Beschreibung des Oberamts Weinsberg/Kapitel A 6

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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.

In allen Orten des Bezirks war der Staat entweder ausschließlich oder in Verbindung mit Anderen Grundherr und bezog als solcher daselbst theils allein, theils in Gemeinschaft mit anderen Berechtigten die grundherrlichen Gefälle.

Außer der Krone Württemberg sind Grundherren: zu Eichelberg und Weiler, Freiherr von Weiler; zu Eschenau: Freiherr von Hügel; zu Lehrensteinsfeld jetzt der Fürst von Hohenlohe-Bartenstein; zu Unterheimbach: der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst zu 7/9 und Freiherr von Gemmingen-Bürg zu 2/9; zu Ammertsweiler der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein; zu Finsterroth der Fürst von Hohenlohe-Öhringen; zu Löwenstein und Neulautern der Fürst von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg; zu Maienfels und Neuhütten der Freiherr von Gemmingen-Bürg| zu 2/3 und Freiherr von Weiler, 1/3; zu Mainhardt der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein; in den Parzellen von Wüstenroth, Hals, Hasenhof und Weihenbronn der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein; in der Parzelle Spatzenhof mit Löwenstein-Stollenhof der Fürst von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.

Neben dem Staat und den gedachten Grundherren hatten bis zur jüngst eingetretenen Ablösung verschiedene grundherrliche Gefälle zu beziehen: die Stiftungspflege Weinsberg in Weinsberg, Schwabbach, Bitzfeld, Bretzfeld, Ellhofen, Unterheinrieth, Hölzern und Willsbach; die Stiftungspflege Heilbronn in Weinsberg; das fürstlich Löwenstein’sche Rentamt Gülten in Weinsberg; die Stiftungspflege Affaltrach Wachsgülten in Weinsberg; die Stadtpflege Weinsberg zu Weinsberg; Freiherr Gottfried von Berlichingen-Jaxthausen in Weinsberg; in Affaltrach und Bitzfeld die Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein, von Waldenburg und von Öhringen nebst der Hospital- und Stiftungspflege Öhringen, dem Freiherrn von Gemmingen-Bürg und der Pfarrei Bitzfeld; in Ammertsweiler neben den Hohenlohe’schen Grundherren das Stift Öhringen und die Pfarrei Maienfels; in Bretzfeld die Fürsten von Hohenlohe-Öhringen und Waldenburg, Freiherr von Gemmingen-Bürg und mehrere benachbarte Stiftungspflegen; in Ellhofen der Fürst von Löwenstein, der Grundherr von Lehrensteinsfeld und die Stiftungspflegen Weinsberg, Sülzbach und Ellhofen u. s. w.

Abgesehen von den Staatswaldungen und dem sogen. Weißenhof bei Weinsberg befinden sich im Oberamtsbezirk keine geschlossenen Güter.

Das Gesetz vom 18. Juni 1849, betreffend die Ausdehnung des Amts- und Gemeindeverbands auf sämmtliche Theile des Staatsgebiets, kam in Ansehung sämmtlicher Staatswaldungen den betreffenden Gemeinden wesentlich zu Statten.

B. Vormaliges Leibeigenschafts- und Lehenwesen.

Das Verhältniß der sogen. Lokalleibeigenschaft, vermöge dessen ein Jeder, der sich in einem Orte, wo sie bestand, häuslich niederließ, leibeigen wurde, fand in den meisten Gemeinden statt.

Nach den aus dem 16. Jahrhundert herrührenden Lagerbüchern durfte in verschiedenen Orten des Bezirks Niemand, „Mannß oder Frawen Personen So Leibaygenschafft halber Einen Nachvolgenden Herren hat, zuo Burger oder Innwohner angenommen werden, es sei denn, daß sich der oder dieselben zuvor erledigt und abkaufft.“

| Bei Todesfällen mußten in der Regel zu „Hauptrecht“ fünf Schilling Heller entrichtet werden; von leibeigenen Männern außerhalb der Stadt fiel der Herrschaft „das beste Haupt-Vieh, so Die verlassen“, zu, oder wenn Einer kein Vieh hinterließ, „seine beste Kleidung“. Von leibeigenen Weibern bezog bei Todesfällen die Herrschaft ihr „bestes Kleinod oder Kleid“. Leibeigene, die auswanderten, wurden verhauptrechtet.

Nach anderen Urkunden war eine jede Weibsperson, sie sei dem Fürstenthum Württemberg mit „leib Aigenschafft verwandt gewesen oder nit, der Herrschafft, so lange sie gelept, jedes Jahrs ein Faßnachtshenne zu geben schuldig“ gewesen.

Auch waren in mehreren Orten alle Güter zinsbar und theilbar; von jedem Verkauf mußte dem Vogt „ain Schilling Heller (doch in Erbswyß nichtz)“ gegeben werden.

In den meisten Gemeinden betrug das Hauptrecht von dem Vermögen einer verstorbenen leibeigenen Mannsperson 1 fl. aus 100 Pfund Heller und von einer Weibsperson 1 Pfund Heller von je 100 Pfund.

In dem zum Kloster Schönthal früher gehörigen Ort Wimmenthal war das Verhältniß der Leibeigenen am mildesten; die meisten Abgaben dagegen hatten zu entrichten die Angehörigen der zu den Standesherrschaften Hohenlohe-Öhringen, -Bartenstein und -Waldenburg gehörigen Orte: Finsterroth und Ellhofen, beziehungsweise Mainhardt, Ammertsweiler und Unterheimbach, Geddelsbach etc.

Frohnen wurden fast in allen Ortschaften gefordert; nach den Lagerbüchern waren die Einwohner „rayßbar, steurbar, frohn- und dienstbar; sie hatten der Grundherrschaft ein aygen Rayßwagen und „Rayßgezällt jederzeit uff ihren Kost Gericht zu halten.“

Alle diese Abgaben und Leistungen wurden größtentheils schon in Folge der früheren Ablösungsgesetze von den Jahren 1817 und 1836 beseitigt, und der Rest derselben verschwand nach den Ablösungsgesetzen vom Jahr 1848 und 1849 vollends ganz.

