Brigitta von Hohinrot
Was sinnt das hohe, stolze Weib,
Im Bogengang um Mitternacht?
Sie hebt im Zorn den edlen Leib
Und öffnet eine Pforte sacht.
Der ruht im Arm der Dirne hold;
Sie winkt der Magd zu sich heran:
„Ich zahle dir den Buhlersold!“
Da kehrt ihr Herr die Schaam in Wuth;
Ihr hoher Busen sinkt im Blut,
Ihr stolzes Auge bricht im Harm.
Den Frevel schaut die Mondesgluth
Und rührt gelind die Starre an;
Und wankt hinaus auf öder Bahn.
Sie hüllt die welkende Gestalt
In tiefe Klosterschleier ein,
Und baut im weltverschwiegnen Wald
Der Gattenmord hat keinen Trost
Und Reue wandelt sich in Fluch.
Er flieht, gerichtet und erboßt,
Ihn treibt ihr Blut wie Zauberspruch.
Besäet mit Blut den Räuberlauf;
O Die Flamme steigt, wo er erscheint,
Doch rother steigt ihr Blut ihm auf.
In Trümmer bricht sein stolzes Schloß,
Ihn hetzt der Hunde lauter Troß,
Ihr Blut schreit lauter als die Schmach.
Er stürzt sich von der Felsenwand,
Er stürzt sich in den Strom hinab,
Die Erde beut ihm auch kein Grab.
Er knirscht zerschellt im öden Wald,
Sein Haupt umrauscht der Raben Flug;
Der Sturm der düstern Wüste hallt,
Und als er stirbt in ihrem Schooß
Enthüllt sie mild ihr Angesicht,
Und sanfte Thränen brechen los,
Da ihm das Herz im Frieden bricht.