Beschreibung des Oberamts Waiblingen/Kapitel B 27

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27. Gemeinde Oppelsbom,
mit Oberweiler, Gemeinde dritter Classe mit 573 evang. Einwohnern.


a) Das Pfarrdorf Oppelsbom, früher Oppelsbaum (vom Mannsnamen Opolt und Baum), dann auch unrichtiger Weise Oppelsspohm, liegt in einem Thale, auf den über dem rechtseitigen Remsufer sich erhebenden Abhängen des Welzheimer Waldes, den sogenannten „Berglen“ (S. 3), an der Grenze der Oberämter Schorndorf und Welzheim, nordöstlich 31/2 Stunden von Waiblingen. Die Boden- und climatischen Verhältnisse dieser | Gegend sind im allgemeinen Theile erwähnt. Der Ort ist reich an Quellwasser und vortrefflichen Sandsteinen, die zum Bauen dienen und auch zu Brunnentrögen verarbeitet werden; auch an Kalk- und Flein-Steinen. Oppelsbom ist dem Forstamt Reichenberg zugetheilt und der Sitz eines Königl. Revierförsters. Alle Zehenten und grundherrlichen Rechte gehören zum Hofcameralamt Winnenden; an letzteren hat die Gemeinde seit 1818 für 1554 fl. 58 kr. abgelöst, worunter alle Laudemien.

Oppelsbom liegt am Zusammentritte von 3 Thälchen, theils im Thale, theils auf einer kleinen, gegen Westen ansteigenden Anhöhe, an der von Winnenden nach Schorndorf führenden Vicinalstraße. Nahe dabei fließen drei Bäche, wovon der größere von Norden kommt und die zwei kleineren in den östlichen Gebirgen entspringen, zusammen und bilden da zwei Arme, welche in gleicher Richtung ihren Lauf nach Westen nehmen und bei der Volkardsmühle sich mit einander vereinigen. Das Dorf besteht aus meist alten und schlechten Häusern, in denen oft mehrere Familien beisammen wohnen, und ist wegen der Menge des Wassers nicht reinlich.

Mit dem nur wenige Häuser zählenden Oberweiler hat der Ort 98 Haupt- und 52 Neben-Gebäude. Er war früher größer und sollen noch 60 bis 70 unüberbaute Hofstätten vorhanden seyn. Sonderbarer Weise führen einige vom Ort etwas entfernte Gebäude bei der Ziegelhütte den Namen „Vorstadt.“ Die Kirche zum heil. Mauritius liegt am Eingang des Dorfes, auf der zuvor erwähnten Anhöhe, wurde 1440 bis 1528 gebaut, ist gothischen Styls und mit einer starken Mauer umgeben. Sie ist in ziemlich gutem Zustande, aber nicht mehr geräumig genug, und hat eine gute Orgel. Auf dem kolossalen, massiven, aber unvollendet gebliebenen Thurme befindet sich ein harmonisches Geläute. Die Kirche ist Eigenthum der Parochie. Kleinere Baukosten trägt die Stiftungspflege, größere dagegen werden auf sämmtliche den Pfarrsprengel bildende Gemeinden umgelegt. Der für sämmtliche Pfarrgenossen gemeinschaftliche Begräbnißplatz liegt außerhalb des Dorfes. Das neben der Kirche gelegene Pfarrhaus hat die Königl. Hofdomänenkammer im Jahr 1834 neu erbaut. Das Schulhaus bauten 1838 die Ortskassen. Ein Rathhaus ist nicht vorhanden.