Fall- und Schupflehen scheinen im Bezirk nicht bestanden zu haben.

Die Leheneignungsedikte von 1817 trafen im Bezirk nur hin und wieder Erblehen, in Ansehung welcher das Obereigenthum unentgeldlich aufgehoben und die Laudemien in einem gemilderten Maßstab zur Ablösung gebracht wurden; eine gezwungene Geschlossenheit der Güter hatte schon zuvor nicht bestanden.

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C. Grundlasten und ähnliche Leistungen.

Sehr zahlreich waren die im Bezirk bestehenden Zinsgüter, von denen in der Regel jährliche Zinsen und Gülten in Geld oder Naturalien gereicht wurden; sehr oft findet man namentlich auch die Verbindlichkeit zur Lieferung von Hühnern, Hennen und Eiern, Mößnerleiben, Mußmeß, Öl, Wachs u. s. w. in den Lagerbüchern erwähnt.

Alle diese Abgaben wurden indessen, soweit sie nicht schon früher beseitigt wurden, durch die Gesetze von den Jahren 1848 und 1849 abgelöst.

Theilgebühren kamen im Bezirk seltener vor; dagegen erwähnen die Lagerbücher häufig gemischte Gerichts- und grundherrliche Abgaben, Beeden, Kellereisteuern, Vogtfrüchte, Concessionsgebühren, Gebäudezinse und andere Gefälle dieser Art.

Diese Gefälle wurden ebenso, wie die auf neue Gebäude gelegten Canones, die eigentlichen Zins- und Lehngefälle und die aus der Leibeigenschaft herrührenden Abgaben, so weit sie nicht bereits durch die frühere Gesetzgebung beseitigt worden waren, durch die Grundentlastungsgesetze von den Jahren 1848 und 1849 vollständig abgelöst.

D. Die Zehnten.

Im Allgemeinen stand der große Zehnten in der Regel den verschiedenen Grundherrschaften zu, unter welche die den jetzigen Oberamtsbezirk bildenden Orte getheilt waren. Die von der vormaligen Freiherrschaft Weinsberg gingen auf die Rechtsnachfolger der Freiherren, die Pfalz, und von dieser an das Haus Württemberg über (s. Geschichtl.). Es hatten aber auch hier noch in Folge der früher bestandenen Verhältnisse (Theilungen, Kauf und Schenkungen) Dritte Antheil, wie z. B. in der Stadt Weinsberg selbst der Fürst von Löwenstein, früher auch der Freiherr von Berlichingen in Jagsthausen, die Hospitalpflege Weinsberg, die Pfarr- oder Stiftungspflege Heilbronn; ebenso in Bretzfeld die Fürsten von Hohenlohe-Öhringen, sodann in Ellhofen der Fürst von Löwenstein; in Schwabbach Freiherr von Hügel zu Eschenau; in Siebeneich Freiherr von Berlichingen; wogegen der große und kleine Zehnten in dem früher freiherrlichen Ort Maienfels auf die Pfarrei Maienfels übergegangen war u. s. w.

Der Novalzehnten in dem fürstlich Löwenstein’schen Neulautern gehörte dem Staat.

| Die kleinen Zehnten gehörten nur in folgenden Orten den Pfarreien: in Affaltrach von 50 Morgen, in Bitzfeld vom Filial, in Eberstadt, Lehrensteinsfeld und Sülzbach ganz, in Weiler von einem eigenen kleinen Distrikt, in Willsbach ebenso, und in Wüstenroth von Wüstenroth und 7 Filialien. In den übrigen Orten, besonders da, wo kein Brachbau stattfindet, waren sie mit den großen Zehnten verbunden.

Den Heuzehnten bezog nur die Pfarrei Lehrensteinsfeld und Unterheinrieth. In Weinsberg gehörte er dem Fürsten von Löwenstein und von einer Wiese, der Mönchswiese (Kloster Schönthal), der Stiftungspflege Heilbronn.

Der Weinzehnten war ebenfalls in einigen Orten getheilt, wie die übrigen Zehntbezüge. In Weinsberg bezog ihn die Stiftungspflege Weinsberg und erhielt dafür ein Ablösungskapital von 1800 fl. In Eschenau bezog ihn die Pfarrei ad 1/4 von 12 Morg. In den übrigen Orten stand er der betr. Grundherrschaft zu.

Blutzehnten kam nur bei der evangel. Pfarrei Affaltrach vor und wurde 1848/49 abgelöst.

Stellen wir die einzelnen Orte zusammen, so gehörte vor der Ablösung in

Weinsberg der große Zehnten dem Staat, der Pfarrpflege Heilbronn, der Hospitalpflege Weinsberg und dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim; der kleine Zehnten war ganz unbedeutend.

Affaltrach der gr. Z. dem Staat (545 M.) und der Gemeinde (22 M.) der kl. Z. dem Staat (152 M. sammt dem Weinzehnten von 203 M.), der Gemeinde (152 M. mit dem Zehnten von 152 M. Wiesen) und der Pfarrei.

Ammertsweiler der gr. Z. Hohenlohe-Bartenstein.

Bitzfeld der gr. Z. dem Staat.

Bretzfeld der gr. Z. Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst und Hohenlohe-Öhringen 1/3, dem Staat 2/3.

Dimbach der gr. Z. dem Staat und der Stiftungspflege Rappach und Waldbach.

Eberstadt der gr. Z. dem Staat (Weinzehnten).

Eichelberg der gr. Z. dem Freiherrn von Weiler; ebenso der kl. Z. zum Theile gemeinschaftl. mit der Pfarrei Weiler.

Ellhofen der gr. Z. dem Staat allein; der kl. Z. dem Staat 2/3 und dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg 1/3.

| Eschenau der gr. Z. dem Freih. von Weiler-Eschenau, dem Staat und der Pfarrei.

