Beschreibung des Oberamts Weinsberg/Kapitel B 1

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B.


Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamts-Bezirk bildenden politischen Gemeinden oder Schultheißereien; jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt.

Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen, und III. des Steuer-Katasters, des Gemeinde- und Stiftungshaushaltes.

Die Oberamtskarte zeigt die geographische Lage der Orte.


Weinsberg.[1]


Gemeinde II. Klasse mit i. G. 2002 Einw., a. Weinsberg, Stadt, 1853 Einwohner, worunter 50 nach Erlenbach, O.A. Neckarsulm, eingepfarrte Kathol., b. Benzenmühle, 9 Einw., c. Hasenmühle, 6 Einw., d. Rappenhof, 7 Einw. kath., e. Spital, 12 Einw., f. Schafhaus, 10 Einw., g. Weißenhof, 9 Einw., h. Weißenmühle, 2 Einw., i. Wolfshöfle, 13 Einw., k. Ziegelhütte, 6 Einw. Evangelische Pfarrei. (Kathol. s. o.)
Die Oberamtsstadt Weinsberg liegt unter 26° 56′ 57,94″ östl. Länge und 49° 9′ 10,84″ nördl. Breite, 14 (geom.) Stunden nördlich von Stuttgart, 11/8 Stunde östlich von Heilbronn. Über das Mittelmeer erhebt sich die Erdfläche am ehemaligen Rosenwirthshaus in der mittleren Straße der Stadt 708′, die an der Kirche 764′ württ.,| die am Thurm der Burg Weibertreue, der Rand des Thurmes 976′. Die Stadt ist Sitz des Oberamtsgerichts und Gerichtsnotariats, des Oberamts, Oberamtsarztes, Oberamtswundarztes und Oberamtspflegers, eines evang. Decanatamts, eines Diaconats (zugleich Pfarramts Ellhofen), des Cameralamts, eines Oberamtsgeometers und Umgeldsbeamten. Auch ist hier eine Postexpedition, künftig auch Bahnhofverwaltung, und ausser dem Oberamtsarzt der Oberamtswundarzt zugleich praktischer Arzt, und ein Oberamtsthierarzt.

Grundherrliche Rechte und Zehnten gehörten bis zur Ablösung getheilt der herrschaftl. Kellerei und geistl. Verwaltung (von dem Kl. Schönthal, den Stiften Comburg und Oberstenfeld), 1 Theil der Hospitalpflege Weinsberg, den Freiherrn v. Berlichingen, den Fürsten von Löwenstein und der Pfarr- und Stiftungspflege Heilbronn.

Die ziemlich kleine Stadt ist amphitheatralisch an den südöstlich vorspringenden Fuß des sog. Burgberges angebaut, gegen N. über das Sulmthal 60–70′ sich erhebend, gegen S. in das Thälchen des sog. Saubaches sich herabsenkend, während der gedachte Fuß des Burgberges nördl. von der Stadt in das 60–70′ tiefere Sulmthal, genannt Weinsberger Thal, hinabspringt. Vom südlich gelegenen Jägerhausberge aus bietet dieselbe in ihrem amphitheatralischen Ansteigen gegen den Burgberg und seine Ruinen eine sehr malerische Ansicht, wie sie auch, von der Burgruine aus gesehen, recht freundlich zu deren Füßen liegt. Die dieser Beschreibung beigegebene Ansicht zeigt Stadt und Burg von dem Punkte aus, wo der Bahnhof der Eisenbahn Heilbronn–Öhringen–Hall zu stehen kommen wird.

Die Lage der Stadt ist im Allgemeinen eine gesunde und sehr milde, gegen NW. durch den Burgberg, an den sie sich anlehnt, gedeckt, gegen S. den Sonnenstrahlen offen, vor den Nebeln des westlichen Neckarthales durch den dazwischen liegenden Jägerhaus-, Galgen- und Wartberg geschützt. Die Anlage der Stadt ist ziemlich unregelmäßig und mit Ausnahme der Mittelstraße, welche sie von W. nach O. quer durchschneidet und der 2 mit ihr fast parallel laufenden Gassen, der oberen und der unteren, von S. nach N. gegen den Burgberg ziemlich schroff, zum Theil mit Staffeln und unbefahrbar ansteigend. Die Ortsstraßen sind durchaus gepflastert, – mit Ausnahme der neuen Straße nach Heilbronn vom Markte an – sehr enge, zum Theil krumm und weil sie weniger austrocknen können, ziemlich unreinlich. Die Mittelstraße wird vom 1. Okt. bis 1. April mit Schieferöl nothdürftig beleuchtet. Der mit harten Steinen gepflasterte, länglicht 4eckige Markt ist gegen S. sehr abhängig und rings von ansehnlichen Gebäuden, wie der Oberamtei, dem Rathhaus,| dem Decanathaus, der Apotheke, dem Postgebäude und dem Gasthof zur Sonne umschlossen. Vom Markte aus führen etlich und 80 ca. 12′ breite Staffeln, zu deren beiden Seiten das Diaconathaus, die 2 Gebäude für die lateinischen Schulen und eine deutsche Schule, sowie das Cameralamtsgebäude liegen, zur zu oberst stehenden Kirche hinauf. Ebendahin führt weiter östlich von der oberen Gasse aus eine schmälere Reihe von Staffeln.

Vorstädte sind keine vorhanden, ausser einigen Häusern vor dem ehemals unteren und vor dem oberen Thor, unter welch letzteren das neue Oberamtsgerichtsgebäude, der Gasthof zur Traube und etliche Privathäuser sind, namentlich das freundliche, kleine Wohnhaus des pens. Oberamtsarzts und Dichters Just. Kerner auf einer leichten Anhöhe, welche westlich durch das sog. grasige Hag auf die Burg, und nordöstlich mit der Poststraße durch die sog. Holdergasse in das Sulmthal hinab führt.

Vom unteren Markte aus ist seit 1844/45 mit Durchbrechung der alten Stadtmauer und Abbruch mehrerer alten Häuser, zu Umgehung des steilen Stichs beim Gasthof zum Stern, eine neue, ebene Straße nach Heilbronn angelegt. (Land- und Poststraße. S. u. Verkehrsmittel.)

Die früher, zu reichsstädtischen Zeiten hohe Stadtmauer umgibt die Stadt noch, wenn auch mit bedeutender Erniedrigung und Abtragung des ehmals bedeckten inneren Ganges[2], auf der ganzen Nordseite vom nordöstlichen Eckthurme an bis zu dem abgetragenen westlichen Eckthurm, genannt Wolfsthurm, an der Kirche, in dessen Nähe ein neueres, jetzt zugemauertes Bogenthörlein ist. Ziemlich in der Mitte zwischen Beiden, nahe bei der Kirche, stand ein seit 1806 gänzlich abgetragener fester Mittelthurm, in welchem noch im Februar 1725, bei dem Abbrennen des benachbarten Bandhauses (s. unten) das Weibergefängniß und über demselben die Wohnung des Schweinhirten war. Hier ist wohl das „Pförtlein“ zu suchen, durch welches im Jahr 1525 die von der eroberten Burg herabgekommenen Bauern unter Dionysius Schmid eindrangen. Das jetzt daneben befindliche sog. obere Feuerthor, ein Bogenthor, in dessen Nähe ausgewaschene alte Figuren sichtbar sind, gehört einer späteren Zeit, dem Ende des vorigen Jahrhunderts an.

Auf der Westseite der Stadt zieht sich die Stadtmauer, in der noch bedeutendsten Höhe und mit einigen inneren Strebepfeilern, von vorgedachtem Eckthurme (Wolfsthurm) an, von außen durch einen| hohen, jetzt mit Obstbäumen besetzten Damm gedeckt, bis zu dem obenberührten Durchbruch, welcher wegen Anlegung der Straße nach Heilbronn i. J. 1844 gemacht worden ist. Unterhalb dieses Durchbruches senkt sie sich mit der Stadt bis zu einem früheren, ca. 1809 gemachten Durchbruch und dem vormaligen Heilbronner Staketenthor; und von da in südlicher Richtung hinter dem alten Spital bis zu der Ecke am Stadtbach, wo früher ein fester, längst ganz abgetragener Thurm stand. In einer Höhe von noch ungefähr 5–6′ umschließt sie die Südseite der Stadt vom unteren abgetragenen Thor bei der Linde an bis zu dem noch stehenden Wachtthurme (s. unten) und bis zur Stadtmühle, von wo sie sich aufwärts gegen N. (mit Unterbrechung durch das offene Thor der unteren Gasse, durch angebaute Häuser, durch das abgetragene obere Thor und neue Häuser), bis an den obengedachten nordöstlichen (jetzt Kerner’schen) Eckthurm zieht und an diesen anschließt.

Da die Stadt als Reichsstadt nicht zur Burg gehörte, so stand ihre Befestigung mit der der Burg in keiner Verbindung; vielmehr mußte sie sich in dem Streit mit dem Burgherrn Konrad von Weinsberg i. J. 1312 sogar vertragsmäßig verpflichten, zwischen Stadt und Burg keine Mauer aufzuführen und sollte es dennoch geschehen, Konrad außer dem Abbruch 2000 Pfund Heller zu erlegen. Freilich erhielt Weinsberg nach seinem Eintritt in den großen Städtebund von Engelhard von Weinsberg im Jahr 1379 die Verpflichtungsurkunde als ungültig zurück.

Den obengedachten nordöstlichen Eckthurm, bis ca. 1813 Gefängnißthurm, hat Dr. Just. Kerner von der Finanzverwaltung erworben und zu seinem Hausgarten gezogen, den Raum zu ebener Erde für ökonomische Zwecke eingerichtet, in das mittlere Gelaß ein romantisches, helldunkeles Museum eingebaut und die obere Plattform, zu welcher von Außen eine schmale Stiege hinaufführt und von der man eine reizende Aussicht genießt, zu einem angenehmen, mit einem leichten hölzernen Schutzdach bedeckten, mit Akazien besetzten Sommerabendaufenthalt gemacht.

Der Thurm an der entgegengesetzten nordwestlichen Ecke hinter der Kirche ist längst abgetragen und wurde in seinen noch stehenden, an die neugebaute Turnhalle anstoßenden Grundmauern zu einer Art Magazin für die Stadt benützt.

Spuren von einem längst abgetragenen Thurme an der westlichen Stadtmauer fanden sich noch zu Anfang dieses Jahrhunderts.

Noch erhalten und zu einem Wachtthurm mit Uhr und Glocke in seinem obersten Stockwerke, zu einem bürgerlichen Gefängniß im| unteren, zu Armenwohnungen im 2. und 3. benützt, ist der an der südlichen Stadtmauer stehende, ziemlich hohe Thurm, der Wachtthurm, oder auch von dem an ihm vorüberfließenden Saubach der Sauthurm genannt, bei dem Brande der ausserhalb gestandenen Stadtmagazinsgebäude im J. 1853 völlig ausgebrannt, aber im nämlichen Jahre wieder zu den bisherigen Zwecken restaurirt worden.

Ausserhalb der Mauer war die Stadt auf der Ost-, Nord- und Westseite mit einem Graben umgeben, welcher auf der Ostseite ausgefüllt und überbaut, auf der Nordseite ansteigend planirt und unter dem Namen des grasigen Haags im Jahr 1758 zu einem Stadtgarten angelegt und mit Obstbäumen besetzt ist und einen angenehmen Spaziergang mit dem Weg zu der Burg darbietet, auf der Westseite aber in einen gegen die Burg aufsteigenden Weg um die Stadt und einen Damm mit Obstanlagen verwandelt ist. Die Südseite der sich hier in’s Thal herabsenkenden Stadt war wohl durch einen vom sog. Saubach gespeisten, geschwellten Kanal mit Ziehbrücke verwahrt. Noch im J. 1758 wurden nach dem Stadtprotokoll die Stadtgräben ausgefischt und neu besetzt.

Thore hatte die Stadt, so lange sie befestiget war, nur 2, das untere, gegen das Jägerhaus und Heilbronn (über dessen Festigkeit die Geschichte seiner Bestürmung im Bauernkriege berichtet) und das obere, gegen Löwenstein und Öhringen mit festen Thorthürmen und 3fach verschlossen. Nur diese Beide finden sich bei der Erstürmung von 1525. Daneben ein kleines Thörlein unter dem obengedachten festen Thurme in der Mitte der nördlichen Stadtmauer. Bei der Zerstörung der Stadt durch den Truchseß von Waldburg wurden die Mauern und Thorthürme gebrochen und erst nach der Rückkehr Herzog Ulrichs 1534 wieder aufgebaut. Der Abbruch dieser beiden Thorthürme und Verwechslung derselben mit Staketenthoren und kleinen Thorhäuschen daneben fällt erst in das Jahr 1805 und 1811. Dagegen wurde aus Veranlassung des großen Göppinger Brandes i. J. 1783 die untere südliche Stadtmauer durchbrochen und ein Noththor eingesetzt, welches noch jetzt den Namen „unteres Feuerthor“ führt, und ebenso wurde im Jahr 1811 ein Durchbruch in die obere, nördliche Stadtmauer gemacht und eine, noch verschließbare spitzbogige Thoröffnung eingesetzt, das obere Feuerthörlein genannt. Man wollte für solche Nothfälle mehr, als die bisherigen 2 Ausgangsthore haben.

Der Durchbruch der westlichen Stadtmauer und die Einfügung eines Staketenthores mit Thorhäuslein, das untere oder Heilbronner Thor genannt, fällt gleichfalls in das Jahr 1811. Hier betrat von nun an die durchziehende Land- und Poststraße die Stadt, bis im| Jahr 1844/45 weiter oben mit Durchbrechung der Mauer und Abbruch von alten Häusern die neue, ebene Straße nach Heilbronn angelegt wurde. Auch der Durchbruch am östlichen Ausgang der unteren Gasse mit einem hölzernen, längst wieder verschwundenen Bretterthore gehört einer späteren Zeit an und zwar dem Jahre 1810, und sollte zunächst ein Feuerthor seyn, wie der oben erwähnte Durchbruch von 1783. Daneben steht ein kleines Stadtmagazinsgebäude.