Der Nahrungsstand ist nicht günstig; die Einwohner leben allermeist in dürftigen Verhältnissen. Die Markung zählt 6603/8 Morgen Baufeldes, worunter 552/8 Morgen Weinberg; ihre Größe steht also unter dem Durchschnitte des Bezirkes. Was die landwirthschaftliche Cultur hier und in den übrigen „Berglensorten“ betrifft, so liegen die Äcker theils auf Höhen, theils an | Abhängen. Der Ackerboden ist nicht fruchtbar, in der Regel zu schwer, und hat eine zu seichte Humusschichte. Man rechnet durchschnittlich vom Morgen
Aussaat.   Ertrag.
Dinkel  7–8 Simri. 21/2–3 Scheffel.
Weizen 2–21/2
1–11/2
Haber 4
2
In Oppelsbom und Rettersburg erfordert der Pflug 4, in den übrigen Orten 2 Stücke Rindvieh, wozu meist Kühe verwendet werden, und zwar in der Regel am Doppeljoch. Die Art des Anbaues läßt noch viel zu wünschen übrig. Der Mangel an Streumaterial bewirkt einen sehr fühlbaren Düngermangel. Unter den Getreidearten sind Dinkel und Weizen die gewöhnlichsten, Gerste, Haber, Roggen und Einkorn die selteneren. Die Brache ist vollständig angebaut, am Vortheilhaftesten mit Wälschkorn. In Oppelsbom ist der rothe Klee sehr häufig. Der Absatz von Früchten nach Außen ist unbedeutend. Ein Morgen Acker kostet in Oppelsbom 10–400 fl., in Bretzenacker 60–400 fl., in Ödernhardt 30–200 fl., in Öschelbronn 6–200 fl., in Rettersburg 15–200 fl. Flachs wird wenig gebaut, wohl aber ziemlich Hanf von mittelmäßiger Qualität, der meistens im Hause versponnen und theilweise als Tuch verkauft wird. Die Wiesen von Oppelsbom und Bretzenacker sind vorzüglich, von Rettersburg sehr gut, von Ödernhardt gering; Öschelbronn hat ziemlich viele und gute Wässerungswiesen. Die Wiesen von Oppelsbom haben besonders viel wilden Salbei und Klee, sind zweimähdig und können theilweise bewässert werden. Der Preis steht um 1/31/2 höher als der der Äcker. Die Bauart der an den Bergen liegenden Weinberge stimmt mit jener des Remsthales überein. Das Beziehen der Reben – größtentheils Sylvaner und Elblinge – ist vorherrschend; es kommen 2800–3000 Stöcke auf den Morgen. Der Wein stellt sich unter den gewöhnlichen Remsthäler, mit dem er sonst viele Ähnlichkeit hat. Ödernhardt und Oppelsbom gelten als die besten Orte. Die Ertragsfähigkeit ist bis zu 8 Eimer, in Rettersburg nur 4 Eimer vom Morgen. Ein Morgen Weinberg wird in Oppelsbom zu 700 fl., in den übrigen Orten zu 4–500 fl. verkauft. Die Obstzucht ist sehr bedeutend und im Zunehmen begriffen, namentlich in Ödernhardt und Öschelbronn, wo das Obst besonders gerne geräth. Unter den Kernobstsorten stehen die Frühbirnen, insbesondere die Gaishirtlen, unter dem Steinobst die Kirschen oben an. In Benützung des Obstes steht das Mosten im ersten Range. Außerdem wird Kirschengeist in Menge bereitet und ausgeführt. – Weiden sind keine vorhanden; selbst die | Benützung der Schafweide hat dem Bracheinbau weichen müssen. Die Rindviehzucht ist mit wenigen Ausnahmen mittelmäßig, das Vieh mehr klein als von mittlerer Größe. Die Farrenhaltung ist sehr mittelmäßig und verpachtet. Die schädliche Gewohnheit des Zutreibens besteht noch. Der Vervollkommnung der Viehzucht steht als Hinderniß das Mißverhältniß im Wege, in welchem sich Futtererzeugniß und Viehstand befinden. Dieses hat zur Folge, daß gegen das Frühjahr hin das Futter äußerst karg zugemessen werden muß, so daß das Vieh oft in den erbärmlichsten Zustand geräth. Überdieß liegt der Viehhandel fast einzig in den Händen der Juden, die von Zeit zu Zeit mit großen Trieben in die Orte einfallen und den verderblichen Tauschhandel treiben. Die Schafzucht hat völlig aufgehört. Schweinszucht wird nicht betrieben; die zur Mastung nöthigen jungen Schweine werden meist aus dem Hallischen bezogen. Außer den in keiner Haushaltung fehlenden Hühnern werden sehr viele Gänse aufgezogen. Dieselben werden in der Regel ganz jung, besonders im Remsthal, aufgekauft und kommen gegen den Herbst in die Hände von Händlern, die ganze Wagen voll nach Westen, besonders nach Frankreich führen. An Handwerkern sind kaum die allernöthigsten vorhanden, abgesehen von den Leinewebern, deren mehrere die Barchent- und sogenannte Blau-Weberei (zu den bekannten Blousen) betreiben. In Oppelsbom sind eine Brauerei, eine Ziegelhütte, ein Rothgerber und einige Weber und Schreiner hervorzuheben.

