Boetticher:Müller, Leopold Karl

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Müller, Karl Friedrich Johann von Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band (1898) von Friedrich von Boetticher
Müller, Leopold Karl
Müller, Marie
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[102] Müller, Leopold Karl, Genremaler, besonders Maler des orientalischen Genres, geb. von österreichischen Eltern (die Mutter befand sich auf einer Reise) zu Dresden am 9. Dec. 1834, gest. zu Weidlingen bei Wien am 4. Aug. 1892. Seine Kind- u. Schulzeit verlebte er in Wien, wo der Vater ein lithographisches Atelier besass, in welchem der früh im Zeichnen geübte Sohn, soweit seine Studien auf der Realschule u. dem Technicum es ermöglichten, gern mitarbeitete. Vom 18. Jahr begann er seine akademischen Studien im Atelier von Karl Blaas, der ihn in seiner Selbstbiographie zu seinen hervorragendsten Schülern zählt; mit dem zwanzigsten trat er in die vom Director Ruben geleitete Meisterclasse. Im 23. Jahr machte er seine ersten landschaftlichen Studien auf der Reise über München u. Dresden nach Venedig, wo er sein Gemälde „Friedrich der Schöne im Kerker“ vollendete u. 1857 alte Meister copirte. 1861 u. 1862 bereiste er Ungarn, wo er einige Bilder aus dem dortigen Volksleben malte. Während der letzten Krankheit u. nach dem Tode des Vaters 1862 hatte er die Sorge für die Familie übernommen, was ihn zu Illustrationen für das Wiener Witzblatt „Figaro“ veranlagte, neben welcher Beschäftigung in den nächsten Jahren mehrere Portraits u. das Bild einer Ueberschwemmung u. einer Procession entstanden. Zu weiteren Stndien begab er sich 1867 nach Paris, wo der Orientmaler Fromentin ihn besonders beeinflusste. Nach Wien zurückgekehrt, löste er sein Verhältniss zum „Figaro“ u. wandte sich grösseren Aufgaben zu. Von grösster Bedeutung für sein Leben und Studium wurde das innige Freundschaftsverhältniss, das ihn mit dem viel ältern August v. Pettenkofen verband, mit dem er seit 1870 mehrere Winter im Palazzo Rezonico zu Venedig arbeitete, von hier aus das übrige Italien, im December 1872 auch Sicilien bereisend. 1873 besuchte er Smyrna u. Constantinopel u. während der drei folgenden Winter Aegypten, den letzten von 1875–76 in Gesellschaft Lenbach’s, Makart’s, Huber’s und des Architecten Gnauth in Kairo verlebend, wo ein altes Mamelukenschloss den deutschen Künstlern als Werkstatt diente. Durch Vermittelung von Georg Ebers wurde Müller zum künstlerischen Mitarbeiter für das von Ed. Halberger vorbereitete Prachtwerk „Aegypten in Bild u. Wort“, wozu Ebers den Text schrieb, gewonnen. Diese Tätigkeit veranlasste ihn, obgleich er seit 1877 als Prof. an der allg. Malerschule der Wiener Akademie, seit 1878 als Prof. einer Specialschule für Historienmalerei an derselben wirkte, zu immer wiederholtem Aufenthalt u. Reisen in Aegypten, mit dessen Charakter er eine Vertrautheit erlangte, wie sie kaum ein Maler vor ihm besass. Im Prachtwerk „Aegypten“ befinden sich einige vierzig Compositionen von Leop. Karl Müller. In seiner Abwesenheit von der Wiener Akademie wurde er durch Makart daselbst vertreten. Während seiner zwei letzten Lebensjahre war Müller Rector der Wiener Akad. der Künste. Er wird mit seinem Freunde Pettenkofen unter einem Grabstein ruhen. Die Versteigerung seines künstlerischen Nachlasses, bestehend aus vollendeten u. unvollendeten Oelgemälden, Skizzen, Naturstudien und Zeichnungen, erfolgte durch H. O. Miethke in Wien vom 2.–4. März 1893. Müller besass den Reichelpreis (1858), die Med. I. München 83, die ausserord. Ehrenmed. Antwerp. 85, die Karl Ludwigs-Med. Wien 89.

I. Oelgemälde.[Bearbeiten]

1. Philippine Welser.
2. Ludwig der Bayer schenkt Friedrich dem Schönen die Freiheit.
1 u. 2 Münch. d. allg. u. histor. KA. 58.