Finsterroth der gr. Z. dem Fürsten Hohenlohe-Öhringen.

Geddelsbach der gr. Z. dem Fürsten Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst.

Gellmersbach der gr. Z. dem Freiherrn von Berlichingen 12/60 dem Staat 48/60.

Grantschen der gr. Z dem Staat.

Hölzern der gr. Z. dem Staat und (aus 1/15) dem Freiherrn von Berlichingen; der kl. Z. dem Staat und (aus 4/60) dem Freiherrn von Berlichingen.

Höslinsülz der gr. Z. dem Staat allein, mit Ausnahme des gr. Z., welcher den Fürsten Löwenstein-Wertheim-Rosenberg gehörte.

Löwenstein der gr. Z. dem Staat und der fürstl. Standesherrschaft Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (als Rechtsnachfolger des ehemal. Klosters Lichtenstern) je aus 1/2.

Maienfels der gr. u. kl. Z. dem Staat und theilweise den Freiherren von Gemmingen-Herrenberg, Teuffel-Birkenfeld, von Weiler, der Pfarrei und der fürstl. Hohenlohe-Bartenstein’schen Standesherrschaft.

Mainhardt der gr. u. kl. Z. dem Staat, beziehungsweise dem Fürsten von Bartenstein.

Neuhütten der gr. Z. den Freiherrn von Gemmingen und v. Weiler und der Pfarrei Maienfels.

Neulautern der gr. Z. dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg und theilweise dem Staat (13 M.) und Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (13 M.)

Rappach der gr. Z. dem Staat zum Theil als Rechtsnachfolger der Freiherrn von Groß und von Eyb (seit 1835).

Scheppach der gr. Z. dem Staat (1/3) und Freiherrn von Hügel zu Eschenau 2/3.

Schwabbach der gr. Z. dem Freiherrn v. Hügel 1/3, dem Staat 2/3.

Siebeneich der gr. Z. dem Freiherrn Götz von Berlichingen 1/3, dem Staat 2/3.

Steinsfeld der gr. Z. dem Freiherrn v. Göler (2/3) und dem Staat (1/3), Weinzehnten von Göler und theilweise dem Staat; der kl. Z. der Pfarrei.

Sülzbach der gr. Z. dem Staat; der kl. Z. der Pfarrei.

Unterheimbach der gr. Z. den Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein und Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst von 15| Morgen und Freiherrn v. Weiler von 25 Morgen allein, im Übrigen den beiden Ersteren zu 7/9 und dem Freiherrn von Gemmingen zu 2/9.

Unterheinrieth der gr. Z. dem Staat und der Löwenstein-Wertheim’schen Standesherrschaft.

Waldbach der gr. Z. dem Staat, mit Ausnahme von zwei besonders umsteinten Bezirken, von welchen der große Zehnten dem Mößnereidienst, sowie der Stiftungspflege gehört.

Weiler der gr. Z. dem Freiherrn von Weiler.

Willsbach der gr. Z. dem Staat u. Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.

Wimmenthal der gr. Z. dem Staat (den Heuzehnten bezog die Gemeinde.)

Wüstenroth der gr. Z. dem Staat, der kl. Z. der Gemeinde, beziehungsweise der Pfarrei.

E. Bannrechte

fand das Gesetz vom 8. Juni 1849 im Bezirke keine vor.


2. Staats- und kirchliche Einrichtungen.


A. Eintheilung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk Weinsberg gehört zum Neckarkreis, für welchen der Gerichtshof in Eßlingen, die Kreisregierung in Ludwigsburg ihren Sitz haben, und zum Schwurgerichtsbezirk Ludwigsburg.

Von den Bezirksbehörden haben ihren Sitz in der Oberamtsstadt Weinsberg:

a) das Oberamtsgericht, welchem untergeordnet sind das Gerichtsnotariat Weinsberg und zwei Amtsnotariate. Das Gerichtsnotariat besteht für die Gemeinden: Weinsberg, Eberstadt, Ellhofen, Gellmersbach, Grantschen, Hölzern, Schwabbach, Siebeneich, Lehrensteinsfeld, Sülzbach und Willsbach; sodann das Amtsnotariat Löwenstein für die Gemeinden: Ammertsweiler, Finsterroth, Höslinsülz, Löwenstein, Maienfels, Mainhardt, Neuhütten, Neulautern, Unterheinrieth und Wüstenroth; das Amtsnotariat Eschenau für die Gemeinden: Affaltrach, Bitzfeld, Bretzfeld, Dimbach, Eichelberg, Eschenau, Geddelsbach, Rappach, Scheppach, Unterheimbach, Waldbach, Weiler und Wimmenthal.

b) Das Oberamt mit der Oberamtspflege, dem Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt, Oberamtswegmeister und Oberamtsgeometer.

| In Beziehung auf Straßen- und Wasserbau ist der Bezirk der Inspection Heilbronn, für den Hochbau ebenfalls dem Bauinspectorat Heilbronn zugetheilt.

c) Das Kameralamt. Früher bestanden eine Amtskellerei, eine geistliche Verwaltung und eine Verwaltung des Stiftes Oberstenfeld. Diese drei Verwaltungen wurden im Jahr 1807 in Eine verwandelt und später der Kameralamtsbezirk mit dem des Oberamts gleichgestellt, beziehungsweise die vormals zu den Kameralämtern Backnang, Großbottwar, Murrhardt und Öhringen gehörigen Orte damit vereinigt.

Das Umgeldscommissariat Weinsberg umfaßt auch den Kameralamtsbezirk Neuenstadt.

d) In forstlicher Beziehung gehört der Oberamtsbezirk zu den Forstämtern Neuenstadt, Hall und Reichenberg. Zu Neuenstadt gehört das Revier Waldbach, mit den Orten Waldbach (Sitz des Revierförsters), Weinsberg, Affaltrach, Bitzfeld, Bretzfeld, Dimbach, Eberstadt, Ellhofen, Eschenau, Gellmersbach, Grantschen, Hölzern, Höslinsülz, Rappach, Scheppach, Schwabbach, Siebeneich, Lehrensteinsfeld, Willsbach und theilweise Gemeinde Löwenstein.