Die Stadt hat nur 3, nicht geradlinige und ziemlich enge, von West nach Ost parallel laufende Hauptgassen, die Mittelstraße, zugleich Poststraße von Heilbronn nach Öhringen und Hall, die tiefer liegende untere Gasse, und die kürzeste „Obere Gasse,“ welche vom oberen Markte an gegen Osten läuft. Die übrigen Nebengassen steigen, zum Theil unfahrbar, krumm und enge, von der Südseite gegen N. zur Mittelstraße, und von da, zum Theil mit Staffeln zur oberen Gasse und zur Kirche auf.

Nach dem großen Brande vom Jahr 1707 (s. unten Geschichtliches) wollte ein regelmäßigerer Bauplan ausgeführt werden. Allein die abgeschickte Baudeputation erklärte in ihrem dießfallsigen Berichte, daß dieses unmöglich sey, weil gar zu viele, und zwar die vornehmsten Keller, wovon doch Weinsberg alle seine Nahrung habe, zerstümpelt oder gar ruinirt werden müßten, weil die Stadt an einen steilen, benebst höckerigten Berg gebaut seye, so daß die Haupt- und Nebenstraßen sich nach der Lenkung desselben in die Rundung richten müssen und nicht gerade fortlaufen können u. s. w. Man begnügte sich daher, den Markt durch Cassirung des ehemaligen Rathhausplatzes räumlicher und die Hauptstraße, soweit es die Lenkung des Berges zulasse, wenigstens stückweise gerade zu machen; wobei es nicht an vielfachen Renitenzen und Reclamationen fehlte.

Die ehemalige große Irregularität, als dergleichen anderswo nicht wohl zu finden (wie die Baudeputirten Jenisch und Vögele sagen), da man nicht drei Häuser in Einer Linie finden könne, wurde dadurch einigermaßen verbessert, aber, besonders für die belebteste Mittelstraße, nicht die gehörige Breite erzielt, und ein gefährlicher Stich in der Stadt selbst vom unteren Thor bis zum Markt fand erst im Jahr 1844 seine Correction.

Von Gebäuden für öffentliche Zwecke sind zu nennen: Die, die ganze Stadt überragende, die Spitze der Anhöhe, um welche die Stadt amphitheatralisch gebaut ist, krönende Pfarrkirche romanischen Stils. Das Langhaus mag etwa im Anfang des 12. Jahrhunderts erbaut sein, der Thurm etwas später. Die Kirche hatte 8 Altäre: St. Catharinae, St. Magdalenae, St. Petri, St. Nicolai, St.| Johannis Ev., St. Jacobi, St. Crucis, B. v. Mariae. Eigenthümlich ist die Stellung des Thurms über dem Chor. Besonders bemerkenswerth ist das Gewölbe über dem quadraten Chorraum in der unteren Thurmhalle, welches ausser den halbkreisförmigen Kreuzgurten auch noch Scheitelrippen hat, die von einem Ring in der Mitte ausgehen, weßhalb die Stirnen spitzbogig sind. Sämmtliche Rippen zeigen von vorn eine breite Einziehung, die mit Rosetten ausgefüllt ist. Die eigenthümliche Eintheilung dieses Gewölbes und die reiche Verzierung seiner Rippen vereinigen sich zu einer vortrefflichen Wirkung, wie man sie selten antreffen wird. (Nach Mauch, Abhandlung über mittelalterliche Baudenkmale in Württ. 1849, S. 17.) Auf der Ostseite schließt diese Thurmhalle mit einem hohen Spitzbogen, über welchem 3 schmale lange Fensteröffnungen mit Halbkreisbögen sind, das mittlere höher, als die zwei anderen. Die ohne Zweifel runde Absis mußte einem östlich angebauten längeren, spitzbogig gewölbten Chore Platz machen, in welchen der, im romanischen Styl ausgehauene Altartisch, mit schlanken Säulen an den 4 Ecken, ohne Zweifel vom früheren Chorraum her, versetzt wurde. Die Erbauung dieses neueren Chores fällt in’s 15. Jahrhundert, oder falls die in den Rosetten der Spitzbogen sichtbaren Wappen von Württemberg und Weinsberg gleichzeitig eingefügt wurden, erst in die Zeit nach 1512, etwa um 1534. Um letztere Zeit konnte dieser Chor, dessen Erbauung nach der Ausbrennung der Kirche vom Jahr 1525 begonnen haben konnte, vollendet worden seyn. Er ist über doppelt so lang als breit, lauft in ein halbes Achteck aus und hat zu beiden Seiten 3 lange, spitzbogige, in der Mitte des Achtecks 1 breiteres spitzbogiges Fenster mit 3 Bogen und reicher Füllung über denselben. So hell er dadurch wird, so ist er doch theils wegen seiner Entfernung vom Schiff der Kirche, theils wegen der dazwischen liegenden verhältnißmäßig zu niedrigen Bogenöffnung im östlichen Fundament des Thurmes für den protestantischen Gottesdienst leider! nicht brauchbar. Außen sind bis zum Dach hinaufreichende Eckpfeiler. Bemerkenswerth sind im Plafond dieses Chores, wo die Spitzbogen des Gewölbes zusammenlaufen, die Rosetten, deren 2, mit dem altwürttembergischen und Weinsberger Wappen schon zuvor berührt worden sind. Eine 3te enthält das Haupt Johannis Bapt., des Kirchenpatrons, von welchem auch im Schiffe der Kirche ein altes, die Taufe Christi durch ihn darstellendes Gemälde hängt. Die 4te enthält eine kleine männliche Figur mit einem Steinmetz-Zeichen, wahrscheinlich die vom Erbauer des Chors, was unsere obige Vermuthung bestätigen dürfte, daß diese Rosetten nicht erst in späterer Zeit eingefügt worden seyen.

| Auf dem Boden des Chores finden sich, ausser einigen ausgetretenen nicht mehr lesbaren, noch die Grabsteine vor: Herkules Felix Bidenbach von Treufels, Obervogt in den 3 Städten und Ämtern Neuenstadt, Weinsberg und Möckmühl, württemb. Oberst, † 1747; von Joseph Malblank, Superintendent, 1727; von Conrad Österlin, Pf. zu Obereisisheim, Superint. allh. † 1668; von M. Jos. David Hermann, Superintendent, † 1714. Neben dem Hochaltar: Fried. v. Gemmingen zu Bürg. Kind, mit der Mutter: Anna Ros. v. Gemmingen zu Bürg, † 1622. Im Jahre 1691 wurde ein chursächsischer Reiter-Oberst, v. Haugwitz, welcher in Heilbronn starb, hieher gebracht und in diesem Chor beigesetzt. Die früher weißgetünchten Wände wurden im Jahr 1856 leicht rosa gemalt und das Deckengewölb erhielt einen himmelblauen Grund. An der nördlichen Chorwand hängt jetzt in vollem Lichte, – während es vorher in einer Thurmecke weniger bemerkbar war – das große Ölgemälde von der Weibertreue, welches Keller Elsässer von Möckmühl im Jahr 1650 von einem alten, in seinem Besitz befindlichen Gemälde copiren ließ und nach einem noch im Original vorhandenen Briefe der Stadt Weinsberg verehrte. Die Burg erscheint hier, wie sie vor der Zerstörung von 1525 war. (Eine zweite kleinere Copie dieses Gemäldes hängt im Rathhaussaale.) Zunächst ist hier zu bemerken ein minder gut erhaltenes allegorisches Gemälde von dem 1690 gestorbenen und in diesem Chore beigesetzten Stadtpfarrer Neuffer; und an der südlichen Chorwand ein großes, verblichenes Gemälde vom jüngsten Gericht.

In der südöstlichen Seite der oben beschriebenen Thurmhalle führt auf den Kirchthurm die verhängnisvolle enge Schneckenstiege, durch welche die Bauern im Bauernkriege von 1525 den sich auf den Thurm flüchtenden Rittern nachdrangen.

Zu ihren beiden Seiten, auf der nördlichen und südlichen, sind Gewölbe angebaut, welche als feuerfestes städtisches Archiv dienen; das südliche, durch eine jetzt vermauerte runde Fensteröffnung in der Zwischenmauer mit der hier angebauten spitzbogig gewölbten, heizbaren, mit einem Eingang von Aussen versehenen Sacristei zusammenhängend. Unter Letzterem ist ein Souterrain, wahrscheinlich die im Bauernkriege genannte Gruft, vom Volke das Pfaffenloch genannt.

Die Sage will von einem unterirdischen Gange wissen, der einst von hier aus auf die Burg geführt habe, was wir aber bei dem notorisch stets unfreundlichen Verhältnisse zwischen den Burgherrn und der Reichsstadt sehr in Zweifel ziehen müssen. Die Burgherren hatten ihre eigene Schloßkapelle mit einem, auch mehreren Priestern| und auch ihre Begräbnißstätte war auswärts, in Wimpfen, Schönthal, Lichtenstern, Heilbronn u. a. O.

Der schöne achteckige Thurm hat Lisenen an den Ecken und romanische Rundbogenfriese. Auf der Südseite finden sich an den glattbehauenen Sandsteinquadern Steinmetzzeichen. Ohne Zweifel war er früher um einen Stock höher und erhob sich um solchen über das Kirchendach. Bei der Zerstörung von 1525, als Mordschauplatz, wahrscheinlich mit der Kirche, aus welcher vorher das Venerabile weggetragen wurde, ausgebrannt, erhielt er später oben eine andere Gestalt. Denn er hat keinen Kranz mehr, auf welchen damals Dietrich v. Weiler heraustrat und von welchem er nach dem von unten erhaltenen Schuß herabgestürzt wurde. Man wollte wohl bei der nach Wiederaufbau der Stadt geschehenen Restauration das Andenken hieran vertilgen. Das neuaufgesetzte spitzige Schieferdach hat seit dem Blitzschlag vom Jahr 1760 eine bemerkbare Senkung gegen die Stadt herab. Von den 3 Glocken ist die größte und kleinste von 1652, die mittlere von 1669, da die alten im 30jähr. Krieg geraubt worden waren.

Die Kirche selbst ist eine Säulenbasilika. Die Fenster sind noch nicht gedoppelt, sondern sehr einfach, enge, nach innen sich erweiternd, theils zirkelrund, theils länglich viereckig und schmal, mit einem Halbzirkelbogen. Einige große viereckige Fenster gehören der neuen lichtsuchenden Zeit an. Die Dachfriese haben rundbogige Verzierungen, unter welchen sich hie und da Lilien, Larven und phantastische Thiergestalten finden, sehr roh ausgehauen. Die westliche Giebelseite ist schon zweimal restaurirt, beziehungsweise bis nahe an die westliche Stadtmauer verlängert worden, im vorigen Jahrhundert und schon früher. Unter einem einzigen, großen, langen und breiten Rundbogenfenster in der Mitte, durch welches der Blick von der Kanzel gerade auf die Burg hinauf fällt, hat sie ein Hauptportal (s. oben westl. Giebelseite) mit je 2 zu beiden Seiten auf niedrigen Sockel gestellten, ca. 10–12′ hohen Säulen. Um die 4 Säulenschafte schlingen sich mit gekreuzten Bändern Epheu- und Rebenblätter, an den Kapitälen sieht man eine große Larve mit Schnörkeln und Verzierungen, Raubvogelfüße, Bocksfüße und einen kleinen Bären. Der Halbkreis über dem Thürensturz ist in zwei Quadranten getheilt. In jedem Feld ist ein lateinisches Kreuz, neben dem nördlichen eine Lilie und ein Spaten, neben dem südlichen links und rechts je eine Lilie. Auf dem Thürensturz und um den Portalbogen steht in Initialbuchstaben: O QUI TERRENIS INHIAS HOMO DESIPUISTI. HIS QUID IN OBSCENIS GAUDES. COLE NUMINA CRISTI. † CONRADV. Bei der früheren Restauration der Giebelseite wurden Steine mit| gothischer Schrift und Wappen hieher eingemauert. Am Weiler’schen Wappen steht: † Gebin von Wiler. Burkart von Wiler; am Enzberg’schen: † Avbret von Enczberk.

Im Inneren der Kirche trennen spitzbogige Arkaden das Mittelschiff von den Seitenschiffen. Die Säulen der Arkaden stehen auf Sockeln, die Schafte sind gleich dick, zum Theil achteckig, darüber eine Wulst (Kranz). Das Kapitäl ist würfelförmig, doch breiter als hoch, mit Muscheln, Korallen, verschlungenen Ranken, mit Blättern, Palmzweigen. An Einem der Kapitäle sieht man 2 Fuchsköpfe. Alles ist übrigens im Laufe des Jahrhunderts mit oftmaliger Tünche überschmiert, Manches darunter wohl auch bei der Zerstörung von 1525 und im 30jährigen Kriege muthwillig abgestoßen, wie bekanntlich die Schweden im 30jähr. Kriege den geschnitzten Holzbildern die Nasen abhieben. Da, wo die Kirche verlängert ist, stehen statt der Säulen plumpe viereckige Pfeiler, zum Tragen der aufgesetzten Emporen benützt. Diese Säulen und Pfeiler tragen Halbkreisbögen, welche nur wenig in Spitzbögen übergehen. Darüber sind Rundbögen, durch welche Licht in das Mittelschiff fällt.

