Chevy-Chase
oder
Die Jagd im Chevy-Forst.
(Nach dem Alt-Englischen.)
Gott schütz’ den König, unsren Herrn,
Und unser Aller Leben; – –
Im Chevy-Walde hat sich einst
Wehvolle Jagd begeben. –
Vor Thaue noch und Tage
Zog aus er heut, mit Hund und Horn,
Daß er den Hirsch erjage.
Er woll drei Sommertage lang
Auf schottschem Boden pirschen.
Er woll, was lebt im Chevy-Forst,
Mit Speer und Pfeil erlegen;
Den Hirsch in den Gehegen!“
Lord Douglas, der in Schottland lag,
Als er das Wort vernommen,
Dem Percy Grafen schwört er da
D e r aber ist im Walde schon
Mit fünfzehn hundert Mannen,
Wohlausgesucht und wohlgeprobt
Den Bogen straff zu spannen.
Flieht, was die Schlucht geborgen;
Ein Montag war’s, – noch halbe Nacht, –
Es graute just im Morgen.
Und eh’ der Mittag kam, da lag
Doch rastlos, nach gethanem Schmaus,
Begann ein neues Jagen.
Auf’s neu durch Schlucht und Dickicht hin
Stob Huf und Hund nach Beute,
Dem Lustgeheul der Meute.
Graf Percy nur war satt des Spiels
Mit Hirschen und mit Hinden,
Er sprach: „Lord Douglas gab sein Wort,
Dächt’ ich, er könn’ es brechen“;
Da thät alsbald ein Ritter jung
Also zum Grafen sprechen:
Das ist er mit den Seinen;
Schau, wie im Mittagssonnenglühn
Die blanken Speere scheinen.
„Zweitausend sind’s vom Lauf des Tweed,
Und der vorauf ist Douglas selbst
An Roß und Helm zu kennen.“
„Nun denn, wohlan!“ rief Percy da,
„Dies Feld sei unsre Schranke,
Sei’s Schotte oder Franke.
Nun lohnt es sich zu jagen,
Es brennt mein Herz Mann gegen Mann
Lord Douglas auf milchweißem Roß,
Hält hoch vor den Genossen,
Hell glänzt die Eisenrüstung, wie
Von Golde übergossen;
Mir Hirsch und Reh zu tödten,
Und meines Wortes bar und blos
Den Forst mit Blut zu röthen!“
Drauf Percy schnell: „ein andermal
Heut denken wir noch manchen Hirsch
Trotz Deiner zu erschlagen.“
„Da soll mich Gott verderben!
Du oder ich muß sterben.“
„Doch hör’ mich Percy, Schande wär’s
Und Schimpf an unsrem Leben,
So vieler Mannen schuldlos Blut
„Es sei all unser Streit gelegt
In unsre beiden Speere!“
„Verdammt sei der – rief Percy da –
„Der andren Sinnes wäre.“
With’rington hieß der Degen,
Der sprach: „hier müßig zuzuschaun,
Dran ist uns nicht gelegen.
Und unsrem König Heinrich dann
So saubre Botschaft bringen.
„Wohl seid ihr Lords und edle Herrn,
Und wir nur Knapp und Ritter,
Macht Wunden wohl und Splitter!“
Da thät alsbald all englisch Volk
Den Eschenbogen biegen,
Und achtzig Schotten sanken hin
Lord Douglas aber, unbewegt,
Sitzt fest im Eisenbügel
Und kehrt zu seinen Mannen jetzt,
Hoch auf des Waldes Hügel.
Getheilt zu dreien Rotten,
Und nieder wie ein Hagel jetzt
Fährt Douglas mit den Schotten.
Das gab ein Stechen und ein Haun,
Längst unser englisch Bogenvolk
Nicht mehr die Senne straffte.
Sie warfen Pfeil und Esche fort,
Und griffen nach dem Eisen,
Takthämmernd seine Weisen.
O Christ, es war für Herz und Sinn
Ein Leid nicht auszusagen,
Wie stöhnend da, in Sand und Blut
Da endlich, – mit Gestampfe, –
Ansprangen, wie zwei Löwen, jetzt
Die Führer selbst zum Kampfe.
Ihr Herz im Busen klopfte,
Bis Blut und Schweiß, von Brust und Stirn
Wie Regen niedertropfte;
„Ergieb Dich Percy!“ Douglas rief’s –
Und König Jakob Ehr’ und Ruhm
Am Throne Dir erweisen.“
Doch Percy stolz: „Da wollt’ ich eh’
Wie Kraut am Sumpf verrotten;
Genüber jedem Schotten.
Verräthrisch durch die Lüfte,
Und bohrte tief in Douglas Herz
Er sank vom Roß, ein stiller Mann,
Graf Percy sah ihn enden,
Und fasste dann des Todten Hand
Mit seinen beiden Händen.
Des hat mein Herz nicht Labe,
Hin gäb’ ich für dein Leben jetzt
Mein Land und meine Habe.“
Er sprach es kaum, da kam’s wie Sturm,
Den Leib zum Stoß weit vorgebeugt,
Und hoch den Schild gehoben: –
Er sah den Douglas sinken;
Mit seinem Speer zu trinken.
Und schleudernd jetzt den wuchtgen Schaft
Mit Hasses Kraft und Schnelle,
Durchfuhr die Lanze Percy’s Leib
Hin sank der ritterlichste Held
Auf hufgestampfte Tenne;
Schon aber griff ein braver Schütz
Nach Köcher und nach Senne.
So straff wie nie er’s spannte,
Und drückte seinen längsten Pfeil
Scharf an die Eschenkante.
Und feucht vom Blut des Schotten jetzt
Bebt in der Brust die Schwinge.
So fiel Sir Ralph Montgommeri,
Und mit ihm sind gefallen
Die Ritter und Vasallen.
Von zwanzig hundert schottschen Volks
Die Schild und Speer genommen,
Kaum fünf und funfzig, weh und wund
Und unser Volk, nicht siegesfroh
Trug es den Sieg von dannen,
Nur drei und funfzig kehrten heim
Von funfzehn hundert Mannen.
Nach heißem Kampfgewühle;
Und Nachtwind nur und Mondenlicht
Glitt über ihre Pfühle.
Das war die Jagd von Chevy-Chase,
Gott schütz’ den König unsren Herrn
Und sei uns gnädig allen.