Zu Hall gehört das Revier Mönchsberg (Sitz des Revierförsters in Mönchsberg, Gemeinde Mainhardt) mit den Orten Ammertsweiler, Geddelsbach, Maienfels, Mainhardt, Neuhütten, Unterheimbach, und für die Parzellen Altfürstenhütten, Böhringsweiler, Hals, Hasenhof, Knickenhöfle, Kuhnweiler, Lohmühle und Weihenbronn, sowie wenigstens theilweise für die Gemeinden Finsterroth und Wüstenroth.

Zu Reichenberg gehört das Revier Lichtenstern (Sitz des Revierförsters in Lichtenstern, Gemeinde Löwenstein) mit den Orten Eichelberg, Löwenstein ohne Parzelle Rittelhof, Neulautern, Unter-Heinrieth, Weiler, theilweise für Finsterroth und für die Parzellen Bernbach, Greuthof, Neuhütte im Joachimsthal, Spatzenhof, Stangenbach, 2 Stollenhöfe, Weihenbronn (Gemeinde Wüstenroth).

Der Oberamtsbezirk begreift überhaupt 34 politische Gemeinden, wovon 9 der zweiten und 25 der dritten Classe angehören.

Zusammengesetzte Gemeinden hat der Bezirk nur 1:

Finsterroth und Neuhütten, welche einen gemeinschaftlichen Schultheißen und einen gemeinschaftlichen ständigen Pfarrverweser haben.

Die Unterpfandsgeschäfte werden in der Regel von den Ortsvorstehern oder Rathschreibern oder Gemeinderathsmitgliedern besorgt; besondere Pfandhülfsbeamten sind in 20 Gemeinden| aufgestellt. Von den Notaren werden nämlich die Pfandhülfsgeschäfte in den 11 Gemeinden Ammertsweiler, Bretzfeld, Eschenau, Finsterroth, Geddelsbach, Hölzern, Höslinsülz, Neuhütten, Schwabbach, Unterheinrieth und Waldbach besorgt; von anderen befähigten Männern in den 9 Gemeinden Bitzfeld, Dimbach, Gellmersbach, Grantschen, Rappach, Siebeneich, Sülzbach, Weiler und Wimmenthal.

Was die Verwaltungsgeschäfte (Gemeinde- und Stiftungs-Rechnungsgeschäfte) betrifft, so werden solche von den Verwaltungs-Aktuaren besorgt, welche in 11 Gemeinden die Ortsvorsteher sind (nämlich in Affaltrach, Eberstadt, Löwenstein, Mainhardt, Maienfels, Neulautern, Scheppach, Steinsfeld, Unterheimbach, Willsbach und Wüstenroth), in den 23 andern Orten aber zu diesem Behufe besonders aufgestellt sind.

Besondere Acciser sind nicht nur in sämmtlichen Gemeinden (mit Ausnahme von Maienfels), sondern auch in den Parzellen Brettach, Lichtenstern, Oberheimbach und Weislensburg aufgestellt.

b. Kirchliche.

Unter den 23 kirchlichen Gemeinden des Oberamtsbezirks ist 1 paritätische (Affaltrach, wo eine evangelische und eine kathol. Pfarrei ist) und 1 katholische (Wimmenthal). Die Katholiken des Mainhardter Waldes haben in der katholischen Schloßkapelle zu Mainhardt ihren eigenen Gottesdienst durch einen Excurrentvicar der kathol. Pfarrei Pfedelbach, O.A. Öhringen. Die übrigen, in evangelischen Orten wohnenden Katholiken sind den Pfarreien Wimmenthal oder Affaltrach, die der Amtsstadt der benachbarten Pfarrei Erlenbach, O.A. Neckarsulm, zugetheilt und stehen wie Wimmenthal, Affaltrach und Pfedelbach unter dem katholischen Dekanat Neckarsulm.

Die 22 evangelischen Kirchengemeinden des Bezirks, wozu (in Mainhardt, Wüstenroth) auch Filialisten aus den Oberämtern Backnang, Gaildorf, Hall, Marbach und Öhringen kommen, stehen unter der Generalsuperintendenz Heilbronn und dem Decanat Weinsberg. Es sind dabei angestellt: 17 Pfarrer, 2 Diacone , wovon der von Weinsberg zugleich Pfarrer in Ellhofen ist, und 3 ständige Pfarrverweser (in Gellmersbach, Neuhütten-Finsterroth und Neulautern).

Israelitische Gemeinden sind in den drei Orten Affaltrach, Eschenau und Lehren mit zusammen 411 Seelen. Lehren (Steinsfeld) ist der Rabbinatssitz und der Rabbinatsbezirk, zu welchem außer den diesseitigen drei Gemeinden mit ihren Synagogen noch die israel. Gemeinden zu Kochendorf, Ödheim, Massenbachhausen, Sontheim| und Thalheim in den Oberämtern Neckarsulm , Brackenheim und Heilbronn gehören. Die Lehrer an zwei israelitischen Schulen der diesseitigen Bezirksorte sind zugleich die Vorsänger an den betreffenden Synagogen.
B. Anstalten.
a. Schulanstalten.

Es besteht nur Eine lateinische Schule im Bezirk, die zu Weinsberg. Sie hat zwei Lehrer, einen Präceptor und einen Collaborator und zählte im Jahr 1859/60 45 Schüler.

In Löwenstein gibt seit ungefähr 10 Jahren der Diaconus gegen eine eigene Remuneration aus öffentlichen Kassen den Lust tragenden Knaben Unterricht in der lateinischen Sprache in öffentlichen Stunden.

