Chinesisches Trinklied
[172]
Chinesisches Trinklied.
Nach Li-tai-po.
Der Herr Wirt hier – Kinder, der Wirt hat Wein!
aber laßt noch, stille noch, schenkt nicht ein:
ich muß euch mein Lied vom Kummer erst singen!
Wenn der Kummer kommt, wenn die Saiten klagen,
wo mein Mund sein Lied und sein Lachen vergißt,
dann weiß Keiner, wie mir ums Herz dann ist,
dann woll’n wir die Kannen schwingen –
die Stunde der Verzweiflung naht.
meine lange Laute, die ist mein,
ich weiß zwei lustige Dinge:
zwei Dinge, die sich gut vertragen:
Wein trinken und die Laute schlagen!
ist mehr wert als die Ewigkeit
und tausend Silberlinge!
Die Stunde der Verzweiflung naht.
Und wenn der Himmel auch ewig steht
wie lange, du, wirst Du’s machen?
[173] du mitsamt deinem Silber-und-Goldklingklange?
kaum hundert Jahre – das ist schon lange!
Ja: leben und dann mal sterben, wißt,
Mensch, ist es nicht zum Lachen?!
Die Stunde der Verzweiflung naht.
Seht ihr ihn? seht doch, da sitzt er und weint!
Seht ihr den Affen? da hockt er und greint,
über den Gräbern, ganz alleine,
den armen Affen im Mondenscheine? –
Und jetzt, Herr Wirt, die Kanne zum Spund!
jetzt ist es Zeit, sie bis zum Grund
die Stunde der Verzweiflung naht.