Hochoben, zunächst unter dem Dache, ist auf beiden Seiten eine Reihe von kleinen, etwa 4′ hohen, nach innen sich verengenden Rundbogenfensterchen. Die Kanzel, mit einem Schalldeckel von gothischem Schnitzwerke, ist an Einer der südlichen Arkadensäulen des Mittelschiffes und stammt nach der Jahreszahl am Schalldeckel aus der Restauration der Kirche nach dem 30jährigen Kriege 1649; vielleicht aus dem gleichen Jahre der protestant. große steinerne Altar unweit der Thurmhalle und der zum Zweck des ehmaligen Eintauchens hohle, kelchartig gehauene Taufstein vor dem Altare.

Die Decken sind flach, aus übertünchten, verschaalten Brettern bestehend. Auf der Westseite des Mittelschiffes ist dieses von einer, terrassenmäßig gegen das obenberührte große Bogenfenster ansteigenden Empore der ganzen Quere nach bedeckt. Ebenso ist seine Ostseite querüber, vor der oben beschriebenen schönen Chorhalle des Thurmes, durch eine hohe Empore bedeckt, auf welcher die Orgel und die Stühle für die Kirchenmusik angebracht sind.

Das Mittelschiff hat ein Satteldach; die Seitenschiffe sind durch Nähladendächer, der Thurm mit einem spitzen Zeltdach bedeckt. Das Eigenthum und die bauliche Erhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu.

Die ehemalige Spitalkirche war auf der nördlichen Ecke des seit dem Jahre 1799 verkauften Spitals (s. unten) in der unteren Stadt, zunächst an dem vormaligen unteren Thore, noch erkennbar an| zwei länglichten, halb zugemauerten Bogenfensterchen. Sie scheint die im Jahr 1269 von Engelhard von Weinsberg mit dem Dominicaner- oder Prediger-Kloster gestiftete, jedenfalls in dessen Nähe stehende kleine Kirche gewesen zu seyn, welche bei Zerstörung der Stadt im Jahr 1525 mitverbrannte, „da nach dem Brande nur noch 10 Häuslein unverbrannt zu sehen waren.“ Nach ihrer Wiederherstellung verödete sie im 30jährigen Kriege dermaßen, daß (nach dem Taufbuche) erst 1658 wieder das erste Kind darin getauft wurde. Sie wurde später noch bis zu den 1770ger Jahren zuweilen, besonders an den Markttagen, zu Kinderlehren gebraucht, gieng aber noch vor dem im Jahr 1799 erfolgten Verkauf des städtischen Spitals ein.

Der Begräbnißplatz war in früheren Zeiten als eigentlicher Kirchhof rings um die Kirche herum, woher noch viele, an der südlichen und östlichen Aussenwand der Kirche, sowie an der inneren Seite der anstoßenden westlichen Stadtmauer fest angemachte, steinerne Grabdenkmale rühren. Er wurde aber, nach der an einem steinernen Bogenthor des neuen Friedhofs befindlichen Jahreszahl 1617, wahrscheinlich in Folge der Pest von 1612, an den Jägerhausweg ausserhalb der Stadt verlegt und der bisherige Kirchhof diente wohl nur noch hauptsächlich für Familiengräber, während die geistlichen und weltlichen Beamten bis zum Jahr 1785 im Chor der Kirche beigesetzt wurden. Erst im Jahr 1807/8 wurde er definitiv verlassen und theils gepflastert, theils zu einer Baumschule angelegt, nachdem die Gebeine in’s sog. grasige Haag verlegt worden waren.

Der äussere Friedhof, 1/8 Stunde von der Kirche entfernt, südlich zwischen der Stadt und dem Schafhaus gelegen, wurde im Jahr 1794 wegen des damals hier befindlichen östreichischen Lazareths erweitert und es haben gegen 130 Mann desselben hier ihre Ruhestätte gefunden. Eine zweite Erweiterung fand man im Jahr 1840 nöthig, wo die äusseren Felder an der südlichen Mauer zu Familienbegräbnissen bestimmt wurden, während die anderen Felder zu sog. Reihengräbern dienen. Eine eigene Commission des Stiftungsraths wacht über die damals festgesetzte Begräbnißordnung, über die Erhaltung der regelmäßig angelegten Wege, der Gräber, der Gesträuche und der Monumente, von welchen schon manche geschmackvolle jetzt den Platz zieren.

Die lateinische Schule, unter den 1707 verbrannten Häusern nicht mitgenannt, gehört als Wohnung des Präceptors zu den Staatsgebäuden, nach den Lagerbüchern von jeher der geistlichen Verwaltung zustehend. Erhaltung und Ausrüstung des Schulgelasses liegt der Stiftungspflege ob. Sie liegt, von der hohen westlichen Stadtmauer gedeckt, auf der zur Kirche hinaufsteigenden Anhöhe, links von den| etlich und 80 Kirchenstaffeln an einem Absatz derselben, über welchen allein eine Anfahrt vom Cameralamtsgebäude her möglich ist.

Auf gleichem Niveau mit ihr und nur durch die gedachte Anfahrt getrennt, hinten ebenfalls von der westl. Stadtmauer gedeckt, liegt die Collaboratur-Schule, abgebrannt 1707, im Jahr 1770 als baulos abgebrochen und neuerbaut. Sie gehört zu den städtischen Gebäuden und wird von der Stiftungspflege erhalten. Das Lehrzimmer wurde erst in den 1840er Jahren zu ebener Erde eingerichtet, da früher der Collaborator von 1797 an auch deutscher Knabenlehrer war.

Über vorgedachten beiden Gebäuden, hinten gleichfalls von der Stadtmauer gedeckt, vorn von den Kirchenstaffeln begränzt, steht die Wohnung des Mädchenschulmeisters, städtisches Gebäude, in dessen unteren steinernen Stock früher die Collaboratur-, später Realschule, und jetzt die deutsche Elementarschule placirt ist. Der ledige Elementarlehrer wohnt auf Kosten der Gemeinde in einem Privathause.

Hinter dieser Mädchenschulmeisterswohnung ist seit 1807/8 auf der Höhe des vorm. Kirchhofes und Kirchplatzes, westlich auf der alten Stadtmauer ruhend, östlich gegen den freien Kirchplatz schauend, die nur einstockige Mädchenschule erbaut. Über ihr, in der Mansarde, ist das Lehrzimmer des deutschen Unterlehrers, für welchen hier auch gegenüber ein Wohnzimmer eingerichtet ist.

Für die deutsche Knabenschule, sowie für den Knabenschulmeister besteht bis jetzt kein eigenes städtisches Gebäude. Sie sind auf Kosten der Gemeinde in einem Privathause eingemiethet.

Das 1707 abgebrannte Rathhaus wurde in den folgenden Jahren auf der östl. Seite des um den Platz des abgebrannten Diaconathauses etc. vergrößerten Marktes mit Thürmchen, Glocke und Uhr neuerbaut und besteht aus 2 Stockwerken, von denen das obere einen sehr geräumigen Saal, die Kanzlei und Registraturzimmer, das untere ein Musikzimmer, ein Gefängniß, einen geräumigen Öhrn zu Aufbewahrung von Löschgeräthschaften und ein Zimmer zu Aufbewahrung von Markt- und anderen Utensilien enthält. Unten ist eine Remise für die Feuerspritzen u. dgl. angebaut. Unter der hohen Frontstaffel ist ein mit einem eisernen Thor verschlossenes, offenes Gewölbe, in welches früherer Zeit Felddiebe etc. zum allgemeinen Anblick eingeschlossen wurden, was natürlich in neuerer Zeit abgieng.

Das alte, in der unteren Gasse am ehemaligen unteren Thor stehende Spitalgebäude, erkennbar an zwei Bogenthüren in dem massiven alten Gemäuer, wurde, wie oben bemerkt, im Jahr 1799 von der Stadt an Privaten verkauft und dagegen ein im Jahr 1828 mit Hofraum und Baumgarten erkauftes, um ein Stockwerk erhöhtes| Gebäude unterhalb der Stadt, links von der Heilbronner Straße, zu Aufnahme von unbemittelten ortsangehörigen und einheimischen, wie fremden kranken Personen eingerichtet. Auch für Krätzkranke sind eigene Zimmer bereitet und ein Spitalaufseher (Armenvater) hat seine Wohnung darin bekommen. Dasselbe enthält 3 heizbare Säle, 8 heizbare Zimmer und 2 Schlafkammern. Unter den 8 heizbaren Zimmern ist 1 Kranken- und 1 Krätzzimmer für Mannspersonen, 2 gleiche für Weibspersonen; 1 Sections- und zugleich Badezimmer für Krätzkranke. Im Jahr 1848 wurde die Verpflegung der Hospitaliten aufgehoben (s. unten).

Ein öffentliches Backhaus wurde im Jahr 1837 mit einem Aufwand von ca. 3000 fl. an der südl. Stadtmauer auf der sogen. Bleiche von Stein erbaut und einem Bäckermeister in Pacht gegeben.

An Keltern sind in der Stadt: a) die sog. Badstuben-Kelter, in der unteren Stadt, unweit der südl. Stadtmauer und der unteren Gasse; neben der ehemaligen Badstube (jetzt Privathaus) mit einem eigenen Pumpbrunnen, Badbrunnen genannt, ohne mineralischen Gehalt. Sie hat 3 große Bäume und 1 kleinen. b. Die Kelter in der oberen Gasse beim Rath- und Decanathaus, Stadtkelter genannt, mit 1 großen und 2 kleinen Bäumen. c. die Kelter unweit des oberen Thores beim ehemal. Oberamtsgerichtsgebäude, Baukelter genannt, mit 3 gr. und 2 kl. Bäumen. Über letzterer ist ein großer Fruchtkasten; a. und c. gehörten früher der Herrschaft und sind jetzt von der Stadt erkauft. Privat-Keltern sind 4 vorhanden und Eigenthum von den Weinbergbesitzern: Hildt, Hardten, Fetzer, Dunz.

Außerdem gehört der Stadt:

Ein Brech- und Darrhaus auf der Bleiche, im Jahr 1858 von Stein erbaut.

Das Stadtmagazin neben der Kelter b. der oberen Gasse. Ein kleines Magazingebäude am östl. Ausgang der unteren Gasse.

Das Schafhaus am Fuße des Jägerhausberges mit Schafstall.

Der obenbemerkte Wachtthurm mit Uhr und Glocke, welche letztere von dem städtischen Hochwächter Morgens und Abends, sowie zu den Gottesdiensten an Sonn- und Festtagen geläutet wird, weil man das Geläute auf dem Pfarrkirchenthurm in der tiefgelegenen unteren Stadt nicht gehörig vernimmt. Auch ist das bürgerliche Gefängniß nebst einigen Wohngelassen für Arme darin.

Der lange einstockige Stadtstall längs der südl. Stadtmauer an der Bleiche, erbaut im Jahr 1814.

Von Gebäuden, welche dem Staate gehören, sind zu nennen:

Das Oberamtsgerichts-Gebäude vor dem oberen Thor,| von den Mall’schen Erben, als vorm. Champagnerfabrik, im J. 1855 erkauft, an der Stelle des, innerhalb des oberen Thores stehenden, an einen Kaufmann verkauften, früheren Oberamtsgerichts-Gebäudes. Es liegt imponirend am Scheidepunkt der Öhringer- und Löwensteiner Straße, hat einen kleinen geschlossenen Hof und ein niederes Hintergebäude. Hieher wird das Gefängniß zu stehen kommen.

Das Oberamts-Gebäude an der unteren, östlichen Ecke des Marktes und am Anfang der mittleren Straße; nach Abbrennung des Vogteigebäudes im Jahr 1730 von den Kilian’schen Erben und der Gräfin de la Contrey erkauft; wogegen das 1708 wieder aufgebaute später dem Keller überlassen wurde. (S. Cam.-Amt.)

Das Decanat-Haus an der oberen, östl. Ecke des Markts, oberhalb des Rathhauses und am Anfang der oberen Gasse gelegen, nach dem großen Brand im J. 1708 von einem Privatmann neuerbaut und im J. 1742 von den Hoffmann’schen Erben erkauft. Die untere Etage, hoch parterre, wurde früher von dem geistlichen Verwalter bewohnt und im obersten Stock, sowie unter Dach, waren bis zur Gefällablösung geräumige Fruchtkästen – welche Gelasse nun seither dem Decane überlassen sind – bis auf ein großes Parterrezimmer, das zu einer Cameralamts-Registratur eingerichtet ist. Der große Keller unter dem Haus ist zu 2/3 an eine Weinhandlungs-Gesellschaft vom Cameralamt verpachtet. In einem durch eine hohe Mauer geschlossenen Hofe steht ein Hintergebäude mit kleiner Scheuer und Stallung, hälftig dem Decan und hälftig dem Oberamtmann zugetheilt. Gegenüber, unterhalb des Cam.-Amts, ein kleines Gärtchen.

Das Diaconat-Haus, oberhalb des Markts, am Anfang der Kirchenstaffeln gelegen, hinten von der westl. Stadtmauer gedeckt; an der Stelle der 1707 und wieder 1744 abgebrannten Helferhäuser, welche am unteren Markt und in der mittleren Gasse standen, im J. 1817 von Bürg.-Mstr. Plank erkauft; auf einer hohen Mauer mit Vorgärtchen aufgeführt. Hinten, längs der Stadtmauer, ein Gärtchen.

Das Cameralamts-Gebäude, quer an der halben Höhe des Kirchberges und an einem Absatz der Kirchenstaffeln gelegen, mit eigener Anfahrt auf einer starken Streb- und Grundmauer. Die frühere Kellerei stand bei der oberen Thorkelter und brannte 1707 ab. Das dermalige Gebäude ist die 1708 wieder aufgebaute Vogtei, welche nach Ankauf des Kilian’schen Hauses dem Keller überlassen wurde.