Ebendaselbst ist seit einem Jahrzehend eine sogen. Mittelschule errichtet, welche ihrem Lehrplane nach so ziemlich die Mitte zwischen Volks- und Realschule hält und gegen 40 Schüler zählt.

Die für einige Jahrzehnte in eine Realschule verwandelte Collaboratur zu Weinsberg ist seit 1851 wieder auf ihre ursprüngliche Bestimmung zurückgeführt worden.

Doch leitet der Collaborator zugleich eine winterabendliche Fortbildungs- und sonntägliche Gewerbeschule, in welcher der Unterricht im Zeichnen auch Sommers am Sonntag fortgesetzt wird.

Volksschulen bestehen im Bezirke evangelische – 38 mit 57 Klassen, an welchen 41 Schulmeister, 2 Unterlehrer und 14 Lehrgehülfen angestellt sind; katholische 2 (Wimmenthal und Affaltrach mit 2 Schulmeistern;) israelitische 3, wovon indeß gegenwärtig eine wegen Mangels an israelitischen Lehrern sistirt ist. Ferner besteht in Lichtenstern die von einem Privatverein gegründete und unterhaltene Kinderrettungs- und Armenschullehrer-Bildungsanstalt; die erstere mit ungefähr 55 Kindern (Knaben und Mädchen), die letztere mit 20 Zöglingen. An derselben sind ein Inspector und zwei Hülfslehrer angestellt.

In Löwenstein bildet eine Klasse eine höhere Volksschule, sogen. Mittelschule; in Weinsberg ist mit der Mädchenschule für diejenigen Mädchen, welche eine weitere Bildung suchen, öffentlicher Unterricht in Realien in besondern Stunden verbunden.

Die Gesammtschülerzahl betrug im Jahr 1857 in den evangelischen und israelitischen Volksschulen 4652, in den katholischen 91.

| Der ganze evangelische Bezirk ist in zwei Conferenzdistrikte, den westlichen und östlichen, eingetheilt.

Industrieschulen, die übrigens in gewöhnlichen Zeiten nur von Mädchen besucht werden, bestehen in Weinsberg und fast sämmtlichen Amtsorten.

Eine Kleinkinderschule besteht gegenwärtig nur noch in Neulautern mit Einer Lehrerin; sie wird von ungefähr 25 Kindern besucht.

b. Wohlthätigkeitsanstalten.

Als solche sind zu nennen:

1) Der Bezirkswohlthätigkeitsverein zunächst für die in den Niederungen gelegenen Orte, während für die auf der Hochebene gelegenen Orte der Verein für den Mainhardter Wald mit einem eigenen K. Armencomissär sich bildete.

Ersterer, schon im Nothjahr 1816/17 durch die edle Königin Katharina in’s Leben gerufen, schlummerte nach überstandener Noth wieder ein, bis die Theurung von 1846/47 Veranlassung zu seiner Wiedererweckung gab, wo er reiche Gelegenheit zu ausgebreiteter Thätigkeit fand, was sich auch im Jahr 1852 und 1854 wiederholte. Er setzte sich neben Armenunterstützung, wie der Mainhardter Verein, auch die Hebung der sittlichen Zustände der Armen, ihre Beschäftigung, die Abstellung des verderblichen Kinderbettels u. dgl. zum Zweck, und wurde hiebei durch die Centralbeiträge des Wohlthätigkeitsvereins, wie durch freiwillige Beiträge seiner Mitglieder unterstützt. Mit ihm verband sich auch der eine Zeitlang abgesonderte Verein für entlassene Strafgefangene.

2) Die im Jahr 1848 gegründete Oberamtsleih- und Sparkasse wurde im Jahr 1858 auf eine Sparkasse reducirt, und letztere im Jahr 1860 vollends aufgelöst. Für erstere lag kein Bedürfniß mehr vor und letztere konnte bei dem gesunkenen Zinsfuß ohne Verlust nicht mehr fortgesetzt werden.

3) Die im Jahr 1834 vom † Oberschulrath Zeller errichtete Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder in dem von ihm angekauften, nachher von einem Privatverein übernommenen Kloster Lichtenstern (s. Ortsbeschreibung), womit einige Jahre später auch eine Armenschullehrerbildungsanstalt verbunden wurde (s. ob.).

4) Der Hospital in Weinsberg, in welchem bedürftige Personen in Wohnung, arme Reisende, welche erkrankt sind, und besonders Krätzkranke angenommen, verpflegt und ärztlich behandelt werden. Eine andere Zahl von armen Personen ist auf seine Rechnung| bei Bürgern der Stadt in Kost gegeben. Die Stiftungspflege ist ziemlich vermöglich (s. Tab. III.), mußte aber gleichwohl in den letzten Nothjahren zu Deckung ihres Deficits die Stadtpflege in Anspruch nehmen.

Armenhäuser befinden sich beinahe in allen Gemeinden des Bezirks und entsprechen meistens dem Bedürfniß.

c. Landwirthschaftliche Anstalten.

Der landwirthschaftliche Bezirksverein wurde im Mai 1840 gegründet und zählte damals 164 Mitglieder, deren Zahl dermalen auf 207 sich vermehrt hat.

