Beschreibung des Oberamts Riedlingen/Kapitel B 39

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39. Reutlingendorf,

ein kath. vormals Marchthalisches Pfarrdorf, 21/2 St. n.ö. von Riedlingen, mit 251 Einw. C. A. Zwiefalten, F. Taxisscher Standesh. Amtsbezirk und R. A. Marchthal F. V. Buchau; Grund-, Patronats- und Zehentherr F. von Th. und Taxis.

Gefälle beziehen: Taxis 263 fl. 34 kr., 24 Sch. 22/3 Sr. D., 24 Sch. 2 Sr. H., 2 Sch. 3 V. Roggen; Ortsheilige 3 fl. 30 kr., 41/2 Sch. D. und 3 Sch. 12/3 Sr. H., dazu kommen Fst. Tax. Landgarbengefälle im Betrag von 1795 fl. 54 kr.

Der Ort liegt, weithin sichtbar, auf der Hochfläche an dem rechten Donauufer, an einem hohen Bergstock angelehnt, durch ein sanftes Wiesthälchen, in 2 Theile getheilt. Er hat 1 Schildw. Die Baulast der Kirche und des Pfarrhofes hat der Fürst.

Im J. 790 schenkt Graf Berthold mit seiner Gemahlin| Gersinde seinen Antheil an Riutilinga an das Kloster St. Gallen, und Gr. Berthold sein Enkel bestätigt 826 diese Schenkung. S. 7 u. 9. Ferner kommt das Dorf Rutelinga in der Urkunde K. Otto I. v. J. 961 vor. S. 10. Was St. Gallen zu R. besaß, kam in der Folge als Lehen in mehrere Hände, und wurde, mit Einwilligung der Lehensherrschaft, einzeln an das Kloster Marchthal verkauft. Die Hauptsache aber – „das Dorf R. mit Zwing und Bännen“ verkauften 1419 Heinrich von Stein und Hans von Hornstein zu Schatzberg an das Kloster, und der Abt von St. Gallen verzichtete, gegen 80 fl., auf sein Obereigenthumsrecht. Von Sigmund von Stein erwarb das Kloster 1463 auch Kirche und Kirchensatz, ebenfalls St. Gallisches Lehen[1], welche hierauf dem Kloster einverleibt wurden[2]. Von den verschiedenen Familien, welche ehemals Theil an Reutlingen hatten, schrieb sich auch eine von dem Orte. Albert von Reutlingen kommt in dem Östr. Pfandrodel von 1313 als Burgmann vom Bussen vor, und die Marchthaler Jahrbücher erwähnen schon 1204 zweyer Ritter von Reutlingen. 1264 verkauft Hans von R. seine eigenen Leute zu Reutlingen und an andern Orten an Johann von Stein, zu Marchthal gesessen. St. Gallen hatte seinen Maier in R. und wahrscheinlich verwalteten die Herrn von R. dieses Amt, und erhoben sich nachher zu Edelleuten und Rittern, wie dieß häufig geschah[3]. Mit Hans von Reutlingen scheint die Familie erloschen zu seyn; denn 1365 kauften Götz und Eberhard von Stein Kirche und Kirchensatz nebst mehreren Höfen und Gütern von dem Tochtersohn des Hans und dem Tochtermann Ernsts des Langen, Vogts zu R. Wo | diese Herrn von Reutlingen ihren Sitz gehabt haben, weiß Niemand mehr, wahrscheinlich aber bey der Kirche. Übrigens liegt auch eine starke Viertelstunde, südöstlich von dem Orte, gegen Dobel hin ein Hügel, „der Schloßberg“ genannt, wo man noch die Spuren einer Burg mit Wall und Graben findet. In dieser Gegend zog auch die oben S. 21 erwähnte Römerstraße vorüber.

Des bey R. vorkommenden Sandsteins und der Höhlen daselbst ist S. 47 u. 32 gedacht. Von den letztern macht der Herr Pfarrer Bachmann folgende Beschreibung. „Im Schwedenkriege (der auch hier große Verwüstungen anrichtete) wurden die Einwohner genöthigt, den Ort zu verlassen, und sie wohnten, eine starke Viertelstunde entfernt, in unterirdischen Höhlen. Die Zahl dieser Höhlen war 14 bis 15, die jetzt meistens ganz zerfallen sind; nur noch 2 davon sind sichtbar; man sieht, daß sie zimmerartig eingerichtet waren, und sie bestehen aus gehöltem s. g. Pfosande. Jetzt befindet sich ein Wäldchen darüber.“



  1. V. Arx Gesch. v. St. Gallen II. S. 180.
  2. Auch die Grafen von Veringen, in deren Banne Reutlingen, als zur Comitia Friedberg gehörig, gelegen war, hatten einen Hof und Güter zu R. die bey dem großen Verkaufe 1290 an Östreich kamen. In dem letztern heißt es: zu Rutelingen lit ein Hof und ein Zehent und ander Gut, die köffet sind von Veringen etc.
  3. Von Arx Geschichte v. St. Gallen I. 316.