Das herrschaftl. Bandhaus (nach der noch vorhandenen Jahrszahl) im J. 1527 nach der Zerstörung von 1525 wieder aufgebaut, mit einem großen Keller darunter, auf der Höhe der Kirche innerhalb der nördlichen Stadtmauer stehend. Bei dem großen Brand von| 1707 verbrannte es mit allen Materialien; das wiederaufgebaute brannte abermals im Februar 1725 nieder und wurde im Jahr 1732 massiv bis zum Giebelstock, in welchem ein Herrschaftskasten ist, aufgeführt. In Folge der Ablösung entbehrlich, wird es eben jetzt von der Finanzverwaltung verkauft.

Die herrschaftliche Zehntscheuer, mit einem schönen, großen Keller darunter, genannt der tiefe Keller, unweit des vorgedachten Bandhauses, etwas tiefer als dieses gelegen, im J. 1707 ebenfalls abgebrannt und in den folgenden Jahren wieder aufgebaut, ist in Folge der Zehntablösung durch Verkauf in das Privateigenthum eines Bürgers übergegangen.

Das Oberamtsgerichtliche- und Oberamtsgefängniß, Aloisle genannt, in der unteren Stadt an der südlichen Stadtmauer und der sogen. Bleiche, zunächst dem Stadtcanal gelegen, mit geschlossenem Hof und Thürmchen sammt Glöcklein; zugleich Wohnsitz des Oberamtsgerichtsdieners. Auf Kosten der Amtscorporation erbaut (1805/6) wurde es nach Errichtung eines Oberamtsgerichts anno 1822 auf herrschaftliche Kosten erweitert, um im 2. Stock feste oberamtsgerichtl. Gefängnisse einzurichten. Seine Lage am äußersten Rande der Stadt und seine große Entfernung vom Oberamtsgerichts-Gebäude machen längst eine Änderung wünschenswerth, welche denn auch beschlossen ist.

Der seit der Zehntablösung abgegangene 3fache Fruchtkasten auf dem Decanathaus und der auf der Kelter am oberen Thor sind schon oben erwähnt worden.

Von ansehnlichen wohlgebauten Privatwohnungen sind zu nennen: die massiv von Stein gebauten Wohnhäuser der Werkmeister und Ökonomen Hildt, Vater und Sohn, vor dem oberen Thor, die Dichterwohnung Just. Kerner’s mit hinten angebautem Schweizerhaus, am sogen. grasigen Haag und Weg zur Burgruine, das Fetzersche Haus am oberen Thor, ebendaselbst das Gasthaus zur Traube; innerhalb des oberen Thores, von welchem lange noch die steinernen Pfeiler standen und einer noch steht, das ehemalige Oberamtsgerichtsgebäude, nunmehr Kaufmann Ruthard’sche Haus, der Gasthof zum Adler; am Markt die Apotheke, das Postgebäude und das Gasthaus zur Sonne.

Trinkwasser liefern, nicht in bester Qualität, weil gypshaltig, 6 laufende öffentliche, 1 öffentlicher und mehrere Privatpumpbrunnen. Das bessere und reinere gibt der nur einröhrige Brunnen vor dem unteren Thor am Jägerhausweg. Der am unteren Markt und an der Hauptstraße stehende Marktbrunnen ist 3röhrig, mit eisernem Brunnenkasten und mit Inschrift. Der in der unteren Gasse stehende sog. Spitalbrunnen nächst dem ehemaligen Spital ist 3röhrig, hat einen| steinernen ca. 290 Eimer haltenden Brunnenkasten, der zugleich für die Eiche gebraucht wird. Oben auf steht ein Löwe, den Herzogshut und das württemb. Wappen haltend. Unten ist auch ein steinernes Stadtwappen. Das Wasser für die laufenden Brunnen kommt a) für den Markt- und oberen Thorbrunnen, ca. 10.000′ lang, durch hölzerne Teichel vom sogen. Stämmlensbrunnen unter dem Rappenhof, 1801/3 errichtet. Seit Frühjahr 1859 ist eine neue Quelle vom sogen. Heldenbrünnele gegen das Stadtseethal, ca. 2000′ lang zugeführt. b) Das für den Spitalbrunnen und das sogen. Thorbrünnele (vor dem ehemaligen unteren Thor) kommt vom sogen. Linsenberg, hinter dem neuen Kirchhof, aus einer großartigen Brunnenstube, ca. 1800′ lang. c) Das für den Brunnen der unteren Gasse aus dem sogen. Schafhausberg, ca. 2500′ lang.

Der am südlichen Fuß der Anhöhe, auf welcher die Stadt gegen den Burgberg aufsteigt, in 2 Armen innerhalb und außerhalb der südlichen Stadtmauer vorüberfließende sog. Stadtbach oder Saubach kommt aus dem 3/4 Stunden entfernten Stadtsee und treibt die sogen. Stadt- und Sägmühle – ist auch am unteren Thor zunächst dem Gefängniß zu einer Pferdeschwemme gefaßt und kann für Feuersbrünste durch Ziehen der Falle am Stadtsee angeschwellt werden.

Ein kleiner ausgemauerter Feuersee unterhalb des oberen Thores, Rest von dem ehemal. östlichen Stadtgraben, der noch zu Anfang dieses Jahrhunderts stand, ist schon längst in ein Privatgärtchen verwandelt.

Weiter sind hier insbesondere noch die vorhandenen Reste von der ehemaligen Burg Weibertreue zu erwähnen, zu welchen seit deren Restauration durch den in jüngster Zeit wieder neu belebten Weibertreu-Verein im Jahr 1824 ein bequemer, steiler, theilweise durch Staffeln gangbar gemachter Weg vom grasigen Haag aus durch die Weinberge hinaufführt. Ein zweiter, breiterer, zur Noth fahrbarer Weg, der sog. Frauenweg, führt, den Berg umgehend, von N. her durch die ehemaligen Burgthore in die Burgräume ein. Die Entfernung beträgt auf ersterem Wege 1/8, auf letzterem 1/4 Stunde. Die Burg, vormals der Sitz der Herren von Weinsberg, nach dem Erlöschen des Geschlechts der Obervögte von Stadt und Amt Weinsberg, wurde im Jahr 1525 von der schwarzen Schaar des Bauernheeres unter Florian Geyer erstürmt, verbrannt und zerstört, seit welcher Zeit sie in Trümmern liegt. Obiger im Jahr 1824 auf Anregung Just. Kerners gebildeter Weibertreu-Verein von Frauen hat den innerhalb des Burgraums angelegten Weinberg angekauft, den Platz mit Gesträuchen besetzt und Wege durch dieselbe angelegt. Der Schloßberg gehörte vor 1770 dem Hofkammerrath Ziegler und dessen| Vater. Die äußere Umfassungsmauer, welche die ganze obere Fläche des schönen Bergkegels umschloß, ist auf der Ost- und Südseite, wenn auch bedeutend bis auf ca. 9′ erniedrigt, doch noch gut erhalten. Auch von den beiden Thoren und dem zwischen einer 2fachen Mauer herabführenden Thorweg (genannt Frauenweg), sowie von den gebrochenen runden Thürmen zu beiden Seiten des äußeren Thores sind noch bedeutende Spuren sichtbar. Größere Zerstörung zeigt sich an der Nord- und einem Theil der Westseite der Mauer. Tritt man von dem erstgedachten Wege herauf durch eine enge Mauerpforte oberhalb des gedachten Thorwegs in den inneren Burgraum, so stößt man zuerst auf einen noch gut erhaltenen, unten runden, oben achteckigen Eckthurm der zerstörten Burg, welcher seit der Restauration von 1824 mittelst einer Wendeltreppe wieder besteigbar ist und einen Überblick über den Raum gibt, welchen die Burg einnahm. Von ihm aus zogen sich die Grundmauern des Ritterhauses in gerader Linie gegen N. bis zu dem noch stehenden großen runden Eckthurm, unter welchem das spitzbogig hochgewölbte Burgverließ war. Bei der Restauration von 1824 wurde die 18′ dicke Mauer dieses Verließes von Außen durchbrochen, so daß man jetzt durch diese auf Stufen in dieses Grab von Lebendigen hinabsteigen kann, wohin ehemals die Gefangenen nur durch eine noch vorhandene, mit Eisengitter verwahrte Öffnung in der obersten Spitze des Gewölbes hinabgelassen wurden. Ein 20′ langer gewölbter Eingang führt in den oberen Raum über diesem Gewölbe; und in den nach Außen sich verengenden Maueröffnungen, bei 18′ tiefen Schießscharten, haben die Vereinsglieder Äolsharfen angebracht. Auf Stufen von Außen bei einem verschütteten Brunnen steigt man endlich auf den oberen Rand des runden Thurmes, dessen Mauern eine sehr bedeutende Breite haben.

Hier hat man einen herrlichen Überblick über die Stadt und das gesegnete milde Weinsberger Thal, begränzt von den Löwensteiner- und Mainhardter Waldbergen, bis zu den Höhen von Waldenburg, auf der anderen Seite durch das Sulmthal in das Neckarthal hinüber und auf den Odenwald bis zum Katzenbuckel und wieder auf Heilbronns Wartberg und auf Weiler zum Stein.

Von einem dritten, dem höchsten und Hauptthurme, steht nur noch eine ca. 40′ hohe, 24′ breite, hohle Ruine, aus dessen Gemäuer die Steinchen für die Weibertreuringe gesammelt werden. In ihrem Halbbogen ist ein runder steinerner Tisch mit einer steinernen Bank seit der Restauration von 1824 angebracht, wie auch unweit davon, auf der obersten Fläche des Burgraumes, auf einem freien Platz ein von hölzernen Bänken umgebener großer steinerner Rundtisch steht,| welcher von einer in seiner Mitte gepflanzten, aber leider abgestorbenen Linde beschattet werden sollte.

Die auf der Südseite des inneren Burgraumes, an einem durch das Gebüsch führenden Wege noch wahrnehmbare kleine Felsenwand rührt von einem kleinen Steinbruche her, welcher zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, „als die bisherige Wüstenei zu einem Weinberge angelegt wurde,“ dem Unternehmer hier zu errichten gestattet wurde, wobei er aber auch Steine von der Burgruine zu den Weinbergmauern verwendete. Dieser Weinberg wurde, wie oben bemerkt, im Jahr 1824 vom Weibertreu-Verein angekauft und in Anlagen verwandelt.

Nahe am stumpfgebrochenen Eck der südwestlichen Ringmauer steht noch von außen sichtbar der Fuß eines runden Thurmes in einer Höhe von 10–12′ über die Fläche der Ringmauer vor, welche hier Spuren eines ehemaligen gewaltsamen Durchbruches und einer späteren Wiederausfüllung trägt. Innerhalb dieses stumpfen südwestlichen, aus trefflichen Quadern bestehenden, noch 30–40′ hohen Mauereckes stand wohl ein viereckiger fester Thurm, durch welchen man zu dem jetzt von innen verschütteten, außen am Fuß der Mauer wahrnehmbaren, rundbogig gewölbten Ausfallthörchen hinabgelangte. Die Maueröffnung dieses von innen unterirdischen, nur 3′ breiten Bogenthörchens ist 6′ tief und der Einschnitt für den Schließbalken, mit welchem die wohl eiserne, oder eisenbeschlagene Thüre geschlossen wurde, ist noch deutlich erkennbar. Bei der Eroberung Weinsbergs durch Herzog Ulrich im Juli 1504 wird erwähnt, wie auf der Burg „ein Thurm oben ab und auch die Mauer bis an den Grab niedergeschossen und der Mantel und das Ritterhaus zerschossen worden sei“ (Sattler, Herz. 1 Beil. Nr. 35).

Von der ehemaligen Burgkapelle finden sich keine Spuren mehr. Denn das, ohnehin jetzt wieder verfallene sogenannte Kapellchen an der Südostseite der Ringmauer war ein leichtgebautes Werk der Restauration vom Jahr 1824. Urkundlich entschieden aber ist, daß die Burg ihre eigene Kapelle hatte, an welcher im Jahr 1305 sogar 4 Priester angestellt waren, wie auch noch im J. 1525 unter den auf der Burg Erstochenen ein Burgpfaffe Wolf genannt wird. Die Aufbehaltung der geweihten Hostie in dieser Kapelle bewilligte im Jahr 1441 Bischof Sigmund von Würzburg. (Fortges. Sammlung von alten und neuen theol. Sachen auf das J. 1750, S. 5.)

Die Stadtgemeinde Weinsberg zählte am 3. Dec. 1858 2060 ortsangehörige Einw., nämlich 963 männliche und 1097 weibliche. Hierunter befanden sich 2002 Evang., 57 Kath. und 1 Israelite;| ferner 584 Verheirathete, 113 Verwittwete, 4 Geschiedene und 1359 Ledige (nämlich 1023 unter und 336 über 25 Jahre) und endlich 55 Kinder unter 1 Jahr, 125 Kinder von 1–6 Jahren, 358 Kinder von 7–13 Jahren, 439 Pers. von 13–24 Jahren, 396 Personen von 25–39 Jahren, 461 Personen von 40–59 Jahren, 166 Personen von 60–79 Jahren und 10 Personen über 80 Jahre.

Die ortsanwesende Bevölkerung betrug am gleichen Tag (3. Decbr. 1858) bei 456 Familien 2080 Personen, nämlich 1004 männl. und 1076 weibl. Geschlechts. Hierunter befanden sich 2010 Evang., 59 Kath. und 1 Israelite, ferner 576 Verheirathete, 122 Verwittwete, 5 Geschiedene und (1070 unter und 307 über 25 Jahre zusammen also) 1377 Ledige und endlich 57 Kinder unter 1 Jahr, 194 Kinder von 1–6 Jahren, 439 Kinder von 7–13 Jahren, 483 Personen von 14–24 Jahren, 404 Personen von 25–39 Jahren, 452 Personen von 40–59 Jahren, 140 Personen von 60–79 Jahren und 11 Personen über 80 Jahren.