Seine Bestrebungen beziehen sich auf Verbreitung einer constanten Viehrace (Neckarschlag), die man durch Vertheilung von Preisen für schönes Vieh auf den alljährlich stattfindenden landwirthschaftlichen Festen zu bezwecken sucht. Auf die Verbesserung des Feldbaus wirkt man durch Empfehlung neuer Kulturen, wie Zucker-Rüben etc., so wie durch Vertheilung guter Sämereien; auch sind schon Schmiede und Wagner nach Hohenheim gesendet worden, um dort die Anfertigung verbesserter Ackergeräthe zu erlernen, für deren Verbreitung der Verein Sorge trägt. Außerdem wird die Drainirung der Felder durch Prämien und Kostenbeiträge aus der Vereinskasse unterstützt. Den Weinbau sucht der Verein dadurch zu heben, daß er alljährlich Preise für gute Weinbereitung vertheilt; die Preisaufgabe besteht darin, daß das rothe und weiße Gewächs besonders gelesen, gebeert, gekeltert und hauptsächlich eine sorgfältige Auslese beobachtet werden muß. Auch die Seidenzucht sucht man in dem Bezirke zu verbreiten und es hat sich deßhalb im Jahr 1853 unter der Leitung des dermaligen Vorstandes des landwirthschaftlichen Vereins, des Cameralverwalters Dornfeld, ein besonderer Seidezuchtverein gebildet, welcher in Weinsberg ein Feld für Maulbeerbaumzucht erworben hat und in einem gemietheten Lokale Seidenrauperei treibt. Für Ausbildung in der Landwirthschaft im Allgemeinen besteht eine kleine Bibliothek landwirthschaftlicher Schriften, deren Benützung den Vereinsmitgliedern unentgeldlich überlassen wird. Daneben besteht ein von dem vormaligen Vorstande des landwirthschaftl. Bezirksvereins A. Fecht gegründetes Wochenblatt für die landwirthschaftl. Vereine in Weinsberg, Besigheim, Eppingen, Heilbronn, Mosbach, Neckarsulm, Öhringen und Wimpfen, welches in Heilbronn erscheint und allen Mitgliedern des Vereins unentgeltlich zukommt.

Auf die Errichtung von landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen| wird möglichst hingewirkt, zu welchem Behuf aus der Vereinskasse Prämien für diejenigen Lehrer ausgesetzt werden, welche sich in dieser Beziehung durch Eifer, Fleiß und zweckmäßigen Unterricht auszeichnen.

Die Hebung des Dienstbotenwesens hatte sich der Verein gleich bei seiner Gründung zu einem Ziele seiner Bestrebungen gemacht und schon vom Jahr 1841 an auf den jährlichen landwirthschaftlichen Festen Preise an männliche und weibliche Dienstboten für lange und treue Dienstleistung vertheilt.

Da die natürlichen Verhältnisse, Bodenkultur und der Viehschlag der höher gelegenen Gegenden (Mainhardter Wald etc.) von den tiefer gelegenen Gegenden sehr verschieden und zugleich die Orte zu entfernt gelegen sind, als daß sie an den Versammlungen des Vereins hätten Antheil nehmen – und ihr Vieh zu den Preisaustheilungen hätten bringen können, so wurde im Jahr 1857 in Vereinigung mit dem Armenverein ein landwirthschaftlicher Verein für den Mainhardter Wald gegründet, der dermalen 40 Mitglieder zählt und sich die Verbesserung der Viehzucht, des Feldbaus und der Obstbaumzucht zur Aufgabe gestellt hat, welcher mit Unterstützung von Seiten der Centralstelle mit großem Eifer betrieben wird. Da namentlich der Viehschlag des Mainhardter Waldes mit dem der Niederungen bei der Preisvertheilung nicht concurriren kann, so vereinigte sich der Bezirksverein mit dem Mainhardter Verein dahin, daß dem letzteren die von der Centralstelle verwilligten Preise je im dritten Jahr zu einem eigenen Feste auf dem sogen. Walde überlassen werden und nur die von der Amtsversammlung verwilligten Dienstbotenpreise gemeinschaftlich bleiben sollen.

d. Anstalten für Handel und Verkehr.
1) Posten und Boten.[ws 1]

Im Bezirke befinden sich 3 Postämter: Weinsberg, Löwenstein und Mainhardt, und 1 Postexpedition in Willsbach. Eilwagenverbindungen bestehen täglich zweimal zwischen Heilbronn und Öhringen, und zwischen Heilbronn und Mainhardt. Eine Ruralpost theils mit täglicher Verbindung, theils je über den andern Tag ist eingerichtet, mit Anschluß an die Postexpedition in Willsbach für die Gemeinden Sülzbach, Affaltrach, Eschenau, Weiler und Eichelberg; mit Anschluß an die Postanstalt in Löwenstein für Wüstenroth und Neulautern; endlich mit dem Anschluß an die Post in Mainhardt für die Gemeinden Ammertsweiler, Finsterroth, Maienfels und Neuhütten.

| Von den übrigen Gemeinden kommen die Amtsboten wöchentlich 2mal (Mittwoch und Samstag) in die Oberamtsstadt. Von Weinsberg geht täglich ein fahrender Bote nach Heilbronn.
2) Straßen und Eisenbahnen.[ws 2]

Manchfache Veränderungen in den soeben bezeichneten Verhältnissen wird freilich dereinst die Eröffnung der im Jahr 1859/60 in Angriff genommenen Heilbronn-Haller Eisenbahnlinie mit sich bringen. Diese betritt den Oberamtsbezirk an seiner äußersten westlichen Spitze, indem sie aus dem auf der westlichen Grenze der Stadtmarkung Weinsberg ausmündenden Heilbronn-Weinsberger Tunnel heraustritt. Von da durchschneidet sie in der Richtung von Westen nach Osten die Markungen des Sulmgebietes: Weinsberg, Ellhofen (wo sie die Sulm überschreitet), Sülzbach, Willsbach - nimmt auf Affaltracher Markung eine nordöstliche Richtung an, zieht durch die Markung von Eschenau und, auf der Grenze der Markungen Eschenau und Waldbach in das Brettachgebiet sich erhebend, durch die von Scheppach und Bretzfeld, und verläßt den Oberamts-Bezirk in der südlichen Ecke der Bitzfelder Markung an der Grenze des Oberamts Öhringen. Die ganze Länge der Bahn durch den Oberamtsbezirk beträgt 10–11 Stunden.

Haltstationen befinden sich

1) bei Weinsberg mit einem Bahnhof, südlich von der Stadt und dieser sehr nahe;

2) bei Willsbach nordöstlich vom Ort, etwas entfernter;

3) bei Eschenau, ebenso

4) bei Bretzfeld, südlich vom Ort und diesem ziemlich nahe.

