Christliche Symbolik/Begräbniss
Um dem Heiland zu gleichen, soll jeder Christ begraben werden und in der Erde der Auferstehung des Fleisches harren. Die Erde des Kirchhofs wird dazu vom Priester geweiht, und im Mittelalter liess man überdies an mehreren Orten mit grossen Kosten Erde aus dem heiligen Lande bringen, um die Kirchhöfe damit zu füllen. So das campo [121] santo zu Pisa. Vgl. Förster, Italien S. 500. Auch der Kirchhof zu Sedlitz in Böhmen.
Das weisse Leichentuch ist Sinnbild der weissen Kleider der Gerechten, die in den Himmel kommen sollen. Das Kreuz auf dem Sarge und Grabe ist das Erlösungszeichen. Die brennenden Kerzen sollen die Ampeln der fünf klugen Jungfrauen bedeuten; die Seele soll ihrem Bräutigam Christus wie eine Braut mit der Ampel entgegengehen. Das Weihwasser, womit die Leiche bespritzt wird, bedeutet das Blut Christi. Vgl. Durandi, rat. VII. 35 f. Rippel, Altherthumb aller Cäremonien S. 545 f. Binterim, Denkw. VI. 3. 387 f. Durandus gibt dem Todten noch eine Kohle mit (so unvergänglich soll der Leib unter der Erde dauern) und pflanzt auf das Grab Epheu (der nie welkt). Die Cypresse sieht er jedoch nur als Zeichen des Todes an, weil sie, einmal abgeschnitten, nie wieder ausschlägt.
Nicht in der Erde begraben zu werden, gilt bei Christen wie bei Juden für ein Unglück und für eine Unehre. Nach einer jüdischen Fabel soll Adam durch einen Raben, der einen todten Raben begrub, belehrt worden seyn, auch Abel zu begraben. Fabricii, codex pseudepigr. vet. Test. II. 47. Tendlau, jüd. Sagen 179. Das Buch Tobias beginnt damit, dass dieser fromme Mann (wie die Antigone des Sophokles) gegen das königliche Verbot die Erschlagenen begräbt. Wie es scheint, wurde ihm gerade wegen dieser frommen Pflichterfüllung gegen die Todten, nachdem ihn der Herr in der Geduld und im Glauben geprüft, noch ein so schönes Leben und Familienglück auf Erden zu Theil.
Wenn Heiligen das christliche Begräbniss versagt war, wurde es ihnen nach der Legende häufig durch ein Wunder gewährt. So wurde die heilige Katharina von Alexandrien, als sie gestorben war, von Engeln durch die Luft bis zum höchsten Gipfel des Berges Sinai getragen und dort beerdigt. Acta SS. 25. Nov. Pococke I. 229. Gervas. Tilb. III. 33. Alle Jahre sollen noch Tauben und Raben kommen und ihr Grab mit grünen Zweigen schmücken. Montevilla 48. — Die heilige [122] Einsiedlerin Sophronia wurde, als sie einsam gestorben war, von Vögeln mit Blumen bedeckt. Zwei Löwen begruben den heiligen Einsiedler Paulus in der Wüste, Engel den heiligen Secundus.
Gleichwohl legte der Heiland selbst keinen Werth auf das Begräbniss des Leibes, sondern nur auf die Heiligung der Seele, damit sie zum Himmel gelange, wobei sich von selbst versteht, dass sie den verklärten Leib nachzieht, sey er auch verbrannt, von Thieren gefressen etc. Daher sagte Jesus zu einem seiner Jünger, der ihm erst nachfolgen wollte, nachdem er seinen Vater begraben haben würde: „Folge du mir und lass die Todten ihre Todten begraben.“ Matth. 8, 22.