Was die Bevölkerung Weinsbergs in früheren Jahren betrifft, so zählte man Ortsangehörige:

männl. weibl. zus.
1810 0799 0835 1634
1820 0870 0909 1770
1825 0912 0958 1870
1830 0923 0982 1904
1835 0922 0915 1837
1840 0966 0961 1927
1845 1072 1076 2148
1855 0894 0977 1871
1860 0982 1127 2109
Ortsanwesende:      
1834 0884 0942 1826
1837 0917 0973 1890
1840 1006 1033 2039
1843 0978 1055 2033
1846 0937 0997 1934
1849 0986 1012 1999
1852 1060 1134 2194
1855 0961 1045 2006
Die Einwohner sind im Allgemeinen gesund und mittelmäßig kräftig, von nicht besonders ansehnlicher, mehr durch die anstrengende Weinbergarbeit gedrungener Statur. Epidemische Krankheiten, namentlich Schleim- und Nervenfieber, Ruhr, u. dgl. kommen ziemlich| selten vor, mehr Catarrh und Rheumatismen; Blinde, Taubstumme, Geisteskranke und Cretins fanden sich bei der Aufnahme von 1852 unter 1934 Einwohnern 22 vor.

Die Einwohner zeigen im Bau der Weinberge und des Feldes, diesen Haupterwerbsquellen der Mehrzahl, einen unermüdeten Fleiß und sind für einen rationellen Betrieb nicht unempfänglich.

Die ökonomischen Verhältnisse können nur etwa bei 2/3 gut genannt werden. Wo der einzige Güterbesitz in Weinbergen besteht, wie bei gar Vielen der Fall ist, da führen mehrere Fehljahre große Bedrängniß herbei. Besser ist es bei denen, welche beides, Bauern und Weingärtner, sind und zugleich einigen Viehstand haben. Die Zahl der Verarmten, die öffentliche Unterstützung in Anspruch Nehmenden ist sehr bedeutend. (Siehe unten Stiftungspflege.)

Was die Gütervertheilung betrifft, so beträgt der größte Besitz in Einer Hand ca. 130 Morgen Feld und Weinberge, der mittlere 18–20 Morgen. Der geringste Besitz von 1/2–1 Morgen findet sich bei Gewerbetreibenden und Tagelöhnern, welch Letztere übrigens reiche Gelegenheit zum Verdienst finden, namentlich auch durch Pachtbau von Weinbergen. Viehzucht im Größeren wird nur auf der Pachtdomaine Weißenhof getrieben.

Das Gewerbewesen steht zum vorherrschenden Wein- und Ackerbau nicht im Verhältniß.

1. Fabrikations-Anstalten.

Die von dem † Stadtrath Mall vor etwa 20 Jahren errichtete Schaumwein- (Champagner-) Fabrik ist mit seinem Tode im Jahr 1850 wieder eingegangen.

In der von dem Besitzer verpachteten Ziegelei und Kalkbrennerei arbeiten 4–6 Gehilfen.

2 Bierbrauereien beschäftigen 4 Mann.

1 Branntweinbrennerei im größeren Maßstab beschäftigt 2–3 Arbeiter. Kleinere Brennereien haben die Küfer.

II. Mechanische Künstler und Handwerker.
Bäcker 7   7       Glaser 3 2
Buchbinder 3 Grobschmide 5 5
Büchsenmacher 1 Gypser, s. Weißputzer
Dreher 1 Hafner 1
Färber Hutmacher 1 1
Flaschner 2 1 Kaminfeger 1 1
Gärtner 1 1 Küfer und Kübler 8 u. 2 10
Gerber, Rothg. 2 2 Kupferschmiede 1 |
Messerschmiede 1 1 Schuhmacher 14 7
Metzger 6 3 Seifensieder 1
Maurer und Steinhauer 6 20 Steinhauer s. oben Maurer.
Nagelschmiede 3 2 Wagner 3 3
Pflästerer 1 2 Weber 6 2
Sattler 2 1 Weißputzer 2 4
Schlosser 2 2 Zimmerleute 6 8
Schneider 13 6 Zuckerbäcker 1 1
Schreiner 8 4 Zirkelschmiede 1 1
III. Handelsgewerbe.
Kaufleute 7
Frachtfahrer und Fuhrleute 4
Außer diesen sind in der Stadt:
Reine Bauern 60
Bauern und Weingärtner 209
Weingärtner 180
Tagelöhner 89
Sodann zählte die Stadt:
Schildwirthschaften 5
Speisewirthschaften 9
Gassenwirthschaften 6
Apotheke ist nur Eine vorhanden mit einem Gehilfen.

An Mühlen befinden sich auf der Markung:

a) die sog. Stadtmühle, an der südöstl. Ecke der Stadtmauer, von einem zugeleiteten Kanal des Saubachs getrieben – jetzt nur Säge- und Gypsmühle;

b) außerhalb der Stadt (nordöstl. 1/2 Viertelstunde an der Sulm) die Benzen- (Binsen-) Mühle mit 3 Mahlgängen, 1 Gerbgang, zugleich Sägmühle;

c) deßgleichen nördl. von der Stadt 1/4 Viertelstunde an der Sulm die Hasenmühle, mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang;

d) deßgleichen nördl. beim Weißenhof am Eberbach, 1 Viertelstunde von der Stadt, die Weißenmühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang;

e) deßgleichen westlich an der neuen Heilbronner Straße, 1 Viertelstunde von der Stadt, durch einen Kanal des Saubachs getrieben, die vor. J. neuerrichtete Schleifmühle und Ölmühle.

Bedeutenden Verdienst erhielt die Stadt bis jetzt durch die Durchfuhr von Langholz und Brennholz, von Schnittwaaren und Pfählen, welche vom Mainhardter Wald und vom Roththal, und von Salz, das von Wilhelmsglück nach Heilbronn auf der Axe verführt wird.

| Die 4394 Morgen große Markung enthält 143 Mrg. Gärten und Länder, 694 Mrg. Weinberge, wozu 112 zu anderen Culturen verwendet werden, 1229 Mrg. flürlich, 239 Mrg. willkührlich gebaute Äcker, 496 Mrg. 2mähdige, 23 Mrg. 1mähdige Wiesen, 845 Mrg. Laub-, 146 Mrg. gemischte, 187 Mrg. Nadelwaldungen, 52 Mrg. Waide, 13 Mrg. Öde, über 2 Mrg. Steinbruch. Davon gehören dem Staate: über 2 Mrg. Gärten und Länder, 150 Mrg. Äcker (s. Weißenhof), 19 Mrg. Weinberge, 87 Mrg. Wiesen und 3 Mrg. Waide, sodann der Gemeinde: 11 Mrg. Gärten, 4 Mrg. Äcker, 4 Mrg. Wiesen, 549 Mrg. Laub-, 179 Mrg. Nadel-, 145 Mrg. gemischte Waldung, 32 Mrg. Waide und Öde, 11/2 Mrg. Steinbruch, ferner der Stiftung: 5 Morgen Gärten und Länder, 74 Morgen Äcker, 11 Mrg. Wiesen, 35 Mrg. Laubwald, 1 Mrg. Waide.

Die Weinberge sind vorzüglich an den sonnigen Abhängen der nordwestlich bis nordöstlich von der Stadt gelegenen Berge, Schemelsberg mit Wanne, Burgberg und Ranzenberg, die Ackerfelder auf dem wellenförmigen Gehäng gegen Ellhofen und dem Rappenhof, die Wiesen im nördlichen gegen N.W. vorüberziehenden Sulmthal und im Thälchen des Saubachs gelegen.

Der Boden der Weinberge ist mergel- und kalkhaltig, der des Ackerfeldes und der Wiesen fruchtbarer Diluviallehmboden.

Auf der Markung, südlich von der Stadt gegen das Jägerhaus hin, ist ein schöner, mit dem berühmten Heilbronner verschwisterter, Werksteinbruch; im Besitz der Stadt und von Privaten gepachtet.

Der südliche Fuß des sonst so schön geformten Burgberges, gerade über der Heilbronner Straße und mitten in den trefflichen Weinbergen ist durch zwei tief eingegrabene Gypsbrüche verunstaltet, welche dem Unternehmer reiche Ausbeute gewährten. (S. oben Gypsmühle.)

In der Nähe der obengedachten Ziegelhütte ist auch eine bedeutende Lehmgrube; städtisches Eigenthum.

Härtere Steine zum Straßenbeschläg müssen aus der Ferne über Heilbronn von Thalheim her beigeführt werden.

Zum Weinbau, dem Hauptnahrungszweig, sind 6942/8 Mrg. bestimmt, 112 Mrg. zu anderen Culturen verwendet. Zeitweise, bevor eine neue Bestockung angelegt wird, werden die Gelände mit ewigem Klee eingeblümt. Die gewöhnlich gebauten Traubensorten sind: Silvaner, Gutedel, Elblinge, Trollinger und seit neueren Zeiten Klevner und Rißlinge. Das Erzeugniß von Klevnern wird gewöhnlich dem Pfunde nach an Schaumweinfabrikanten selbst des Auslandes| verkauft. Neuerdings sind vom landwirthschaftlichen Verein auf sorgfältiges und abgesondertes Lesen und Keltern von rothem und weißem Gewächs Prämien ausgesetzt. Durchschnittlich erträgt der Morgen 4–5 Eimer, und die Mittelpreise eines Eimers waren im Jahr 1846 54 fl., höchster 60 fl.; 1847 26 fl., höchster 30 fl.; 1848 18 fl., höchster 24 fl.; 1849 17 fl., höchster 20 fl.; 1850 10 fl., höchster 11 fl.; 1851 17 fl., höchster 23 fl.; 1852 21 fl., höchster 26 fl.

Der Wein findet seinen Absatz bis Hall, Gaildorf und Welzheim auf der einen, und auf der anderen Seite bis Stuttgart, Calw, auf den Schwarzwald und bis Ulm und Oberschwaben. Unter Marlborough, 1704, ging der Schimmelsberger bis London. (Memminger.)

Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich von 250 fl. bis 1300 fl. Die Lesezeit fällt im Durchschnitt in die Mitte Oktobers. Nur zweimal in den letzten 50 Jahren, im J. 1811 hat die Weinlese schon am Matthäus-Feiertage, 21. Sept. und im J. 1822 sogar am 13. Sept. begonnen, und am 1. Oktober 1822 waren die Keltern geschlossen.

Die Landwirthschaft wird auf 1468 Morgen, größtentheils mit verbesserten Ackergeräthschaften, fleißig und umsichtig betrieben und dem Boden, so viel der Viehstand gestattet, mit kräftiger Düngung nachgeholfen. Außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, namentlich auch dem Pförch, kommt der hier gewonnene Gyps, und die Gülle sehr häufig in Anwendung. Der Ackerbau gewährt hauptsächlich Dinkel, Haber, Sommer- und Wintergerste, Einkorn, weniger Weizen und noch weniger Roggen. Auch Welschkorn, Erbsen, weniger Linsen und Wicken, werden gebaut. In der fast gänzlich angeblümten Brache werden vorherrschend Kartoffeln, Klee, weniger Esper, auch Angersen und – seit Entstehung der Heilbronner Fabrik – Zuckerrüben gezogen. Von Handelsgewächsen kommen vor: etwas weniger Reps und Flachs, Hanf, sehr wenig Mohn.

Bei einer Aussaat von 7 Sri. Dinkel, 3 Sri. Haber, 21/2 Sri. Gerste, 4–5 Sri. Einkorn, 2 Sri. Weizen und Roggen wird ein durchschnittlicher Ertrag von 8–12 Schff. Dinkel, 5–6 Schff. Haber, 5 Schff. Gerste, 6–7 Schff. Einkorn, 5 Schff. Weizen, und 4 Schff. Roggen per Morgen erzielt.

Die höchsten Preise für den Morgen Acker betragen 7–800 fl., die mittleren 400 fl., die geringsten 200 fl. Das hiesige Feld besteht übrigens vorzugsweise aus besseren Gütern, und ein großer Theil ist schuldenfrei. Die Felderzeugnisse werden, mit wenigen Ausnahmen bei den größeren Güterbesitzern, im Orte selbst verbraucht.

| Dasselbe findet statt bei dem sehr unbedeutenden Garten- und Länderbau und den sog. Allmandplätzen.

Der Wiesenbau (von 510 Mrg.) liefert für den, wenn auch kleineren Viehstand, nicht so viel Futter, daß nicht auch noch auf den Anbau von Futterkräutern gedrungen werden müßte. Die Wiesen, bei welchen im Thal selten Wässerung stattfinden kann, sind zweimähdig und ertragen durchschnittlich 30–36 Ctr. Heu und 15 Ctr. Öhmd p. Mrg. Der Preis eines Morgens Wiese ist circa 600 fl., mit Baumsatz 7–800 fl.

Der Obstbau ist sehr bedeutend, theils in der prächtigen Baumreihe an der Landstraße von der Heilbronner bis zur Ellhofer, und nördlich bis zur Eberstadter Markung, theils an den sonstigen Vicinalwegen, theils im Stadtgarten im sog. grasigen Haag, theils auf Allmandplätzen, und in Privatgärten, besonders in dem kleinen Thaleinschnitt am östlichen Fuße des Burgberges u. s. w. Man zählte im J. 1854 auf der Markung 12.000 Kern- und 10.000 Steinobstbäume.

An Birnsorten kommen vorzüglich vor die Palmisch-, Zucker- Most- und Bratbirnen etc. An Äpfeln: Luiken, Braitlinge, Schafnasen, Fleiner, Lederäpfel, Reinetten, auch Borsdorfer und andere feinere Tafelsorten. Zwetschgen-, Pflaumen-, Kirschen- und Nußbäume sind in den Baumgärten häufig. Jungstämme werden in Privatbaumschulen gezogen.