b) Oberweiler, sonst auch Lauchhof und Flohhof genannt, Weiler mit 40 Einwohnern, westlich 1/4 Stunde von Oppelsbom, auf einer Höhe am Wald in den Berglen gelegen. Es wächst hier gutes Obst.

Die Pfarrei ist von hohem Alter. Durch die Reformation, bis wohin in der Kirche eine St. Achatius-Brüderschaft war, gelangte das Patronatrecht an Württemberg; das Nominationsrecht aber stand dem Domcapitel Constanz zu und kam durch den Reichsdeputationsschluß 1802 an Baden und 1807 durch Tausch an die Krone Württemberg. Die Parochie bilden, außer dem Mutterorte mit Oberweiler, die Filialien Rettersburg mit Linsenhof, Drexelhof und Kieselhof, Öschelbronn mit einem Theile von Stöckenhof, Ödernhardt mit Plapphof, Bretzenacker mit Volkardtsmühle, ferner Buhlbronn, Krehwinkel, Necklingsberg und Vorderweißbuch mit Birkenweißbuch und Streich, Oberamts Schorndorf. Früher war der Pfarrsprengel noch größer, da nicht bloß Buchenbachhof bis 1732, sondern auch Unterschlechtbach, Oberamts Welzheim, bis 1810, Lindenthal, desselben Oberamts, bis 1836, und Asperglen, Oberamts Schorndorf, gleichfalls bis 1836, auch in denselben | gehört hatten. An der auch für die Gemeinden Ödernhardt und Bretzenacker gemeinschaftlichen Schule stehen ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe. An der 1836 errichteten Industrieschule unterrichteten noch vor einigen Jahren 4 Lehrerinnen. Neuerdings ist sie eingegangen. Die Stiftungspflege, mit den Heiligen Mauritius und Achatius vereinigt, ist durch Schulhausbauten in ihrem Vermögen zurückgekommen. Es hat mehrere, jedoch unbedeutende Stiftungen für Arme.

Die Gemeinde besitzt 108 Morgen Grundeigenthum und 4310 fl. Capitalien; die Gemeindeumlage gehört aber zu den bedeutenderen. Das Stiftungsvermögen beträgt an Capital 3620 fl. – Des Hungerbrunnens ist S. 12 gedacht.

Im Jahr 1293, 22. Juli, kommt Oppelsbom unter denselben Verhältnissen vor, wie Öschelbronn (s. daselbst). Kloster Lorch besaß auch noch später (1542) die Grundherrlichkeit, indem es 13 Lehen inne hatte, die Herrschaft aber nur Vogteigefälle bezog. Im Jahr 1442 versetzte Graf Ulrich von Württemberg den Ort seiner Gemahlin Margarethe. Den Frucht-, Wein- und kleinen Zehenten genoß früher die Ortspfarrei; den Heu- und Noval-Zehenten besaß die Herrschaft. Alle Zehentrechte, welche die Pfarrei hier und in den Filialien Namens des Stiftes Constanz bezog, gingen mit dem Nominationsrecht 1802 an Baden und 1807 an Württemberg über.

Die Gemeinde gehörte zu dem äußeren Gerichte in Winnenden. Die Königl. Hofdomainenkammer erwarb ihre Rechte ganz in der bei Öschelbronn angegebenen Weise.

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