C. H. Müller, Reichenbach, Vogtl., Baumwollenwaren- und Hemdenfabrik
Wenig sächsische Städte haben von dem industriellen Aufschwung, den die sechziger oder siebziger Jahre mit sich brachten, so großen Vorteil gezogen, wie Reichenbach. Im Beginne dieser Blüteperiode, die bekanntlich den Grund legte zu der heutigen Bedeutung Sachsens als moderner Industriestaat, zählte Reichenbach etwa 5000 Einwohner. Heute hat sich diese Bevölkerungsziffer nahezu verfünffacht, und das einst unbedeutende Gebirgsstädtchen ist zu einem blühenden Fabrikort geworden, in dem vor allem die Textilindustrie festen Fuß gefaßt hat.
Zu jenen Firmen, die im Anfange dieser industriellen Blüteperiode entstanden, durch ihre Gewerbsthätigkeit das Wachstum der Stadt mit herbeiführten und heute noch die Bedeutung derselben mit aufrecht erhalten, gehört auch die Firma C. H. Müller, die 1868 ins Leben gerufen wurde. Ihr Begründer ist Herr Carl Heinrich Müller, der noch jetzt als Besitzer und Leiter dem Hause vorsteht.
Mit sehr geringen Mitteln und lediglich mit Handbetrieb kleinsten Umfanges beginnend, beschäftigte sich anfangs die Firma C. H. Müller mit der Fabrikation von Herren- und Damen-Cachenez, sowie Tüchern aus Baumwolle, Wolle und Seide. Mit der Zeit verloren diese Artikel jedoch bedeutend an Konsumfähigkeit, die Nachfrage danach war zuletzt so gering, daß im Jahre 1882 endlich ein Wechsel des Fabrikates sich nötig machte. So trat denn von 1883 an eine vollständige Umwandlung des Betriebes ein; es wurde eine eigene mechanische Weberei mit Dampfbetrieb eingerichtet und die Firma legte sich von da ab auf die Herstellung baumwollener Hemdenflanelle, fertiger Hemden und baumwollener Schlafdecken, wozu als Rohmaterial rohe und gefärbte Baumwolle Verwendung findet. Ein Jahrzehnt später – 1892 – wurden die vorhandenen Anlagen auch noch durch eine Appretureinrichtung vergrößert. Die vorzüglichen Rauh- und Appreturmaschinen derselben, welche nach eigener Erfahrung und nach neuesten Systemen speziell für die Artikel der Firma konstruiert worden sind, ermöglichen es, selbst mit den feinsten und difficilsten englischen Fabrikaten dieser Branche erfolgreich in Konkurrenz zu treten. Dieser Umstand und die ganze [Ξ] Fabrikationsmethode verbürgen zugleich eine fernere günstige Entwicklung des Absatzes dieser Produkte, vor allem mit Rücksicht auf den Export. Der letztere ist übrigens schon jetzt ziemlich bedeutend und erstreckt sich durch Vermittelung von Exporteuren auf Südamerika, Afrika, Ostindien und Australien. Hauptabsatzgebiet ist dabei aber immer nach wie vor Deutschland.
Die Firma C. H. Müller arbeitet, wie schon bemerkt, mit Dampfkraft und beschäftigt in der Weberei und Appreturanstalt ca. 60 Personen; außerdem sind noch 150–200 Frauen und Mädchen außer dem Hause in der Hemdenkonfektion für sie thätig. Besonders hervorzuheben ist hierbei noch die Fürsorge, die die Firma ihren Arbeitern widmet. Jedes einzelne Glied derselben gehört nicht nur der allgemeinen Fabrikarbeiterkasse in Reichenbach und der Kasse der sächsischen Textilberufsgenossenschaft an, sondern ist auch noch bei der Schweizerischen Unfallversicherung in Winterthur gegen Betriebsunfälle versichert.