In dem trefflichen Obstjahr von 1847 wurde der Ertrag auf 450.000 Sri. geschätzt, was bei den damaligen wohlfeilen Durchschnittspreisen von 12–15 kr. die schöne Summe von 112.500 fl. abwarf. Die Stadt- und Stiftungspflege allein hat schon aus dem Obst von den auf der Allmand oder ihren Gütern stehenden Bäumen über 2000 fl. erlöst und kann dießfalls auf eine durchschnittliche jährliche Einnahme von 800–1000 fl. rechnen.

Viel von dem verkäuflichen Obst geht in die Umgegend und weiterhin, ein großer Theil wird zu Most für den Hausbrauch verwendet, der dann mit den Resten des unverkauften Weinmosts oder dem zweiten Druck, der sog. Leyer, vermischt, einen labenden Haustrunk gibt.

Der im J. 1853 vom Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins gegründete Seidenbauverein hat in der von der Stiftungspflege gepachteten vormaligen Baumschule an der Kirche, und auf eigens erworbenen Feldgütern hinter der Burg eine Maulbeerpflanzung angelegt, welche ein gutes Gedeihen verspricht.

| An Waldungen besitzt die Gemeinde 874 Mrg., worunter 5492/8 Mrg. Laub-, 1796/8 Mrg. Nadelwaldung, 145 Mrg. gemischte, die Stiftung 35 Mrg. Laubwald, zusammen 909 Mrg., welche Zahl neuestens sich durch Ankauf von Privatwaldungen noch erhöht hat. Sie werden in 25jährigem Umtriebe bewirthschaftet. Bei dem jährlichen Hieb erhält jeder Bürger eine sog. Holzgabe, jedoch nicht von großem Werth.

Die von dem dermaligen Vorstand eingeführte Rindeschälung vom Eichenholz gewährt einen jährlichen Ertrag von 800-1000 fl. Auf der ganzen Markung sind 10787/8 Mrg. Wald.

An Waiden besitzt die Gemeinde 54/8 Mrg. mit Obstbäumen besetzt, 93/8 Mrg. mit Holz bewachsen, 372/8 Mrg. nur mit Gras bewachsen, im Ganzen 521/8 Mrg., Öden 14 Mrg. Die Stiftung besitzt 1 Mrg. Diese, so wie die Brach- und Stoppelwaide, sind nebst dem Gemeindeschafhaus dem Stadtschäfer in Bestand gegeben, was der Gemeinde jährlich ein Bestandgeld von 450 fl., worunter 200 fl. für die Schafwaidberechtigung auf der Markung Heilbronn, in der sog. Böckinger Ebene, abwirft.

Aus dem Sommerpförch erlöst die Gemeinde etwa jährlich 500 fl. Den Erlös des Winterpförchs bezieht der Schäfer.

Die Rindviehzucht wird – außer auf der Domaine Weißenhof – nicht im Großen betrieben. Nach der Aufnahme vom 1. Jan. 1859 waren an Rindvieh vorhanden: 81 Ochsen und Stiere über 2 Jahre alt, 236 Kühe, 136 Stück Schmalvieh, im Ganzen 453 Stück. Im Allgemeinen ist es zumeist der sogenannte Neckarschlag, der hier gezogen wird. Die Anschaffung und Haltung von 4 Farren ruht auf einem eigenen Spitalgute, dem sog. Widdumgute, welches mit circa 14 Morgen dem Farrenhalter zur Nutznießung gegeben ist, worüber er noch 88 fl. von der Gemeinde erhält, nebst einem unverzinslichen Vorschuß von 12 Schff. Haber und 100 Ctr. Heu.

Viehmastung kommt in ausgedehntem Maaße nur auf der Domaine Weißenhof vor. Pächter Werkmeister Hildt.

Schlachtvieh wird mehrentheils nach Heilbronn abgesetzt.

Auch mit Zug- und Schlachtvieh wird besonders auf dem großen Heilbronner Viehmarkt Handel getrieben.

Pferdezucht wird nicht betrieben. Am 1. Jan. 1859 waren im Ganzen 51 Pferde vorhanden, die zum Ackerbau und Zug erforderlich sind.

Die Schafzucht wird nicht von Privaten, sondern nur von dem Stadtschäfer, dem Beständer des obengedachten städtischen Schafhauses, betrieben. Er bezahlt 450 fl. Bestand und ist berechtigt,| 550 Stücke Bastardschafe auf der Markung laufen zu lassen. Bei der Aufnahme vom 1. Jan. 1859 zählte man 270 spanische, 900 Bastard- und 8 Landschafe.

Der Pförch wird für Rechnung der Stadtkasse an die Güterbesitzer verkauft.

Die Wolle kommt ausschließlich auf den Heilbronner Wollmarkt und werden gewöhnlich höhere Preise erzielt.

Der Absatz der Schafe geht in’s Ausland.

Die Schweinezucht wird mit einem von dem Farrenhalter nebst den Farren zu haltenden Eber und 6 Mutterschweinen nur von Einzelnen betrieben. Am 1. Jan. 1859 waren 123 Mastschweine und 84 Läufer und Milchschweine, im Ganzen 207 Schweine vorhanden. Ein Theil wird in’s Haus geschlachtet und ein Theil kommt in den Handel.

Ziegen werden von mehreren Unbemittelten der Milch wegen gehalten und für die Zucht ist ein eigener Stadtbock bei einem Bürger eingestellt, wofür letzterer jährlich 12 fl. erhält. Vorhanden waren am 1. Jan. 1859 73 Stück.

Bienenzucht wird von Einem Privatmann rationell und einigen anderen nach alter Manier betrieben. Bienenstöcke waren am 1. Jan. 1859 vorhanden 44.

Handelsgegenstände sind, außer den wenigen, obengenannten Fabrikaten und außer dem Wein, keine zu nennen.

Wochenmärkte bestehen, wegen der Nähe von Heilbronn, nicht und wiederholte Versuche, sie einzuführen, sind fehlgeschlagen. Auch die großen Viehmärkte in Heilbronn lassen hier keinen Viehmarkt aufkommen, wie solcher in den von Heilbronn entfernteren Amtsorten Eberstadt und Eschenau besteht. Dagegen ist die Stadt zu Haltung eines Krämerjahrmarktes am 24. Juni und am 19. Nov. berechtigt, bei welchem aber der Verkehr in neueren Zeiten immer mehr abnimmt.

Die Frachtverkehr mit Lang- und Brennholz, Schnittwaaren, Pfählen, Salz etc., auf der Löwenstein–Heilbronner Straße, ist bis jetzt, und so lange die beschlossene Eisenbahn ihm keine andere Richtung gibt, sehr bedeutend, worauf schon die Verpachtung des Pflastergeldes um 2200 fl. hinweist.

Was die Verkehrsmittel betrifft, so führt mitten durch die Stadt die sehr frequente Heilbronn–Haller Land- und Poststraße, welche sich vor dem oberen Thore in die nach Öhringen, Künzelsau etc. und in die nach Löwenstein, Mainhardt etc. ziehende theilt. Von ihr aus geht unterhalb der Stadt eine Vicinalstraße nach Erlenbach,| Neckarsulm, sodann über den Jägerhausberg nach Donnbronn-Gruppenbach ins Bottwarthal. Die gegenwärtig im Bau befindliche Eisenbahn von Heilbronn nach Hall tritt an der westlichen Gränze der Stadtmarkung aus dem Heilbronner Tunnel heraus, durchzieht die Markung südlich von der Stadt bis zur Markung Ellhofen, und bekommt in unmittelbarer Nähe der Stadt, an deren südöstlichem Ende einen Bahnhof mit Haltstation.

Brücken hat die Stadt zu unterhalten drei steinerne am vormaligen unteren Thore über den Saubachkanal, eine steinerne bei der Hasenmühle und eine beim Weißenhof über den Eberbach und eine bei der Benzenmühle über die Sulm.

In der Stadt befindet sich seit 1. Juli 1842 eine Postexpedition ohne Poststall, bei welcher täglich fünf von Heilbronn nach Hall, Öhringen etc. oder von da nach Heilbronn gehende Eilwagen, früh Morgens oder spät Abends Briefe und Pakete ablagern. Personen können mit diesen Eilwagen nur weiter befördert werden, wenn sie nicht übersetzt sind. 1 Stadtbote fährt täglich nach Heilbronn und zurück, 1 laufender deßgleichen. Von den Amtsorten kommen am Mittwoch und Samstag laufende Amtsboten in die Stadt, welche den amtlichen und Privatverkehr zwischen Stadt und Land vermitteln, ein Verhältniß, das sich freilich nach Eröffnung der Eisenbahn bedeutend ändern wird.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet. Über das Vermögen der Stadt- und Stiftungspflege s. Tab. III. Die Gemeinde besitzt außer den obengedachten Waldungen gegen 50 Mrg. Güter, welche ein beträchtliches Pachtgeld abwerfen.

Die Zunahme der Armen und der der Stiftungspflege durch die Gefällablösung zugegangene Verlust hat eine bedeutende Erhöhung der jährlichen Gemeindeschadensumlage zur unausbleiblichen Folge gehabt. Dieselbe beträgt aber jetzt nur noch 800–1000 fl.

Unter den bedeutenden Kapitalien der Stiftungspflege sind folgende zu besonderen Zwecken gestiftet: Zu Schulzwecken 1051 fl., deßgleichen 305 fl., zu Armenbrod 5622 fl., zu Fleisch für Arme bei s. c. 85 fl., zum Besten der Armen 685 fl., zu Armenbrod 310 fl., zu Confirmandenkleidung 100 fl., für arme Kinder 100 fl., für arme Wöchnerinnen 100 fl.; reines Vermögen pro 1. Juli 1858 53.809 fl.

Von der Stiftungspflege abgesondert wird verwaltet die Reyscher’sche Familienstiftung. Eine gewisse Frau Reyscher, geb. Müller, stiftete im J. 1742 für studirende Familienglieder 500 fl.; das Kapital ist angewachsen auf 1400 fl., wovon eine volle Portion mit 25 fl.| der nachweislich nächste Abkömmling je auf 5 Jahre erhält. In das Surplus, das jetzt 20 fl. beträgt, tritt der nächstfolgende Abkömmling ein und rückt beim Austritt des Erstgenannten in die volle Portion ein.

b. Die Ortsschulpflege. Diese verwaltet die obengedachten für Schulzwecke bestimmte Stiftungen von 305 fl., zum Schulfond legirte 45 fl.; reines Vermögen 893 fl.

Kirchliche Anstalten. An der Kirche sind angestellt ein Stadtpfarrer, zugleich Decan der Diöcese Weinsberg und ein Diaconus, welcher zugleich Pfarrer der Gemeinde Ellhofen ist. (S. Ellhofen.) Das Patronat kommt der Krone W. zu.

Lehranstalten. 1) Eine lateinische Schule, beziehungsweise zwei, unter einem Präceptor und einem Collaborator; 2) eine deutsche Knabenschule; 3) eine Mädchenschule; 4) eine deutsche Unterlehrerschule; 5) eine deutsche Elementarschule; mit 2 Schulmeistern, bei 2) und 3), einem Unterlehrer und einem Lehrgehilfen bei 5). Außer diesen besteht statt der früheren Winterabendschule eine Sonntags-, Gewerbs- und Abendfortbildungsschule für confirmirte Jünglinge unter Leitung des Collaborators und eine Industrieschule für Mädchen.

Eine längst bestehende Wohlthätigkeitsanstalt ist der der Stiftungspflege angehörende Spital, in welchem früher einige Dutzend eingewiesener Armen Wohnung, Beschäftigung und Verpflegung fanden. Seit 1848 ist diese Einrichtung des Spitals aufgehoben und die auf öffentliche Kosten unterzubringenden Armen werden in Privatkosthäuser gegeben, wofür die Stiftungspflege jährlich 1028 fl. aufwendet. Die Stiftungspflege besitzt ein Vermögen von ca. 46.000 fl. Kapitalien und gegen ca. 93 Mrg. Güter. Die Einkünfte werden zu Armenunterstützung, zu Krankenkosten, Baukosten an Kirche, Spital und etlichen Schulen, Besoldungen für Ärzte und Lehrer u. s. w. verwendet und da sie wegen der Menge der Unterstützungsbedürftigen gewöhnlich nicht zureichen, so hat die Stadtpflege das Deficit zu decken, das oft auf 12–1300 fl. steigt.

Eine Ortsarmenleitung mit freiwilligen, nicht amtlichen Mitgliedern stand in den letzten Zeiten der Noth mit dem Bezirkswohlthätigkeitsverein in Verbindung. Die Kirchenältesten theilten die Stadt unter je zwei von ihnen in 4 Quartiere zu Versorgung und Beaufsichtigung der darin wohnenden Armen.

Ein Frauen- und Jungfrauenverein beaufsichtigte die erweiterte Kinder-Industrieschule, speiste kranke Hausarme und verschaffte verschämten Armen durch Beschäftigung Nahrung.

| Ein Wandergehilfen-Unterstützungsverein wurde im J. 1850 theils aus freiwilligen Beiträgen vermöglicherer, von dem Bettel früher schwer belästigter Einwohner, theils aus Beiträgen von den Zünften, gegründet, womit diese Art von Bettel abgestellt ist.

Der zur Gemeinde gehörige Rappenhof, 3/8 Stunden geom. von der Stadt enfernt, liegt malerisch und durch eine zu ihm führende Pappelallee fernhin kennbar, auf einer kleinen Anhöhe über dem Stadt-(Saubach-)Thälchen.[3] Es ist ein sehr gut bewirthschaftetes Gut und erst im Jahr 1859 nach dem Tod des Besitzers um die Summe von 36.000 fl. in die Hände des Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein übergegangen.