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3. Scene der Ueberschwemmung Wien’s im J. 1862. Bez: Leop. Müller 1866. h. 1,07, br. 1,48. E: Gal. der Wiener Akad., auf Bestellung des Cultusministeriums. – Par. WA 67.
4. Männl. Portrait. E: Joh. Nordmann, Wien. – Wiener 3. allg. d. KA. 68.
5. Mädchen mit Hunden spielend. Angek. vom Verein zur Beförd. der bild. Künste, Wien 1869.
6. Ungarische Fischerhütte.
5 u. 6 Wiener JA. 69.
7. „Carità, un centesimo, Signore!“ Eine ital. Bäuerin mit fünf Kindern einen Engländer anbettelnd. Bez: Leopold Carl Müller 870. k. 0,66, br. 0,82. E: Wiener akad. Galerie, angek. auf der Wiener JA. 70.
8. Der Sonntagsschneider. – Wiener JA. 70; Wiener WA. 73.
9. Das Hausmütterchen. Kl. Mädchen im Krautgarten. Bez: Leopold Carl Müller 1870. h. 0,59, br. 0,45.
10. Die letzte Tagesmühe. Am Ufer der Theiss eine Gruppe junger Landmädchen, welche aus dem Flusse Wasser holen. Abendstimmnng. Bez: Leopold Carl Müller. Wien 1871. – Wiener JA. 71; Wiener WA. 73.
9 u. 10 E: Hofmuseum Wien.
11. Das Kugelschnellen. Kinderspiel in Oberitalien. – Wiener JA. 71.
12. Am Hausaltar. Betendes Mädchen. – Wiener JA. 72; Wiener WA 73.
13. In der Scheune. Im Vordergr. eine j. Bäuerin im Begriff, den aufgehängten Dreschflegel herabzunehmen, im Hintergr. drei Männer beim Dreschen. Bez: Leopold C. Müller 1872. Holz. h. 0,68, br. 0,53. Aus der Collection Föst auf Miethke’s Wiener K.-Auct., 3. Dec. 89 u. ff Tage. Abb. im Kat. Ein Bild „Drescher“: Wiener WA. 73.
14. Am Brunnen. Niederösterr. Bauernhof. Am Ziehbrunnen ein Mann im Gespräch mit einem Bauernmädchen. Bez: Leopold Carl Müller 1878. Holz. h. 0,41, br. 0,72. Aus der Galerie Schey v. Koromla in Wien auf Miethke’s Wiener K.-Auct., 25. Jan. 82 u. ff. Tage. – Wiener WA 73.
15. Auf der Reise. E: Wiener Akad. der bild. Künste. – Wiener WA 73.
16. Geistlicher im Klosterhofe. Bez. 1873. h 0,81, br. 0,52. E: R. v. Waldheim, Wien. – Wiener histor. KA 77.
17. Lautenspielerin, mit Stimmen ihres Instruments beschäftigt. Halbe Figur. Bez. 1873. h. 0,615, br. 0,365. E: H. O. Miethke, Wien. Radirt von J. Klaus „Zeitschr. f. bild. K.“ XII. (1877). – Ddf., Bismeyer & Kraus, Ende 74; Wiener JA 77; Wiener hist KA. 77.
18. Motiv aus dem Garten von Palermo.
19. Strand von Palermo mit dem Monte Pelegrino.
18 u. 19 Wiener JA 74.
20. Abend vor Kairo. Ankunft einer Karavane. Dämmerung. War Ende 1874, fast vollendet, im Atelier Makart’s, das dieser mit Leop. Müller teilte.
21. Hühner auf einer alten Mauer. – Ddf. bei Bismeyer & Kraus, Ende 74.
22. Lagernde Karavane, im Hintergr. die Pyramiden von Gizeh. Ende 1874, fast vollendet, im gemeinsamen Atelier Makart’s u. Leop. Müller’s. Ein Bild „Rast der Karavane“ betend sich auf Gurlitt’s Berl. KA. zu Gunsten der Ueberschwemmten, Frühj. 88. Ein Gem. „Rast in der Wüste bei Gizeh“ wurde auf der Nachlass-Auct 2.–4. März 93 mit fl. 6550 bezahlt. E: G. Reichert.
23. Portr. des Grafen Prokesch-Osten, Brustb. Bez. 1875. h. 0,71, br. 0,58. E: Oesterr. Justizministerium. – Wiener histor. KA. 77.
24. Karavane. Bez. Cairo 76. h. 0,74, br. 1,20. E: Rat Seiler, Graz. – Wiener histor. KA. 77.
25. Markt in Kairo. Ausgestellt im Wiener Künstlerhause Ende 78. – Nachlass-Auct, 2.–4. März 93. Ein Bild „Markt in Kairo“ ist Eigentum der Wiener Akademie.
26. Corso nach der Messe am Marcusplatz in Venedig. – Par. WA. 78; Oesterr. KV. 79.
27. Markt in Arabien. – Münch. int KA. 79.
28. Portr. Laufberger’s, lebensgr. Brustb. – Wiener A. des Laufberger’schen Nachlasses Febr. u. März 82.
29. Der Geldwechsler. E: J. S. Forbes, London. – Münch. int. KA 83. Erhielt die gold. Med.
30. Kameelmarkt. E: Thomas Wallis, London. Abb. „Kunst unserer Zeit“ IV. (1893).
31. Arabische Sängerin.
32. Kleinkrämers Mussestunden. E: Franz Xaver Mayer, Wien.
30–32 Wiener JA. 89.
33. Hamida. Halbfigur en face mit Halsschmuck u. fähnchenartigem Fächer. Bez: Leopold Carl Müller. Abb. „Kunst f. Alle“ V.; „Moderne Kunst“ IX. (1895). – Münch. JA. 89; Nachlass-Auction 2.–4. März 93.
34. Ein Felahweib. – Münch. JA. (Glasp.) 90.
35. Knabe aus Kairo. Oelskizze. h. 0,38, br. 0,21. E: Grossherzogin v. Sachsen, Museum Weimar.
36. Bildn. der j. Araberin Nefusa. Angek. für das Hofmuseum Wien.
37. Insel Elephantine. E: Prinz Reuss.
38. Junge Venetianerin. E: Cabos.
39. Aegyptischer Barbier. E: Baronin Klein.
40. Ein Sphinxgesicht von heute. E: Akad. d. K., Wien.
41. Hof eines Hauses in Assuan. E: Markgr. Pallevicini.
42. Neger auf Darfur. E: Ph. Schöller.
43. Tric-Trac-Spieler in einem Kaffeehause. E: Rud. Reichert. Abb. „Gartenlaube“ 89.
44. Junge Sicilianerin mit Palmzweigen. E: Ephrussi.
45. Beduine vom Berge Sinai. E: Ph. Schöller.
46. Bildn. einer j. Koptin. E: Neue Pin. München.
47. Arabisches Kaffeehaus. E: G. Reichert.
48. Teppichflicker in Kairo. E: Dr. Friess.
49. Hof eines Hauses in Venedig. E: Salo Cohn.
50. Kaffeehaus in Oberägypten.
44–50 wurden von ihren gegenwärtigen Besitzern auf der Nachlass-Auction 2.–4. März 1893 erstanden. Das Gesammterträgniss des 255 Nummern (Gemälde, Studien, Skizzen, Zeichnungen) umfassenden Nachlasses war fl. 127 000.
51. Porticus der Kirche S. Marco in Venedig. – Gr. Berl. KA. 95, Abb. im Kat.