Die Station 2) und 4) wird künftig die Verbindung mit Löwenstein und dem Mainhardter Wald vermitteln.

Staatsstraßen führen durch den Bezirk folgende:

1) von Heilbronn über Weinsberg, Hölzern, Schwabbach und Bitzfeld nach Öhringen;

2) von letzterer Straße lenkt in Weinsberg eine Staatsstraße über Ellhofen, Willsbach, Löwenstein und Mainhardt nach Hall ab;

3) bei Löwenstein zweigt eine Straße ab über Neulautern nach Sülzbach und Backnang; und endlich

4) zieht sich eine Straße von Mainhardt nach Groß-Örlach und Backnang.

Nachbarschaftsstraßen, deren Unterhaltung der Amtskorporation und den Gemeinden obliegt, führen:

1) von Weinsberg über Eberstadt nach Neuenstadt;

| 2) von der Staatsstraße bei Ellhofen über Lehrensteinsfeld und Unterheinrieth in das Bottwar-Thal;

3) von Mainhardt über Gailsbach gegen Öhringen.

Sämmtliche Gemeinden des Bezirks sind durch gut gebaute Straßen mit einander verbunden, deren Unterhaltung auf gemeinschaftliche Kosten der Gemeinden und der Amtskorporation unter Aufsicht eines besonders angestellten Oberamtswegmeisters geschieht.

e. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1) Gesundheitspolizeiliche Anstalten.

Neben dem Oberamtsarzt hat in Weinsberg ein zweiter praktischer Arzt seinen Sitz, welchem zugleich die Funktionen eines Oberamtswundarztes übertragen sind. Besoldete Distriktsärzte, zugleich Wundärzte erster Classe, sind in Löwenstein und Mainhardt, welche die Armenpraxis in den ihnen zugewiesenen Orten haben, und zwar der zu Löwenstein für die Orte Wüstenroth, Neulautern, Unterheinrieth, Höslinsülz, Eichelberg, Weiler und Unterheimbach; der zu Mainhardt für die Orte Finsterroth, Neuhütten, Maienfels und Geddelsbach.

Wundärzte befinden sich, außer den genannten, in Weinsberg, Bretzfeld, Eberstadt, Eschenau, Löwenstein, Willsbach und Wüstenroth. Das öffentliche Impfgeschäft besorgen die Wundärzte in ihren Wohn- und in einzelnen benachbarten Orten. Ebenso haben auch die Ärzte Gemeinden, wo sie als Impfärzte angestellt sind. Der Oberamtsarzt impft blos in der Oberamtsstadt. Ständige, abgesonderte Impfbezirke bestehen nicht. Privatimpfungen kommen selten vor.

Die Leichenschau besorgen die Wundärzte in ihren Wohnorten und oft auch in benachbarten Gemeinden. Nur im Brettachthale und auf dem Walde sind andere unterrichtete und beeidigte Personen als Leichenschauer aufgestellt.

Die Wundärzte haben eine gemeinschaftliche chirurgische Unterstützungskasse, ohne Capitalvermögen, aber mit einer sehr reichhaltigen Bibliothek, aus einer Sammlung der neuesten chirurgischen und anatomischen Werke bestehend, und mit einigen Instrumenten, deren Anschaffung dem Einzelnen schwerer fällt, wie Trepanations-Etuis und dergl.

In allen Gemeinden des Bezirkes sind, je nach deren Größe, Eine oder mehrere geprüfte und legitimirte Hebammen aufgestellt, welche auch die vielen Parzellen besorgen.

In der Oberamtsstadt ist ein wissenschaftlich gebildeter Oberamts-Thierarzt angestellt. Ebendaselbst ist noch ein weiterer geprüfter Thierarzt und ein gleicher hat seinen Sitz in Lehrensteinsfeld.

| Der Bezirk ist in zwei Kleemeistereidistrikte eingetheilt; die Fallhütten befinden sich in Willsbach und Mainhardt.

Ein eigenes Krankenhaus, in welches arme Kranke vom Ort und auf der Durchreise Erkrankte aufgenommen und ärztlich behandelt werden, besteht derzeit nur im Spital der Oberamtsstadt, sonst in keinem Ort des Bezirkes, und auch da mit sehr beschränkter Ausdehnung, doch ist es mit einer besonderen Einrichtung zur Aufnahme von Krätzkranken verbunden.

Für Letztere ist in den Gemeinden des Bezirkes, wo kein eigenes Zimmer vorhanden ist, ein solches gemiethet, welches erforderlichen Falls sogleich zu diesem Zweck eingeräumt wird. Es ist aber seit dem Verschwinden der Nothjahre die Krätze so selten geworden, daß kein Gebrauch davon gemacht wird.

Zu Aufnahme von Irren und Geisteskranken ist neuerdings nach einer Vorschrift des K. Medicinalkollegiums ein besonderes Irrenlokal für 1 solchen Kranken im dritten Stock eines städtischen Thurmes auf Kosten der Amtskorporation eingerichtet worden. In den Bezirksorten sind keine solche Lokale vorhanden.

Apotheken sind je eine in Weinsberg, Löwenstein und Mainhardt.

In allen Gemeinden sind die Begräbnißplätze außerhalb des Orts angelegt.

2) Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Das Oberamt und das Oberamtsgericht haben je besondere Gefängnisse.

In allen Gemeinden sind uniformirte und gehörig bewaffnete Polizeidiener aufgestellt.

In dem Bezirke sind 8 Landjäger stationirt, und zwar der Stationskommandant mit 2 Mann in Weinsberg, und je 1 Mann in Löwenstein, Unterheimbach, Mainhardt, Willsbach und Wüstenroth.

3) Bau- und feuerpolizeiliche Anstalten.

Ein Ortsbauplan besteht nur in der Oberamtsstadt.

