erwerbung des Jahres 1442 (siehe oben) erhielt Württemberg noch 1598 die halbe Markung Pfinz von den Schöner von Straubenhardt und Achior von Ulm, einem Schöner-Straubenhardtischen Tochtermann. Um jene Zeit ist von Pfinz als einem abgegangenen Weiler die Rede und unser Pfinzweiler ist neueren Ursprungs.
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