Der 3/8 St. (geom.) nördlich von der Stadt gelegene Weißenhof ist eine K. Domaine von 260 Morgen Ackerfeld, Wiesen und Weinbergen, an einer kleinen Anhöhe vom Thälchen des Eberstadter Baches, welcher hier den Namen Weißenhofbach annimmt, sanft aufsteigend. Die Wohn- und Ökonomiegebäude sind ringsum mit einer ziemlich hohen Mauer umgeben, wozu nach der Sage Steine von der zerstörten Burg Weibertreue verwendet worden seyn sollen. In der Geschichte des hier wüthenden Bauernkrieges ist noch nicht von ihm die Rede. Er gehörte dem Kloster Schönthal, welches ihn 1699 an Herzog Friedrich August von Württemberg-Neuenstadt († 1716) verkaufte. Dieser überließ 1701 die Hälfte hievon an seine Gemahlin, von welcher dieselbe im J. 1719 durch Kauf an ihren Schwager Herzog Carl Rudolph kam. Von diesem wurde der Hof im J. 1733 der Gräfin de la Contrey als Fidei-Commiß geschenkt, und kam nach deren Tod im J. 1749 an die Nichten Carl Rudolphs, die württ.-neuenstadt’schen Prinzessinnen Eleonore Wilhelmine Charlotte und Friederike. Erst nach dem Tode der Letzteren, welche zeitweise hier residirte, fiel er im J. 1781 dem regierenden Haus Württemberg zurück, weßhalb auch über die Verwaltung des Gutes bis zum J. 1808 stets eine besondere Rechnung geführt wurde. Der Hof ist in Bestand gegeben an Werkmeister Hildt in Weinsberg.

Das Wolfshöfle, 1/4 Stunde entfernt, in der Nähe des| Weißenhofes gelegen, war noch im J. 1779 Eigenthum der Stadt, hieß damals Stadthöfle und wurde für Rechnung der Stadt verpachtet. Zu Anfang dieses Jahrhunderts an einen Bürger verkauft, änderte es mit dem Besitzer auch den Namen.

Gefällberechtigt waren bei den Ablösungsgesetzen von 1848/9 die Finanzverwaltung, das fürstl. Löwenstein’sche Rentamt, Freiherr Gottfried v. Berlichingen in Jaxthausen, Hospitalpflege Weinsberg, Pfarr- oder Stiftungspflege Heilbronn, Stiftungspflege Affaltrach.

Das älteste Wappen der Stadt Weinsberg – ganz verschieden von demjenigen der Herren von Weinsberg – war ein auf drei Bergen stehender Weinstock (z. B. auf dem Siegel einer Urkunde von 1377). Als Reichsstadt führte sie aber zeitweise (Siegel von 1431, desgleichen an Urkunde von 1481, Mone Zeitschr. 11, 364) auch den schwarzen Reichsadler, und zwar einen einköpfigen. Späterhin wurde der Schild von Silber und Blau in die Länge getheilt und in das linke Feld der Reichsadler, in das rechte der Weinstock gesetzt. Im 18. Jahrhundert trat an die Stelle des ganzen Adlers ein hervorgehender rechthalber.

In einer Gegend, wo sich der Reichsbesitz mit dem der Herren vielfach kreuzte, wuchs Weinsberg (alt Winesberc, Winsperc) allmählig, hauptsächlich im 13. Jahrhundert (nach der Analogie anderer Reichsstädte zu schließen) zur freien Reichsstadt empor[4]. Als solche aber lag sie vielfach im Streit mit den Herren der sie überragenden Burg und mußte sich – zum großen Nachtheil für die Entwicklung ihrer Freiheit – häufig Verpfändungen an die letzteren gefallen lassen von Seiten der deutschen Kaiser. Es wurden 150 Pfund Heller von der jährlichen hiesigen Reichssteuer (bis zur Bezahlung von 1500 Pfund) am 26. Mai 1301 und für 3200 Pfund Heller der Reichsantheil an der Stadt den 31. August 1303, beidemal an Konrad von Weinsberg durch König Albrecht versetzt. Auf letztere Pfandschaft schlug K. Heinrich VII. am 20. März 1312 noch weitere 1000 fl. Am 16. Mai 1336 wurde die Reichssteuer durch K. Ludwig an die Rheinpfalz – übrigens blos eventuell – verpfändet[5].| Immerhin trat die Stadt – in der Hauptabsicht der Wahrung ihrer Freiheiten – in die reichsstädtischen Bündnisse ein; so in den Landfriedensbund der Städte in der Landvogtei Niederschwaben vom 29. Juni 1331 und in die schwäbischen Städtebündnisse von 1347, 1349, 1356. Am 17. Juni 1375 schloß die Stadt zugleich mit den übrigen Reichsstädten der Landvogtei Niederschwaben um bessern Friedens willen eine freundliche Vereinigung mit dem Grafen Eberhard von Württemberg. Im Bundesbrief der 32 Reichsstädte vom 20. Dez. 1377 fehlt auch unsere Stadt nicht, und eben so wenig in der Verbindung der schwäbischen Städte mit Herzog Lupolt von Österreich, geschlossen den 13. Febr. 1378, und in der Heidelberger Einigung der Städte vom 26. Juli 1384. Daneben aber dauerten ihre Zerwürfnisse mit den Herren von Weinsberg, den vieljährigen Pfandherren der hiesigen Reichssteuer[6], fort und fanden auch kein Ende, als es am 28. Okt. 1379 zwischen der Stadt und Engelhard von Weinsberg zum schiedsrichterlichen Ausspruche gekommen war. Die obgenannte Reichssteuer belief sich auf 200 fl. jährlich. Am 12. Dez. 1400 erhielt Weinsberg von K. Ruprecht eine Bestätigung und Vermehrung der früheren Freiheiten (Hugo 410). Die Verhältnisse dieser Stadt waren aber keineswegs so günstig, daß sie sich nicht am 5. Sept. 1411 unter den Schutz des Pfalzgrafen Ludwig auf 20 Jahre begab und ihm für diese Zeit jährlich 200 fl. als Schutzgeld zu entrichten versprach, welche sie nach Ablauf jener Zeit mit 4666 fl. sollte einlösen dürfen. Aber schon im Jahr 1417 verlieh K. Sigmund sie mit allen Rechten und Einkünften dem Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg. Sofort durch Konraden bedrängt[7] setzte sie, unterstützt durch den Schutz, welchen ihr 33 schwäbische Reichsstädte – Augsburg, Ulm und Constanz an der Spitze – in einem Bündniß vom 27. Nov. 1420 zugesagt hatten, nach manchem Streite, zeitweiliger Strafe durch die Reichsacht (29. Jan. 1425) und den Bannspruch, welchen der Bischof von Würzburg verkündigte[8], ihre Stellung als Reichsstadt durch (1430), da | der Reichskämmerer einsmals die Gunst K. Sigmunds verscherzt hatte (s. oben VII, 1 und Stälin Wirt. Gesch. 3, 428).

Im Jahr 1440 entbrannten jedoch Feindseligkeiten zwischen den Reichsstädten und einigen Adelichen, in deren Folge Cunz von Bebenburg und die Herren von Urbach durch eine trojanische List, mit welcher sie viele Leute in Fässern verschlossen hineingeschickt haben sollen (Crusius Paral. 31), Weinsberg in ihre Gewalt bekamen und ersterer es am 16. Sept. 1440 für 3300 fl. an den Pfalzgrafen Ludwig verkaufte (Hugo 424). Sonach war es für immer um die Reichsunmittelbarkeit der Stadt, welche nunmehr 365 fl. jährlich an Kurpfalz bezahlen mußte, geschehen. Die am 11. Okt. 1440 verbriefte Abrede der Stadt mit Kurpfalz, wonach sie für 7966 fl. sollte freigelöst werden, hatte keine Folge und sie blieb fortan 54 Jahre unter pfälzischer Herrschaft.

Im baierischen Erbfolgekriege, in welchem gegen Philipp und Ruprecht von der Pfalz die Reichsacht erkannt und der junge Herzog Ulrich von Württemberg zum Vollzug dieser Acht aufgeboten wurde, eroberte Ulrich 1504 unter anderen Städten auch Weinsberg, welches nun – durch ihn am 9. Nov. d. J. auf geschehene Erbhuldigung und Eidespflicht hin in den aus pfälzischer Zeit überkommenen Freiheiten bestätigt – auch nach dem Frieden von 1505 im Besitze von Württemberg blieb und durch Vertrag von 1512 förmlich an Württemberg abgetreten wurde. (Das Weitere s. VII, 1.)

In der Zeit der östreichischen Zwischenregierung und des Bauernkriegs von 1525 zog am Morgen des Osterfestes (16. Apr.) der helle Haufen der Bauern, 6–8000 Mann stark, von Neckarsulm her gegen das nur mit etwa 70 Rittern und Reisigen unter Graf Ludwig Helferich von Helfenstein, östreichischem Obervogt, besetzte Weinsberg. Sie berannten, nach blutig abgewiesener Aufforderung zur Übergabe der Stadt, das untere Thor derselben, erstiegen auf der anderen Seite mit der sog. schwarzen Schaar unter Florian Geyer die Burg und eroberten sie, dann von ihr aus vollends die Stadt, verfolgten die sich zur Kirche hinauf und bis auf deren Thurm zurückziehenden Ritter und Reisige, erstachen dort mehrere derselben und nahmen die Übrigen gefangen. Während das geplünderte Schloß in Flammen aufloderte, wurden die Häuser der Geistlichen und der Beamten, die sich besonders thätig an die Ritter angeschlossen hatten, geplündert, dagegen | die Häuser der Bürger, von denen ein kleiner Theil sich gleich anfangs den Bauern hinneigte, ein anderer den Gang der Ereignisse abwartete, noch ein anderer, „die Ehrbarkeit“, bereitwillig die Besatzung unterstützte, unter der Bedingung verschont, daß sie die Verwundeten sorglich pflegten und die Eroberer mit Wein und mit Lebensmitteln versehen. Jäcklein Rohrbach, der Mittelpunkt der Schreckensmänner im Bauernheere, welcher absichtlich die Bewachung der Gefangenen übernommen hatte, beschloß, während 9/10tel in den Wirthshäusern lagen und zechten, den Tod seiner Gefangenen und führte den blutigen Beschluß sogleich, 1/2 Stunde nach geschehener Eroberung, auf einer Wiese am unteren Thore aus, indem er den Grafen von Helfenstein, für dessen Leben vergebens seine Gemahlin, ihren Knaben auf dem Arm, fußfällig flehte, 13 andere Ritter, mehrere Knechte und junge Reiterknaben unter Trommelschall und Verhöhnung durch die Spieße jagte. Am 18. April zog der helle Haufen, mit Zurücklassung einer Besatzung, vor Heilbronn, um sich von da aus nach Franken zurückzuwenden.

Bald aber erfolgte ein Umschwung der Dinge. Von seinem Lager bei Neckargartach aus schickte der das Land herabgezogene Truchseß Georg v. Waldburg am 21. Mai den Trautskircher, einen baierischen Edelmann, mit 4–5000 Mann, um die bei Weinsberg aufgestellten Bauern zu vertreiben und die von den geflohenen männlichen Bewohnern meist schon verlassene Stadt an drei Enden anzuzünden, nachdem die darin gebliebenen Weiber, Kinder und Greise ausgetrieben wären. Vom Vieh und allem Geräthe durfte nicht das Geringste mit herausgenommen werden. Die Stadt und alles Gut darin war zur Rache für Jäcklins Blutthat zum Feuer verurtheilt. Auch 5 umliegende Dörfer: Erlenbach, Binswangen, Gellmersbach, Sülzbach und Ellhofen loderten zugleich in Flammen auf. Die Brandstätte zu Weinsberg, so lautete der Spruch der östreichischen Regentschaft, sollte, dem Adel zur Genugthuung, auf ewige Zeiten wüste liegen und alle Freiheiten und Rechte und Nutzungen auf den Gütern derer zu Weinsberg sollten dem Kammergute überantwortet werden.

Der Wittwe des Grafen v. Helfenstein, einer natürlichen Tochter K. Maximilians I., sprach Erzherzog Ferdinand 500 fl., ihrem Sohne 4000 fl. zu, von der Strafe oder den confiscirten Gütern der „ausgetretenen“ Theilnehmer an der Blutthat, wofür die Güter in Haft bleiben sollten, bis obige Summe bezahlt seye.

Vergebens flehten die zurückkehrenden, in Wäldern und Feldern liegenden Einwohner lange Zeit die östreichische Regierung um Untersuchung an. Endlich kamen zwei Commissäre, welche 14 der obersten und fürnehmsten Bürger gefänglich einzogen und peinlich| befragten, wie auch auswärts gefangene Weinsberger zu Neuenstadt, Marbach und Schorndorf „mit harter Tortur“ erfragt wurden. Aber es wurde nicht mehr erhoben, als daß nur fünf Bürger von Weinsberg etliche Tage zuvor den Bauern zugelaufen, drei derselben mit vor die Stadt genommen und beim Stürmen Hand angelegt, auch mit den Bauern wieder abgezogen und flüchtig geworden seyen; daß aber an der Ermordung der Ritter und Reisigen kein Weinsberger Theil genommen habe.

Erst bei einbrechendem Winter – den 17. Nov. – und unter den schwersten Bedingungen wurde ihnen gestattet, auf der verwüsteten Stätte sich wenigstens wieder ein Dorf Weinsberg erbauen zu dürfen, aber ohne alle Freiheiten und Stadtrechte, ohne Stadtmauern und Thürme, ohne Wehr und Harnisch, ohne Befähigung zu öffentlichen Ämtern etc. Auf dem Mordplatz mußte eine Kapelle erbaut und jährlich am Osterfest ein Amt mit zehn Messen gehalten werden[9].

Neun Jahre darauf rückte Herzog Ulrich mit starkem Heere vom Odenwald her siegreich wieder in sein Land. Am 10. Mai forderte er das Amt Weinsberg auf, sich seinem rechtmäßigen Regenten zu ergeben und gab dem ihm am 12. Mai d. J. durch eine Deputation huldigenden Weinsberg sein fürstliches Wort: ihm seine alten Stadtrechte wieder zurückzugeben.