Ein von der Amtsversammlung aufgestellter Oberamtswerkmeister hat bei allen Baugesuchen (Neubauten, größeren Reparationen etc.) dem Oberamt, der Amtskörperschaft und den Gemeinderäthen die erforderlichen technischen Gutachten abzugeben; er besorgt zugleich die Oberfeuerschau, die Wegvisitation und die Mühlschau im ganzen Bezirk.

Der Bezirk theilt sich in zwei Kaminfegereien mit den Sitzen in Weinsberg und Löwenstein.

| In der Oberamtsstadt besteht seit dem Jahr 1853 eine freiwillige, vollständig organisirte Feuerwehr; es sind daselbst drei Fahrspritzen mit Schläuchen, mehrere Trag- und Handspritzen, ein Feuerwagen, zugleich zum Transport der Mannschaft, vorhanden. Mit ganz wenigen Ausnahmen haben sämmtliche Orte Fahrspritzen, in Löwenstein und Eberstadt sind deren zwei, und nicht eine Gemeinde ist ohne Tragspritze.

Brandfälle kamen in den 10 Jahren 1850/60 8 zum Ausbruch, wovon 3 in der Oberamtsstadt (1853), 1 ebendaselbst (1854), 1 in Lehrensteinsfeld (1854), von größerer Ausdehnung waren.

Gebäudebeschädigungen durch Blitzschlag kamen seit 1841 (in Weinsberg) keine mehr vor.

Die Mobiliar-Feuerversicherungsanstalten, namentlich die Württembergische, werden von den wohlhabenderen Einwohnern des Bezirks benützt.

4) Gewerbepolizeiliche Einrichtungen.

Bezirkspfechtämter sind in Weinsberg, Löwenstein und Mainhardt.

Örtliche Eichanstalten für Fässer und Kellergeschirre bestehen in einzelnen Weinorten des Bezirks.


3. Oberamts- und Gemeinde-Haushalt.


A. Oberamtspflege.

Der Vermögensstand der Oberamtskorporation beträgt nach der Rechnung von 1859/60:

Capitalien – fl. – kr.
Andere Ausstände einschließlich
     des Rechnungsremanets
2798 fl. – kr.
Summa:       2798 fl. – kr.
Passiva – fl. – kr.

Nach eben dieser Rechnung belaufen sich

die Einkünfte auf 89.408 fl. – kr.
die Ausgaben auf 86.610 fl. – kr.
der Amtsschaden auf 9000 fl. – kr.
die Amtsvergleichungskosten auf 10.016 fl. – kr.

Ein weiteres amtskörperschaftliches Institut war früher die seit 1. Juli 1860 aufgehobene, unter den Wohlthätigkeitsanstalten bereits erwähnte Bezirksspar- und Leihkasse.

|
B. Gemeindepflegen.

Nach den Rechnungen von 1857/58 besaßen die Gemeinden neben 65714/8 Morgen Grundeigenthum

an verzinslichen Capitalien 114.519 fl. – kr.
an sonstigen Forderungen 36.192 fl. – kr.
zusammen:      150.711 fl. – kr.

Die Schulden derselben betrugen

an verzinslichen Capitalien 73.272 fl. – kr.
an sonstigen Passiven 17.827 fl. – kr.
zusammen:      91.099 fl. – kr.

Ferner berechneten sich nach jenen Rechnungen für das Jahr 1857/58

die Gemeindeeinkünfte zu 104.955 fl. – kr.
die Gemeindeausgaben zu 135.218 fl. – kr.
die Amtsumlagen zu 12.320 fl. – kr.
die Gemeindeumlagen zu 41.247 fl. – kr.

(Vgl. Tabelle III.)


C. Stiftungspflegen.

Nach den Rechnungen von 1857/58 besteht das Vermögen sämmtlicher Stiftungspflegen des Bezirkes, worunter das der Amtsstadt das bedeutendste ist, in 2336/8 Mrg. Grundeigenthum und 123.006 fl. Aktivcapitalien.

Die Schulden der Stiftungspflegen betragen

zusammen 6737 fl. – kr.
Ihre Einkünfte berechnen sich auf 13.426 fl. – kr.
ihre Ausgaben auf 14.397 fl. – kr.

Das Deficit haben die Gemeindepflegen zu decken. (S. Tab. III.)


4. Kataster und Steuern.

Gegenstände des Oberamtskatasters sind nach den Berechnungen für das Etatsjahr 1857/58:

Grundeigenthum, eingeschätzt zu einem Reinertrag von 243.669 fl. – kr.
Gebäude, in dem zu diesem Behufe eingeschätzten Werth von 2.183.763 fl. – kr.
Gewerbe, eingeschätzt zu einer Steuersumme von 3029 fl. – kr.
| Die auf die Bezirksorte umgelegten Steuern betrugen in eben diesem Jahre
vom Grundeigenthum 28.599 fl. 05 kr.
von Gefällen 4 fl. 50 kr.
von Gebäuden 5546 fl. 09 kr.
von Gewerben 2956 fl. 44 kr.
37.106 fl. 48 kr.

Die Capital- und Besoldungssteuer betrug pro 1860/61 5751 fl. 33 kr.

An indirekten Abgaben wurden pro 1858/59 erhoben:

1) Wirthschaftsabgaben
von Wein und Obstmost 12.907 fl. 17 kr.
vom Branntwein:
      Fabrikationssteuer 1594 fl. 11 kr.
      Ausschanksabgabe 419 fl. 16 kr.
vom Bier (Malzsteuer) 334 fl. 12 kr.
2) Accise
von Güterveräußerungen 6271 fl. 07 kr.
von Lotterien 38 fl. 35 kr.
3) Hundeauflage (einschließlich des
gesetzlichen Antheils der Ortsarmenkasse)
892 fl. 0– kr.



Anmerkungen [WS]
  1. Berichtigung: Posten und Boten statt Posten, Eisenbahnen und Telegraphen
  2. Berichtigung: Straßen und Eisenbahnen statt Straßen


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