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52. Arabischer Gaukler. B: Baron Königswarter, für den das Bild, des Künstlers letztes Gemälde, ausgeführt wurde.

II. Zeichnungen.[Bearbeiten]

1. Lagernde Beduinen. Federz. Bez: Leopold Carl Müller. h. 0,26, br. 0,39.
2. Orangenverkäuferin in Kairo. Aquarell. h. 0,50, br. 0,35. Abb. „Kunst unserer Zeit“ IV. (1893). – Bangel’s Frankf. K-Auct, 6. Juni 93; 6. Febr. 95 u. 6.–8. Juni 95.
3. Strasse in Kairo mit Waarenläden u. Käufern. Ein blinder Bettler wird von einem Knaben geführt. Feder u. Tusche. Bez: L. C. M. h. 0,31, br. 0,28. Zu Ebers’ „Aegypten“. Aus der Samml. F. Otto in Halle auf Lepke’s Berl. K.-Auct, 15. Oct 96 u. ff. Tage.

Einige vierzig Compositionen Leop. Müller’s finden sich in dem bei Ed. Hallberger erschienenen Prachtwerke „Aegypten in Bild u. Wort“, zu welchem Georg Ebers den Text schrieb.

Vgl. „Leopold Carl Müller. Ein Künstlerleben nach Erinnerungen u. Briefen“ von Georg Ebers. In „Kunst unserer Zeit“ IV. (1893). Mit dem Portr. des Künstlers u. 35 Abbildungen. Ferner „Leopold Carl Müller“. Von C. v. Lützow. In „Die Graphischen Künste“ 1894, Heft I.