Man baute nun Mauern, Thore und Thürme wieder auf, konnte aber die versprochene schriftliche Begnadigungs-Urkunde, wegen deren Ermanglung die herzoglichen Räthe der Stadt ihre Rechte wieder streitig machten, erst von dem edlen Sohne Ulrichs, dem Herzog Christoph am 18. Mai 1553 erlangen. Christoph ließ selbst ein kleines Schlößlein in der Stadt bauen, das aber bei seinem Tode noch unvollendet war und später dem Keller zur Amtswohnung diente (abgebrannt beim Brand von 1707).

Vom 30jährigen Kriege sah Weinsberg gleich einen der ersten entscheidenden Aufzüge des großen Trauerspiels in seiner Nähe, indem Tilly am 26. April 1622 die Schlacht bei Wimpfen (Obereisisheim) schlug, von wo auch Flüchtlinge hieher kamen; und das Gefolg des Kriegs, Theurung, Hunger, Pest brach mit solcher Macht ein, daß 1625 334 Personen starben. In diesem Kriege sollen sich schwedische Soldaten im oberen Bezirke angesiedelt haben und die Bewohner des sog. Burgfriedens deren Abkömmlinge seyn.

Nach der unglücklichen Schlacht bei Nördlingen fiel im Septbr.| 1634 eine kaiserliche Heeresabtheilung von Hall her in das Weinsberger Thal ein, plünderte – unter Ermordung von 10 wehrlosen Menschen beim Einzug – die Stadt rein aus und nöthigte die Bewohner durch Mißhandlungen aller Art zur Flucht. Die Felder blieben unbebaut, der Vorrath wurde geraubt und aufgezehrt. So entstand eine Theurung, Hungersnot und in deren Folge die Pest, welche 1635 hier 646 Menschen wegraffte[10].

Außer Truppendurchzügen von Östreichern, Baiern und Sachsen hatte Weinsberg in den Kriegen K. Ludwigs XIV. von Frankreich keine solche unmittelbaren Drangsale zu leiden, wie der Mordbrenner Melac etc. über andere Städte und Gegenden brachte.

Im Jahr 1707, den 19. August, wo eben das deutsche Heer von Ellwangen aus hier durchgezogen war, um gegen den Rhein vorzurücken, zerstörte ein unglücklicher Brand innerhalb 4 Stunden die Stadt (265 Gebäude) bis auf etwa 30 Häuser und die Kirche.

Im Revolutionskriege war hier vom Februar bis August 1794 ein kaiserlich östreichisches Lazareth, zu welchem das Rathhaus, das Decanat-, Präceptorat- und deutsche Schulhaus eingeräumt wurden und in welchem 120–130 k.k. östreichische Soldaten starben.

Im Jahr 1800 und nach dem Frieden von Luneville 1801 hatte Weinsberg, wie das benachbarte Heilbronn, bedeutende französische Durchzüge, ebenso im Okt. 1805. Im Dez. 1813 war es ein Etappenplatz für die Durchzüge von Östreichern, Baiern und Russen.

Von hiesigen Obervögten und Amptleuten sind aus ältester Zeit mit Namen bekannt, und zwar aus kurpfälzischer, 1450–1504: Hans Horneck von Hornberg, Lutz Schott, Ritter 1460, Hans von Gemmingen 1481 (Mone Zeitschr. 11, 362), Ludwig von Sickingen 1486, Marx von Wollmershausen 1493 (Mone Zeitschr. 11, 365), Hans von Helmstadt 1497. Als württembergische Obervögte kommen vor: Georg von Vellberg 1516, Sebastian von Nippenburg 1518. Württembergischer Keller oder Untervogt war Sebastian Breuning 1514 (im Jahr 1516 zu Stuttgart hingerichtet). Vieljährige Oberamtleute aus neuerer Zeit waren Carl Ludwig Malblank (1751 bis 1785) und Hofrath Fetzer (1785–1809).

An hiesiger Kirche standen im Jahr 1512 u. ff.: Joh. Öcolampadius, welcher die von seinem Vater, einem hiesigen Bürger, gestiftete Predigerpfründe im Jahr 1512 und 1516–1518 bekleidete| und bereits zum Theil in der Richtung der Reformation predigte; ca. 1520 der berühmte Dr. Erhard Schnepf, Reformator des württembergischen Unterlandes; seit dem Jahr 1535, nach allgemeiner Einführung der Reformation, der bekannte Joh. Geyling von Ilsfeld, durch das Interim vertrieben 1548.

Das Diaconat wurde im Jahr 1555, bei Zunahme der Bevölkerung nach der Zerstörung von 1525 und nach wiedererlangten Stadtrechten, errichtet und 1595 kam Ellhofen dazu als Filialpfarrei. Der erste Diaconus war 1555 Christoph Kautz.

Das Patronatrecht in Weinsberg gehörte den Herren von Weinsberg als Reichslehen (wurde z. B. durch K. Wenzel an Engelhard von Weinsberg im Jahr 1380 verliehen). Seit dem Verkauf der Stadt an die Kurpfalz ging es auf die jeweiligen Besitzer über und steht jetzt auf beiden Stellen der Krone Württemberg zu.

Das von Engelhard von Weinsberg 1269 in der Stadt gestiftete Kloster Dominikaner- oder Predigerordens hieng wahrscheinlich mit dem ehemaligen Spital zusammen, dessen Kirche derselbe Engelhard erbaut haben soll. Von seinen Schicksalen weiß man nichts, als daß es bei der Zerstörung vom Jahr 1525 mitverbrannte. Die kleine Spitalkirche scheint wieder aufgebaut worden zu seyn. Denn sie wurde 1658, nachdem sie während des 30jährigen Kriegs verödet gestanden, wieder in Gebrauch genommen, noch in den 1770er Jahren zu Kinderlehren verwendet und gieng erst in den 1790er Jahren ein, noch vor dem 1799 an Privaten erfolgten Verkauf des alten städtischen Spitals, von welchem der Brunnen in der unteren Gasse noch jetzt den Namen Spitalbrunnen führt. Der jetzt zu Privatwohnungen eingerichtete alte Spital trägt noch jetzt Spuren seiner früheren Bestimmung. Der neue Hospital steht unterhalb der Stadt in einer Entfernung von ca. 5 Minuten.

Von Klöstern, welche hier Besitzungen hatten, ist zu nennen Schönthal, schon im Anfang des 14. Jahrhunderts allda begütert; dasselbe hatte einen Zehentantheil, seine Kelter und sein eigenes Haus, das sog. Mönchshaus (Dillenius 50). Von weltlichen Stiftern hatte das in Oberstenfeld hiesige Einkünfte nebst einem Haus. – Mit einem Zehntantheil wurden die von Neideck im Jahr 1507 von Württemberg belehnt.

Was die hiesigen Rechtsalterthümer betrifft, so räumte das Erbrecht den Kindern einen Voraus ein (Wächter Würt. Privatrecht 1 a, 214). Das hiesige Stadtrecht überhaupt wurde Mutterrecht für Löwenstein (Urk. K. Rudolf’s vom 11. Nov. 1287). Zu den Vorrechten hiesiger Stadt gehörte die Freizügigkeit, welche ihr schon| vor dem Tübinger Vertrag zustand (Heyd Ulrich 1, 302. 327). Es bestund hier eine Eidsteuer, wonach jeder Bürger sich selbst schätzte. Im Fall, daß Verdacht einer zu geringen Angabe geschöpft wurde, hatte der Rath die Befugniß, gegen die angegebene Summe das ganze Vermögen des Fatenten an sich zu bringen, mußte aber innerhalb Monatsfrist die ganze Summe auszahlen.

An hohen Häuptern, welche Burg und Stadt Weinsberg in ihren Mauern sah, nennen wir 1140 den König Konrad III., bei der berühmten Belagerung und Eroberung von Weinsberg; 1148 dessen Sohn, K. Heinrich (s. VII, 1); im Juli 1293 den König Adolph von Nassau, welcher eine Hochzeit auf der Burg mit seiner Anwesenheit verherrlichte; 1546, den 23. Dez., den Kaiser Carl V., welcher damals Weinsberg durch seine Spanier im schmalkaldischen Krieg einnahm; 1702, den 24. Juli, den Röm. K. Joseph I., welchen auf seiner Reise zur Rheinarmee allhier der Herzog Eberhard Ludwig bewirthete; 1815, Anfangs Juni, den östreichischen Kaiser Franz II., welcher vom Hauptquartier Heilbronn aus mit einem Nachkommen des ehemaligen Gebietsherrn, Joseph, Grafen von Trautmannsdorf, die Burgruine incognito besuchte.

Die Stadt Weinsberg ist die Wiege von:

Johann Ökolampadius (Heußgen, nicht Hausschein), geb. 1482, Sohn eines wohlhabenden Weinsberger Bürgers und Kaufmanns, Prediger allhier (1512, 1516–18, s. oben), als einer der Schweizer Reformatoren berühmt, gestorben den 24. Nov. 1531 zu Basel, der Heimath seiner Mutter, geb. Pfister, und dem Hauptschauplatz seiner Thätigkeit (s. über ihn Herzog in dessen Realencyclopädie für prot. Theolog. 10, 530–545, und Hagenbach, Joh. Ökolampad. Elberfeld. 1859. 8).

Isak Volmar, geb. 1582, Sohn des Stadtschreibers, studierte zuerst Theologie, kam aber nachher zu dem Grafen Johann Ludwig von Nassau, mit welchem er convertirte. Nun wurde der Theologe Jurist, geh. Rath zu Inspruck, auch Kammerpräsident in Oberösterreich. Er wurde zum westphälischen Friedenswerke abgeordnet, wobei er durch seine politischen Talente seinen alten Glaubensgenossen den empfindlichsten Schaden zuzufügen suchte. Nach vollendeter Friedensexecution gieng er nach Inspruck zurück und starb im Okt. 1662 als Gesandter auf dem Reichstag zu Regensburg.

Jul. Fried. (von) Malblank, geb. 18. Jan. 1752, Sohn des Vogts, nachmaligen Oberamtmanns, 1779, Prof. Jur. in Altdorf, vieljähriger verdienter Professor der Rechte in Tübingen seit 1793 (1813 zugleich Obertribunalrath), † den 23. Nov. 1828.

| Unter auswärtigen Berühmtheiten, welche wenigstens einer längeren Wirksamkeit nach Weinsberg angehören, verdienen – außer den genannten Predigern Schnepf und Geyling – Erwähnung der Theosoph Friedrich Christoph Ötinger (ein geborner Göppinger), welcher von 1752–59 zu Weinsberg Specialsuperintendent war, und der seit 1818 und noch allhier lebende Dichter und dämonologische Schriftsteller Justinus Kerner, von 1818–1850 Oberamtsarzt, ein geborner Ludwigsburger.



  1. Literatur: Karl Jäger, die Burg Weinsberg, genannt Weibertreue. Beschreibung und Geschichte. Mit Kupfern. Heilbronn und Rothenburg a. d. T. 1825. 8. F. L. I. Dillenius, Weinsberg, Burg, Freiherrschaft und Stadt, vormals freie Reichs-, jetzt württemb. Oberamtsstadt. Chronik derselben. Stuttgart, 1860. 8.
  2. Der letzte noch stehende Rest davon wurde erst i. J. 1803 vollends abgebrochen.
  3. Ursprünglich Eigenthum der Stadt unter dem Namen Rappenwaide, öde und wüst gelegen, wurde dieses Areal mit 48 Mrg. 2 Viertel und 1 Mrg. Stadtacker im März 1782 an den Hospitalbeständer Kolb um 1663 fl. 30 kr. verkauft, welcher Haus und Scheuer darauf baute, denen der Magistrat den Namen Rappenhof beilegte. Im Jahr 1815 war der Hof Besitzthum und Aufenthaltsort der berühmten Frau von Krüdener. (Schwäb. Chronik vom 2. April 1859.)
  4. Vgl. Hugo, Mediatisirung der Reichsstädte 157–159. 404–435.
  5. Betreffend den vorübergehenden markgräflich badischen Besitz von Burg und Stadt Weinsberg im 14. Jahrhundert s. VII. 1. Über die Auslösungen, welche die Städte häufig mit ihrem eigenen Gelde machen mußten, erfährt man nichts Näheres. – Die Verpfändung an die Burggrafen Albrecht und Friedrich von Nürnberg (Hugo a. a. O. 158. 409.) beruht wohl, durch Irrthum des Karlsruher Copialbuchs oder der Abschrift desselben – auf einer Verwechslung mit Windsheim; – vergl. v. Stillfried und Märcker Mon. Zoller. 3 Nr. 419.
  6. Auf solche erhielt auch Herzog Leupold von Österreich eine Anweisung 1384 von König Wenzel. Lichnowsky Habsburg 4. Nr. 1861.
  7. Sieben Jahre lang soll deßhalb keines der größeren Thore Weinsbergs offen gestanden haben. Crusius Paral. 31.
  8. Diesem Banne zu trotzen forderte Joh. Drändorf (auch von Schlieben genannt) ein sächsischer Edelmann, in Prag zum Priester geweiht, die Stadt auf, mußte aber dafür und weil er zum Genuß des h. Abendmahls unter beiderlei Gestalt ermunterte, in Heilbronn eingefangen, zu Worms mit dem Feuertod büßen. Stälin Wirt. Gesch. 3, 428.
  9. Just. Kerner, die Bestürmung der würt. Stadt Weinsberg durch den hellen christlichen Haufen im J. 1525. Neue Aufl. Heilbr. 1848. 8.
  10. Über den darauf gefolgten gräflich Trautmannsdorf’schen Besitz und die Bestimmungen Herzog Eberhards III. vom Jahr 1649, und den Heimfall an das regierende herzogliche Haus im J. 1742 s. VII, 1.


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